Pimp your Preamp!

Workshop: Lag Spitfire TL1

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Eignet sich gut als Beispiel für Modifikationen an einem Röhren-Preamp: Lag Spitfire aus den 1990er-Jahren (Bild: Bernd C. Meiser)

Der aus Frankreich stammende Lag Spitfire TL1, 19″-Tube Preamp aus den frühen 1990er-Jahren, nur eine Höheneinheit (HE) hoch und mit einem komplett aus Metall gefertigten Gehäuse, war damals recht beliebt.

Einer der beiden Kanäle war, dem damaligen Trend folgend, für harten Metal ausgelegt, der verbleibende Kanal erklang clean. Und jetzt finde ich es an der Zeit, diesen schönen Boliden zu modifizieren und euch daran teilhaben zu lassen. Denn wenn man die Strickweise des Spitfire verstanden hat, kann man die Modifikationen auch auf andere Preamps nahezu nahtlos übertragen. Die Pläne liegen zudem im Netz, wenn gleich auch mit wenigen kleinen Fehlern behaftet. Dennoch: Der Lag Spitfire ist ein perfekter Proband für Modifikationen. Das Ziel der Mods lautet: Weg von dem Metal- Sound (den der Spitfire wirklich vorzüglich konnte) und hinein in deftige Blues-Rock-Gefilde. Mein jetziger Umbau soll möglichst einfach, aber dennoch effektiv sein. Der Spitfire ist ein echter Tube-Preamp mit nominalen 360 Volt Betriebsspannung.

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Deshalb ist der Lag, wie jeder Hochspannungs-Tube-Amp, bei offenem Hantieren alles, aber absolut kein Spielzeug. Ich verweise hiermit deutlich auf die Gefahren bei geöffnetem Gehäuse hin – wer noch nie am offenen Gerät gearbeitet hat, sollte dies auch hier nicht tun, und das einem Fachmann überlassen. Und gleich hier der Vermerk auf eine eklatante Service-Schwachstelle bei der Betriebsspannung des Lag. Diese verfügt über keinen (!) Entlade-Widerstand, die vier HT-Elkos halten nach Abschalten vom Netz die 360 Volt noch stundenlang! Als erstes werden wir daher noch vor den eigentlichen Mods, dem Gerät einen wirksamen Entlade-R implementieren, mehr dazu gleich. Demzufolge beim erstmaligen Öffnen des Gehäusedeckels größte Vorsicht walten lassen. Während des Arbeitens am Spitfire ist selbstverständlich immer vorher der Netzstecker zu ziehen!

Gehäuse und High Voltage

Uman die maßgebliche Preamp-Platine zu gelangen, muss zunächst der Deckel der Geräte-Oberseite entfernt werden. Der ist mit zehn Schrauben auf der Oberseite und zwei Schrauben auf der oberen Kante der Frontplatte fixiert. Dann liegt die Elektronik offen.

Die Platine des Lag Preamps mit eingezeichneten Modifikation (Bild: Bernd C. Meiser)

Als erstes werden wir sogleich einen 1- Meg-Ohm/0,6-Watt-Entlade-R einlöten. Diesen Widerstand kann man prinzipiell jedem der vier Stück HT-Elkos (15 uF) parallel schalten. Ich löte ihn, da diese Stelle auf der Platine günstig ist, etwas unkonventionell dem letzten Elko dieser Sieb- Kaskade parallel – siehe Foto der Platine, rotes Rechteck #1. Vor dem Einlöten dieses Rs die HT-Sieb-Elko-Kaskade mit zwei isolierten Schraubendrehern oder einer isolierten Spitzzange entladen. Danach den Widerstand gemäß Position, siehe Abb.1, einlöten. Erst jetzt ist der Spitfire in einem Zustand, dass ca. 20 Sekunden nach Abschalten der Betriebsspannung die Platine gefahrlos berührt werden kann. Trotzdem: Nicht vergessen, immer den Netzstecker beim Arbeiten ziehen!

Danach die Frontplatte durch Rausdrehen der sechs Schrauben lösen. Die Zuführungskabel zu der Tube-Signalplatine sind lang genug, so dass diese, die ja noch an der Frontplatte durch die Potentiometer gehalten wird, jetzt auf das geöffnete Chassis gekippt werden kann – keine Gewalt anwenden. Jetzt sieht man die Bestückungsseite der Platine. Wir werden die an der Frontplatte hängende Platine noch häufiger kippen müssen …

OP Input Amp

Der damals wie heute immer noch gute NE5532-Chip wird für die erste Vorverstärkung genutzt. Diese Vorverstärkung dient beiden Kanälen. Der Eingangs-OP1a ist als Elektrometer-Amp beschaltet und hat gleich eine Besonderheit. Im Fußpunkt der Gegenkopplung findet sich ein 220 Ohm und 1 uF großes RC-Glied, welches ein starkes Hochpassfilter darstellt mit der Grenzfrequenz von 720 Hz. Diese Grenzfrequenz kennen wir aber wirklich auswendig – sie war und ist in sehr vielen FX-Pedalen drin, insbesondere aber bestens bekannt durch den Ibanez Tube Screamer. Es stellt sich übrigens heraus, dass in Verbindung mit dem werksmäßig aggressiv abgestimmten Metal- Lead-Channel, welcher aus einer Kaskade von drei Trioden plus Filter gebildet wird, dies eine gut gewählte Grenzfrequenz des Preamps darstellt.

