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Tech-Talk: Boss Blues Driver BD-2, Teil 2

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Beim letzten Mal haben wir uns die Zeit genommen, um einen Transistor- Triple zu entwerfen. Als Ziel galt, diesen kleinen Verstärker als Ersatz für einen OP zu bekommen und ihn mit einer bestimmten Übertragungscharakteristik auszustatten, die Röhrenähnlichkeiten erkennen lässt. Und heute kümmern wir uns um das eigentliche Schaltungs-Design des BD-2.

Boss Blues Driver BD-2

BD-2

Eingekoppelt wird das hochohmige Gitarrensignal mittels JFET in der üblichen Source-Folger-Beschaltung als Impedanzwandler. Sein 1-MegOhm-Gate-R bestimmt maßgeblich die Eingangsimpedanz, die dann die Gitarre als externe Last sieht. Genauer betrachtet, sieht die Gitarre diesen 1 MegOhm plus die Kabelkapazität als Last plus Weiteres. (In einer noch folgenden Kolumne über Pickups sowie deren Anpassung an die Peripherie werden diese wichtigen Details noch eingehend besprochen.) Danach folgt das FET-Schalt-Arrangement, wie immer der Übersicht halber nicht dargestellt.

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Triple = OP-Äquivalent

Transistor Triple

Den letzten Monat konstruierten Transistor- Triple, bestehend – wie der Name schon sagt – aus drei Transistoren, kann man ohne formale Einschränkung für die Dauer der Schaltungsanalyse als einfachen, verlustbehafteten OP sehen. Das schafft sogleich wieder den gewohnten Überblick. Eingekoppelt wird in den ersten Triple frequenzlinear. Die Gegenkopplung hingegen generiert einen Hochpass, damit der Bass schlank bleibt und auch den Triple nicht wuchtig in seine Aussteuergrenzen treibt.

Blues-Driver-Verstärker

Im Detail: Will man an dieser Stelle auf den Frequenzgang zielgerichtet zugreifen, wird, wie hier, ein kleiner Elko gewählt (C1 = 0,15uF). Für die hohen Frequenzen ist formal dieser kleine Elko im Ersatzschaltbild quasi nicht vorhanden, es stellt sich nur dort eine bestimmte Verstärkung ein. Für die Bässe hingegen bedeutet dieser kleine Elko bereits einen merklichen Blindwiderstand, der Querzweig steigt in seiner Impedanz an, was gleichbedeutend damit ist, dass die Gegenkopplungsspannung im Bassbereich steigt. Folglich werden die Bässe stärker gegengekoppelt und dessen Verstärkung sinkt im Vergleich zu den Höhen. Mit den von Boss gewählten Werten von 1,5 kOhm und 0,15uF ergibt sich eine Hochpass-Grenzfrequenz von 700Hz. Dies ist in etwa der Hochpass- Frequenzgang eines Tube Screamer Overdrive, der ja als bewährt gilt – auch und gerade im Blues(-Rock). Das Gain arbeitet mit einem 2x 250-kOhm-Doppel-Poti. Eine Poti-Ebene bedient diesen Triple, die verbleibende Bahn gleichzeitig den folgenden Triple Nummer 2. Einfach, schön und elegant realisiert. Wer dieser Stufe etwas Gutes tun will, der tauscht den obigen 0,15uF Elko gegen einen Folientyp.

Tone Stack

Wenn wir in klassische Fender-Schaltpläne reinschauen, ist der dortige Tone Stack hinter der ersten Triode positioniert. Das macht man jetzt hier ebenso. Nur, dass Boss jetzt keine Potis verwendet, sondern Festwiderstände. Diese Werte jetzt auf den üblichen Fender Tone Stack projiziert, ergeben: Treble #0, Bass #10, Mitten #15. (Anm.: Der Mitten-Einsteller bei Fender geht natürlich nur bis #10 der Skala, die Mitten sind bei dem BD-2 formal also stärker eingestellt als bei Fender.)

Im Anschluss an den Tone Stack folgt eine Antiparallelschaltung von je zwei in Reihe geschalteten Kleinsignal-Silizium-Dioden, die, wenn der Eingangstriple voll durchgesteuert sein sollte, dass Signal clipt. Weiterhin schützt es auch den Signaleingang des folgenden Triples vor allzu hohen Peaks. Wer möchte, kann diese Dioden variieren, was den Typ und deren Anzahl anbelangt.

Ausgangs-Elektrik

Der anschließende Triple #2 verstärkt das Signal weiter. Sein einstellbares Gain ist etwas geringer als beim Eingangstriple #1. Die Einkopplung des Signals erfolgt über einen 72-Hz-Hochpass mit dem Bauteilwerten 1 MegOhm + 2,2nF. Da klingelt es bei dem Insider … Denn schauen wir einmal in einen Marshall-Plexi-Schaltplan, im Bereich der Eingangsröhre Bright Channel, erkennen wir dort im Ausgang der ersten Triode einen 2,2nF-Auskoppel-C, der auf einem 1-MegOhm-Volume-Poti arbeitet … das ist die 72Hz-Hochpass-Grenzfrequenz. Mehr noch: Mit den Werten im Fußpunkt der Gegenkopplung dieses zweiten Triples (2,2kOhm + 1uF Elko) stellt sich auch dort eine Hochpass-Grenzfrequenz von 72 Hz ein. Beide Filter sorgen so dafür, dass der Bass nicht matscht. Auch hier kann man den 1uF-Gegenkopplungs- Elko durch einen Folientyp ersetzen.

Ton Filter

Es handelt sich hier um ein Ton Filter, mit zum einen fest eingestelltem Frequenzgang (das Arrangement vor dem 10- kOhm-Ton-Poti) und zum zweiten einem einstellbaren Teil. Das Filter als solches ist nicht neu bei Boss, es wird mit leichten Variationen auch bei anderen Boss-Pedalen benutzt.

Boss Ton Filter

Gyrator Filter

In der Gegenkopplung des OP (IC1b) findet sich ein alter Bekannter wieder, ein Gyrator – gebildet mit dem Transistor Q7 + seiner Peripherie. Das Arrangement generiert eine elektronische verlustbehaftete Spule, also ein RL-Glied. Zusammen mit dem vorgeschalteten C = 56nF ergibt sich so ein RLC-Saugkreis. Da dieses Arrangement in der Gegenkopplung platziert ist, entsteht final ein 120-Hz-Peak mit etwa 6 db Resonanzüberhöhung im Frequenzgang, der Wucht und Druck im unteren Bass generiert. Auch hier ist wieder von Vorteil, dass dieser im unteren Bass angesiedelte Bandpass unterhalb seines Peaks die dortigen Frequenzen wieder dämpft, sodass ein nerviges 50Hz-Brummen etc. abgeschwächt wird. Bei einem Bass-Tiefpass des „Shelving“-Typs wäre das aber nicht der Fall. Da der Boss BD-2 sehr beliebt ist, existieren auch eine Vielzahl von guten Mods im Netz. Sehr interessant erscheint mir die sogenannten Brent-Mason-, aber auch die Tweed-Mod.

Gyrator Filter

Wer einmal auf die Schnelle einen Gyrator analysieren will, der findet ein schönes Tool zur Bestimmung der Gyrator-Kennwerte auf dieser Website.

 

>>Hier geht’s zum ersten Teil<<

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