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Parts Lounge: Wraparound-Brücken

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1954 Gibson Les Paul Goldtop

Nach etlichen Folgen zu seltenen Vintage-Gitarren-Amps gibt es mit dieser Ausgabe eine neue Kolumne: Parts Lounge!

Mittlerweile bietet der Verstärker- und Gitarrenmarkt unzählige kleine Helfer, Schräubchen, Hardware, Pickups, Werkzeuge, Röhren oder Saiten, die zum Nachbessern des Equipments geeignet scheinen. Monat für Monat werde ich daher neue Produkte in einer Mischung aus Information und Testbericht unter die Lupe nehmen. Natürlich möchte ich die vorgestellten Tools nicht nur beschreiben, sondern auch meine persönliche Erfahrung mit euch teilen.

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Beginnen werden wir mit unterschiedlichen Wraparound-Brücken-Lösungen. Diese verbinden Saitenaufhängung und Brücke in einem einzigen Baustein. Gibson verwendete Wraparound-Brücken 1952 auf allen Gibson-Les-Paul-Standard-Modellen (bis 1956). Zuerst wurden die Saiten von oben nach unten (im Uhrzeigersinn) um das Tailpiece gewickelt. Das Tailpiece saß dabei nicht in den typischen Gewindebolzen mit zwei dicken Halteschrauben, sondern hing an einem Metalltrapez, das auf der unteren Zarge befestigt war. Diese Lösung war jedoch unhandlich und störte die meisten Musiker beim Auflegen des Handballens.

Daher wurden schon 1953 die bis heute üblichen Stud-Schrauben zur Aufhängung eingeführt. Hier wickelte man jetzt die Saiten von unten nach oben (gegen den Uhrzeigersinn) um das Tailpiece. Das hatte den Vorteil, dass der Druck der Saiten von oben Richtung Body verstärkt wurde. Außerdem gab es für den Handballen des Spielers wieder Raum für alle möglichen Anschlagstechniken. Das Tailpiece ähnelte äußerlich dem später verwendeten Stop-Tailpiece, das jedoch nur noch zur Saitenbefestigung diente und vor allem durch seine Masse in die Ton-Formung eingriff.

Die ersten Wraparounds waren von unten aus gesehen für die Lagerung der Ballends der sechs Saiten ausgefräst und daher praktisch hohl. Der größte Nachteil dieser Brückenlösung war die fehlende Intonationskompensation. Der relativ flache Rücken der Tailpieces sorgte zudem nicht selten für „unscharfe Saitenauflagen“ und daher unerwünschte Sitar-Effekte beim Anschlag. Wohl dem, der da ein gut funktionierendes Tailpiece erwischt hat, denn aufgrund der von Hand nachgefeilten Werkstücke gab es damals große Unterschiede durch Fertigungstoleranzen.

Genau dieses Problem zeigt unser Testproband, eine 1954er-Gibson-Les-Paul-Goldtop im wunderschönen Originalzustand. Das Tailpiece scheint original, lässt aber die unterseitigen Ausfräsungen sowie die zwei Madenschrauben auf der Rückseite vermissen, mit denen man zumindest annähernd die exakte Lage des Tailpieces für eine brauchbare Oktavreinheit justieren kann.

1954 Gibson Tailpiece

Einmal klang die Gitarre dadurch unscharf und in bestimmten Regionen des Griffbretts „leblos“, zum anderen wirkten Akkorde ab etwa dem siebten Bund verstimmt – da musste Abhilfe geschaffen werden!

Ich habe daher beispielhaft beim deutschen Hersteller Faber einige aktuelle Tailpiece-Alternativen zum Test bestellt. Natürlich gibt es da zahlreiche Hersteller solcher Lösungen, bei Faber gab es jedoch die größte Auswahl. Zudem schienen die Preise recht attraktiv. Beim Umbau habe ich die bereits genannten Ziele im Auge behalten: Ich wollte den gesamten Klang der Gitarre (Primärton) verbessern sowie eine möglichst perfekte Lösung für eine brauchbare Oktavreinheit aller sechs Saiten.

