DIY Gitarre aufwerten: Steg und Saitenhalter

Teil 4: Gitarre tunen – Richwood RE-135

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Heute wollen wir uns um den neuen Steg und Saitenhalter kümmern. Denn schließlich sind diese beiden Teile maßgeblich für den guten Sound mitverantwortlich und spielen eine wichtige Rolle für die korrekte Einstellbarkeit von Saitenlage und Saitenführung.

Teil 1: Einleitung

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Teil 2: Die Bünde

Teil 3: Bünde polieren

Teil 4: Steg und Saitenhalter

Teil 5: Mechaniken 

Teil 6: Tonabnehmer

Teil 7: Der Sattel

Teil 8: Finale 

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Abb. 1: Stege im Vergleich

Bei der „Qualitätsbrücke“ dieser Richwood fallen zunächst drei Dinge negativ ins Auge: Erstens wären das die riesengroßen Löcher für die fetten Befestigungs- und Höheneinstellbolzen im Steg. Diese Bolzen sind mit einem recht groben Gewinde ausgestattet. Das erschwert eine feinfühlige Einstellung. Aufgrund des wackeligen Spiels ist das sicherlich auch kein optimaler Übertrager für die Saitenschwingungen auf den Korpus.

Zweitens fällt diese leidige Rappelfeder unangenehm auf. Dass man ähnliches in einer Gibson-Custom-Shop-Reissue, also bei Repliken alter Modelle, findet, mag ja noch als historisch korrekt durchgehen. Aber bei einer preiswerten Fernostgitarre könnte man auch ohne diesen Nervtöter auskommen, denn diesen hatte selbst Gibson in der Serienproduktion bereits Mitte der 70er-Jahre durch eine moderne, bessere Konstruktion ersetzt, die von einer nicht ganz unbekannten deutschen Firma produziert wird.

Zudem haben diese preiswerten Fernostbrücken ziemlich scharfkantige und meist viel zu enge Kerben für die Saitenführung. Vermehrtes Saitenreißen, aber auch Stimmprobleme haben hier ihre Ursache (Abb. 1). Lange Rede, kurzer Sinn: das Ding soll raus und möglichst durch ein tauglicheres Teil ersetzt werden. Eine der besten Brücken wird ja glücklicherweise hier in Deutschland gefertigt, nämlich der Schaller-GTM-Steg. Das gleiche Teil findet man seit Jahrzehnten auf zahlreichen Modellen von Gibson. Eine solide Konstruktion, ordentliches Material, frei von Rappelfedern und sonstigem Störkram und dazu noch mit 24 Karat ziemlich dick vergoldet.

Dann schauen wir uns mal die Befestigungsteile genauer an: Hier gibt es auch eine Einschlaghülse, die in eine passende Lochbohrung in der Korpusdecke soll. Allerdings befindet sich an dieser Stelle bei unserer Richwood das dicke, fette Originalteil. Ziehen wir jetzt dieses Ding raus, können wir getrost mehrere Schallerteile in diesem Riesenloch versenken (Abb. 2).

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Abb. 2: Größenunterschiede

Also müssen wir uns eine Strategie ausdenken: Entweder muss das alte Metalldingens da raus und ein passender Holzdübel in fast Besenstieldicke eingelassen werden (Abb. 6) – oder es kommt Trick 17 zur Anwendung: Das Schallereinschlagteil wird in die Originaleinschlaghülse hinein gebastelt. Denn immerhin ist das Loch für die ursprüngliche Höheneinstellschraube fast so groß wie das Loch, welches man für die Schaller – Einschlaghülse bohren müsste (Abb. 7). Da ich gerne für einfache Lösungen bin, die eventuell auch jemand zu Hause nachmachen kann, ist die Sachlage für mich klar: Die Schallers kommen in die alten Einschlaghülsen rein! Denn 100 Gramm mehr Metall übertragen sicherlich mehr Saitenschwingungen als ein Holzdübel aus dem Baumarkt und ein bisschen Extra-Sustain kommt dieser Richwood und der avisierten Soundvorstellung sicherlich entgegen.

Als erstes muss die originale Einschlaghülse aus dem Korpus raus und in den Schraubstock rein. Denn nur so können wir gefahrlos das Loch für unser Vorhaben größer bohren. Also bitte nie die Bohrmaschine an der Gitarre ansetzen, denn das könnte übel ausgehen! Zum Ausbauen brauchen wir ein rundes Stück Metall – am einfachsten ein abgesägtes Stück Poti-Achse (Abb. 3).

Das Stück hat 6 mm Durchmesser und passt in das Schraubenloch der Hülse hinein. Darüber schrauben wir die alte Höheneinstellschraube hinein. Diese drückt auf unser Stück Poti-Achse und hebt gleichzeitig die Hülse aus dem Korpus heraus. Völlig easy und für Gitarre und Lack absolut gefahrfrei. Aufpassen sollte man jedoch bei dünnen Gitarren, wie beispielsweise einer SG. Denn wenn sich die Hülse nur sehr schwer herausdrehen lässt, könnte sich das Stück Poti-Achse auch durch das Holz bohren! Auch aufpassen muss man bei allen Gitarren, bei denen diese Hülse eingeleimt und/oder überlackiert ist. Hier kommt der Trick mit dem Lötkolben (Abb. 5) zur Anwendung. Klebstoffe und Lack lösen sich bei Wärme und das Teil kann auch bei einer Gibson oder ähnlichem gefahrfrei ausgebaut werden. Allerdings sollte man es mit dem Erhitzen nicht übertreiben. Denn gerade hochwertige Nitrolacke haben bei einer solchen Aktion die Angewohnheit, sich blitzartig in Rauch aufzulösen. Ach ja – dass heiße Teil sollte man weder in die Finger nehmen noch auf die Gitarre fallen lassen.