Jetzt geht der Ausgang dieses Input-OPs nicht nur direkt zum Lead-, sondern auch noch in den Clean-Channel. Durch diese doch hoch angesiedelte Hochpass-Grenzfrequenz erscheint der Clean Channel etwas dünn. Deshalb werden wir als erstes diese Grenzfrequenz um eine Oktave senken. Den eingebauten 220 Ohm gegen 470 Ohm tauschen (rotes Rechteck #2). Wer mit dem Gain dieser Stufe experimentieren will, kann den 1,5k Ohm (Rechteck #3) gegen einen Wert zwischen 1,5 und 3,3 kOhm tauschen.

Das Schaltbild des Lag Spitfire (Bild: Bernd C. Meiser)

Clean Channel

Vom Ausgang des OP1a von vorhin führt eine direkte Verbindung zum Tonestack des Clean Channel. Dieser verfügt eigentlich nur über einen Treble-Einsteller, hier „Tone“ genannt; Mitten und Bässen sind fest eingestellt. Der Stack arbeitet formal als transformierter Fender-Tonestack, dimensioniert in den Mitten und Bässe durch Festwiderstände, in Maximal-Stellung gewählt. Dadurch, dass der Bass maximal wirkt, wird der eben erwähnte werksmäßig tendenzielle Bass- Mangel durch den Hochpass des OP-Inputs etwas kompensiert. Durch das Modifizieren dieser Grenzfrequenz – siehe vorheriger Abschnitt – wird dieser Mangel an Bass dann mehr als vollständig kompensiert. Durch die Mod des Hochpasses der Eingangsstufe OP1a werden viele die Bässe wahrscheinlich als etwas stark empfinden. Das lässt sich im Tonestack reduzieren, wenn dem 100-nF-Bass- C ein weiterer 100 nF auf der Layout- Seite hinzugefügt wird (rotes Rechteck #4). Alternativ kann diese Position in der Platine selbstverständlich auch durch 220 nF/100 V besetzt werden.

Sollte man sich dafür entscheiden, den Gain-Faktor des Input OP1a zu erhöhen, um damit die folgenden Lead-Röhren stärker anzublasen, sollte diese Erhöhung im Clean-Kanal OP1b wieder rückgängig gemacht werden. Dafür wäre dann der 39 kOhm R im Hochpunkt der Gegenkopplung des OP1b (Rechteck #5) verantwortlich.

Diesen dann auslöten und durch einen Wert zwischen 39 und 18 kOhm ersetzen. Jetzt bleibt nur noch, das 100pF C, das parallel dem 220-kOhm-R des Spannungsteilers anliegt, der im Ausgangskreis der Clean-Triode T1a liegt, auszulöten (Rechteck #6). Denn im Crunch-Betrieb neigt dieses C dazu, den Ton kratzig klingen zu lassen – besser klingt’s dann ohne. Der Clean Channel klingt jetzt mehr nach Vox als nach Fender. Mit einem Treble Bypass über dem Volume-Einsteller von 2,2nF (Rechteck #7), wird‘s dann wieder mehr Fender-like.


TEIL 2

Unabhängig von den im letzten Teil beschriebenen Mods der Clean-Stufe, empfiehlt sich noch eine eher allgemeine Mod. Wie schon häufig in meinen Kolumnen erwähnt, ist es von (großem) Vorteil, den zu übertragenden Nutz-Frequenzgang an seinen praktischen Bereichsenden gekonnt einzugrenzen. Bei Linearsystemen hätte dies eher eine untergeordnete Priorität, aber wenn‘s um Crunch oder Verzerrung geht, sollte man ein Augenmerk drauf haben; es gilt, Matschen im Bass, schrille Höhen und „blocking distortion“ beim Anschlag zu verhindern.

