Ein Ausflug nach Italien

Pawn Shop: Die Eko Kadett

Anzeige

Eko Kadett

Es war nur eine Frage der Zeit, bis wir uns in der Pawnshop-Serie auch nach Italien wenden würden. Denn dort, in der Kleinstadt Recanati, produzierte die Firma Eko in den „Swinging 60s“ und bis in die „Funky 70s“ hinein einige der kultigsten europäischen Gitarren.

Anzeige

Oliviero Pigini gründete 1959 das Unternehmen und setzte nach Reisen in die USA und Deutschland sehr schnell auf den Bau von E-Gitarren. Genau wie Framus und Egmond, sollen auch die Italiener in den Folgejahren zum „größten Produzenten von Musikinstrumenten in Europa“ aufgestiegen sein, wie Internetquellen behaupten. Belassen wir es dabei, dass Eko tausende von Instrumenten produzierte und exportierte, so wie die anderen großen Instrumentenbauer Europas auch. Wer nun wirklich der „Größte“ war, kann ja auch von Jahr zu Jahr geschwankt haben.

Eko Kadett
Gleichauf angeordnete String Trees und wie immer der stolze Hinweis auf den Herstellungsort

Eko entwarf bis in die späten 1960er-Jahre fast ausschließlich eigenständige Designs, die sich nur wenig an den großen US-Vorbildern orientierten. Diese Linie weichte in den 1970er-Jahren etwas auf – auch hier unter dem Druck der Flut an asiatischen Kopien, die sich in die europäischen Musikläden ergoss. Dem Preisdruck konnte auch das – damals noch – Billiglohnland Italien nicht lange standhalten. Eko konzentrierte sich schließlich mehr auf Akustikgitarren und vor allem auf Keyboards. Wie auch die deutsche Konkurrenz, hielten die Italiener bis in die frühen 1980er-Jahre durch, dann war Schluss. Nach einer Übergangsphase produzierte Eko im Jahr 2000 zunächst eine Neuauflage verschiedener Modelle in Tschechien. Heutige Ekos kommen aus China.

Eko Kadett
Elegante Korpusform

Auch das Modell, das wir uns nun zu Gemüte führen wollen, die ,Kadett‘, gibt es in einer Neuauflage – wir haben hier aber das Original vorliegen! Nicht verwandt mit dem Opel-Auto, entspringt die Modellbezeichnung der mitunter fantasievollen Namensgebungspraxis des Unternehmens. Die Les-Paul-Kopie beispielsweise, die Eko in den 1970ern auflegte, hieß – warum auch immer – ,Kiwi‘.

Man sieht bereits an Form und Ausstattung, dass die Kadett keiner US-Vorlage so richtig folgen will. Auf dem massiven, geschwungenen Korpus sitzt ein Schlagbrett mit drei Singlecoils, die sich einzeln über Kippschalter betätigen lassen. Anders als bei einer Strat sind hier also die Kombinationen „Neck + Bridge“ sowie „alle drei gleichzeitig“ möglich. Typisch für italienische E-Gitarren sind die beiden Räder im oberen Bereich des Schlagbretts, die als Master-Volume und -Tone fungieren.

Eko Kadett
Bigsby-ähnliche Vibrato-Einheit

Die Saiten laufen von einem Bigsby-ähnlichen Vibrato über eine Jazzmaster-artige Brücke zu den Mechaniken. Ein nettes Detail sind auch die gleichauf montierten Saitenniederhalter. Bünde, Griffbrett, Binding – alles wirklich schön, der Hals fühlt sich sehr wertig an. Die Mensur von 628 mm ist ungewöhnlich für diese Konstruktion. Die Mechaniken an meinem Modell sind höchstwahrscheinlich nicht die Originale – was schade ist, denn die Italiener benutzten da keinen wackeligen Schrott.

Eko Kadett
Typisch für Eko – die trapezförmige Halsplatte

In der Regel haben italienische Gitarren insgesamt eine sehr hohe Verarbeitungsqualität, die ich auf Augenhöhe mit den meisten westdeutschen E-Gitarren dieser Ära sehen würde, bisweilen auch darüber. Unter Fans werden die Modelle der 1960er-Jahre als der Höhepunkt des Gitarrenbaus bei Eko gesehen, während in den 1970ern die Qualität nachgelassen haben soll. Zumindest für die vorliegende Kadett, aber auch eine Kiwi, die ich derzeit restauriere, kann ich das nicht bestätigen.

Eko Kadett
Jazzmaster-artige Brücke und drei starke Singlecoils mit Master-Volume- und Tone-Rädchen.

Nachdem ich die Eko an den Amp angeschlossen hatte, erlebte ich dann aber doch noch eine ziemliche Überraschung – die Pickups sind der Hammer! So einen sauberen und silbrigen Twang hört man selten. Deshalb würde ich Eko-Vintage-Gitarren auch ein bisschen zum Geheimtipp deklarieren. Während man auf Online-Portalen leicht eine Eko-Schlaggitarre finden kann – die gab es natürlich auch von den Italienern – wird die Suche nach einer Kadett schon schwieriger. Gut erhaltene Ekos sind rar geworden, weshalb man beherzt zuschlagen sollte. Die Preise für diese Modelle aus den 1970ern liegen bei ca. 300 bis 450 Euro, was ich bei einem guten Zustand angesichts der Qualität sehr angemessen finde. Außerdem verströmt eine Eko immer ein gewisses „Dolce Vita“-Flair, das zumindest mir immer ein Lächeln ins Gesicht zaubert. Weil ich dann ständig Adriano Celentano „Azzurro“ nölen höre! [2703]

(erschienen in Gitarre & Bass 12/2017)

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert.