Im heutigen zweiten Teil von Walking Bass wollen wir noch ein wenig tiefer in die Materie eintauchen und uns die verschiedenen Anwendungsmöglichkeiten anschauen. Dafür wollen wir vor allem Akkorde betrachten, die über einen ganzen Takt oder länger gehen, da man für diese natürlich wesentlich mehr „walkendes“ Tonmaterial benötigt.
Im Wesentlichen gibt es zwei verschiedene Möglichkeiten: Der Bass spielt entweder ein Arpeggio der Akkordtöne, oder er durchwandert die Töne der jeweiligen Skala und bildet mit ihnen eine Melodie. Da reine Arpeggien eher gespreizt und konstruiert klingen, ist es ratsam, beide Ideen miteinander zu vermischen. Die grundsätzlichen Regeln bleiben dabei erhalten: Der Grundton des Akkordes fällt immer auf die 1, weitere Akkordtöne (3, 5, 7) auf die 3, während andere Skalentöne auf den schwachen Taktzeiten 2 und 4 sitzen. Der Übergang von einem Akkord zum nächsten erfolgt durch einen Halb- oder Ganztonschritt.
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Betrachte dazu zunächst Beispiel 1, das ein reines Dm-Arpeggio verwendet, im Vergleich zu Beispiel 2 mit einer wesentlich natürlicher klingenden skalischen Basslinie. Die Töne werden aus D-Dorisch (= C-Dur) hergeleitet. Die Töne für einen G7-Dominant-Akkord findet man in G-Mixolydisch (= ebenso C-Dur), wobei der vierte Ton, die Quarte (Ton C) aus harmonischen Gründen vermieden werden sollte. Ein Basslauf von G7 nach Cmaj7 könnte wie in Beispiel 3 aussehen. Hier wird nach dem D (= 5) auf der Taktzeit 4 ein sogenannter chromatischer Zwischenton eingesetzt (Db), der sich in den Grundton C im nächsten Takt auflöst – ein sehr häufig vorkommendes Stilmittel. Die chromatischen Töne verstehen sich als alternatives Tonmaterial zu den Skalentönen und können ebenfalls auf den Taktzeiten 2 und 4 eingesetzt werden, um mehr Möglichkeiten zur Variation der Bassläufe zu erhalten.
Sehen wir uns nun zwei Varianten einer II-V-I-Verbindung in Dur über vier Takte an. Beispiel 4 beginnt mit einem Dm7-Akkord mit dem Grundton auf der tiefen E-Saite. Bereits in diesem Takt befindet sich auf der Vier ein chromatischer Durchgangston. Der folgende Takt über G7 ist jener aus Beispiel 3. Die Töne für die Takte 3 und 4 über Cmaj7 kommen aus der C-Dur-Tonleiter, wobei es sich hier mit der Quarte wie im Dominant-Sept-Akkord verhält. Am Ende des vierten Taktes findet sich auch hier wieder ein chromatischer Ton. Beispiel 4 lässt sich, so wie auch alle folgenden Beispiele „im Kreis“ üben, um das Material besser verinnerlichen zu können. Um eine weitere Position am Griffbrett abzudecken, beginnt der Dm7-Akkord in Beispiel 5 mit dem Grundton auf der A-Saite. Hier werden vor allem Skalentöne verwendet, ebenso in Takt 2 und 3, am Ende des vierten Taktes steht außerdem wieder ein chromatischer Verbindungston.
Die II-V-I–Verbindung in Moll befindet sich in Beispiel 6 wieder in einer höheren Position am Griffbrett und beginnt mit einem Dm7b5-Akkord mit dem Grundton auf der E-Saite. Das Basis-Tonmaterial für diesen Akkord stammt aus D-Lokrisch (= Eb-Dur). Da C-Moll die parallele Tonart zu Eb-Dur bildet, können dieselben Töne für die Takte 3 und 4 verwendet werden. Beispiel 7 zeigt die alternative Lage am Griffbrett. Man findet einen chromatischen Ton am Ende des ersten Taktes, sowie im nächsten Takt auf der Zwei. Insgesamt ergibt sich hier eine durchgehende chromatische Linie von der 3 des ersten Taktes bis hin zur 3 des zweiten (F bis A). Auch der letzte Ton dieses Beispiels ist chromatisch.
