In den nächsten Ausgaben werden wir uns mit Werkzeugen und Methoden für ein perfektes Setup beschäftigen.
Als ich in den Siebzigern begann, öfter live zu spielen, ging es dabei vor allem um die Stabilität meiner Instrumente. Was kann ich tun, damit das Instrument besser in Stimmung bleibt, wie optimiere ich die Saitenlage und wie gelingt es, dass mir keine Saiten reißen? Mangels Zugriff auf erfahrene Techniker oder gar Internet-Videos musste ich mir damals diese Fähigkeiten selbst aneignen.
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Erst viel später lernte ich, dass es da noch wesentlich mehr Möglichkeiten gibt, eine Gitarre zu optimieren. Ein Saitenschneider und ein kleiner Kreuzschlitzschraubendreher waren zunächst meine einzigen Werkzeuge. Die Saitenkurbel war auch noch nicht erfunden, und schon gar keine Stimmgeräte. Bei Peter Coura in seinem Frankfurter ‚Guitar Center‘ entdeckte ich die Bedeutung einer Halsstabjustierung, Griffbrett Öl, die Abstimmung verstellbarer Polepieces und sah zum ersten Mal eine Sattelfeile.
Fortan schraubte ich eigentlich mehr an meinen Instrumenten, als dass ich sie spielte. Mein Interesse am Handwerk wurde hier geboren. Mittlerweile habe ich durch meinen Beruf als Musikjournalist zahlreiche Instrumente von Profis spielen dürfen und dabei sehr viel über ihr ganz persönliches Setup gelernt. Jeff Beck, Carlos Santana oder Jimmy Page etwa bevorzugen ultraflache Saitenlagen. Bei Philip Sayce, Henrik Freischlader oder JD Simo könnte man buchstäblich „im zwölften Bund Wäsche aufhängen“, so hoch liegen die Saiten über dem Griffbrett. Während für Jeff Beck der Hals kerzengerade eingestellt sein muss, lieben es andere deutlich konkav, weil man dann „richtig reinlangen“ kann.
Das perfekte Setup scheint es nicht zu geben. Es kommt vielmehr auf die Bedürfnisse und Gewohnheiten des Spielers an. Als ich Santanas Paul-Reed-Smith-Gitarre oder Jimmy Pages Les Paul ausprobieren durfte, waren dort 008er-Saiten aufgezogen, bei Philip Sayce müssen es 13er sein. Das allein ist ein gewaltiger Unterschied und hat natürlich enorme Folgen für das Setup.
Heutzutage kaufen viele Gitarristen ihre Instrumente auf eBay oder anderweitig im Internet. Setup ist da meist Fehlanzeige. Auch eine Gibson Collectors Choice oder eine Fender Masterbuilt kommt da oft mit dürftigem Setup. Das halte ich keineswegs für einen Fehler der Hersteller. Vielmehr haben diese gelernt, dass man Platz für Optionen lassen muss. Den einen Spieler kümmert das wenig, weil er es eben so gewohnt ist oder besonders hart spielt, der andere verzweifelt dagegen an einer zu hohen Saitenlage oder der sperrigen Bedienbarkeit seines Instruments.
Oft kommen Kunden zu mir, die ihre Gitarre optimieren lassen möchten. Und schon nach einem recht flüchtigen Grund-Setup sind die meisten erstaunt, wie viel Komfort und Klang man aus dem Instrument in zehn Minuten herausholen kann. Und es ist gar nicht so selten, dass danach schon das vorher ungeliebte Instrument wieder zur Lieblingsgitarre wird. Meist steckt dahinter nur reine Mechanik. Handling und Klang gehorchen hier absolut zuverlässig bestimmten Parametern, die nichts mit Mojo oder Vintage zu tun haben. Jede Gitarre, einwandfreie Funktion vorausgesetzt, kann man gut einstellen.
