(Bild: Maria Frodl, Mascot)
Heute widmen wir uns der rechten Spielhand – dem Raking! Viele BassistInnen kennen den Begriff Raking nicht, wenden diese Technik aber ständig an, weil es oft der natürlichere Bewegungsablauf im Gegensatz zum Wechselschlag ist. Raking beschreibt den Weg der Anschlaghand mit einem Finger von den höheren zu den tieferen Saiten. Dabei muss keine zusätzliche Bewegung ausgeführt werden, der Anschlagfinger wird sozusagen einfach „durchgezogen“, und mit relativ wenig Kraftaufwand lassen sich beeindruckende klangliche Ergebnisse erzielen.
In Kombination mit dem Abdämpfen der Saiten mit der linken Hand entstehen sehr effektvolle perkussive Klänge, sogenannte Dead Notes. Bassisten wie James Jamerson, Francis Rocco Prestia, Billy Sheehan und Jaco Pastorius haben sich dieser Technik bedient. Wir schenken der rechten Hand oft zu wenig Aufmerksamkeit, weil wir viel mehr damit beschäftigt sind, die richtigen Töne zu spielen. Also los geht’s!
GRUNDLAGEN
In Beispiel 1 möchte ich dir den Unterschied zwischen dem Wechselschlag und der Raking-Technik zeigen. Es gibt mehrere Möglichkeiten die dort dargestellte Linie zu spielen, entweder wir beginnen mit dem Zeigefinger (i) oder dem Mittelfinger (m) und spielen dann im Wechselschlag – oder wir spielen diese Linie mit Raking.
In Beispiel 2 dämpfen wir die Saiten mit der linken Hand, indem wir die Finger leicht auf die Saiten legen (Left Hand Muting). Es ist wichtig, die Übungen mit Zeige- und Mittelfinger zu üben, um beim Spielen so flexibel wie möglich zu sein.
Bei Beispiel 3 ist es besonders wichtig, die Raking-Technik bewusst und mit höchster Präzision auszuführen. Im vorherigen Beispiel 2 haben wir Achteltriolen gespielt, jetzt spielen wir das Ganze nur mit Sechzehnteln. Auf den tieferen Saiten gestaltet sich das etwas schwieriger, weil diese dicker und träger sind. Achte hier auf eine gleichmäßige Bewegung.
In Beispiel 4 landen wir nun mit dem Zeigefinger auf dem Zielton, das Raking machen wir mit dem Mittelfinger.
Achte vor allem auf das Timing – bei den Achteltriolen ist unsere Bewegung etwas langsamer als bei den Sechzehnteln.
(Die Noten können durch Anklicken vergrößert werden!)
IN DER PRAXIS
Kommen wir nun zu einigen Anwendungsbeispielen: Bei Akkordzerlegungen wie in Beispiel 5 macht es sehr oft Sinn, die Raking-Technik anzuwenden, weil es insgesamt viel flüssiger klingt und auch technisch effizienter ist.
Beispiel 6 zeigt einen eintaktigen Groove mit eingebauten Raking-Elementen – eine gute Übung, um das Raking nahtlos in das Begleitspiel zu integrieren.
Bei Rock-Bass-Ikone Billy Sheehan kommen bekanntlich drei Finger (Zeigefinger, Mittelfinger, Ringfinger) zum Einsatz, womit er eine extrem hohe Geschwindigkeit erreichen kann. Die Reihenfolge der Finger bleibt immer gleich: Ringfinger, Mittelfinger, Zeigefinger. Will man mit dieser Technik Sechzehntelnoten spielen, liegt der Downbeat zuerst auf dem Ringfinger (a), dann auf dem Mittelfinger und zum Schluss auf dem Zeigefinger.
Beispiel 7 zeigt eine abwärts gespielte chromatische Skala, bei der die Vorteile des Raking sehr deutlich werden. Achte hier besonders auf die Zuordnung der einzelnen Finger der Anschlagshand in der Notation. Zu guter Letzt habe ich noch ein paar Songs rausgesucht, die die Raking-Technik beinhalten. Mit dieser Auswahl kann man sich dem Thema gut annähern.
• Metallica ‚My Friend Of Misery‘
• ErrorHead ‚One Good Reason‘
• RHCP ‚Johnny Kick A Hole In The Sky‘
• The Meters ‚Cissy Strut‘
• Jaco Pastorius ‚Come On, Come Over‘
• Gladys Knight & The Pips ‚I Heard It Trough The Grapevine‘
Kontrabassist Ray Brown war außerdem ein Meister im Raking und fügte seinen Walking-Bass-Lines so eine zusätzliche besondere Note hinzu. Je nach Situation können sowohl Raking als auch der Wechselschlag die bessere Wahl sein. Es sind zwei ganz unterschiedliche Techniken, die man beide beherrschen sollte, um im BassAlltag maximal flexibel zu sein. Viel Spaß beim Ausprobieren!
Anregungen und Kritik kannst du gerne unter juliasbasslab@gmail.com loswerden.
Julia Hofer hostet Teile des YouTube-Kanals von Thomann und ist – neben ihrer Tätigkeit als professionelle Studio- und Live-Bassistin – Bass-Dozentin an der Gustav Mahler Privatuniversität für Musik sowie am Jam Music Lab in Österreich.
(erschienen in Gitarre & Bass 05/2023)