Abb. 5-Einheizen-mit-Lötkolben
Abb. 5: Einheizen mit Lötkolben

Nachdem die Hülse aus dem Korpus herausoperiert ist, wird sie in den Schraubstock eingespannt und das etwas zu kleine Loch an der Standbohrmaschine auf passende 7,0 Millimeter aufgebohrt (Abb. 8). Beim Aufbohren ist damit zu rechnen, dass sich der Bohrer im Bohrloch wegen des geringen Größenunterschieds verkantet. Also Vorsicht bitte und gaaaanz langsam bohren. Im Fall der Richwood läuft alles nach Plan.

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Abb. 8: Schraubstock

Die Schallerhülse ist gerillt und mit 7,1 mm Durchmesser knapp größer als die gebohrten 7,0 Millimeter. D. h., wir können sie problemlos mit einem Kunststoffhammer eindengeln (Abb. 9). Man könnte auch ein Stückchen Holz zwischen einen Hammer aus Eisen und der Hülse legen. Nur bitte nicht mit Metall auf Metall hämmern, denn das gute Stück soll ja nicht vermackelt und die vergoldete Oberfläche nicht beschädigt werden.

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Abb. 9: Hülse eindengeln

Jetzt können wir die neu modifizierten alten Bolzen testweise in die Gitarre einsetzen, dabei aber nicht gleich ganz im Bohrloch versenken. Dann wollen wir prüfen, ob der Schaller-Steg auch tatsächlich passt. Immerhin könnte der Bolzen-Abstand um eine Kleinigkeit variieren und dann hätten wir ein Problem. Tatsächlich stimmt der Abstand nicht ganz und der Schaller-Steg klemmt etwas. Also mit dem Dremel und einem runden Schleifeinsatz beide Bohrlöcher in der Gitarre etwas bearbeiten. Dabei wird natürlich das Loch größer und die Bolzen können einfach hineingesteckt und wieder herausgezogen werden. Auch nicht schlecht. Denn so können wir die Löcher so zurechtschleifen, dass der Abstand der beiden Bolzen mit dem Schaller-Steg optimal übereinstimmt.

Aha, ich hör’s schon wieder: Ein lockerer Bolzen ist irgendwie schlecht … Stimmt! Aber es gibt ja noch Sekundenkleber! Ein Hoch auf den Erfinder dieses Teufelszeugs! Gitarrenreparaturen ohne diesen Kleber sind völlig unmöglich, wie haben die das nur früher gemacht?

Bevor wir jetzt die Bolzen zusammen mit einer Tube Sekundenkleber reinballern, mache ich erst mal die Öffnung auf der Unterseite des Bolzens mit einem kleinen Stückchen Tesafilm zu. Dann kann kein Kleber ungewollt von unten in den Gewindegang eindringen. Dann die Kanten der beiden Bohrlöcher im Holz der Gitarre mit mehreren dicken Klebstofftropfen auskleiden und hinein mit den Bolzen! Jetzt sofort die Brücke aufstecken, damit der Abstand auch nach dem Aushärten des Klebstoffs noch stimmt. Schon kann nichts mehr schiefgehen, und wir können das alles in Ruhe trocknen lassen. Ab besten hat sich für solche Arbeiten ein dickflüssiger Sekundenkleber bewährt. Den bekommt man am einfachsten, am günstigsten und in allerbester Qualität im Modellbaugeschäft.

Beim Austausch des Saitenhalters haben wir Glück. Das zum Steg passende Schaller Stop-Tailpiece passt exakt in die Originalschrauben des Richwood-Stegs. Da hier der Saitenhalter weniger Spiel hat, als wenn wir die Schaller-Schrauben montieren würden, könnten wir uns eigentlich den Austausch der Richwood-Hülsen sparen und geben das gleich mal als Verbesserungsvorschlag nach Postbauer-Heng (Schaller) weiter. Ich habe aber in meiner Krabbelkiste tatsächlich schöne, fette Einschlagbolzen gefunden, die meiner Ansicht nach der Richwood besser zu Gesicht stehen und diese dann auch eingebaut (Abb. 10). Auch hier musste ich mit dem Dremel und Sekundenkleber etwas nacharbeiten, damit der Bolzenabstand zum neuen Steg perfekt passt (Abb. 11).

Als nächstes müssen wir die Kerben für die Saiten in die Stegreiter einfeilen. Das ist nicht ganz einfach, denn schließlich sollen die Saiten alle denselben Abstand zueinander haben. Hier hat ein vorgekerbter Steg natürlich seine Vorteile. Andererseits kann dies auch ein Problem darstellen, wenn die Saitenführung durch die Position der Befestigungslöcher des Steges nicht ganz mittig zum Hals ausgerichtet ist. Das war ja auch einer der Kritikpunkte an diesem Instrument. Zum Glück gibt es einen ganz einfachen Trick, den mir vor etwa hundert Jahren Altguru Bill Lawrence verraten hat. Wie der genau geht, erzähle ich das nächste Mal an gleicher Stelle. Denn dazu müssen die Saiten aufgezogen sein und da wollen wir ja erst noch die neuen Schaller-Mechaniken mit Saitenfestklemmfunktion montieren. Das beschreibe ich in der nächsten Ausgabe detailliert.

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