Singer-Songwriter-Workshop: Teil 5 – Strumming-Basiswissen
von Andreas Schulz, Artikel aus dem Archiv
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(Bild: Dieter Stork)
Ein gutes Singer/Songwriter-Repertoire lebt von der Abwechslung. Das betrifft die Texte, die Song-Tempi, Grooves und Tonarten. Vielleicht auch die Instrumentierung mit unterschiedlichen Saiteninstrumenten. Ganz sicher aber die Anschlagtechniken, die für die Gitarrenbegleitung zum Einsatz kommen.
Je vielseitiger man mit der Anschlaghand agieren kann, desto besser. Denn das Publikum sehnt sich nach musikalischer und klanglicher Abwechslung und genießt es, wenn die Gitarrenbegleitungen deutliche Unterschiede aufweisen und den jeweiligen Song in Sound, Spieldichte, Rhythmik und Intensität kongenial unterstützen.
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strumming
Eine der häufigsten Begleittechniken ist das Strumming. Dabei werden die Saiten mit dem Plektrum angeschlagen. Bereits die Auswahl des Pleks in Sachen Material und Dicke spielt eine Rolle für Klang und Spielgefühl. Mit sehr weichen Plektren bekommt man eine höhenreich glitzernde und flächige Begleitung mit recht wenig Dynamik – positiv ausgedrückt: einen verlässlichen Klangteppich. Ein besonders dickes Plektrum, das gar nicht nachgibt, erfordert sensible Technik, ein solches Plek wird meist von Bluegrass-Musikern benutzt, die damit auch virtuose Linien spielen.
Wer zwischen Linien und Akkord-Strumming wechselt, wird ein mittelstarkes Plektrum bevorzugen, mit dem sich alles gut umsetzen lässt. Tipp: Es kann in vielen Situationen hilfreich sein, wenn man das Strumming auch mit den Fingern beherrscht – stellt euch einen Song vor, der zu Beginn dezent im Fingerstyle begleitet wird und ab dem 2. Refrain mit Hilfe von geschlagenen Akkorden richtig nach vorne geht. Nicht immer hat man genug Zeit, sein Plektrum irgendwo herzuzaubern. Und nun zu unseren Musikbeispielen, die einige der vielen grundlegenden Strumming-Techniken beleuchten.
techniken & sounds
Für Beispiel 1 bedienen wir uns einer typischen Rock-Technik und spielen nur mit Abschlägen (engl. downstrokes). Das typische Akzent-Pattern entsteht durch die vollen Akkorde, die aus dem pumpenden Achtelanschlag herausstechen.
Es folgt in Beispiel 2 ein lockeres und laid-back gespieltes Achtel-Strumming im Wechselschlag – denkt an einen Song wie ,New Kid in Town’ von den Eagles. Beachtet hier auch die Akkordfolge, deren Spannungsbogen besonders gut gelungen ist.
Viele Songs der Nuller-Jahre kamen in locker gespielten Mid-Tempo-16tel-Grooves daher. So auch ,You’re Beautiful’, ein Mega-Hit von James Blunt, veröffentlicht 2005. Blunt spielt die in Beispiel 3 notierten Chords mit Capo im VIII. Bund.
Jetzt gehen wir in der Timeline der berühmten Strumming-Begleitungen einige Jahrzehnte zurück. John Fogerty von Creedence Clearwater Revival hatte immer schon ein Händchen für ganz einfache Begleitungen, die aber enorm wirkungsvoll waren – im Grunde Strumming-Hooklines. Ein gutes Beispiel für Boom-Chick-Strumming ist sein simples Chord-Riff von “Bad Moon Rising” (Beispiel 4).
Einen Groove in der Achtelebene, bei dem die Zählzeiten 2 und 4 akzentuiert sind, nennt man oft Jump-Groove. In diesem Style spielten auch die frühen Beatles bei “I Feel Fine”; unsere kurze Akkordfolge in Beispiel 5 zitiert vier Takte aus dem mittleren Teil des Songs.
Wie John Fogerty benutzte auch Tom Petty gern markant klingende, in Wirklichkeit aber sehr simple Akkorde für viele seiner Mainstream-Country-Rock-Songs. Es gibt sogar Petty-Titel, die in ganzer Länge auf einer einzigen kurzen Akkordfolge basieren.
In Beispiel 6 findet ihr dazu ein Akkord-Riff in D im Stil von ,Free Fallin´’, zuerst mit reduzierter Spieldichte wie im Intro, dann mit dem im Song vorherrschenden 16tel-Groove, der rhythmisch von den vorgezogenen bzw. verzögerten Akkordwechseln profitiert.
Abschließend schauen wir uns an, wie der belgische Musiker Milow viele seiner Songs begleitet. Er benutzt ein überschaubares, aber gut nach vorne treibendes Rhythmus-Pattern: 1 2 + + 4 +. Die Besonderheit sind hier die abgedämpften Anschläge auf den Zählzeiten 2 und 4, die für einen wirklich guten Backbeat sorgen. Hören könnt ihr das etwa bei Milows Hit “Ayo Technology”. Ed Sheeran ist ebenfalls ein Meister dieser Spielweise.
In Beispiel 7 ist Milows Groove aufnotiert, das x als Notenkopf symbolisiert die Dead-Note, also den nur als perkussives Geräusch zu hörenden Backbeat. Spielt man Barré-Griffe, ist das kein Problem: Einfach den Griff lockern und die Saiten mit der Greifhand weiterhin berühren – schon hat man den gewünschten Klang. Milow spielt das allerdings mit offenen Akkorden, mit Griffen für Em, D und C mit Capo im VII. Bund, wodurch das Ganze in B-Moll erklingt.
Den Backbeat bei offenen Akkorden erzeugt man mit der Anschlaghand. Zeitlich synchron zum eigentlichen Anschlagmoment, in dem das Plektrum die Saiten trifft, lässt man auch die Handkante auf die Saiten fallen. So erhält man dann wieder einen perkussiven Beat. Das sollte man langsam und sorgfältig üben.
Tipp: Milow verziert den C-Akkord oft mit einem Hammer-On. Dazu greift man zu Beginn des Taktes den C-Griff auf Zählzeit 1 nur mit den Fingern 3 und 1 und lässt die D-Saite leer mitklingen; auf der Zählzeit 1- und kommt dann in time das Hammering mit dem 2. Finger auf den 2. Bund der D-Saite (Ton e).
Stay tuned: In der nächsten Folge wird es wieder um Anschlagtechniken gehen – wir schauen uns typische Beispiele für Fingerpicking-Begleitungen an, außerdem lernt ihr die “Brushing”-Technik kennen.