Die werksseitig eingesetzte 7Hz-Grenzfrequenz bei der Ankopplung des Gain-OP1b an den Tonestack ist einfach zu niedrig, ich will diese Grenzfrequenz nicht verwenden. Einfach den 100nF-Einkoppel- Kondensator durch einen 22nF Typ/100V (Rastermaß: 7,5mm) ersetzen – siehe rotes Rechteck#1. Bei hauptsächlichem Einsatz von overwound PAF-Style-Pickups kann aber auch durchaus ein 15nF dort eingesetzt werden. Auch ist der 10uF-Elko am Fußpunkt der Gegenkopplung des OP1b merklich zu groß; diesen Elko jetzt auf der Platine durch einen Folien-C von 1uF/40Volt (RM = 5mm) tauschen! Siehe rotes Rechteck#2.

(Bild: Bernd C. Meiser)

Nach diesem OP1b geht’s dann via Volume- Poti in die Clean-Triode T1a. Über die Röhrentypen in dem Spitfire werde ich noch eine gesonderte Betrachtung anstellen, aber vorweg, an dieser Stelle haben wir es werksmäßig, wie auch nach der Mod, mit einer 12AX7A zu tun – es bleibt also beim klassischen Design. Die Einkopplung auf das mittelohmige Volume-Poti (50kOhm, log) erfolgt über ein 100nF-C. Diese Grenzfrequenz geht hier in Ordnung. Durch den Pegel, der sich durch die Mod ergibt und der über den Volume- Regler an das Gitter der Triode T1a weitergeleitet wird, reicht ein 1kOhm-Gitter- Vorwiderstand in Serie mit dem Steuergitter bei Weitem nicht. Diesen 1kOhm-R also aus der Platine auslöten und durch einen 33kOhm-R ersetzen, siehe rotes Rechteck#3.

Blocking Distortion

Das Installieren eines merklich großen Gitter- Vor-Rs (aka „Grid-stopper“) verhindert bei hier voll aufgedrehtem Volume sogenannte „blocking distortion“ – unangenehme Misstöne, die vornehmlich beim Attack auftreten. Diese entstehen durch das asymmetrische Einsetzen des Gitterstromes bei übersteuertem Eingang, der ein Umladen eines zu groß bemessenen Koppel-Cs bewirkt und so bei starkem Attack zu Fehlern (kurzzeitige Arbeitspunkt- Verschiebung) führt. Hat man diese Distortions erst einmal im Signalfluss, ist der Sound einfach nur schlecht mit matschigkratzig- pumpendem Attack. Abhilfe schafft hier ein merklich großer Gitter- Vor-R (etwa 22kOhm … 220kOhm), der den Gitterstrom begrenzt, sowie ein ausreichend kleiner Koppel-C, damit sich insgesamt auch nur eine kleine Ladungsverschiebung einstellen und als Summe den Arbeitspunkt der Röhre dann (akustisch) stabiler halten kann.

Röhren-Auswahl

Im Original ist der Lag Spitfire mit zwei ECC83 ausgerüstet. Damit ließ sich sein sehr hohes Gain realisieren. Die ECC83, bzw. deren äquivalente Typen 12AX7A oder 7025, haben einen theoretischen Leerlauf-Verstärkungsfaktor von 100. Dieser hohe Wert lässt sich allerdings in der Praxis nicht erzielen. Bei 100-kOhm-Anoden- R und üblichen Betriebsspannungen ergibt sich etwa ein Faktor von 60. Sind, wie hier beim Spitfire oder ähnlich gestrickten Preamps, in Verstärkern gleich drei Trioden im Lead-Kanal hintereinandergeschaltet, ergibt sich auch mit diesem Faktor 60 je Stufe ein ausreichend hohes Gain für schweren Metal-Sound. Damit ist aber auch schon gleichzeitig das Ende der Fahnenstange erreicht, bei vollem Aufdrehen des Gain-Einstellers im Lead-Channel rauscht es schon merklich und man hat mit der Mikrofonie der ersten Triode zu kämpfen. Für klassischen Blues-Rock brauchen wir glücklicherweise nicht so viel Gain.

Jetzt könnte man den Schaltungsaufbau bei der 12AX7-Bestückung belassen und die passive Elektrik massiv umbauen, sodass sich weniger Gain einstellt. Doch das Ergebnis könnte leicht etwas matt wirken, und die Dynamik könnte auch besser sein. Wir lösen das jedoch einfach eleganter durch die passende Röhrenauswahl mit dem Ziel, mit der Mod ein Gesamt-Gain von etwa einem Viertel des original maximalen Gain zu erhalten. Deshalb sollen andere Trioden-Typen zum Einsatz kommen, und es zeigt sich: die ECC83 ist nicht die einzig mögliche Lösung.