Mit all dem neuen Wissen eröffnen sich nun auch für unsere Übungen vom letzten Mal neue Möglichkeiten. Die II-V-I–Verbindungen über nur zwei Takte, die ursprünglich – so wie die heutigen Beispiele – je in zwei Positionen am Griffbrett getrennt waren, habe ich in den Beispielen 8 und 9 miteinander quer über das Griffbrett verbunden und auch noch mit zwei verschiedenen Enden versehen. So erhältst du einen besseren Überblick und mehr Unabhängigkeit. Das Gleiche wäre auch mit den heutigen Beispielen 4 und 5 bzw. 6 und 7 möglich, was ich jedoch deiner eigenen Kreativität überlassen möchte.
Über Fragen und Anregungen oder einen Besuch auf www.jilycreek.com freue ich mich.
Hallo Jil,
ich lese euer Heft schon etliche Jahre. Bin Baujahr 1970 und spiele etwa seit 35 Jahren Gitarre. Obwohl ich schon abertausende Proben und über 500 Auftritte seit 1990 bewerkstelligt habe, besitze ich keinerlei Theoriekenntnisse. Ich verstehe Musik nur praktisch. Gitarre habe ich mir selbst beigebracht indem ich etwa 2 Jahre lang zu einer “Best of Chuck Berry”-Schallplatte auf einer alten “störrischen” Framus-Westernklampfe mitzuspielen versuchte. Zur Verfügung stand zudem eine ausführliche Tabelle (Barré-akkorde mit Tabs). Welche Finger man wo setzt stand da nicht drin. 😉
Im Laufe der Jahre hörte ich mich nacheinander durch Angus Young, Jimi Hendrix, Eric Clapton, Ritchie Blackmore, Eddie Van Halen und Peter Green durch. Das wären so mal die für mich Wichtigsten. Ich lernte alleine durch’s Zuhören. Dabei eignete ich mir etliche Akkorde an, deren Namen ich mir einfach nicht merken kann. Soli spiele ich mitterweile in allen möglichen Skalen aber ich weiss nicht, wie die Töne heissen. Vielleicht irgendwas Mixolydisches? Die Dur-Skala habe ich erst spät(1999) entdeckt.
Prinzipiell spiele ich nur aus dem Bauch raus. Die Musik-Theorie dahinter kapiere ich einfach nicht. 🙂
Keine Ahnung, wieviel Prozent der Musiker weltweit ohne Theorie-Kenntnisse Musik machen. Das wäre vielleicht mal eine Recherche wert.
Gruß,
Dirk
PS: Die webseite http://www.jilycreek.com lässt sich bei mir nicht aufrufen: “PHP nicht im Tarif enthalten”
Hallo Jil,
ich lese euer Heft schon etliche Jahre. Bin Baujahr 1970 und spiele etwa seit 35 Jahren Gitarre. Obwohl ich schon abertausende Proben und über 500 Auftritte seit 1990 bewerkstelligt habe, besitze ich keinerlei Theoriekenntnisse. Ich verstehe Musik nur praktisch. Gitarre habe ich mir selbst beigebracht indem ich etwa 2 Jahre lang zu einer “Best of Chuck Berry”-Schallplatte auf einer alten “störrischen” Framus-Westernklampfe mitzuspielen versuchte. Zur Verfügung stand zudem eine ausführliche Tabelle (Barré-akkorde mit Tabs). Welche Finger man wo setzt stand da nicht drin. 😉
Im Laufe der Jahre hörte ich mich nacheinander durch Angus Young, Jimi Hendrix, Eric Clapton, Ritchie Blackmore, Eddie Van Halen und Peter Green durch. Das wären so mal die für mich Wichtigsten. Ich lernte alleine durch’s Zuhören. Dabei eignete ich mir etliche Akkorde an, deren Namen ich mir einfach nicht merken kann. Soli spiele ich mitterweile in allen möglichen Skalen aber ich weiss nicht, wie die Töne heissen. Vielleicht irgendwas Mixolydisches? Die Dur-Skala habe ich erst spät(1999) entdeckt.
Prinzipiell spiele ich nur aus dem Bauch raus. Die Musik-Theorie dahinter kapiere ich einfach nicht. 🙂
Keine Ahnung, wieviel Prozent der Musiker weltweit ohne Theorie-Kenntnisse Musik machen. Das wäre vielleicht mal eine Recherche wert.
Gruß,
Dirk
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