Tiefer legen, Spoiler dran, waschen, fönen, dröhnen …! Es gibt doch immer wieder Individualisten, die mit schnöder Stangenware nicht zufrieden sind, und ihr deshalb mit viel Geld und Zeit zu Leibe rücken, um sie ein Stück weit persönlicher oder einfach nur besser funktionierend zu gestalten. So profitiert der, der ein bisschen schneller durch die Kurven fegen will, doch deutlich davon, dass er sein Vehikel tiefergelegt hat.
Andere rüsten ihren Sprit-Schlucker mit einer Gas-Anlage aus, die nicht nur günstigeres, sondern auch umweltfreundlicheres Fahren erlaubt. Auf diese Art und Weise passen viele unverdrossen die Gegenstände des täglichen Umgangs ihren eigenen Bedürfnissen an. Natürlich können wir dieses Verhalten nahtlos auch auf unser Thema Gitarren übertragen.
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Die beliebtesten Artikel in Gitarre & Bass sind seit jeher, neben den Testberichten, die Ausführungen unserer Experten bezüglich Wartung, Tuning und Reparatur. Damit jeder in die Lage versetzt wird, sein Instrument den eigenen persönlichen Befindlichkeiten anzupassen, sollte man einiges wissen: Ein flinker Shred-King braucht eben auf seiner Lieblings-Axt ganz andere Voraussetzungen als ein kerniger Blues-Purist. Oder ein schriller Rockabilly-Meister will bestimmt ein anders aussehendes Instrument als der orthodoxe Jazzer.
Manchmal sind die Ursachen fürs Handauf- und -anlegen aber auch ganz einfacher Natur und betreffen gar nicht mal die Optik. Lässt z. B. eine Stimmmechanik nur ungenaues Stimmen zu, muss sie halt ersetzt werden. Ist der Sattel nicht tief genug gekerbt, muss er dran glauben. Klingt die Gitarre immer noch nicht nach Rock, könnte man vielleicht mal den Tonabnehmer tauschen. Und so weiter und so fort. Dass solche Probleme besonders bei den Gitarren auftauchen, die mit dem kostenreduzierenden Rotstift im Nacken von fleißigen, fernöstlichen Händen gebaut worden sind, liegt auf der Hand. Denn um günstige Instrumente herstellen zu können, muss gespart werden – und nicht nur an den Lohnkosten. Da werden günstigere Hardware-Komponenten verbaut, da werden schnell trocknende Polyester-Lacke verwendet, da kommen vorwiegend billige Tonabnehmer zum Einsatz. Und so weiter und so fort.
Umso bemerkenswerter ist die Tatsache, dass einige dieser Instrumente, wie wir in unseren Testberichten immer wieder feststellen können, im Grunde genommen eine richtig gute Basis darstellen, die laut und eindringlich nach Mehr schreit. Da stimmt einfach das Design – kein Wunder, meistens werden ja altbekannte Klassiker kopiert! – da stimmt das Holzmaterial, da stimmt auch das Gesamtergebnis, wenn man es in Relation zu seinem niedrigen Preis setzt.
Auf solch einer Gitarre lässt es sich meist schon gut spielen, aber wenn die Ansprüche und das Können größer sind als der Geldbeutel, dann stellen sie eben auch eine Herausforderung dar: Denn sie bilden eine prima Ausgangsbasis, um die nächst höhere Qualitätsstufe allmählich nach Lust, Laune und finanzieller Stimmung zu erklimmen. Vielleicht kommt dabei am Ende eine Gitarre heraus, die in der Summe der einzelnen Anwendungen (und die zahlt leider keine Krankenkasse dieser Welt) gar nicht mehr so billig ist; dafür erhält man aber ein Instrument, das a) gut funktioniert, und b) ein eigenes, individuelles ist. Ein Home-Made-Custom-Shop-Modell, sozusagen.
Genau dieser Ansatz formuliert das Ziel unserer neuen Workshop-Reihe, die wir Pimp Your Cheapo! nennen (deutsch: Veredle deinen Billigheimer!). Hierzu werden wir ausnahmsweise einmal nicht das Instrument eines Herstellers oder Vertriebes, sondern die Gitarre eines Freiwilligen verwenden.
Nach der Ankündigung dieser neuen Workshop-Reihe in unserem Forum auf www.gitarreundbass.de haben wir sehr viele Bewerbungen bekommen und sahen uns darin bestätigt, dass es zum einen viele, mehr als nur brauchbare, günstige Instrumente gibt, zum anderen der Bedarf nach Verbesserung dieser Instrumente aber auch sehr hoch ist.
