von Michael "Doc" Schneider, Artikel aus dem Archiv
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In diesem Repair-Talk geht es darum, die Saitenlage zu optimieren und an die persönlichen Bedürfnisse anzupassen.
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PHYSIKALISCHE REIHENFOLGE
Ich fange mit der Saitenlage an und widme mich dann der Intonation. Der Grund für die gewählte Reihenfolge ist die Physik. Die Intonation hat etwas mit Saitenspannung zu tun, die – wie im nächsten Repair Talk beschrieben wird – bei gedrückter Saite mit der Saitenlage variiert. Daher halte ich es für zielführend, zuerst die Saitenlage einzustellen und dann die Oktavreinheit zu justieren, da so der Saitenzug bei gedrückter Saite bereits im „Soll“-Bereich liegt.
Praxistipp: Bevor es an das Instrument geht, möchte ich vorab noch einen kurzen Praxistipp mit auf den Weg geben, um Stolperfallen zu umgehen. Das Einstellen von Saitenlage und Intonation erfolgt bei einem Großteil der Gitarren durch Schrauben, Bolzen, Muttern, etc. Damit das Einstellen präzise und ohne Frust vonstattengehen kann, müssen diese beweglichen Bauteile gangbar sein, d. h. sie müssen sich bewegen lassen. Das ist eigentlich selbstredend, wird aber im Eifer des komplexen Eingriffes oft übersehen.
Das führt dann ggf. dazu, dass man notwendige Einstellungen durch festsitzende Schrauben (Handschweiß/Korrosion) nicht durchführen kann. Da kommt schnell Frust auf, da es dann heißt: 3 Schritte zurück (Saiten runter, Hardware prüfen, etc.) und dann wieder ansetzen. Entspannender für Material und Handwerker ist es, wenn vor dem Aufziehen der Saiten die Hardware komplett überprüft wird und sichergestellt wird, dass alle relevanten Schrauben, Bolzen, etc. bewegt werden können. Diese kurze Kontrolle vor dem Besaiten lässt die Einstellarbeiten flüssiger von der Hand gehen.
DIE DEFINITION
Laufen alle Schrauben geschmeidig, kann nun die Saitenlage eingestellt werden. Der Begriff Saitenlage hat keine eindeutig klar beschriebene Definition und kann je nach Werkstatt und Spieler unterschiedlich interpretiert werden. Am weitesten verbreitet ist das Messen des Abstandes Oberkante Bund/Unterkante Saite am 12. Bund. Dazu wird das Instrument zunächst gestimmt. Mit einem kurzen Stahllineal wird nun der Abstand (s.o.) gemessen (Abb. 1). Coole Oldschooler prüfen mit dem Plektrum (wird zwischen Saite und Bund geschoben). Für mich arbeitet das Lineal genauer. Vorsichtig auf den Bund gesetzt (damit das Bundstäbchen nicht verkratzt wird) kann ich so sehr präzise den Abstand ermitteln, den ich – wie viele andere auch – als Saitenlage bezeichne.
Hinweis: Die so abzulesenden Werte sind nur aussagefähig mit optimiertem Sattel und einem voreingestellten Hals (siehe letzten Repair Talk). Beispielhafte 2 mm können gut funktionieren, wenn die Sattelnuten sauber ausgearbeitet sind und der Hals einen spielbaren Durchhang hat, werden jedoch scheitern, wenn der Hals nach hinten wegläuft und/oder die Sattelnuten nicht tief genug gefeilt sind. Beides wurde aber in vorangegangenen Arbeitsschritten optimiert und das große Messen kann beginnen.
KEIN KNECHT DER ZAHLEN
Man muss jetzt nicht zum Knecht der Zahlen werden, aber man muss sich ja an irgendetwas orientieren. Dazu justiere ich die Saitenlage zunächst auf eine Ausgangssituation von ca. 1,5 mm Luft (Bund/Saite) bei der hohen e-Saite und ca. 2 mm Luft bei der tiefen E-Saite. Die mittleren Saiten folgen in ca. 1/10 mm Stufen dem Griffbrettradius, so dass die Saitenlage von e zu E langsam und konform (!) mit dem Griffbrettradius ansteigt.
