Nachdem im letzten Repair Talk die Arbeiten am Sattel zum Abschluss gekommen sind, widmet sich diese Folge einem nicht immer sichtbaren, aber sehr wichtigen Bauteil zum Einstellen des Spielkomforts bei der Gitarre.
Dem T-Rod, Trussrod, oder allgemein verständlich: Halseinstellstab.
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Verstärkung für den Hals
Die Idee, einen Gitarrenhals mit einem verstellbaren Metallstab zu stabilisieren, geht zurück bis in die 1920er-Jahre. Der Grundgedanke war, Gitarrenhälse dünner machen zu können, ohne dadurch die Stabilität des Halses zu gefährden.
Die verhältnismäßig dicken Saiten, die damals zum Einsatz kamen, erforderten aus statischen Gründen recht kräftige Hälse, die dem Saitenzug etwas entgegenzusetzen hatten.
Zwar kann man den Hals auch durch starre Stäbe verstärken, jedoch hat der einstellbare Stab den Vorteil, dass man den Hals statisch unterstützt aber darüber hinaus auch Änderungen im Halsverlauf durch Klima oder eine andere Saitenauswahl kompensieren kann.
Der T-Rod in seiner Urform ist ein einfacher Metallstab, der gebogen möglichst nah am Halsrücken im Hals eingelassen ist (Abb. 1 oben). Fixiert wird er mit 2 Ankern (Abb. 2) an den beiden Enden. Ein Anker ist fix während der andere Anker eine bewegliche Spanneinrichtung hat.
Auf Abb. 2 ist es die Mutter. Zieht man diese an, baut sich bei dieser Konstruktion ein Zug auf, der den Hals nach hinten in eine konvexe Form zieht – dem Saitenzug also entgegenwirkt.
Bei einem gut funktionierenden Hals, der ohne Saitenzug tendenziell gerade ist, arbeitet diese Art des Einstellstabes hervorragend. Ziehen die Saiten den Hals ggf. in eine zu ausgeprägte konkave Form, kann dies nun mit dem T-Rod reguliert werden – der Hals kann begradigt werden.
Doppelte Kontrolle
Mit der so erreichten Lösung könnte man eigentlich zufrieden sein, wenn das Material Holz nicht so unberechenbar wäre. Die oben beschriebene Urform des T-Rods ist gänzlich machtlos, wenn der Hals wuchsbedingt die Tendenz hat, sich nach hinten wegzuziehen, also eine ungewollte ausgeprägte konvexe Form hat, die auch der Saitenzug nicht bändigen kann.
Dann wäre es enorm hilfreich, wenn der einstellbare Stab zusätzlich auch in die andere Richtung arbeiten könnte. Auch diese Idee ist gar nicht so neu. Die 80er-Jahre betreffend, fallen mir spontan die Fender American Standard Strat und einige PRS-Modelle ein, die einen „Two-Way-Trussrod“ verwendeten.
Abb. 1 zeigt unten ein Beispiel eines solchen Stabtyps, der häufig gerade und direkt unter dem Griffbrett in den Hals eingelassen wird. Bei den meisten Typen dieser Gattung arbeiten zwei Metallstäbe gegeneinander. Durch ein Gewinde kann ein Stab verkürzt oder verlängert werden und zieht so das System in eine konvexe oder konkave Form (Abb. 3).
Egal ob nun „vintage oneway“ oder „modern two-way“, das Ziel, also den Hals in den angestrebten Verlauf zu bringen, ist das gleiche.
Endlose Variationen
Wo und wie der Hals eingestellt wird, ist abhängig vom Hersteller des jeweiligen Instruments. Das kann „old school“ am Halsfuß (Abb. 4 oben) erfolgen, versteckt im Inneren der Gitarre (Abb. 4 unten – Westerngitarre), seitlich am Hals, versteckt unter einer unscheinbaren Abdeckung sowie auf etliche weitere Arten.
Oftmals selbsterklärend wird mit einem passenden Werkzeug die Einstellung vorgenommen. Diesen Schritt erklären in der Regel die Hersteller mit ihren Support-Seiten und Bedienungsanleitungen recht gut und instrumentenspezifischer als ich es hier an dieser Stelle abliefern könnte.
Als unverbindliche Faustregel arbeiten die meisten T-Rods nach folgendem Prinzip: Wird die Einstellschraube rechts herum (im Uhrzeigersinn) gedreht, spannt sich der Stab und der Hals wird begradigt.
Folgerichtig: Löst man die Schraube (gegen den Uhrzeigersinn) entspannt sich der Stab – der Hals bekommt einen Durchhang.
Häufig etwas intransparent erklärt ist hingegen die Art und Weise, wie man mit den Möglichkeiten des T-Rods einen ungeschmeidigen Hals spielbar macht.
Ein Hals wie ein Flitzebogen
Und genau an dieser Stelle möchte ich mit diesem Repair Talk ansetzen und für etwas mehr Praxisverständnis sorgen. Als gerade noch fotografierbares Beispiel dient der Basshals auf Abb. 5. Schon die erste Sichtung zeigt eine sehr hohe, kaum spielbare Saitenlage. Auffällig auch, dass die Saitenlage in den mittleren Lagen (ca. 8. Bund) höher zu sein scheint als in den hohen Lagen (z. B. 24. Bund).