(Bild: Bernd C. Meiser)

Einigkeit herrscht hingegen bei der ersten Röhre T1. Die belassen wir bei dem Typ 12AX7A. Diese Doppeltriode versorgt bei der Spitfire-Werks-Pin-Belegung mit einer Triode T1a die Clean-Stufe, die verbleibende Triode T1b besorgt die Eingangsstufe des Drei-Trioden-Lead Kanals. Wir müssen also nur noch die verbleibende Doppeltriode T2 bestimmen. Da schaue ich zunächst auf die 12AT7. Diese hat eine Leerlauf-Verstärkung von Faktor 60, im praktischen Betrieb von rund 33. Das liest sich schon mal sehr gut. Je Triode also die Hälfte des Gain der 12AX7, bei zwei in Reihe gesamt also ein Viertel – wie gewünscht. (Über deren Arbeitspunkt, also die Größe der Kathoden-Rs, wird man sich noch Gedanken machen müssen, aber alles zu seiner Zeit.) Auch die 12AY7 wäre eine gute Kandidatin, größenordnungsmäßig etwas unter der 12AT7 angesiedelt, mit einem praktischen Schaltungs-Gain von 28 – passt genau! Auch die 5751 ist vorerst für dieses Gedankenspiel eine mögliche Lösung, deren Gain etwas über der 12AT7 einzuordnen wäre.

Was für unsere Zwecke aber schon grenzwertig hoch ist. Eine sehr exotische Kandidatin ist hingegen die 12DW7; diese Röhre ist vor allem durch den Einsatz in älteren Ampeg- Amps und HiFi-Equipment bekannt. Diese Doppel-Triode enthält zwei unterschiedliche Systeme; je eine Triode des Hi- Gain-Typs 12AX7 sowie eine Triode des LoGain-Typs 12AU7. Die 12AU7 hat einen Leerlaufverstärkungsfaktor von 17, praktisch etwa Faktor 12 in der Schaltung. Insbesondere für die 12AU7-Section muss hier der Arbeitspunkt korrigiert werden, vergleichend mit den Werks-Arbeitspunkten des Spitfire, die ja allesamt für 12AX7 ausgelegt sind.

Aber warum die Arbeitspunkte dieser zwei Trioden T2a/b nicht so wählen, dass alle diese aufgezählten Doppel-Trioden einsetzbar sind. Da sie alle einen etwas eigenen Crunch-Sound besitzen, wäre es doch klasse, einfach durch Umstecken dieser zweiten Röhre T2 den Klang zu verändern – ohne Lötkolben, Messinstrument oder „doppelten Boden“. Und Ihr ahnt es schon: Genau das werden wir auch tun!


 

TEIL 3

Kathodenwiderstände

Die 12AX7-Triode hat üblicherweise einen 1,5kOhm Kathoden R. Diesen Wert kann man schon als historisch gewachsene Größe ansehen, insbesondere bekannt durch die klassischen Fender Amps. Für einen Clean- oder Crunch-Betrieb sicherlich eine gute Wahl. Will man die 12AX7 jedoch heftiger übersteuern, erscheint es sinnvoll, diesen Kathoden-R-Wert etwas zu erhöhen, denn dies fördert die Aussteuer- Symmetrie.

Hierbei kann man, das zeigt die Durchsicht vieler Schaltbilder, durchaus hochgehen auf 2,7 bis 3,3kOhm. Ein Studium der Werksschriften von RCA zeigt, dass bei der 12AT7 ein etwas größerer Wert als bei der 12AX7 zu wählen ist, was aber auch lastabhängig ist; 2,7kOhm wäre ein guter Wert. Dieser Wert kann auch bedenkenlos für die 12AY7 (oder – wenn‘s denn sein muss, auch für die 5751) genommen werden.

Lag Spitfire TL1
(Bild: Bernd C. Meiser)

Die 12AU7 fällt da schon etwas aus dem Rahmen. Sie wird normalerweise mit recht hoher negativer Gitter-Kathoden-Vorspannung gefahren, geschuldet ihrem vergleichsweise großen Durchgriff. Formal wären hier im linearen Bereich etwa 4,7kOhm anzusetzen, es kann aber auch niederohmiger angesetzt werden. 3,9 bis 3,3kOhm geht noch in Ordnung, wovon man sich leicht überzeugen kann, wenn man deren Ausgangskennlinienfelder bearbeitet. Die 12AU7 hat einen speziellen Crunch-Charakter. Sie klingt schön satt und warm und neigt weniger zum „Sägen“, produziert somit einen tollen Eigenklang. Das macht sie für unser Projekt schon interessant.