Einige wenige hatten unser Angebot, ein Leser-Instrument zu „pimpen“, jedoch falsch interpretiert und wollten uns ihre defekten Lieblinge schicken oder sie von uns auf lau modifizieren lassen. Sogar ein „dringend nötiger“ Umbau einer sechs- auf eine siebensaitige Gitarre wurde dabei vorgeschlagen. Ganz Schlaue kamen mit der Idee, ein Instrument unserer Wahl zu kaufen und es dann anschließend zur Optimierung zur Verfügung zu stellen. Aber auch das war nicht im Sinne des Erfinders, denn wir suchten eine bereits gespielte Gitarre, mit der der Leser bereits seine Erfahrungen gemacht hatte, aber auch eine Gitarre, die heute noch käuflich zu erwerben ist. So kann jeder diese Workshop-Reihe sogar am lebenden Instrument mit- und nachverfolgen.
Bis Ende Juni haben wir Bewerbungen angenommen und gehortet; insgesamt kamen 118 Vorschläge durch die erste Siebung – ein prima Archiv, auf das wir für weitere Folgen von Pimp Your Cheapo! zurückgreifen werden. Alle Formen und alle Bautypen sind hier also irgendwann mal vertreten. Den Anfang wird nun eine Gitarre machen, die ausnahmsweise einmal keine Kopie eines bekannten Modells im eigentlichen Sinne ist.
Das Design der Squier ‘51, ein Instrument, das für ca. 150 Euro in den Läden steht, ist an den Ur-Fender-Precision-Bass von 1951 angelehnt. Diese Gitarre sieht nicht nur prima aus – wie eine echte Fender, aber doch ganz schön eigen – sie macht auch bereits ab Werk einen sehr guten Eindruck. Unser Autor schrieb: „Squier hat mit der ’51 einen richtig tollen Neo-Klassiker mit einem sensationellen Preis/Leistungs-Verhältnis geschaffen, der auch der großen Mutterfirma richtig gut zu Gesichte stehen würde….“
Doch greifen natürlich auch bei der Squier ‘51 die Techniken der Massenproduktion, und natürlich kann diese Gitarre in vielen Details verbessert werden. Dieser Meinung war auch Jens Köwilein, der uns schrieb: „Ich habe mir aus reiner Neugierde eine Squier ‘51 in schwarz zugelegt, nachdem ich einige äußerst positive Berichte über diese Gitarre gelesen hatte. Fest davon überzeugt, diese Gitarre zurückzuschicken, habe ich sie dann doch gerne behalten, da sie eine super Basis darstellt für weitere Modifikationen.“
Wir haben uns allerdings für die Squier ‘51 von Torsten Ukena entschieden, der uns mitgeteilt hatte: „Den Pimp möchte ich meiner blonden Squier ‘51 gönnen, die m. E. eine sehr gute Wahl für schlappe 150 Euro darstellt. Als Ausgangsbasis halte ich diese Gitarre für sehr gut geeignet, da sie an sich schon ein solides Instrument darstellt, welches aber sicherlich auch viele Alternativen bzw. Optimierungsmöglichkeiten bereithält.“
Gut gesprochen! Dass die Squier ‘51 eine prima Basis für schöne und sinnvolle Modifikationen bietet, haben nicht nur diese beiden Besitzer, sondern einige Läden und InternetForen in den USA entdeckt, die Modifikationen dieser schicken Squier-Gitarre anbieten bzw. präsentieren (siehe unter anderem auch www.instituteofnoise.com/squier51/forum) Eine kleine Auswahl davon ist auch hier auf diesen Seiten zu sehen.
Torsten Ukenas blonde Squier ‘51 wird nun in die fachkundigen Hände von Frank Deimel in Berlin gegeben, der den praktischen Teil dieser neuen Artikelserie übernehmen und die Gitarre nach bestem Wissen und Gewissen nacheinander nach drei Schwerpunkten untersuchen und optimieren wird:
Funktionalität
Ton
Modifikationen
Da Torsten Ukena nach eigenen Worten zu allen Schandtaten bereit ist, dürfen wir sehr gespannt sein, wie das Endergebnis ausfallen wird. Übrigens: die meisten Tuning-Aktionen, die Frank Deimel an der Squier ‘51 ausführen wird, sind ohne weiteres auch auf andere Gitarren übertragbar, insbesondere natürlich auf Schraubhals- bzw. Fendertype Gitarren. In dem Sinne – stay tuned!