Folgende Teile wurden für den Umbau geordert (Die Preise können je nach Ausführung in Nickel neu oder geaged variieren):

  • Faber TPW-59NG Tailpiece mit Madenschrauben (€ 40)
  • Faber TPWC-59 Compensated Tailpiece (€ 55)
  • Faber Tone-Bar TBWC-59NG mit Intonationsleiste aus Messing (€ 55)
  • Faber Wraptonate WRAPT-NA mit eingearbeiteten Brückenreitern (€ 109)
  • Faber Wrap-Locking-Studs mit Kontermuttern und Schraubenschlüssel (€ 30)

Das historisch korrekte Tailpiece TPW59NG mit Madenschraube habe ich nur kurz getestet. Es lag klanglich sehr nahe am Original, bot zwar die Möglichkeit zur ungefähren Justierung der Position, war aber aufgrund meiner Zielsetzungen längst nicht perfekt. Oktaven und Akkorde klangen in Richtung der höheren Lagen weiterhin stark verstimmt.

Ganz anders beim TPWC Compensated, das auf der Oberseite einen vorgestimmten Grad mit unterschiedlichen Abständen für jede Saite bereithält. Ganz so, wie wir das von bestimmten Akustik-Gitarren-Brücken kennen. Abgesehen davon, dass die Gitarre durch die fehlende Masse dieser Brücke auch etwas „leichter“ oder „luftiger“ klang, war die Intonation hier schon deutlich verbessert. Natürlich sind die Abstände vage und in ihrer Bemessung von der Saitenstärke abhängig (hier wohl auf 10er-Sätze kompensiert), aber mit etwas Fingerspitzengefühl ließ sich die Gitarre sogar bis in höhere Lagen beinahe perfekt einstellen.

Faber Compensated Wraparound

Nicht ganz so akribisch in Puncto Intonation präsentierte sich das Tone-Bar-Tailpiece mit zwei eingearbeitenden Intonationsbrücken aus Messing. Dieses System punktete eindeutig klanglich. Die Höhen wurden zugleich prägnanter und milder, was zunächst wie ein Widerspruch klingt. Harsche Töne am Amp verschwanden damit vollkommen zugunsten einer nach oben offenen Frische, die der Gitarre wahnsinnig gut tat. Erst mit dieser Brücke hatte man den Eindruck auf einer edlen Vintage-Gitarre zu spielen. Ansprache, Sustain, Dynamik und Saitentrennung waren besser ausgeprägt als mit allen anderen Probanden.

Faber Tone-Bar Tailpiece mit Intonationsleisten aus Messing

Das Wraptonate hat durch seine Größe zwangsläufig deutlich mehr Masse. Zunächst klang die Les Paul damit schon eher wie eine 1956er-Les-Paul mit Tune-omatic-Brücke.

Der Ton wird massiver, schwerer, man könnte auch sagen rockiger. In Sachen Intonation war dieses System der klare Gewinner, denn man kann hier wie üblich mit einem guten Stimmgerät jede einzelne Saite perfekt in Intonation bringen.

Faber Wraptonate mit Einzelreitern

Natürlich zerstört der „dicke Brocken“ etwas die Vintage-Optik dieses schönen Instruments, weshalb zuletzt die ToneBar-Brücke das Rennen machte und auf der Gitarre blieb.

Wer wackelige oder nach vorn gekippte Brücken beklagen muss, dem seien die Locking-Studs ans Herz gelegt. Damit lassen sich die oft nicht passenden HalteAussparungen in den Stud-Bolzen minimieren. So wird vermieden, dass das Tailpiece nach vorne kippt und dadurch die optimale Ankopplung an den Body verliert. Auch eine wunderschöne, weil einfache Lösung!