Jetzt haben wir alle Faktoren zusammen, um eine universelle Röhrenposition zu dimensionieren. Mit Ausnahme der 12DW7/12AU7 könnte man jetzt mit der Größe von 2,7kOhm jede der beiden Kathoden- R-Positionen für die Röhre T2 auf der Platine bestücken. Man kann aber noch etwas größer werden – und wie sich noch rausstellen wird, ohne Beschränkung der akustischen Funktionalität. Das wird jetzt wichtig werden beim Einsatz der 12DW7/12AU7. Deren Kathoden-R sehe ich mit 2,7kOhm für die 12AU7 Sektion nicht optimal, ein klein wenig höher sollte deren Wert schon sein. Das können wir sorglos tun, denn die verbleibenden Trioden- Typen haben bezüglich ihres Arbeitspunktes da noch etwas Luft nach oben. Ich wähle jetzt für die 12AU7-Sektion der 12DW7 einen Kathoden-R von 3,3kOhm. In der Reihenfolge sitzt die 12AU7-Trioden- Sektion der 12DW7 in der Dreier-Trioden- Anordnung des Spitfire-Lead-Channels in der mittleren Position T2a. Im diesem Fall würde also unsere Lead-Channel-Tube-Kette wie folgt aussehen: je eine Triode des Typs 12AX7, 12AU7, 12AX7. Und ich will das Ergebnis schon vorwegnehmen: Das klingt unglaublich „blues-rockig“ mit einer gewissen Rauheit! Auch interessant ist – mit hoher Dynamik und Feinzeichnung nebst Biss – die Sektions-Trioden-Kombination 12AX7, 12AT7, 12AT7. Die verbleibenden Kombinationen mit den oben erwähnten Typen (z. B. 12AY7) sind eher „oldschool“- mäßig, aber sehr gut.

Ein Betrieb einer 12AX7 als zweite Röhre T2 ist nach dem Modden nicht mehr vorgesehen. Zu stark sind jetzt das resultierende Gain, das damit verbundene Rauschen sowie die wahrscheinlich vorhandene Mikrofonie. Mir persönlich ist auch die 5751 in ihrem Gain hier bereits zu viel – aber für Heavy Sounds eine gute Alternative zur 12AX7.

Lead Channel

Direkt vom Vorverstärker OP1a kommend, wird das Signal über eine RC-Kombination direkt auf das Gitter der Triode T1b (12AX7A) eingekoppelt. Der Einkoppel- Kondensator ist werksmäßig 1nF groß (nicht 1uF, wie im Werksplan verzeichnet; habe ich hier im Plan schon korrigiert). Das C ist für Metal schon recht, aber für Blues-Rockiges zu klein; ich wähle hier 4,7nF/400Volt, RM = 7,5mm (rotes Rechteck #1) – zusammen mit dem Gitter-R von 220kOhm eine akzeptable Grenzfrequenz für diese Stufe. Mit 10kOhm ist jedoch der Gitter-Vor-R zu klein, da kann es schon bei hartem Attack der Saiten und PAF-Pickups zu leichten Blocking Distortions kommen, was wir ja tunlichst verhindern wollen. In Hinsicht auf eine Rauschbetrachtung ergibt sich, dass dieser R mit seiner gesamten Rauschspannung voll in die Überlegung mit eingeht. Daher werden wir den 10kOhm-Gittervorwiderstand auf lediglich 22kOhm erhöhen, (rotes Rechteck #2). Es zeigt sich, dass dies bei dem an dieser Stelle herrschenden Übersteuerungsgrad auch ausreichend ist.

Parallel zum Gitter-R von 220kOhm liegt ein 2,2nF C, das die oberen Höhen ab 7kHz bedämpft. Das C bildet, vereinfacht gesagt, zusammen mit dem Gitter-Vor-R einen Tiefpass. Diesen R haben wir gerade eben verdoppelt, von 10kOhm auf 22kOhm. Um diese Grenzfrequenz beizubehalten – sie stellt sich als sehr brauchbar heraus, werden wir dieses 2,2nF C folglich einfach in seinem Wert halbieren. Wie günstig, haben wir doch gerade eben ein 1nF/400Volt-C ausgelötet, das somit ohne Zukauf sofort verfügbar wäre. Also flugs dieses 2,2nF C auslöten (rotes Rechteck #3), und das 1nF-C in diesen Platz setzen und einlöten. Der Auskoppel-Kondensator an der Anode der T1b ist mit 2,2nF zu klein (in Verbindung mit der Reihenschaltung von 220kOhm + 500kOhm-Gain- Poti); zwar gut für HighGain-Metal, um einem Bass-Mulm entgegenzuwirken, aber für unser rockiges Vorhaben weniger geeignet. Besser in dieser Position einen 4,7nF/400Volt-Kondensator einsetzen (rotes Rechteck #4). Damit ist die Triode T1b bestens in ihrer Peripherie dimensioniert.

