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Solo Basics: Die VI-II-V-I-Verbindung
von Wolfgang Kehle, Artikel aus dem Archiv
(Bild: Shutterstock / Gansstock)
In den letzten beiden Folgen ging es um die II-V-I-Verbindung, Chromatic Approaches und Enclosures. Heute werden wir der II-V-I-Verbindung einen Akkord voranstellen.
Die so entstehende VI-II-V-I-Verbindung besteht aus den folgenden Akkorden: Am7-Dm7-G7-C∆7. Sehr häufig wird die Reihenfolge auch so gedreht: C∆7- Am7-Dm7-G7. Diese Akkordfolge ist als I-VI-II-V-Verbindung (oft auch „1625“ genannt) bekannt und in unzähligen populären Songs zu hören.
Was uns heute interessiert, ist die Verbindung VI-II-V-I, mit der zum Beispiel ‚All The Things You Are‘, einer der meistgespielten Jazzstandards, beginnt. Die Abfolge der Grundtöne der Akkorde A-D-G-C ist im sogenannten Quintfall gehalten, die Grundtöne bewegen sich also in Quinten nach unten. Um zu hören, wie das Ganze klingt, finden sich in Beispiel 1 einige gut klingende Akkord-Varianten.
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Mit dem Wissen, dass das Tonmaterial für alle vier Akkorde zunächst nur aus der C-Dur-Tonleiter besteht, hat man eine zwar nützliche aber auch gefährliche Information. Die Versuchung, über alle vier Chords nur die Tonleiter rauf und runter zu dudeln, ist groß. So spielt man aber oft am Sound der Akkorde vorbei. Arpeggien hingegen sind ein hervorragendes Tool, um einen Akkord wirklich klar und deutlich hörbar zu machen.
Die Möglichkeiten, z. B. nur das Arpeggio von Am7, bestehend aus den vier Tönen A, C, E und G auf dem ganzen Griffbrett zu spielen, sind schon fast endlos. Beispiel 2 zeigt einen systematischen Ansatz, das Arpeggio – immer auf der tiefen E-Saite beginnend – vom Grundton, von der Terz, der Quinte und der Sept aus zu spielen.
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Beispiel 3 zeigt einen Workout auf der Basis von Beispiel 2, mit dem die vier Akkorde der VI-II-V-I-Verbindung jeweils in einer Lage gespielt werden. Hier wechseln sich die verschiedenen Umkehrungen in immer gleicher Weise ab.
In Beispiel 4 finden sich Varianten von Beispiel 3, hier wechselt dazu die melodische Richtung, aufwärts/abwärts oder abwärts/aufwärts. In der letzten Folge haben wir die sogenannten „Enclosures“ kennengelernt, mit denen Akkordtöne eingerahmt werden.
In Beispiel 5 werden die Grundtöne und Terzen unserer VI-II-V-I-Verbindung zunächst von oben mit einem Scale Approach, und dann von unten mit einem Chromatic Approach angesteuert. Die Zieltöne sind dabei immer auf den Zählzeiten 1 und 3. Das klingt schon völlig überzeugend und schlüssig. Diese Übung ist für die linke Hand etwas tricky, dafür aber ein Turboboost in Sachen Griffbrettorientierung. Man kann statt Grundton und Terz auch Quint oder Sept und sogar Tensions wie None (9), Undezime (11) oder Tredezime (13) ansteuern. The sky is the limit!
Aber das Spiel geht noch weiter, denn es gibt auch Varianten von Enclosures. Eine sehr beliebte besteht darin, den Zielton zunächst mit zwei Chromatic Approaches von oben und dann mit einem Chromatic Approach von unten einzurahmen.
In Beispiel 6 sind vier Lines zu finden, in denen das gerade beschriebene Enclosure zum Einsatz kommt. In der ersten Line geht es für die linke Hand ordentlich zur Sache. Solche Sequenzen kann man nicht aus dem Ärmel schütteln, die wollen geübt werden. So trainiert man die Beweglichkeit der Finger und lernt gleichzeitig wertvolle musikalische Inhalte. Im dritten Takt der ersten Linie wird die Terz von G7 (auf der Zählzeit 3) mit einer Variante von oben mit einem und dann von unten mit zwei Chromatic Approaches angesteuert. Die zweite Linie stammt von dem legendären Bebop-Trompeter Clifford Brown – ein Klassiker. Viel Spaß damit!
(erschienen in Gitarre & Bass 02/2024)
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