Und dazu benötigt man geeignetes Werkzeug. Das fängt mit einer vernünftigen Halsauflage an und endet mit kleinen Werkzeugen, die einem das Leben dabei deutlich erleichtern. Eigentlich sollte jeder selbst in der Lage sein, seine Gitarre einzustellen. Keine geringeren als Jimi Hendrix, Jeff Beck oder Ritchie Blackmore sind und waren bekannt dafür, hier selbst Hand anzulegen.
Eines der häufigsten Mankos sind schlecht gefeilte Sattelkerben. Entweder klemmen die Saiten hier fest, liegen zu lose darin und schnarren daher, oder die Kerben sind nicht tief genug, was die Saitenlage und die Intonation vor allem in den unteren Lagen erschwert.
Von Göldo oder Stewart MacDonald gibt es hierzu hervorragende Werkzeuge. Diese gehören eigentlich in jeden Gitarrenkoffer. Damit man beim Einfeilen nicht übertreibt und die richtigen Abstände zum ersten Bund genau definieren kann, bietet Stewart Mac-Donald ein sogenanntes Feel-Set, das je nach Wunsch beim Einfeilen unter den ersten Bund gelegt werden kann.
Schon oft habe ich diesen einen Arbeitsgang ausgeübt, bei dem die Kerbe zu tief geraten ist und die Saite dann natürlich schnarrend auf dem ersten Bund herumschepperte. Dieses Set schafft Abhilfe und ist zudem noch sehr einfach zu bedienen.
Für alle Schrauben und sogar manche Halsstab-Muttern eignet sich das Tool-Set von Stewart MacDonald, das in der Größe einer Zigarettenschachtel praktisch alle Schraubwerkzeuge für jeden Gitarrentyp beherbergt. Diese kleine, rote Kiste ist für mich das wichtigste Werkzeug im Alltag.
Bei Gitarren mit Palisander- oder Ebenolzgriffbrettern empfiehlt sich ab und zu eine vorsichtige Ölung, damit das ungeschützte Holz nicht reißt. Außerdem hat man auf einem frisch geölten Hals ein sehr gutes Spielgefühl. Mein Favorit heißt hier Viol, das in einem kleinem Fläschchen seit etlichen Jahren bei mir zum Einsatz kommt. Ob es besser ist als andere Produkte, weiß ich gar nicht. Ich liebe jedenfalls den zitronigen Geruch dieses Öls und finde, dass es nicht so leicht ranzig wird wie andere Öle. Ich schmiere etwas Viol auf das Griffbrett, warte etwa 15 Minuten, damit das Öl schön einziehen kann, und poliere danach den Hals mit einem Microfasertuch. Fertig!
Unverzichtbar ist auch die Schraubkralle von ESP geworden, die sämtliche Schrauben mit perfektem Hebel lösen kann. Vor allem eignet sich dieses Werkzeug für die runde Mutter des Toggle-Switch an jeder Les Paul, außerdem zum leichten anhebeln von zu fest sitzenden Poti-Knöpfen. Für letzteren Vorgang lege ich ein Staubtuch unter, damit es keine Abdrücke im Lack gibt.
Soviel zur Grundausstattung für das Gitarren-Setup. Natürlich gehören Stimmgerät, ein feiner Saitenschneider (zum Beispiel von Knipex) sowie eine Saitenkurbel ebenfalls dazu.
(Bild: Udo Pipper)
Ein Profi verlangt da natürlich weit mehr. Wer sich in dieses Thema einlesen möchte, dem empfehle ich den Guitar Player Repair Guide von Dan Erlewine / 1994 (Backbeat Books San Francisco). Es gibt kein besseres mir bekanntes Buch für Gitarren-Setups. Außerdem finden sich hier erweiterte Tipps für Werkzeuge. Leider auf Englisch, aber dennoch leicht lesbar. In der nächsten Ausgabe beschäftigen wir uns mit der konkreten Anwendung all dieser Tools. Bis dahin!