Röhre T2a

Über dem Gain-Einsteller ist zwischen seinem Eingang und Schleifer ein kleines 150pF C als Treble-Bypass eingelötet. Das ist mir zu viel des Guten, das Ding wird ersatzlos ausgelötet (rotes Rechteck #5); insbesondere bei Benutzung einer Stratocaster mit Singlecoil-Pickups wird’s dann zu schrill. Nach dem Gain-Poti gelangt man über einen kleinen 1kOhm-Gitter-Vor-R direkt zum Gitter der T2a. Diesen 1kOhm R erhöhen wir auf 68kOhm (rotes Rechteck #6), ein für diese Stufe wieder perfekter „Anti-blocking-distortion“- Widerstand. Das Rauschen dieses Rs spielt in dieser Position (vorletzte Stufe der Gain-Kaskade) keine diskutable Rolle mehr.Lag Spitfire TL1

In meinem Spitfire stellt momentan diese T2a-Triode die 12AU7-Sektion der 12DW7- Röhre dar. Diese benötigt ja jetzt, siehe oben, einen eigens dimensionierten Kathoden- R von 3,3kOhm. Den dortigen Werks-Kathoden-R mit 1,5kOhm auslöten und in diese Position dann den 3,3kOhm rein, (rotes Rechteck #7). Entgegen dem Schaltbild aus dem Netz ist der „Weichmacher“- Kondensator von 220pF, gelegen an der Anode der T2a, nicht mit einem Beinchen auf Masse, sondern auf die Betriebsspannung gelegt – quasi parallel zu dem Anoden-R, was aber seiner Wirkung keinen Abbruch tut, da die Betriebsspannung über die Lade-Elkos wechselspannungsmäßig als Massepotential zu werten ist. Dieses kleine Keramik C durch einen 470pF/500Volt Keramiktyp ersetzen (rotes Rechteck #8)!

Dieser kleine Kondensator hat einen nicht unerheblichen Einfluss auf den Höhengehalt des Lead-Channels, Stichworte: schrill, kratzig, beißend. Bei einer 12DW7 kann man auch 680pF/500Volt einlöten, ist aber Geschmackssache und auch abhängig vom Pickup. Man fährt besser, dort einen 470pF C in die Platinenposition einzulöten und das Feintuning durch Zulöten eines weiteren kleinen Keramik-Cs von der Layout-Seite her zu bewerkstelligen. Man braucht dann später bei erneutem Feintuning nur den Gehäusedeckel abzuschrauben und muss nicht erneut das halbe Gerät zerlegen.


TEIL 4

Weiter geht´s – mit dem vierten und letzten Teil der Reihe, in der die Modifikation eines mittelprächtigen Röhren-Preamps zu einem hochwertigen Sound-Aggregat am Beispiel des Lag Spitfire erklärt wird. Übrigens: Mit etwas Glück kann man diesen Preamp auf einschlägigen Online-Gebrauchtbörsen für weniger als € 100 erstehen.

Röhre T2b

Nach dem 2,2nF Auskoppel C, gelegen an der Anode der T2a, läuft das Signal formal auf einen Spannungsteiler, bestehend aus 220kOhm + 470kOhm. Dessen Mittelabgriff führt direkt zum Gitter der T2b – diesmal anscheinend ohne Gitter Vor-R (Grid-Stopper), doch wir werden jetzt eines Besseren belehrt.

Innenwiderstände

Gedankenspiel: Wir schauen vom Gitter der T2b nach links (rückwärts) in diesen Spannungsteiler rein. Der untere Zweig liegt über dem 470kOhm-R direkt an Masse. Der verbleibende obere Zweig führt über den 220kOhm-R, über den 2,2nF-Auskoppel-C zu der Anode der T2a. Dort verzweigt es sich in den 100kOhmAnoden-R und die Triode T2a (12AU7-Sektion der 12DW7) – also deren Innenwiderstand. Wechselspannungsmäßig liegen diese beiden Zweige parallel, da die Betriebsspannung durch die Lade-Elkos als wechselspannungsmäßiges Null-Potenzial zu werten ist. Übrigens: der Innen-R einer 12AU7 (= ECC82) ist recht gering (< 10kOhm). Deshalb eignet sich diese dann auch gut als Treiber für niederohmige Lasten – z. B. für die Ansteuerung der Beam-PowerTetroden in High-Power-Amps wie dem Marshall Major 200…