Der erste und etwas hastige Lösungsansatz besteht häufig darin, dass man die Saiten am Steg tiefer einstellt, um die Saitenlage in den Griff zu bekommen. Kann man machen (so auch geschehen beim Beispielhals), jedoch zeigt die Abb. 6, dass dann zwar die Saitenlage in den hohen Registern (24. Bund) merklich flacher geworden ist, in den mittleren Lagen aber nach wie vor noch recht hoch ist.
Ein Anspielen des Instrumentes wird zeigen, dass die in den hohen Lagen nun zu niedrige Saitenlage dort zu einem unsauberen „plockigen“ Ton führt.
Ein gut spielbares Instrument mit sauberen Tönen ist so nicht in Sicht. Abb. 7 zeigt die nächste Phase der „Halsuntersuchung“. Ein Kapo drückt am 1. Bund ab.
Am ca. 19. Bund (instrumentenabhängig) drücke ich die Saite auf den Bund, sodass sie wie ein Lineal arbeitet. Das Detailfoto (Abb. 8) zeigt einen Durchhang im Millimeterbereich.
Transparent gesprochen:
Der Hals hat im Vergleich zu der gerade verlaufenden Saite eine sehr ausgeprägte konkave Form, hat also einen starken Durchhang. Aus der Erfahrung heraus lassen sich derart durchgebogene Hälse nicht brauchbar, komfortabel und spielbar einstellen.
Bei einer brauchbaren Saitenlage wird es immer zu den erwähnten „plockigen“ Tönen in den hohen Lagen kommen und bei Gitarren endet dort ein Saitenziehen in einem absterbenden Ton.
Will man die Saitenlage komfortabel einstellen, sollte der Durchhang nur im Zehntelmillimeterbereich sein. Dazu wird der T-Rod so eingestellt, bis die Saiten beim gestimmten Instrument (wichtig wegen des Saitenzuges) den Hals in eine nur leicht konkave Form ziehen und der Test aus Abb. 7 nur noch einen leichten Durchhang erkennen lässt (Abb. 9).
Nicht über das Ziel hinausschiessen
Ein nach hinten gebogener Hals (unter Saitenzug) ist genauso „uneinstellbar“ wie ein zu durchgebogener Hals. Bei einem nach hinten gebogenen, konvexen Hals müssen – bildlich gesprochen – die Saiten in den tiefen Lagen über einen Buckel laufen. Das führt zu einem starken Scheppern und unsauberen Tönen in den tiefen Lagen und den Leersaiten.
Kommt es durch Einstellen am T-Rod zu der beschriebenen Situation, muss die Einstellung soweit angepasst werden, dass der Hals wie oben beschrieben leicht konkav verläuft, sodass die Saiten auch in den tiefen Lagen „freie Sicht“ in Richtung Steg haben – also keinen Buckel.
Angewandte Theorie
Bevor das jetzt alles zu theoretisch wird, möchte ich zeigen, dass die Praxis überschaubar und transparent sein kann.
Zunächst stimme ich die Gitarre, damit der Hals dem korrekten Zug ausgesetzt ist. Dann drücke ich eine Saite (z. B. E) an dem 1. und z. B. dem 17. Bund ab (Abb. 10). Ich drücke nicht in höheren Bünden ab, da dort der Halsstab nicht mehr wirkt und dort häufig produktionsbedingte Ungenauigkeiten im Griffbrettverlauf auftauchen.
Wie beim Beispielhals zeigt nun die gedrückte Saite den Saitenverlauf.
Läuft der Hals nach hinten weg, lasse ich ihn per T-Rod-Einstellung leicht kommen. Ist der Hals zu durchgebogen (konkav), entspanne ich die Saiten und justiere den Halsstab in Richtung „gerader Hals“.
Anschließend wieder stimmen und gemäß Abb. 10 prüfen. Mutige können den Einstellstab auch unter Saitenzug nachziehen (da passiert auch in der Regel nichts) aber es ist schonender für die T-Rod-Schraube, wenn sie nicht gegen Holz und Saitenzug gleichzeitig ziehen muss.
Die Justierung des T-Rods wird solange wiederholt, bis der Hals einen nur leicht konkaven Verlauf aufweist und beim Test gemäß Abb. 10 nur 1 bis 2 Zehntelmillimeter Luft zwischen Unterkante Saite und Oberkante 7. Bund (Beispiel) zeigt. Wer will, kann dies mit einer Fühlerlehre kontrollieren.
Sind Saitenzug und T-Rod-Einstellung so aufeinander abgestimmt, dass der angestrebte Durchhang/Verlauf erreicht ist, kann nun am Steg die Saitenlage eingestellt werden, um die gewünschte Bespielbarkeit zu erreichen.
Das passiert dann zehntelgenau im nächsten Repair Talk…
Das war endlich mal gut erklärt und jeder schritt nachvollziehbar.