Workshop

The Art Of Bass: Bassarbeit im Studio – Part 1

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(Bild: Tattoboo/Shutterstock)

Die goldenen Jahre der Tonstudios sind zwar vorbei, das bedeutet jedoch nicht, dass keine Bass-Recordings mehr gebraucht werden. Im Gegensatz zu früher geschieht dies heutzutage wohl überwiegend in Home- oder kleineren Projekt-Studios. Ob klein oder groß, die Aufgabenstellung bleibt die gleiche. Was ist bei einer Aufnahmesession zu beachten?

Beginnen wir mit dem technischen Teil: Als erstes muss der Bass oktavrein sein. Ist er das nicht, gerät die Stimmung aus den Fugen, sobald du höhere Töne spielst. Die Oktavreinheit wird am Steg eingestellt, dazu ist ein Stimmgerät erforderlich. Ist der am 12. Bund gegriffene Ton höher als der Flageolett-Ton am selben Bund, muss die Saite verlängert werden, das heißt, das Böckchen muss in Richtung Korpusende verschoben werden. Wenn der gegriffene Ton tiefer ist, muss die Saite verkürzt werden, das Böckchen muss also in Richtung Hals verschoben werden. Der Bass ist erst dann oktavrein, wenn der gegriffene Ton und der Flageolett-Ton aller Saiten im 12. Bund genau übereinstimmen.

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Die Saiten müssen nicht ganz neu sein, aber wenn es nicht die ausdrückliche Soundvorstellung des Produzenten ist, sollten sie nicht zu alt sein. Egal ob man einen brillanten oder eher dumpfen Sound bevorzugt, die Klangdynamik von neueren Saiten ist einfach besser. Ganz neue Saiten können manchmal noch zu harsch klingen und sind daher in vielen Situationen nicht unbedingt zu empfehlen.

Man sollte eine klare Vorstellung vom eigenen Sound haben und auch wissen, wie man ihn einstellt – ob mit aktiver Elektronik, einem geeigneten Preamp oder der eigenen Anlage, ist letztlich egal. Der einfachste Weg ist die Direktabnahme, bei der das Basssignal direkt mit dem Mischpult verbunden wird. Der sicherste Weg, den eigenen Sound einzufangen, ist immer, den eigenen Verstärker mitzubringen.

Die drückenden Tiefmitten-Frequenzen liegen zwischen 200 und 500 Hz, die tieferen Frequenzen zwischen 50 und 180 Hz sind als Bassfundament sehr wichtig, sollten aber nicht überbetont werden, da der Sound sonst schwammig wird. Die Frequenzen zwischen 600 und 4000 Hz geben dem Sound Definition, werden sie überbetont wird der Klang schnell harsch. Ab 5000 Hz beginnt der Brillanzbereich, wobei die Frequenzen zwischen 8000 und 12000 Hz den letzten Glanz liefern.

Die Wirkung der Frequenzen oberhalb von 12000 Hz lässt immer mehr nach, da sie für das menschliche Ohr immer weniger wahrnehmbar werden. Das Gleiche gilt für die Frequenzen unterhalb von 40 Hz, sie werden beim Mix oft eliminiert, um störendes Wummern zu vermeiden.

Damit es schnell geht, sollte ein Stimmgerät natürlich immer parat sein. Ich selbst bevorzuge einen Bodentreter, der das Signal unterbricht, während ich stimme. Der moderate Einsatz eines guten Kompressors kann durchaus hilfreich sein. Falls Slapping zum Einsatz kommt, ist er sogar fast unerlässlich und auch bei einem Fünfsaiter kann er helfen, den Bassbereich unter Kontrolle zu bringen. Jeder Stil benötigt außerdem einen anderen Sound. Es bringt z. B. nichts, lockere Soul-Musik mit einem fetten Reggae-Bass-Sound zu spielen.

Aber kommen wir nun zum musikalischen Teil. Bei den meisten Aufnahmesessions ist vor allem songdienliches Spiel gefragt. Die Aufgabe des Basses ist es, dem Stück eine möglichst einfache, klare und stabile musikalische Struktur zu geben. Er soll einen klaren Rhythmus geben und die Harmonien und Melodien so unterstützen, dass sie sich bestmöglich entfalten können. Im besten Fall gelingt es dem Bassisten sogar, seine Linie so kraftvoll zu gestalten, dass sie den gesamten Song entscheidend prägt.

Die Virtuosität eines songdienlichen Bassisten liegt also in seiner Fähigkeit, sich auf das Wesentliche zu beschränken, nach dem Motto „weniger ist mehr“. Ein Meister dieser Kunst ist z. B. Lee Sklar, der als Studiobassist unzählige Aufnahmen gemacht hat und hierzulande vor allem durch seine Arbeit mit Phil Collins und Billy Cobham bekannt wurde.

Als Beispiel für diesen Workshop schauen wir uns den Song ‚Wanna Come Home‘ von meinem Album ‚Serenity‘ genauer an, das in der Pandemie entstanden ist. Der Bass folgt im A-Thema mit einfachen Grundtönen sowohl der rhythmischen als auch der harmonischen Bewegung des E-Pianos, der auch das Schlagzeug folgt. Jeweils im zweiten und vierten Takt erfolgt am Ende eine kleine Variation, die nur am Schluss des Themas für die Überleitung zum B-Thema etwas verändert ist. Die Basslinie sorgt für Ruhe und Stabilität und gibt so dem vom Fretless-Bass gespielten Thema genügend Raum zur Entfaltung.

Obwohl im B-Thema das E-Piano durch eine Klangfläche ersetzt wird, behält der Bass die Rhythmik bei und sorgt so für Kontinuität. Dies geschieht auf etwas andere Weise auch im Chorus. Hier schmücken etwas mehr Variationen die Linie und sorgen so für etwas mehr Fluss. Der Song hat also in allen drei Teilen ein sehr ähnliches rhythmisches Fundament, das seine ruhige Atmosphäre mit einer klaren Struktur und Stabilität unterstützt.

Bei Verzierungen ist es immer wichtig, dass sie vor allem im rhythmischen und atmosphärischen Fluss des Songs bleiben und nicht aus der erzeugten musikalischen Stimmung herausfallen. Oder einfacher ausgedrückt: Der schönste Fill nützt nichts, wenn er nicht zum Song passt. Im A- und B-Thema sowie im Refrain des Songs wurde daher vom Bass ein gleichmäßiges, ruhiges rhythmisches Grundgerüst geschaffen, das nur durch kleine Fills aufgelockert wird. Die dadurch erzeugte Ruhe schafft Raum für neue Strukturen in der anschließenden Solopassage, die Thema des nächsten Workshops sein wird. Viel Spaß beim songdienlichen Spielen!

 

(Die Noten können durch Anklicken vergrößert werden!)

(erschienen in Gitarre & Bass 08/2023)

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