Gegenüber dieser Niederohmigkeit kann man den hochohmigen 100kOhm-Anoden-R vernachlässigen. Erst recht kann man wiederum den Innen-R der T2a gegenüber den 220kOhm von eben vernachlässigen. Das Gitter der T2b sieht, also rückwärts gerichtet, die 470kOhm, parallel dazu in etwa die 270kOhm. Diese vereinfachte Sichtweise zeigt Bild 1 in aller Deutlichkeit. Die Parallelschaltung dieser beiden Zweige ergibt den Innen-R des besagten Spannungsteilers und lässt sich als einzelner Widerstand vor dem Gitter der T2b im Ersatzschaltbild darstellen. Dieser Ersatzwiderstand beträgt 150kOhm und liegt (und wirkt) wie ein Gitter Vor-R („Grid-Stopper“) zur Eindämmung der Blocking Distortion! Der hochohmige Spannungsteiler dient also mit seinem Innen-R implizit als Gitter-Vor-R und muss nicht explizit wie z. B. bei der Triode T1b eingefügt sein. Wegen des enormen Output-Swing einer 12AU7 will ich diesen dann doch noch leicht gegenüber der Werksbestückung zusätzlich abschwächen und wähle an Stelle des 220kOhm jetzt 270kOhm, Bild 4, rotes Rechteck #1. Es stellt sich damit ein virtueller Gitter-Vor-R von 470kOhm parallel 270kOhm ein, das wären 170kOhm, den das Gitter der T2b als „grid stopper“ sieht.

Miller Effekt

Einen weiteren, nicht erkennbaren Effekt will ich schnell noch anreißen – den „Miller-Effekt“, siehe Bild 2. Zwischen Gitter und Anode einer Triode befindet sich immer eine kleine parasitäre Kapazität, zusammengesetzt aus der internen Röhrenkapazität, der physikalischen GitterAnoden-Strecke, der Sockelkapazität und eventuell einem kurzen Stück zweier parallel laufender Anschlussdrähte an den relevanten Sockelpins. Es zeigt sich, dass diese statisch parasitären Kapazitäten aufaddiert zwar zunächst sehr klein erscheinen – so etwa 3pF bis 6pF – in ihrer Wechselstromwirkung hier aber dem Gesetz nach „Miller“ gehorchen. Dieses besagt, dass sich eine neue, dynamisch wirksame Kapazität zwischen Signaleingang (in dem Fall das Steuergitter) und Masse wirkend ausbildet und zwar mit der Größe der parasitären Kapazität, multipliziert mit der realen Verstärkung Vu der Triode. Schnell werden so aus den wenigen pF wirksame mehrere 100pF. Liegt jetzt vor dem Miller-C noch ein hochohmiger gridstopper, haben wir an dieser Stelle ein „unsichtbares“ Tiefpassfilter, dessen beschneidende Wirkung auf die Treble-Frequenz durchaus hörbar wird und sogar oft erwünscht ist. Der Grid-Stopper beinhaltet also bei einem hochohmigen Wert gleich zwei nicht sofort erkennbare Wirkungen.

FET-Schalter

Das Umschalten zwischen Clean und Lead wird mit dem 14-poligen Chip CD4066 ein Quad-Bilateral-FET-Switch – erledigt. Damit kein Übersprechen des Lead in den Clean Channel erfolgt, ist hier zwischen Gitter und Masse der Triode T2b ein zusätzlicher Schalt-JFET eingefügt, welcher seine Ansteuerung von der Schaltmatrix bekommt. Wird auf Clean umgeschaltet, wird besagter JFET niederohmig und schaltet die Signalspannung am Gitter der T2b nach Masse. Kurz: Die T2b wird „stumm“ geschaltet. Dadurch wird ein Übersprechen in dem 4066-Chip bereits hier im Keim erstickt.

Finale Triode T2b

Die T2b-Triode wird in meinem Spitfire aktuell beim Schreiben dieser Zeilen noch mit der 12AX7-Sektion der 12DW7 realisiert. Wir haben ja in Folge 3 gesehen, dass wir den 1,5kOhm-Kathoden-R hier nicht zwingend benötigen und aufgrund der angestellten Betrachtungen einfach einen höheren R einfügen werden, nämlich 2,7kOhm – Bild 4, rotes Rechteck #2. Mit 2,7kOhm Kathoden-R läuft in dieser Stufe zudem jede der erwähnten handelsüblichen Röhren inkl. der 12AU7 (siehe Folge 2). Nun der Kathoden Elko! Da die Gitter-Kathoden-Strecke der T2b mit einer heftigen Amplitude von reichlich vielen 10 Volts angesteuert wird, wollen wir dem Arbeitspunkt besonderes Augenmerk widmen, damit dieser nicht hörbar „pumpt“. Durch die Zeitkonstante – gebildet durch Kathoden-Eingangs-R der Triode, dem Kathoden-R und dem Kathoden Elko – kann und wird sich der Arbeitspunkt aussteuerungsabhängig etwas verschieben. Dem will ich entgegenwirken, indem ich den Wert des KathodenElkos vermindere. Gleichbedeutend ist das auch eine Erhöhung der unteren Grenzfrequenz dieser Triode – ein willkomme ner Nebeneffekt. Ich wähle hier bei der T2b final 10uF/25Volt als Kathoden-Elko Bild 4, Rechteck #3. Wer mit viel Gain spielt, am besten noch mit fetten Overwound-Pickups, kann hier durchaus auch 4,7uF oder 2,2uF wählen.

