Nachdem schon der ein oder andere Tuningschritt absolviert wurde, ist es nun an der Zeit, die Hals/Korpus-Verbindung anzugehen. Das ist ein echter Meilenstein beim Projekt, da aus den einzelnen Bauteilen nun recht plakativ ein Instrument wird.
Beim ersten erwartungsvollen Zusammenstecken hat die Halstasche den Hals ganz gut im Griff, wenn das Griffbrettende bis zur Korpuskante geschoben wird (Abb. 1). Viele historische Vorbilder geben den Übergang auch genauso vor und die Euphorie des Aufbaus legt hier einen bausatzbezogenen Gedankenfehler gefährlich nah. Das Schlagbrett des Bausatzes wird durch seine Form bei einer Positionierung gemäß Abb. 1 nicht passen. Anders als bei vielen Originalen umschließt das Schlagbrett das Griffbrettende und ergibt optisch erst ein stimmiges Bild, wenn das Halsende etwas weiter in den Korpus geschoben wird. Hals und Korpus treffen sich etwa am 21. Bund (Abb. 2).
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Bild: M. Doc Schneider
Abb. 1: Der Bausatz historisch korrekt? Oder …
Bild: M. Doc Schneider
Abb. 2: … den Vorgaben folgend?
HISTORISCH ODER LOSGELÖST?
Man hat nun zwei Möglichkeiten, den Aufbau des Projektes weiter voranzuschieben. Der vintage-orientierte Weg wäre, ggf. Option 1 gemäß Abb. 1 zu wählen. Da sehe ich auch keine Probleme. Es muss dann jedoch ein neues Schlagbrett gestaltet und hergestellt werden. Ohne Flickwerk sehe ich keine Möglichkeit, das Bausatzschlagbrett einzusetzen.
Historisch nicht ganz korrekt aber in vielen Punkten schlüssiger ist die Option gemäß Abb. 2. Die resultierende etwas längere Hals/ Korpus-Verbindung kann nicht nachteilig sein. Zudem wird der Hals etwas „kürzer“, ragt also ca. 20 mm weniger aus dem Korpus.
Das könnte ein Plus sein, um ggf. Kopflastigkeit zu vermeiden, da beim Bausatz ein ca. 1,2 kg leichter Korpus auf einen ca. 570 g schweren Hals trifft. In der Summe überwiegen die Vorteile der Option 2, sodass der etwas höhere Halsansatz der gewählte Weg wird – zudem kann so auch das Originalschlagbrett des Bausatzes verwendet werden.
Vintage-Fans werden sich ggf. über die Position der Pickupfräsung Gedanken machen. Durch den höheren Halsansatz verschiebt sich die noch zu ermittelnde Stegposition in Richtung Korpusende. Die bereits vorhandene Fräsung wandert somit etwas weiter weg vom Steg als bei der Option gemäß Abb. 1. Das entspricht dann ggf. nicht mehr vintage-orientierten Vorgaben, aber diesbezüglich sehe ich das Projekt ohnehin ergebnisoffen.
KONISCHES ÖFFNEN
Die gewählte Ansatzvariante bewirkt, dass der Hals nicht mehr so ohne weiteres in der Tasche feststeckt. Halsende und Halstasche verlaufen konisch, sodass das Zurückschieben des Halses ein Öffnen der Fuge mit sich bringt. War die Verbindung gemäß Abb. 1 noch mehr oder weniger geklemmt, ist sie nach der Korrektur gemäß Abb. 2 lose. Eine gut sichtbare Fuge läuft komplett um das gesteckte Halsende (Abb. 3).
Eine belastbare Verklebung wäre ohne weiteres Nachbearbeiten nur mit einem spaltfüllenden Klebstoff zu erzielen. Allerdings widerspricht das Verfüllen einer breiten Fuge mit einer entsprechenden Menge flüssigem Kunststoff (Kleber) unseren gewissenhaften Ansprüchen. Eine möglichst enge Passung ohne viel Spiel ist gerade bei der Hals/Korpus-Verbindung das geplante Ziel. Um dieser Idealvorstellung ein bisschen näherzukommen, wird die Halstasche des Bausatzes an den Seiten mit Furnier aufgefüllt (Abb. 4/oben).
