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Metal Guitars: Endorsements

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(Bild: Simon Hawemann)

Endorsements – ein sagenumwobenes Thema, das bei jungen Gitarristen Begehrlichkeiten weckt und unter vielen Nachwuchsbands heiß diskutiert wird. Heute möchte ich ein bisschen Licht ins Dunkel bringen und meine Erfahrungen der letzten Dekade mit euch teilen. Denn es ist nicht alles Gold, was glänzt.

Überhaupt scheinen die Vorstellungen darüber, wie freigiebig die großen Gitarrenhersteller mit ihren Endorsements und den daran gekoppelten Konditionen wirklich sind, doch gerne mal an der Realität vorbeizuschießen. Bereitet euch mental darauf vor, dass ein paar gängige Mythen an dieser Stelle relativiert werden müssen.

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ALLER ANFANG IST SCHWER

Wir schreiben das Jahr 2008. Meine damalige Band War From A Harlots Mouth hatte unlängst angefangen, regelmäßig zu touren und es zeichnete sich ab, dass wir bald die 100-Konzerte-pro-Jahr-Marke knacken würden – eine wichtige Zahl, wenn man seinerzeit endorsed werden wollte. Wie jede Band träumten auch wir davon, als Künstler eine der großen Marken für Metal-Gitarren von uns überzeugen zu können und entschlossen uns schließlich dazu, uns bei derjenigen zu bewerben, dessen Gitarren wir sowieso schon spielten. Grundsätzlich schon mal der richtige Gedanke, aber dazu später mehr. Wir machten uns also schlau, welches Infomaterial eben diese Marke von sich bewerbenden Bands verlangte und stellten in mühsamer Kleinarbeit eine Mappe mit Bandinfo, Biographie, Konzerthistorie, ausgedruckten Live-Fotos sowie Platten- und Konzert-Rezensionen zusammen, legten noch Promo-CDs bei und schickten all das schleunigst an den deutschen Vertrieb.

Und dann fing die Warterei an. Und sie wollte nicht enden. Da mir die Telefonnummer des Vertriebs vorlag, rief ich nach einigen Wochen Funkstille an und hatte direkt den Ansprechpartner für die Artist Relations an der Leitung, der natürlich längst vergessen hatte, um wen es sich bei War From A Harlots Mouth handelte. Und das, obwohl er selbst uns wenige Wochen zuvor gesagt hatte, was unsere Bewerbungsmappe an ihn alles enthalten sollte. Aber gut, ich erinnerte ihn also, er raschelte im Hintergrund unter der Vorgabe herum, unsere Mappe zu suchen, und versprach sich nach einem „Ach, hier!“ alsbald zu melden. Und dann fing wieder die Warterei an. Und sie wollte abermals nicht enden.

Das Spiel wiederholte sich noch ein paar Mal, bis ich unser letztes Telefonat mit der Frage beendete, ob er nicht einfach „Nein“ sagen wolle, um somit seine und meine Zeit nicht weiter zu verschwenden. Dazu wollte er sich zwar nicht hinreißen lassen, aber ich stellte meine Anrufversuche von da an ein und hörte auch nie wieder von dem guten Mann. Beleidigt sein half natürlich nicht, denn auch wenn wir die Bedingungen für ein Endorsement auf dem Papier bereits erfüllten, waren wir noch immer eine relativ neue Band am Anfang ihrer Karriere – und da fliegen einem die gebratenen Tauben nun mal nicht in den Rachen.

Wir ließen das Thema Endorsement also vorerst ruhen und konzentrierten uns auf unseren vollen Terminkalender, den ich mit nur einer einzigen Gitarre (ja, ohne Backup!) bestritt – und zwar auf Touren von Europa bis in die USA. Die Kohle saß bei mir damals überhaupt nicht locker und ich konnte mir schlicht und ergreifend keine zweite Gitarre leisten. Ein Endorsement hätte da natürlich wirklich erheblich geholfen. Zu unserer großen Freude und Überraschung meldete sich nach unserer US-Tour ganz ohne unser Zutun der Artist Relations Manager von Ibanez Deutschland und lud uns in das Vertriebshauptquartier bei Nürnberg ein. Dort testeten wir ein paar Gitarren und unterschrieben schließlich unseren ersten Endorsement-Deal. Und das veränderte für mich alles. Gitarren wurden schlagartig deutlich bezahlbarer (mit der Betonung auf bezahl-) und ich fing an, eine wachsende Leidenschaft für das Instrument zu entwickeln, die über das bloße Spielen hinausging.

Fotoshootings für Ibanez-Anzeigen
Fotoshootings für Ibanez-Anzeigen

MUSS DAS SEIN?

Aber braucht man eigentlich ein Endorsement? Welche Argumente gibt es, neben dem vermutlich erhofften Prestige-Faktor, eigentlich dafür? Was kriegt ihr wirklich und welche Gegenleistungen werden von endorsten Gitarristen in „mittelständischen“ Metal-Bands erwartet?

Meine weiße ESP E-II Horizon NT-7B hat mich auf meiner ersten Tour mit meiner Band Nightmarer begleitet. (Bild: Simon Hawemann)

Wenn man z.B. bei ESP Guitars auf der Website ganz bis zum untersten Ende der FAQs scrollt, findet man dort die Anforderung für Künstlerbewerbungen – und da scheint sich in der letzten Dekade augenscheinlich gar nicht so viel verändert zu haben. Sehen will man von euch eine Liste von 100 Konzerten pro Jahr, aktuelle Tonträger, Label- und Management-Infos, Auszüge veröffentlichter Rezensionen sowie Interviews und möglichst Musikvideos in denen ihr bereits ESP-Instrumente spielt.

Eine eigens designte Limited Edition ESP E-II Horizon NT-7B (Bild: Simon Hawemann)

Kommt euch das bekannt vor? Richtig, genau diese Dinge waren Ende der 2000er auch Teil unserer Bewerbungsmappe für eine der bekannten Gitarren-Marken für Metal-Gitarristen. Neuer hingegen ist, dass ebenso gezielt nach Statistiken von Plattformen wie Facebook, YouTube und Instagram gefragt wird. Sicherlich spielte Social Media auch vor gut 10 Jahren schon eine Rolle, aber zu dem Zeitpunkt steckten viele dieser Plattformen im Vergleich zu heute ja noch verhältnismäßig in den Kinderschuhen.

Die oben genannten Anforderungen lassen sich aber locker auf die meisten namhaften Gitarrenmarken übertragen. Heute müsst ihr also theoretisch nicht nur in einer hochaktiven Band spielen, sondern im Idealfall noch Influencer sein. Und auf wie viele von uns Metal-Gitarristen trifft das schon zu? Und selbst wenn ihr all diese Anforderungen auf dem Papier erfüllt, ist das noch keine Garantie für ein Endorsement. Sollten nicht alle diese Punkte auf euch zutreffen ist das allerdings auch kein automatisches Ausschlusskriterium. Von daher: Solltet ihr davon überzeugt sein, dass ein Endorsement für euch wirklich realistisch ist, versucht es einfach trotzdem. Fragen kostet schließlich nichts. Besonders der Social-Media-Faktor kann heutzutage viel ausmachen, zu Zeiten von globalen Pandemien wahrscheinlich erst recht.

NICHTS IST UMSONST

Dennoch solltet ihr euch gründlich überlegen, ob ein Endorsement für euch überhaupt das Richtige ist. Denn was von euch auf jeden Fall erwartet wird, ist Exklusivität und absolute Marken-Loyalität. Schon deswegen empfiehlt es sich natürlich, wie bereits mehrfach angedeutet, sich bei einer Marke zu bewerben die man bereits freiwillig leidenschaftlich spielt. Nichts ist unglaubwürdiger, als sich um ein Endorsement für Gitarren zu bewerben, die man augenscheinlich noch nicht in der Hand hatte, geschweige denn ausführlich benutzt hat. Wenn ihr in der Lage seid, euch Gitarren auch ohne Endorsement leisten zu können, solltet ihr euch wirklich gut überlegen, ob es der Prestige-Faktor eines Endorsements wirklich wert ist, dafür Freiheiten wie die freie Markenwahl für euer Arsenal aufzugeben.

Denn wenn der Endorsement-Deal erst unterschrieben ist, heißt es: eine Marke für alles! Und das muss nachvollziehbar sein. Sprich, lasst euch live nicht mit anderen Gitarren erwischen oder ablichten. Gleiches gilt fürs Studio. Ihr spielt einen Part auf einer Nicht-Endorsement Gitarre ein? Das schicke Foto davon packt ihr besser nicht auf eure Social-Media-Kanäle. Manche Endorsement Verträge fordern gar ganz explizit absolute Social-Media-Exklusivität von euch, was im Klartext heißt, dass ihr wirklich nur die Gitarren der Marke posten dürft, die ihr auch spielt. Alles andere kann und wird für Ärger sorgen.

Und ihr solltet euch darüber im Klaren sein, dass euch eure Endorser-Gitarren noch immer Geld kosten werden. Wenn ihr nicht auf dem besten Weg seid Rockstar zu werden, heißt es nämlich eher Künstler-Rabatt und nicht Frei-Gitarren. Solltet ihr euch als Endorser gut anstellen, springt Letzteres vielleicht ab und an mal für euch raus, aber grundsätzlich wird man auch als Gitarrist mit Endorsement zur Kasse gebeten. Natürlich lohnt sich der Rabatt finanziell trotzdem in den meisten Fällen noch.


REVIEW

COSMOVORE – INTO THE NECROSPHERE

Ich will nicht wie ein Snob rüberkommen, aber in Sachen avantgardistisch angehauchtem Death- und Black-Metal ist die deutsche Szene für mein Verständnis nicht gerade verwöhnt. In den letzten Jahren hat sich zwar dank Bands wie Raptvre, Ingurgitating Oblivion oder Temple Koludra etwas bewegt, aber Deutschland bleibt auf internationalem Vergleich hinter Ländern wie Frankreich, Kanada oder den USA zurück. Cosmovore aus Augsburg holen mit ihrem ersten Lebenszeichen in Form einer EP namens ‚Into the Necrosphere‘ diesen Rückstand wie aus dem Nichts ein Stück auf.

Ihr tiefgestimmter Mix aus dissonantem Death- und Black-Metal ist ein wahrer Strudel aus tiefschwarzen Extremen, die mal zähflüssig wie Teer aus den Boxen quillen und sich in anderen Momenten zu ungeahnt epischen Soundwänden aufbauen. Als Vergleich fallen mir am ehesten noch Bands wie Portal oder Altarage ein, allerdings sorgen die zusätzlichen Black-Metal-Vibes bei Cosmovore für eine etwas kältere Atmosphäre. Und die tut den vier Songs auch gut und sorgt, so unangebracht der Begriff bei dieser Art Musik auch scheinen mag, für etwas Auflockerung. Nicht unbedingt in Sachen Härtegrad, aber ‚Into the Necropshere‘ versumpft halt auch nicht endlos in atonalem Low End. Für Fans von experimentellem Death Metal sollte die Scheibe absolutes Pflichtmaterial sein, aber auch Black-Metaller sollten hier auf ihre Kosten kommen. Cosmovore haben mit ihrem Debüt jedenfalls die Messlatte für sich selbst und die deutsche Szene schön hochgelegt. Ich bin gespannt auf mehr!


IST ES DAS WERT?

In meinem Fall war das erste Endorsement Ende der 2000er tatsächlich der Grund, warum ich mir schlagartig nicht nur ein Backup, sondern schlussendlich sogar mehr als zwei Gitarren leisten konnte. Und das erlaubte mir schließlich auch mit 7- und 8-Saitern zu experimentieren, was mir als Gitarrist und Songwriter neue Türen geöffnet hat.

(Bild: Simon Hawemann)

Mit anderen Worten: Die Tatsache, dass Gitarren für mich dank Endorsement bezahlbarer waren, ging unmittelbar damit einher, dass ich mich viel intensiver mit der Materie auseinandersetzte und über das Instrument Gitarre an sich auch einiges dazulernte.

Eine exotische AM7 und …
… eine ultrakompakte Zeus ZM7 aus meiner Zeit bei Kiesel Guitars.

Nach Endorsements bei Ibanez und Kiesel bin ich seit 2019 bei ESP untergekommen, wo ich mir einen lang gehegten Traum einer selbst entworfenen Limited-Edition-Gitarre erfüllen konnte. Für mich hat sich der lange Weg der Endorsements also durchaus mehr bezahlt gemacht, aber es gab auch Momente, in denen ich geneigt war, das Ganze aufzugeben und einfach einen bunten Strauß Gitarren meiner Wahl zu spielen.

Am Ende des Tages muss man einfach wissen, ob man eine Marke genug mag, um sie exklusiv zu spielen. Ist das der Fall und erfüllt man die Auflagen für ein Endorsement, birgt es schon vielerlei Vorteile. Viel Glück an all diejenigen unter euch, für die das ein realistischer nächster Schritt ist. Und für den Rest: Genießt eure Freiheit jederzeit spielen zu können, was ihr wollt!

(erschienen in Gitarre & Bass 09/2020)

Kommentare zu diesem Artikel

  1. Interessante Einblicke. Aus dem Leben gegriffen. Hat mir gefallen zu lesen.

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  2. Also, wenn ich eine Gitarre haben will, dann kaufe ich mir die. Und so richtig festlegen könnte ich mich nur sehr schwer. Am Ehesten würde vielleicht Yamaha oder Ibanez
    In Frage kommen.