Faber Locking-Studs

Insgesamt hat dieser Test wieder mal wahnsinnig Spaß gemacht. Vor allem, weil ich sehr viel über die Aufhängungsprinzipien solcher Systeme gelernt habe. Grundsätzlich komme ich zu dem Schluss, dass schmalere Brückenauflagen oder Reiter immer noch die beste Lösung darstellen. Der Rest ist wohl Geschmacksache. Und wenn es um Vintage-Gitarren geht, kann man das Original ja auch gut verpackt im Koffer aufbewahren und für einen eventuellen Verkauf wieder installieren. Bis zum nächsten Mal!

(erschienen in Gitarre & Bass 04/2019)

Kommentare zu diesem Artikel

  1. Mal wieder typisch U. Pipper – sehr subjektiv, alles irgendwie nicht richtig nachvollziehbar. Nur ein Aspekt zum “Test”: wurden jedesmal neue Saiten verwendet, oder immer die selben neu aufgezogen? Wo wir schon bei Saiten sind: mit welcher Stärke wurde getestet, und warum wurde beim Hersteller nicht nachgefragt, für welche Saitenstärken / Saitentypen die Bridges ohne verstellbare Reiter designed wurden? Sowas gehört in den Artikel. Die Produktauswahl ist sehr einseitig (nur ein Hersteller). Zum Vergleich hätte zumindest die Düsenberg-Replacement Bridge mit verstellbaren Reitern (u.a. bei Rockinger zu beziehen) für unter 80€ dabei sein dürfen – sofern der Bolzenabstand passt, aber auch dazu wäre eine Bemerkung zu erwarten. Ein kurzer Blick beim “großen T” zeigt aussserdem, dass es noch weitere Replacment Wrap Around Bridges mit und ohne verstellbaren Reiter in ähnlicher Preislage gibt. Ansonsten gilt – wie bei allen Artikeln von Herrn Pipper – “No soundfile – it did not happen”… Soundfiles wären hier alleine schon angesagt, damit man sich ein Bild von der erreichten Okatvreinheit machen könnte.

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    1. Ich habe auf für mich fehlende Informationen – letztlich also “schlechtes journalistisches Handwerk” hingewiesen, das ich bei besagtem Author leider sehr häufig beobachte. Genau diese fehlenden Informationen (z.b. das Thema optimale Saitenstärken für die verscheindenen Bridge-Typen) machen aus diesem Artikel leider eben keine Inspiration für eigene Experimente – ich brauche einen solchen Artikel nicht, wenn ich mir dann doch allewichtigen Informationen selbst besorgen und alle (negaitven) Erfahrungen selbst machen muss, und Geld kosten die Teile schliesslich ja auch. Dass es auch anders geht, wurde gerade z.B. mit dem sehr guten und verständlichen Artikel zum Einstellung von vintage-style Strat-Vibratos gezeigt – mit Fotos wurden hier korrekte Einstellung und Funktionsweise klar gezeigt und auch dargelegt, warum manche Vibratos sich nicht vernünftig einstellen lassen. Genau diese Detailtiefe findet man bei U. Pipper leider selten bis nie, dafür aber immer wieder sein subjektives und nicht nachvollziehbares Soundempfinden (hier: Entfernen der Saiten, Tausch der Bridge, neue oder alte Saiten aufziehen, Gitarre neu einstellen – geschätzt min. 30 Minuten Zeitaufwand, in denen sich das genaue Schall-Empfinden nach allen wisschenschaftlichen Erkenntnissen zur Psychoakustik verflüchtigt). Ich “schraube” bei Bedarf auch mal gerne an meinen Gitarren, zwar nicht seit 50 Jahren, aber auch schon etwas länger.