Die beidseitig eingesetzten Holzstreifen verkleinern das Maß der Tasche in der Breite um ca. 1,2 mm und kompensieren so weitestgehend das Öffnen der Fuge durch den nun weiter zurückgeschobenen Hals. Aus farblich passendem Furnier schneide und schleife ich zwei Furnierstreifen auf Maß, bevor ich sie mit Weißleim nacheinander an die Seiten der Halstasche leime (Abb. 4/unten). Das benötigt etwas Trocknungszeit, die effektiv genutzt werden kann, um anstehende Arbeiten an der Kopfplatte einzuschieben.
SAUBERES VERSENKEN
An der Kopfplatte ist die Mattierung abgeschlossen und ausreichend durchgetrocknet, sodass die später anstehende Montage der Mechaniken vorbereitet werden kann. Der erste Schritt der Mechanikmontage besteht in der Installation der Führungshülsen auf der Oberseite der Kopfplatte. Durch den Lackaufbau hat sich das Montageloch im Bereich der aufgesetzten Fiberplatte etwas verkleinert, sodass die Hülse nur mit viel grober Überredungskunst ins Loch schlüpfen würde (Abb. 5/oben).
Ein grobes Eintreiben mit dem Hammer oder das schnelle Aufbohren führen häufig zu suboptimalen Ergebnissen, da im Eifer des Treibens dann doch schon mal was wegplatzt oder einreißt. Das recht akzeptable Ergebnis auf Abb. 5/unten vor Augen, braucht der Weg dorthin etwas Zeit und einen eher sanften Ansatz.
Um einen passenden Bohrer (zum Beispiel 5 mm) wickele ich ein wenig feines Schleifpapier und vergrößere die Montagelöcher schleifend (Abb. 6).
Zügiger als man denkt, wird so der störende Lacküberschuss im Loch entfernt und die Hülse findet ihren Platz, um willig in Position gedrückt zu werden. Da die Löcher beim Projekt im unteren Bereich recht weit sind, habe ich vor dem Eindrücken der Hülse etwas (!) Sekundenkleber-Gel an die Wandungen der Bohrungen aufgetragen. Das Gel umschließt die Hülsen und verleiht ihnen einen etwas sichereren Halt.
Soweit zumindest die Theorie. Ob die Praxis Erhofftes hergibt, wird sich erst beim Gebrauch der Mechaniken unter Saitenzug zeigen. Da noch die Oberflächenbehandlung inklusive Kopfplattenrückseite ansteht, kann es mit der Mechanikmontage an dieser Stelle nicht weitergehen. Die eingeleimten Furnierstreifen hatten nun genug Zeit zum Aushärten, sodass es an der Halstasche weitergehen kann.
TASCHENKONTROLLE
Die eingeleimten Furnierstreifen passen zwar die Halstasche in der Breite an die geforderten Maße an, jedoch ist dieses Maß nur ein Mitspieler im Bemühen, Tasche und Hals möglichst nahtlos miteinander zu verbinden. Bei der gewünschten engen Passung spielen auch noch andere Parameter mit. Die Kontrolle mit dem Winkel zeigt, dass die Tasche nicht winklig gefräst ist (Abb. 7/links).
Darüber hinaus liefert die recht grob gefräste Fläche (Abb. 7/rechts) nicht die plane und geschlossene Kontaktfläche, wie sie es das Lehrbuch (und die angestrebten Tuning-Ziele) für eine solche Verbindung vorsieht. Da muss noch ein bisschen aufgeräumt werden. Für solche Zwecke habe ich winklige Schleifklötze, bei denen eine Kante oder Fläche mit selbstklebendem Schleifpapier versehen ist. So können gemäß Abb. 8 zielstrebig Kanten und Flächen der Halstasche näher an die angestrebten Vorgaben gebracht werden.
Bild: M. Doc Schneider
Abb. 8: Das Aufräumen in der Halstasche …
Bild: M. Doc Schneider
Abb. 9: … zeigt Wirkung.
Beim Projekt war es besonders schwierig, die vordere Fuge am Halsansatz sauber zu schließen (Abb. 9/links).
Der Hals kippelte etwas, wenn man ihn am Ansatz bzw. dem Griffbrett in Richtung Halstasche gedrückt hat. Offenbar war der Halsfuß nicht ganz plan und er wurde daher mit einem kleinen Hobel nachbearbeitet (Abb. 10).
