Workshop
Solo Basics: Approach Notes und Enclosures
von Redaktion, Artikel aus dem Archiv
(Bild: Shutterstock / Gansstock)
In der letzten Folge haben wir die II-V-I-Verbindung kennengelernt und uns mit verschiedenen Voicings und Arpeggien beschäftigt. Diese bestehen aus Akkordtönen (Chord Tones), die man verschiedenartig umspielen kann, um improvisierte oder komponierte Melodien abwechslungsreicher zu gestalten. Welche Möglichkeiten es gibt, zeigt dieser Workshop:
„Chromatic Approach“: Unter diesem Begriff versteht man die Annäherung an einen Akkordton in Halbtonschritten. Beispiel 1 zeigt für die Akkorde der II-V-I-Verbindung die Annährung an jeden Akkordton durch einen Halbtonschritt von unten.
Die Akkordtöne sind an dem ovalen, innen weißen Notenkopf leicht zu erkennen. Außerdem sind durch Kürzel wie „1“ (Grundton), „b3/3“ (kl./gr. Terz), „5“ (Quinte) und „b7/∆7“ (kl./gr. Septime) auch die Funktionen im Akkord markiert. Wir sehen, dass jetzt eine Menge chromatische Töne ins Spiel kommt, die nicht zur C-Dur-Tonleiter gehören. Das sorgt für ganz neue Klangfarben, die aber von der linken Greifhand schon einige Flexibilität verlangen.
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„Scale Approach“: Hier nähern wir uns dem Akkordton durch einen über oder unter diesem liegenden Ton aus der zugrundeliegenden Scale an. Beispiel 2 zeigt dieses Prinzip für die drei Akkorde unserer II-V-I-Verbindung durch Scale Approaches von oben.
Das klingt ungleich interessanter als die Tonleiter nur rauf- und runterzuspielen. Eine weitverbreitete Strategie der Melodie-Gestaltung liegt in der Kombination von Beispiel 1 und 2. Mit Chromatic Approach von unten und Scale Approach von oben entsteht ein sogenanntes „Enclosure“, der Akkordton wird so quasi eingerahmt.
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Beispiel 3 zeigt diese Enclosures für die drei Akkorde unserer II-V-I-Verbindung. Die eingerahmten Akkordtöne sind hier rhythmisch auf den schweren Zählzeiten 1 und 3 platziert. So klingen solche Melodien besonders schlüssig und überzeugend.
Dass es auch anders geht, zeigen die Beatles in ihrem Song ‚Hey Jude‘. Der ist in F-Dur geschrieben, und in einer Art Bridge zum Schluss-Chorus steuern sie in ihrer Gesanglinie den F-Dur-Dreiklang mit Chromatic Approaches von unten an (Beispiel 4).
Die angesteuerten Akkordtöne sitzen hier auf den Achtel-Offbeats (2+, 3+, 4+, 1+, 2+). Klingt super! Wolfgang Amadeus Mozart wusste schon lange vor den Beatles, wie man Melodien schreibt, die man schon nach dem ersten Hören nie wieder vergisst. Die kleine Melodie aus ‚Rondo Alla Turca‘ (aus dem dritten Satz der Sonate Nr. 11, komponiert 1783), kennt wirklich jeder.
Beispiel 5 zeigt Chromatic und Scale Approaches à la Mozart im Einsatz. Auch der Filmkomponist Henry Mancini war ein Großmeister der Kunst, Ohrwürmer zu schreiben. Unter einer Unzahl von Mancini-Mega-Hits nimmt sein 1963 komponiertes ‚The Pink Panther Theme‘ eine Sonderstellung ein.
Das Thema (Beispiel 6) setzt auf die überzeugende Wirkung der Chromatic Approaches von oben wie unten.
Mit vielleicht sogar noch mehr Wiedererkennungswert gesegnet ist die markante Begleitung, die ausschließlich aus Powerchords besteht, wie in Beispiel 7 zu sehen. Die zugrundeliegenden Akkorde sind:
| Em | | C7 | | Em | | F7 | |
Die werden über dreifache Chromatic Approaches von unten wie von oben angesteuert. Eigentlich einfach, aber mit ungeheurer musikalischer Wirkung.
Für Beispiel 8 habe ich drei II-V-I-Lines geschrieben, in denen die heute besprochenen Inhalte konsequent angewendet werden. Die beiden ersten Linien klingen jazzy, und für die dritte habe ich das ‚Pink Panther Theme‘ so angepasst, dass es sich harmonisch einfügt. Viel Spaß damit!
(erschienen in Gitarre & Bass 01/2024)
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