Workshop
Solo Basics: ‚So What‘, Part 1 – Raus aus der Box!
von Wolfgang Kehle, Artikel aus dem Archiv
(Bild: Shutterstock / Gansstock)
Am 17. August 1959 erschien mit ‘Kind Of Blue’ das vielleicht wichtigste und bekannteste Album des legendären Jazz-Trompeters Miles Davis. Keine Platte in der Geschichte des Jazz verkaufte sich besser, und das Werk gilt als die Initialzündung des modalen Jazz, die sich in der 1958 veröffentlichten Davis-Komposition ‘Milestones’ schon andeutete.
Anders als beim Bebop, der auf oft schnell wechselnden quintfälligen Akkordfolgen basiert, wird beim modalen Jazz zunächst mit einer Kirchentonleiter improvisiert, der ein über eine längere Strecke gespielter Akkord zugrunde liegt.
Bei ‘So What’, dem ersten Song von ‘Kind Of Blue’ sieht die modale Struktur so aus:
Dm7 D-Dorisch 16 Takte
Ebm7 Eb-Dorisch 8 Takte
Dm7 D-Dorisch 8 Takte
Beispiel 1 zeigt für interessantes Comping zunächst diatonische Quart-Akkorde, dann eine Variante mit variableren Voicings.
(zum Vergrößern klicken!)
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Dorisch ist eine Moll-Skala mit dem charakteristischen Intervall der großen Sexte und sieht so aus:
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In meinem Guitar-Basics-Workshop in Ausgabe 05/2023 war Dorisch das Thema, dort finden sich viele weitere Informationen, die auch für ‘So What’ äußerst hilfreich sind.
Zu ‘So What’ gibt es auf YouTube viele Playalongs und Tutorials. Oft hört man dann den Ratschlag: Spiele die C-Dur-Tonleiter, die besteht aus den gleichen Töne wie D-Dorisch, und vertraue auf deine Ohren! Die werden dir den Weg zu den richtigen Tönen weisen! Das ist gut gemeint, und falsch. Im Ergebnis wird man dann den Fingersatz in einer Box rauf und runter spielen und kaum Fortschritte erzielen. Ich zeige hier einen Weg auf, wie man gezielt üben kann und dabei sein Gehör, seine melodische Intuition und seine Orientierung am Griffbrett dramatisch verbessern kann. Basis ist D-Dorisch, horizontal auf der H-Saite abwärts, beginnend mit D am 15. Bund.
(zum Vergrößern klicken!)
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In Beispiel 2 spielen wir zunächst ein einfaches Dreiton-Motiv.
Beispiel 3 besteht aus diatonischen Terzen aufwärts.
In Beispiel 4 kombinieren wir Beispiel 2 und 3 zu einem Vierton-Motiv.
In Beispiel 5 gehen wir durch alle Quarten abwärts, und in Beispiel 6 kombinieren wir dann Beispiel 2/3/4/5 zu einer cool klingenden siebentönigen Sequenz, die nebenher auch noch die diatonischen Vierklänge von D-Dorisch skizziert.
Beim Üben wird man feststellen, wie sich mit jedem Lagenwechsel neue Änderungen ergeben, die vor allem zeigen, dass man seine Kenntnisse auf dem Griffbrett immer verbessern kann. Ziel ist, dass irgendwann die Intuition die Führung übernimmt, man beginnt, die Töne auf dem Griffbrett zu hören, bevor man sie spielt. Die Intuition kann dann beim Improvisieren zu Ergebnissen führen wie in Beispiel 7 dokumentiert.
In der nächsten Folge gibt es dann coole Beispiele aus der Jazz-Geschichte.
(erschienen in Gitarre & Bass 01/2025)
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