Im Anschluss an die T2b folgt ein etwas ungewöhnlich arbeitender Tonestack mit einstellbarem Treble/Bass-Anteil. Die Mitten liegen indes fest. Der Tonestack arbeitet gut, es gibt kaum Grund, ihn zu modifizieren.

Gleichzeitig erledigt die Peripherie des Tonestacks noch eine große Signal-Abschwächung, denn wie bereits erwähnt, werden die Signale mit dem HalbleiterSchalter-Chip-CD4066 geschaltet, der nur ein paar Volt Signal Spannung verarbeiten kann. Das ist jetzt hier nicht von Nachteil, das Signal muss ja eh irgendwann auf Line-Level abgesenkt werden, also warum nicht gleich hier? Nach der Abschwächung erfolgt die Volume-Einstellung des Lead Channels. Der Schleifer des Lead Volume führt direkt in den Pin#2 des 4066 Chip.

Specials

Nach dem elektronischen 4-fach Umschalter CD4066 laufen die beiden geschalteten Signale Clean & Lead über die Pins #1 & #3 auf einen Addierer – gebildet mit einem OP des bewährten TL072 – danach folgt der Master-Volume-Regler, welcher auf Clean/Lead reagiert. In dessen Anschluss der obligatorische Impedanzwandler, um dann an dessen Ausgang dort zu verzweigen. Zuerst direkt auf die Line-outBuchse (auf der Geräte-Rückseite gelegen) und zum zweiten in den Cab-Simulator.

Cab Simulator

Es handelt sich hierbei um eine gut funktionierende analoge Simulation einer 4×12“-Box. Diese Cab-Simulation ist der bekannten Red Box Mk2 von Hughes & Kettner sehr ähnlich, aber das liegt auch in der Natur der Sache, folgt die geschlossene Lautsprecher-Box doch einem klar umrissenen physikalischen Formalismus mit einem praktischen Höhenabfall um 24dB/Okt und einem Bassabfall von 12dB/Okt. Das sind die nominalen Kenndaten und die Lösungen dazu sehen dann in der Analogtechnik alle recht ähnlich aus. Lediglich die Einsatzfrequenzen variieren von Gerät zu Gerät etwas. Im Spitfire ist das Ergebnis für eine analoge Realisation jedenfalls sehr zufriedenstellend.

Nach dem Cab-Simulator verzweigt sich der Signalpfad zu einem rückseitig gelegenen Ausgang mit Bezeichnung „Studio out“ und zu einer kleinen Ausgangsstufe – gebildet mit einem OP und zwei diskreten Medium-Leistungstransistoren – die an der „Head Phone“-Buchse einen Kopfhörer treiben kann.

Zusammenfassung

Der Lag Spitfire TL1 wurde als Proband, der für ähnlich gestrickte Preamps stehen soll, erfolgreich von einem guten MetalTube-Gerät zu einer noch besseren BluesRock-Maschine umgebaut. Das Gain ist mehr als ausreichend für diesen Zweck, der Tonestack des Lead Kanals arbeitet auch mehr als zufriedenstellend. Die Lösung als 19“ 1HE ist zugegebenermaßen in der heutigen Bodentreter-dominierten Zeit etwas ungewöhnlich bzw. antiquiert, man bekommt dafür aber einen echten, feinen Röhrensound mit allem Drum & Dran. Ein gebrauchter Lag Spitfire TL1 sollte für etwa 100 € zu beschaffen sein und nach dem Modden stellt er einen preiswerten Hochgenuss dar. Ist die Vorgehensweise des Moddens in ihrem Kern verstanden, lässt es sich zielgerichtet und schnell in anderen Preamps arbeiten…

Aber noch ein Wort zum Lag: Einzig die dünne Kupferauflage der Leiterbahnen will ich hier expliziert anmahnen. Denn das bedeutet: Zügig löten und mit passenden Werkzeugen wie Entlöt-Pumpe etc. arbeiten, ansonsten nehmen die Leiterbahnen schnell Schaden.

Als Beginn einer individuellen Röhrenbestückung für die T2 Position ist die 12AY7 (Medium Gain) sehr zu empfehlen, sie produziert einen cremigen Crunch-Sound. Eine 12DW7 klingt kerniger, schmutziger, die 12AT7 brillanter, fein auflösender mit etwas mehr Gain. Selbst die Gain-schwache 12AU7 liefert – insbesondere mit PAF Pickups – einen sehr durchsichtigen, dynamischen und damit sehr guten Rocksound!

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Kommentar zu diesem Artikel

  1. Suche dringend Schaltbild für Lag Spitfire CL1

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