Hohe Kunstfertigkeit im Archtop-Bau

Vintage Guitar Stories: 1963 Guild A-350 Stratford

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(Bild: Franz Holtmann)

Gemeinhin wird Guild mit großformatigen Acoustics, opulenten 12-Strings, aber auch Electrics aus den Starfire- oder Thunderbird-Reihen verschiedener Blues-, Beat- und Rock-Phasen assoziiert. Eher unterschätzt sind dagegen die Archtops mit denen in den 50er-Jahren alles begann.

Geschichtliches: Firmengründer Alfred Dronge (eigtl. Avram Dronge), geboren 1911 in Warschau, verließ 1914 mit seiner Familie Polen. Wie zu der Zeit viele jüdische Familien, wanderten auch die Dronges über einen Zwischenaufenthalt in Paris 1916 nach Amerika aus, wo man in New York eine neue Heimat fand. Schon in jungen Jahren jobbte Al in den Musikläden an der Park Row; eine Zeit, in der er viel über Instrumente lernte, sich selbst zu einem guten Banjo-Spieler entwickelte und auch technische Fähigkeiten auf der klassischen Gitarre erwarb. Vor allem aber blieb er zeitlebens ein großer Jazz-Fan.

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Al gab Gitarrenunterricht und gegen Ende der 30er-Jahre arbeitete er professionell in einem kleinen Orchester, das in Clubs und auf Ausflugsschiffen spielte. Mit dem Geschäftsmann Barney Sagman eröffnete er bald darauf unter dem Namen Sagman & Dronge ein erstes Musikgeschäft an der Park Row. Die Zusammenarbeit währte aber nur wenige Jahre, Al zahlte seinen Partner aus, firmierte fortan als Al Dronge Music und verkaufte vornehmlich Second-Hand-Gitarren. Geschäftlich ging es nach dem Krieg dann aber aufwärts, denn Al gab seinen Laden 1948 zugunsten des lukrativen Imports und Vertriebs von italienischen Sonola Akkordions auf, was ihm ein kleines Vermögen einbrachte.

Zurück zum Gitarrengeschäft brachte ihn George Mann, ehemaliger Sales-Manager von Epiphone, den er aus der Zeit in seinem Laden noch gut kannte. Mann hatte seinen Job verloren, da Epiphone 1952 nach einem viermonatigen Streik der Belegschaft New York frustriert verlassen hatte. Er überzeugte Al davon, dass der Zeitpunkt zur Gründung einer neuen Gitarrenfirma günstig sei, da viele der gut ausgebildeten Arbeiter von Epiphone nun Arbeit suchten. Ende Oktober 1952 traten Dronge und Mann dann mit ihrer gemeinsamen Firma Guild auf den Plan.

Erster Standort war ein Loft in Manhattan, an dem sich Al Dronge als Jazz-Fan zunächst auf die Konstruktion von Archtops konzentrierte. Im April 1954, inzwischen wieder ohne Partner, brachte Al einen ersten Katalog unter dem großspurigen Motto ‚The Stradivari of Guitars‘ heraus. Große Aufmerksamkeit brachte ihm dann der Katalog des folgenden Jahres, der nicht nur ein beeindruckendes Programm an Flat- und Archtops vorstellte, sondern mit Johnny Smith einen Star der Jazzszene als Endorser auf dem Cover präsentierte.

Guild verfolgte einen konservativen Kurs, der aber offenbar von vielen Spielern begrüßt wurde. Viele der Archtops aus der frühen X-Serie zeigten noch starke Ähnlichkeit mit Epiphone-Designs, aber mit der Stuart X-500 hatte man bereits ein Erfolgsmodell gefunden, und auch mit anderen Archtops wie der Stratford X-350 oder der kleinen Aristocrat M-75 verschaffte man sich Achtung.

