Nachdem wir uns in der letzten Ausgabe einen ausführlichen Überblick über wichtige Setup-Werkzeuge verschafft haben, gehen wir dieses Mal in die konkrete Anwendung über.
Während meines Masterclass-Workshops auf dem vergangenen Guitar Summit im Mannheimer Rosengarten war ich durchaus überrascht, wie interessiert und aufmerksam die Teilnehmer die Wirkung solcher Tipps und Kniffe aufgenommen haben. Das „Gewusst wie…“ schienen die Teilnehmer regelrecht aufzusaugen.
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Bild: Lars Horstmann
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Zunächst möchte ich in dieser Folge die teils bereits erwähnten Werkzeuge in der konkreten Anwendung zeigen. Denn immerhin sägt, schleift und schraubt man da nicht selten an einer sehr wertvollen Gitarre. Und wenn hier etwas schief geht, gehen auch meine gut gemeinten Tipps nach hinten los. Daher ist es zuerst wichtig, sich für solche Arbeiten Zeit zu nehmen und ganz in Ruhe und ungestört zu arbeiten. Ich spreche da aus Erfahrung, denn auch bei mir kommt es häufig vor, dass Kunden in Begleitung ihrer Freunde mir bei der Arbeit über die Schulter schauen möchten. Meist ist die Zeit knapp, weil noch eine lange Rückreise ansteht.
Die Zuschauer in meiner Werkstatt telefonieren oder klimpern auf einer anderen Gitarre und stellen Fragen, während ich mich dem Setup einer mitgebrachten Gitarre widme. Das ist nicht die ideale Atmosphäre für solche Jobs. In meinen jungen Jahren habe ich auch oft das Setup unmittelbar vor einem Gig ändern wollen. Absolut keine gute Idee! Man will beispielsweise Samstagnachmittag zu einem Gig fahren, möchte aber Mittags „noch schnell“ das Tremolo neu einstellen oder die Sattelkerben nachfeilen. Unter diesem Zeitdruck baut man meistens Mist. Geht da etwas schief, hat man keine Zeit mehr, den Fehler zu korrigieren.
Und korrigieren muss man oft, und sei es auch nur, um die neuen Einstellungen wieder rückgängig zu machen. Manche Maßnahmen lassen das zu, andere sind unumkehrbar, daher beginnen wir mit dem recht riskanten Setup des Sattels. Für ein gutes Spielgefühl, eine gute Saitenlage und Intonation einer E-Gitarre ist das Sattel-Setup essenziell.
Zunächst sollte man untersuchen, welches Material für den Sattel verwendet wurde. Hier kommen meist Kunststoffe oder Tierknochen zum Einsatz. Gitarrenbauer empfehlen meist Letzteres, weil Naturmaterialien (namentlich hier meist Kuh-Knochen) sich einfach besser bearbeiten lassen und auch klangliche Vorteile liefern sollen.
Darüber kann man streiten, gerade deshalb, weil man nur selten die Möglichkeit hat, ein und dieselbe Gitarre mit unterschiedlichen Sattelmaterialien anzuhören. Nach dem zweifellos zeitraubenden Umbau weiß man eventuell nicht mehr, wie diese Gitarre vorher mit einem anderen Sattelmaterial geklungen hat. Unser akustisches Gedächtnis ist leider extrem kurz. Viele Vintage-Gitarren, darunter die legendären Les Pauls aus den Fünfzigern, waren mit ganz billigen Nylon-Sätteln bestückt. Nach allen Regeln der Gitarrenbaukunst ist dieses sehr weiche Material für einen optimalen Sattel völlig ungeeignet. Und dennoch schwören Liebhaber auf solche Sättel. Auch bei Gibson wird dieses Material zugunsten der historical correctness wieder eingesetzt.
Hierzulande werden immer mehr vorgefeilte Gitarrensättel aus dem synthetischen Material Tusq verkauft. Diese von der Firma Graph Tech vertriebenen Sättel sind hervorragend vorgearbeitet und oft nur mit kleineren Anpassungen einzusetzen. Die Abrichtung gelingt gegenüber einem Knochenrohling in kürzester Zeit. Und dennoch liefert das Tusq-Material ähnliche Eigenschaften wie der klassische Tierknochen.