Die Saitenlage kann am Steg (Bridge) auf die angestrebte Ausgangssituation eingestellt werden. Das geschieht dort mittels der schon angesprochenen Schrauben oder Bolzen. Für viele Leser ist das Wo und Wie recht trivial, jedoch blicke ich in meiner Werkstatt immer wieder in fragende Augen, wenn ich darauf hinweise, dass saisonalbedingt ein Nachjustieren der Saitenlage notwendig sein kann. Um ein bisschen mehr „Servicesicherheit“ zu gewährleisten, möchte ich exemplarisch an vier weit verbreiteten System das Einstellen der Saitenlage/-höhe erklären.
GEWUSST WO
Sehr übersichtlich ist der typische T-Steg (Abb. 2). Hier können die Reiter, über die die Saiten laufen, mit einem passenden Schlitzschraubendreher paarweise in der Höhe eingestellt werden.
Individuell pro Saite einstellbar ist das Vintage Trem (Abb. 3). Mit einem passenden Inbus kann hier jede Saite separat eingestellt werden.
Das System der American Standard (Abb. 4) bietet darüber hinaus noch die Möglichkeit, mittels der beiden Schraubbolzen das komplette System in der Höhe einzustellen. Zunächst bringen die beiden Bolzen das System nah an die gewünschte Saitenlage und dann wird analog zum Vintage System die Saitenlage pro Reiter nachjustiert.
Recht transparent, aber im Detail tückisch sind die Einstellmöglichkeiten des Tune-omatic Stegs in Abb. 5. Dieser sitzt auf 2 Rändelmuttern und kann dort als Ganzes in der Höhe justiert werden.
Tückisch kann es werden, wenn die Nuten, durch die die Saiten in den Reitern laufen (Abb. 6), verschlissen sind und die Saiten somit verschleißbedingt unterschiedlich hoch liegen. So erreicht man selten eine befriedigende Lösung, da unter diesen Vorgaben die Saiten in der Regel nicht konform zum Griffbrettradius laufen. Hier können die Nuten der Reiter mit passenden Feilen nachgearbeitet werden, um somit die Saitenlage (zusätzlich zum Einstellbereich der Bolzen) zu optimieren.
Obwohl „High-tech“, in den Einstellmöglichkeiten jedoch eher „basic“, ist das Locking System (Abb. 7). Hier kann die Saitenlage mittels der beiden Bolzen eingestellt werden. Die Höhe der einzelnen Saiten wird bei fast allen Systemen durch die Grundplatte (ggf. abgestuft) oder unterschiedlich hohe Saitenreiter reguliert. Ähnlich wie bei der Tune-o-matic kann dieses System nur als Ganzes in die angestrebte Ausgangssituation gebracht werden. Der Radius ist vorgegeben.
PRAXIS MACHT TRANSPARENT
Bevor zu viel Theorie abschreckt, geht es mit der so gelieferten Hintergrundinfo schnurgerade zur Praxis. Gemäß den Vorgaben der Hardware wird die Saitenlage auf die 1,5 bis 2 mm gebracht. Die Gitarre wird gestimmt und dann wird erst einmal gespielt. Wie fühlt sie sich an? Zu viel Scheppern? Funktioniert das Ziehen in den hohen Lagen (Abb. 8)? Oder sterben die Töne beim Ziehen ab? Konzentriert aber nicht übersensibel kann so die Saitenlage tiefer (bequemer aber sensibler in Bezug auf Scheppern) oder höher (nicht ganz so geschmeidig aber sauberer im Ton) justiert werden.
Nur mal so als Hausnummer, liegt bei mir eine niedrige Saitenlage bei ca. 1,3 mm (e) bzw. 1,7 mm (E), während der ausgelassene Country-Gitarrist mit hartem Anschlag erst bei ca. 2mm bis 2,5 mm zufrieden grinst.
Die passende Saitenlage kann in letzter Konsequenz nur der Spieler selbst ermitteln, da sie abhängig von Saitenstärke, Stimmung, Anschlag, Soundvorstellungen, etc. variieren kann.