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    1. Eine tolle Sache,wenn man sich stets nach Lust und Laune das begehrte „Objekt der Begierde“,also wohl jede Gitarre kaufen kann,die einem persönlich gefällt.
      Dies ist hier jedoch anscheinend nicht jedem Gitarristen vergönnt.
      Deine Äußerung,Zitat: „also,wenn ich eine Gitarre haben will,dann kaufe ich mir die“ klingt ja doch schon sehr elitär,wenn nicht sogar extrem blasiert.Vermutlich kannst du es hier aber schriftlich nicht ganz so dezent formulieren,so daß es nun mal so richtig überheblich herüber kommt.Aber,ich kann es nur zu gut verstehen,welch Glücksmomente aufwallen,wenn man selbst ganz spontan die notwendig geforderte Geldsumme für eine Edelgitarre aufbringen kann.
      Ich bin gegenwärtig selbst (glücklicherweise!) auch in der finanziellen Situation mir schöne teure Gitarren kaufen zu können,habe jedoch nie einen großen Hehl daraus gemacht,denn ich vertrete persönlich die Ansicht,Dinge,die ich mir selbst leisten kann,nicht besonders auffällig propagieren zu „müssen“.
      In meinem großen Bekanntenkreis überwiegend zahlungskräftiger Gitarrenliebhaber- und Sammler,scheint es überhaupt nicht so wichtig zu sein,wer sich das teuerste Saiteninstrument leistete,sondern viel mehr wie es klingt und wie gut es bespielbar ist.Hier wird sehr entspannt darüber gesprochen.
      Und der leider in dieser Zeit relativ häufig in manchen Foren verwendete Spruch: „Neid ist die höchste Form der Anerkennung“ kommt in meinem Freundes-und Bekanntenkreis erst gar nicht zur Sprache.
      Ja,so erfreut eben sich jeder auf seiner ganz eigenen Art und Weise seltene und hochpreisige Gitarren zu lieben.
      Wäre ja auch total langweilig,wenn alle Leute die gleichen Gedanken hätten.
      Einen schönen 1. Advent wünscht euch der Haseppio?

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  3. Nichts scheint beklemmender zu sein,als eine Gitarre spielen zu „müssen“,die einem versierten Live-Act-Gitarristen überhaupt nicht zusagt.Sei es aus optischen oder ergonomischen Gründen.
    Die heutzutage beinahe unzähligen Markenlabel gestatten es uns Gitarristen/innen mittlerweile selbst zu entscheiden,was brauchbar oder völlig unbrauchbar ist.Vorausgesetzt,man(n) besitzt das nötige Kleingeld,ist finanziell völlig unabhängig.Aber wer ist das denn schon?
    Wie frustrierend ist es wohl,sein Leben lang als so genannter „Endorser“ mit unseriösem Knebelvertrag auf ein Markenlabel festgesetzt worden zu sein?!?
    Auf einer Gitarre zu „shredden“ die eigentlich in der harten Praxis so rein gar nicht den eigenen Wünschen und Vorstellungen entspricht,scheint der totale Horror zu sein.
    Und die optionale Möglichkeit,sich persönlich seine eigene maßgeschneiderte Gitarre von einem versierten Gitarrenbauer in unmittelbarer Wohnortnähe für richtig viel Geld in bester Handarbeit anfertigen zu lassen,scheidet eben aus finanziellem Aspekt schließlich auch aus.
    Fraglich,wie es wohl die einstigen Gitarren Pioniere des Hard Rock und Blues Genres damalig angestellt haben mögen,und erstaunlicherweise bis heute auf ihren alten,vornehmlich elektrischen Gitarren unterschiedlichster Markenlabel live aufspielen könnten,wäre da nicht dieses neuzeitliche verdammte Corona Virus,das uns allen vermutlich dauerfristig den eigentlichen Spaß an der Musik verderben will.
    Wie stellten es eigentlich die alten (leider viel zu früh verstorbenen) Gitarrenvirtuosen wie z.B. Gary Moore,Rory Gallagher,Jimi Hendrix & Co. an,fast ausnahmslos auf ein und demselben Saiteninstrument zu spielen,das damalig ja wohl vor Beginn ihrer globalen Karriere für sie finanziell kaum erschwinglich,-bzw. aufgrund der damals äußerst schwierigen Beschaffung beinahe unmöglich war?
    Soweit bekannt,spielten etliche Gitarristen in damaliger Zeit auf Gitarren eher unbekannter Hersteller,oder gar auf billigen „No Name“ Saiteninstrumente,die kurioserweise nach ihrem Tod häufig sogar echten Kultstatus erlangten.
    Vermutlich lag es der Tatsache geschuldet,daß Gitarren Pioniere wie einst Leo Fender,Lester Polfuß (Gibson) und viele andere Tüftler am Anfang ihrer Schaffensperiode stets emsig und akribisch immer am Ball waren,und sich sorgsam für die zukünftigen Verwender ihrer Gitarren interessierten,um ihre Produkte letztendlich weltweit lukrativ vermarkten zu können.
    War es nicht so,oder schrieb der reine Zufall eine ganz andere Geschichte?

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