Bei der Bearbeitung und Abrichtung des Sattels kommen oft zahlreiche Werkzeuge zum Einsatz. Ein professionelles Feilen-Set beziehungsweise eine Sattelsäge sind Pflicht. Hat man keine vorgefeilten benötigt man entweder ein sehr geübtes Augenmaß oder ein entsprechendes Maßband (wie abgebildet), um die Sattelkerben in eine optimale Balance zu bringen. Diese Abstände von Saite zu Saite sind nicht gleichmäßig, sondern gemäß der Saitenstärke kalibriert angeordnet. Ohne Messung und Anzeichnung ist die perfekte Anordnung kaum möglich.
Außerdem ist die exakte Abrichtung der Sattelkerben enorm wichtig. Zuerst sollte man sich darüber klar werden, welche Saitenstärke man bevorzugt. Mit einem 011er-Saiten-Set benötigt man ganz logisch breitere Kerben als mit einem 009er-Set.
Ein gut eingefeilter Sattel bietet eine möglichst niedrige Saitenlage am ersten Bund. Damit dies gelingt, verwendet man am besten den sogenannten Fühler, einen Fächer aus unterschiedlich starken Metallblättern, die den exakten Abstand am ersten Bund definieren. Außerdem lässt sich mit diesem Werkzeug verhindern, dass man versehentlich mit der Sattelfeile auch eine Kerbe in das Bundmaterial sägt. Ich habe mir beispielsweise angewöhnt, den Sattel erst dann mit Sekundenkleber fest einzukleben, wenn er perfekt abgerichtet wurde. Vorher gibt es meist noch genügend Gründe, den Sattel eventuell noch einmal herauszunehmen und im Spannbock nachzubessern. Der spezielle Spannbock von Stewart MacDonald bietet extrem schmale Seitenwangen, damit man die Feile auch im steilen Winkel ansetzen kann. Ein guter Sattel ist in Richtung Kopfplatte etwa in einer Ebene mit dem Kopfplattenwinkel abgeschrägt.
Zur Gestaltung einer optimalen Kerbe gibt es unterschiedliche Techniken. Bei Gibson-Kopfplatten, bei denen die Saiten hinter dem Sattel gespreizt zu den Stimmmechaniken verlaufen, ist es üblich, auch schon die Kerben selbst in den Spreizwinkel anzuordnen. Aber auch hierzu gibt es verschiedene Meinungen. Vorgefeilte sind meist gerade, also ohne Winkel, gefeilt. Die größte Kunst ist hierbei, die Kerbe genau so zu gestalten, dass die entsprechende Saitenstärke exakt darin verschwindet und beim Saitenziehen nicht in der Kerbe hängenbleibt. Gerät die Kerbe allerdings zu groß, schnarrt die Saite an den Seitenwänden der Kerbe, und der Ton wird unscharf.
Obwohl ich selbst sehr sparsam damit umgehe, kann es hilfreich sein, die Kerben mit sogenannter Nut Sauce zu behandeln. Das sind handelsübliche Schmiermittel, die der Saite nach einer Dehnung im Sattel erlaubt, wieder in den Ausgangspunkt zurückzukehren. In der Praxis liefern solche Mittel vor allem bei Tremolo-Gitarren manchmal Wunder, nutzen aber nur wenig, wenn die Kerbe etwa zu eng oder zu weit gefeilt wurde.
„Sattel-Soße“ ist also nur ein Hilfsmittel und kein Ersatz für gutes Sattel-Handwerk. Insgesamt ist für mich ein Sattel eigentlich kein fester Bestandteil einer Gitarre. Hier findet Verschleiß statt, und daher wird der Sattel ähnlich wie die Saiten auch öfter mal ausgewechselt. Man sollte keine allzu große Ehrfurcht davor haben.
Es ist zwar sehr schön, wenn ein Sattel über Jahrzehnte hält, aber auch kein Beinbruch, wenn man ihn öfter mal wechseln muss. Ich sehe oft Vintage-Gitarren, bei denen das von unterschiedlichen Fachleuten so gut gemacht wurde, dass es gar nicht auffällt.
In der nächsten Ausgabe befassen wir uns mit den Setup-Möglichkeiten für Pickups.