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  2. Ich habe auf die aus meiner Sicht vorhandene journalistischen “Lücken” im Artikel aufmerksam gemacht – genau auf die fehlenden Informationen, die das eigene Experimerntieren auf Basis des Artikels vereinfachen könnten. Ich nehme dieses Recht für mich in Anspruch, da ich für das Heft und damit den Artikel bezahlt habe. Warum ich kein Recht für eine solche Meinungs-Äusserung haben sollte, wird mir auf Basis der hier doppelt veröffentlichen Reaktion irgendwie nicht klar. Zurück zum Inhalt.: Es gibt in G&B immer wieder Artikel verschiedener Autoren, die eben die benötigten Informationen für das weitere eigene Experimentieren enthalten – ich verweise hier z.B. den gerade aktuellen Repair-Talk mit der sehr verständlichen Erklärung der Funktionsweise und korrekten Einstellung von Vintage-Style Vibratos für Strat-Style Gitarren (und warum manche nicht sinnvoll einstellbar sind). Leider bleibt Herr Pipper aber bei seinem lückenhaften Stil und “schwebt” quasi über der (nicht nur von mir) geäusserten Leser-Kritik.

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  3. Moin!
    Ich finde Herrn Pippers Beiträge immer interessant. Ich wünsche mir einen Workshop „ wie stelle ich (pimpe , bzw. pippere) ich meine wraparound Brücke. Hieße der Bericht „ wraparound Brücken im Vergleich“ müssten auch andere Hersteller (Rockinger!) genannt werden. Ich denke, die Bestellung bei einem Hersteller war reinem Pragmatismus geschuldet. Noch was: Vielleicht können wir Musiker einmal eine Ausnahme machen, und nicht gleich verbal um sich hauen, das finde ich nämlich extrem unschön..

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  4. Danke Udo für den Artikel!
    Mit den Faber Locking Studs könnte man das original wraparound tailpiece ohne mechanische Bearbeitung in den richtigen Winkel bringen. Falls es kein “Sitar-tailpiece“ ist ist damit die Ästhetik gerettet und mit leichten Intonationskompromissen eine akzeptable Funktion mit Originalsound möglich. Die locking Studs machen meiner Wahrnehmung noch in jedem Fall einen positiven Unterschied.
    Das TPWC tailpiece gibt es auch aus Titan. Wer den stolzen Preis nicht scheut, hätte das Problem der fehlenden Masse behoben, da Titan circa das doppelte Gewicht von Aluminium hat. Das Material selbst wird wohl aber auch einen Soundunterschied machen…
    Mir gefällt allerdings die Ästhetik der kompensieren tailpieces nicht, da sie im Vergleich zum Original parallel zum Pickup auf den Studs hängen.
    Ich habe mich also mit den Unzulänglichkeiten des zum Glück guten original Tailpieces meiner SG arrangiert und ich gehe sie jetzt mal spielen 😉
    Viele Grüße

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  5. Hallo Miteinander,

    nun ja ich habe mir mal so die Kommentare durchgelesen und sie sind so vielseitig, wie das Wetter: Meine Meinung dazu ist, also wer nix versucht, der sollte meiner Meinung nach auch nicht so dick auftragen. Ich spiele auch nur für mich zuhause, aber das schon ü 40 Jahre, das mal vorweg.
    Meine Erfahrungen sind – selbst kleine Änderungen können doch schon so einiges bewirken. Ob nun die Versuche mit Brücken welche in Bauform, Materialien einhergehen, Magneten bei Pickups tauscht, Sattel,Stegeinlage usw…
    Folgendes passt zwar net zu dem Thema…
    Es gibt auch Leute, die behaupten, dass die Holzart egal wäre und der Pickup und Amp nur allein den Sound machen würden… 😉
    Lassen wir die Elektrik weg und nehmen akustische Gitarren…
    Fichten vs Zederndecke, oder Korpus Mahagoni vs Ahorn oder Palisander…Alles Voodoo bestimmt – oder was?
    Wer schon länger mit seinem Instrument vertraut ist, der merkt schon, was bei Änderungen passiert. Vorausgesetzt ist natürlich auch ein gewisses Feingefühl und Gehör…
    Von daher nicht so schnell gegen Andere austeilen sondern erst selbst ausreichende Erfahrungen machen. ?
    Viele Grüße

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