Nach dem Optimieren saß der Hals ohne Kippeln in der Tasche und auch die Fuge schloss sich noch etwas (Abb. 9/rechts). Das ist natürlich noch nicht die optimale Fuge für eine Leimverbindung – da könnte man ggf. noch weiter optimieren – aber das Aufräumen hat der Verbindung schon mal gutgetan.
KONTROLLE DURCH SIMULATION
Bevor noch weiter an der Hals/Korpus-Verbindung optimiert wird, sollte an dieser Stelle bereits Erreichtes erst einmal als Ist-Vorgabe akzeptiert werden und vorausschauend der weitere Aufbau des Projekts überdacht werden. Es handelt sich zwar um einen Bausatz aber auch dessen Hersteller sind eventuell nicht unfehlbar.
Um Überraschungen zu vermeiden, aber auch um das Projekt besser kennenzulernen (ggf. an eigene Vorstellungen anzupassen) empfiehlt sich in der aktuellen Tuning-Etappe die resultierende Situation am Steg auszuloten. Wie hoch laufen später die Saiten über dem Korpus? Reicht die Aufbauhöhe der Hardware? Kann eine brauchbare Saitenlage eingestellt werden? Für einen erfolgreichen Abschluss des Projekts sind dies ganz wichtige Fragen, die geklärt werden müssen. Sollte irgendetwas aus dem Ruder laufen, könnte beim jetzigen Stand des Zusammenbaus (Hals und Korpus nur lose gesteckt) noch so einiges wieder auf Kurs gebracht werden. Fakten liefert die Kontrolle mit einem langen Lineal (Abb. 11).
Hals und Korpus werden zunächst zusammengesteckt und simulieren so die Vorgaben des eingeleimten Halses. Am 12. Bund platziere ich einen 2,5 mm starken Bohrer, auf den ich das Lineal setze. So verläuft das Lineal in etwa wie eine Saite mit grob 1 mm Abstand zur Bundoberkante (Abb. 11/unten) also ähnlich der Situation auf dem fertig besaiteten Instrument. Nun kann der Steg unter das Lineal gelegt werden, um zu prüfen welche Aufbauhöhe sich später ergibt (Abb. 12).
Für eine grobe aber aussagefähige Position sollte der Steg in etwa auf der Mensur (doppelter Abstand Sattel zum 12. Bund) sitzen.
Die Abb. 13/oben zeigt, dass der Steg ca. 6 mm über dem Korpus sitzen müsste, um mit der simulierten Saitenhöhe zu funktionieren. Das sind brauchbare Vorgaben und der Bausatz könnte auch ohne weitere Änderungen vorangebracht werden. Aber man möchte ja ggf. nicht nur die Pflicht ablegen, sondern auch noch die Kür tanzen – soll heißen: Vorgegebenes noch ein bisschen nach eigenem Geschmack finetunen.
Da bietet der Bausatz für mich zwei Baustellen. Die erste Baustelle ist der Abstand Pickup/Saite. Der vorgesehene P-90 Tonabnehmer ist in seiner Aufbauhöhe festgelegt und kann nicht justiert werden. Beim jetzigen Projektaufbau ist er für meinen Geschmack etwas zu weit weg von der Saite. Ich würde die Saite gerne etwas näher am Pickup sehen.
Die zweite Baustelle sind die Hülsen zur Befestigung des Steges. Diese sind beim Bausatz recht kurz (Abb. 14/Mitte) im Vergleich zu anderen Bolzen/Hülsen (Abb. 14/rechts), schultern aber bei dem Einteiler des Bausatzes den kompletten Saitenzug. Bei dem sehr weichen Korpusholz möchte ich die Aufbauhöhe daher so niedrig wie möglich halten.
So soll vermieden werden, dass ein sehr hoch eingestellter Bolzen (hohe Aufbauhöhe) durch den entstehenden Hebel die Hülse im weichen Holz nach vorne wegdrückt und so später Bolzen und Hülse schiefsitzen. Der Halswinkel kann dabei das passende Instrumentarium sein, um die Arbeiten an den beiden Baustellen schlüssig abzuschließen, und genau an dieser Stelle wird auch der nächste Repair Talk ansetzen.