Parallel dazu wurden aber auch Steelstrings entwickelt. Bereits 1954 kam, eskortiert von kleineren Flattops, auch schon die große Jumbo F-50 heraus, ein Modell, das den großen Erfolg der Guild-Acoustic-Produktion einläutete.

Bereits 1956 erzwang der Aufstieg der Company, aber nicht zuletzt auch der ständige Ärger mit den New Yorker Gewerkschaften einen Umzug. Jenseits des Hudson River fand man mit einer Fabriketage passende Räumlichkeiten in New Jersey. Ab November 1956 fertigten in Hoboken etwa 15 Facharbeiter bis zu 120 Gitarren im Monat.

JOHNNY SMITH UND DUANE EDDY

Mit dem Eintritt von Al Dronges Sohn Mark 1960 in die Firma, kam neuer Wind in die Modellpolitik. Anders als sein jazz-affiner Vater war Mark offen für die neu aufkommenden Trends der Folk-, Blues-, Beat- und Rock-Era und schon bald spielte deren Prominenz Gitarren aus New Jersey. Aber auch im Archtop-Bau konnte Guild mit einem Signature Model für den namhaften Jazz-Spieler George Barnes, vor allem aber mit dem Zugang von Duane Eddy als Endorser punkten. Twang und Surf-Star Eddy war der erste Rock’n’Roller überhaupt, dem mit den Modellen DE-400 und Deluxe DE-500 Signature-Gitarren gewidmet wurden.

1967 fand nochmals ein Umzug nach Westerly/Rhode Island statt, wo in einer ehemaligen Möbelfabrik dann weitere 30 Jahre lang Guild-Gitarren gebaut werden sollten, aber das erlebte Gründer Al Dronge nicht mehr, da er 1972 bei einem Flugzeugabsturz ums Leben kam.

Das vorliegende Stratford-Modell A-350 von 1963 aus der Sammlung von Gregor Hilden repräsentiert mit stimmiger Konstruktion und detaillierter Umsetzung die hohe Kunstfertigkeit im Archtop-Bau der Guild Company jener Tage. Die 17-zöllige Stratford verfügt über eine von Hand geschnitzte Decke aus Fichte, unterbaut von sorgfältig abgeglichenen, parallel gesetzten Balken. Der Korpus aus laminiertem Ahorn zeigt außen eine attraktive Riegelstruktur.

(Bild: Franz Holtmann)

Ein zweiteilig gefügter Hals aus Ahorn trägt das gebundene Griffbrett aus Ebenholz mit Blockeinlagen aus Perlmutt; die Kopfplatte ist mit luxuriösen Mechaniken in Goldausführung besetzt.

Die Saiten (Mensur 62,8 cm) werden über eine Aufsatzbrücke aus Ebenholz zum Harp-Tailpiece geführt.

(Bild: Franz Holtmann)

Zwei Floating-Pickups (Mini-Humbucker) lassen sich individuell in Volume und Tone kontrollieren, alle Regler und der 3-Wege-Pickup-Schalter sind auf das große Pickguard aus eingefasstem Celluloid gesetzt.

(Bild: Franz Holtmann)

Spielen lässt sich die toll verarbeitete Archtop einfach traumhaft und die Pickups vermitteln große Klangkompetenz – für den warmen runden Herzton ist der Tonabnehmer am Hals verantwortlich. Der Steg-Humbucker vermag seine Karten vor allem in Kombination mit dem Hals-Pickup auszuspielen. Wegen der serienmäßigen Out-of-Phase-Schaltung sind hier besonders facettenreiche Klangvarianten zu finden.

PREISE

Von den hochklassigen Guild-A-350-Stratford-Modellen gibt es nicht viele und nur höchst selten werden sie angeboten. Dennoch sind die Preise am Vintage-Markt ungewöhnlich diffus. Mal sieht man ein Exemplar für geringe $ 3000, dann wieder werden $ 8000 verlangt.

(erschienen in Gitarre & Bass 06/2020)

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