Günstige Arbeitstiere, unterschätzte Underdogs, übersehene Youngtimer und vergessene Exoten: In den „Kleinanzeigen Heroes“ stellen wir euch die Geheimtipps des Gebrauchtmarkts vor, die einen maximalen „Bang for the buck“ liefern.
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Ibanez LM7 L.A. Metal
Mitte der 1970er-Jahre wollte das Volk reichlich Fettes, garniert mit ganz viel Gain. Und das Volk bekam es: Verstärker mit Master-Volume, dicke Overwound-Pickups – und more Gain! Für Letzteres zeichnete sich eine kleine Firma namens ProCo aus Kalamazoo/Michigan verantwortlich.
Scott Richard Burnham hatte einige Gain-süchtige Typen um sich herum versammelt, die schon bald dieses klobige, schwarze Pedal entwickelten, das sie provokativ The Rat nannten. Diese Ratte sollte schon bald als „Sound from the Underground“ erfolgreiche Distortion-Geschichte schreiben.
Als 1979 das Rat-Pedal in großem Stil in Serie ging, wurde man auch im Land der aufgehenden Sonne auf das rattenscharfe Pedal aufmerksam. Im Auftrag von Ibanez kopierte Maxon den US-Top-Seller mit marginalen Modifikationen, den Ibanez dann als FC10 Fat Cat auf den Markt brachte, lackiert in verräterischem Overdrive-Grün. Nach der Ratte nun also die fette Katze, die mit mehr Gain glänzen konnte.
RATTENFANG IN L. A.
Das Volk war zufrieden – bis etwa Mitte der 1980er-Jahre, wie aus dem Nichts, bunt gewandete Gitarrenhelden aus dem Sündenpfuhl Los Angeles emporstiegen und sich mit hautengen Spandexhosen, phallischen Hasenpfoten-Einlagen und toupierten Fön-Frisuren in Positur brachten. Gespielt wurde Poser-Rock, in Los Angeles der heiße Shit, der sich auch im Rest der Welt prächtig vermarkten ließ.
Ibanez – damals nur ganz knapp hinter dem Puls der US-Zeit unterwegs – stand nur kurz vor der Frage, mit welchem Verzerrer-Schaltkreis man diese bunten Vögel aus dem Metal-Paradies und deren Nachahmer bedienen sollte. Denn nicht nur der Name war schnell gefunden – LM-7 L.A. Metal –, sondern auch das passende Pedal! Vielmehr: Es war schon da! Aus dem grünen Fat Cat FC10, dem eigentlichen Rat-Klon, wurde im Handumdrehen das LM7 L.A. Metal. Es erschien im Design der 7er-Serie und war in L.A.-Silver lackiert, wohl um erst gar keine schwarzen oder grünen Plagiats-Verdachtsmomente aufkommen zu lassen.
MORE PAIN
Das LM7 hat tatsächlich nicht nur die Gene vom FC10 geerbt, sondern sogar dessen Platine! Auch die Schaltung wurde nur wenig geändert, dies aber durchaus clever. So bekam z. B. die Bass-Absenkung im Wet-Signalweg eine um den Faktor 3 niedrigere Hochpass-Grenzfrequenz, was für richtig fette L.A.- Mitten sorgt!
Die Gain-Regelung liefert zudem bei maximaler Auslenkung des 100kOhmPotis den beachtlichen Wert von ungefähr 65dB @500Hz. Als OP fand ein rauscharmer 5534-Single-Typ Anwendung, dessen geringere Slew-Rate den Ton ebenfalls mittiger und fetter werden lässt.
Bei Rat und Fat Cat sorgte noch ein antiparallel geschaltetes Silizium-Clipping-Diodenpaar für den Distortion-Effekt. Diese Dioden wurden jedoch beim LM7 einfach weggelassen und ein 1MegaOhm-„pull-down“-Widerstand eingebaut, durch den der OP voll durchverstärkt und so in der Lage ist, einen ungewöhnlich hohen Pegel zu generieren, mit dem man den Eingang eines Röhren-Amps mehr als satt übersteuern kann. Dies ist vielleicht der wichtigste Unterschied zwischen FC10 und LM7, denn das kann die fette Katze nicht!
PREISE
Ältere Ratten aus dem ersten Firmen-Jahrzehnt werden zwischen 150 und 250 Euro angeboten, Vintage-Optimisten bieten sie auch mal für 500 Euro und mehr an. Die neueren Versionen sind hingegen wesentlich günstiger (ab ca. 60 Euro) zu haben. Das Ibanez Fat Cat FC10 taucht tatsächlich recht selten auf und wird immerhin zwischen 100 und 200 Euro angeboten.
Da lohnt sich doch ein Blick auf das silberne LM7 von Ibanez, das ja das Doppelherz von Ratte und Katze in sich trägt. Das LM7 bekommt man etwa zwischen 40 und 70 Euro, manchmal bekommt man es sogar geschenkt, wie es mir neulich passiert ist. Und es liefert auf beste Art den gesuchten „Sound from the Underground“.
Vielen Dank an Bernd C. Meiser für die technischen Background-Infos.