Die Frage nach der „richtigen“ oder besser gesagt bestmöglichen Reihenfolge von Effekten auf einem Pedalboard ist ein echtes Dauerthema unter allen Gitarristen. Mit Recht! Denn ein wenig Hintergrundwissen und ein paar Grundregeln dazu können einem viel Kummer ersparen.
Ich mache die Basics der Effektreihenfolge konkret an meinem aktuellen Projekt fest: meinem Vintage-Sound-Pedalboard für den Fender Deluxe Reverb.
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Pedalauswahl
Hier die kurze Zusammenfassung der Ausgangslage: Das Pedalboard soll einem Fender 65 Deluxe Reverb auch rockige Töne beibringen. Neben den drei Verzerrern, einem Ibanez TS9, einem Guv’nor-Klon und dem Boss Blues Driver, sorgen ein PT-80- Delay (Bausatz von uk-electronic) für räumliche Tiefe ein Ibanez Chorus und Flanger aus der 9er-Serie für schwebende Modulations- Sounds und ein WahWah und ein Octaver für gelegentliche klangliche Toppings. Dazu gesellt sich noch das obligatorische Stimmgerät und die A/B-Box aus der letzten Ausgabe, mit der die beiden Kanäle des Deluxe Reverbs aus der Ferne gesteuert werden.
Das Board stellt keine besonderen Ansprüche an die Stromversorgung, da alle Effekte vor dem Verstärker liegen – einen Einschleifweg hat der Fender ja gar nicht – und auch keine problematischen Pedale verwendet werden: also z. B. kein Fuzz mit Negative Ground oder extrem stromhungrige Digitaleffekte. Der Gesamtverbrauch des Boards liegt zwischen mickrigen 130 und 160 mA. Daher genügt auch die einfache 1 A starke Belcat-Stromversorgung, die neben den acht 9-Volt-Ausgängen noch zwei von 6- bis 9-Volt regelbare Ausgänge hat, aber nicht über isolierte Ausgänge verfügt
Regeln oder Anarchie?
Eigentlich gibt es für die Reihenfolge von Effekten keine strengen Regeln. Grundsätzlich gilt: Erlaubt ist was gefällt und am Schluss entscheidet das Ohr. Allerdings haben sich ein paar Dinge als besonders sinnvoll erwiesen und wer vor unliebsamen klanglichen Überraschungen sicher sein will, sollte entweder wissen, was er tut, oder eben doch ein paar Grundregeln beherzigen. Denn die Reihenfolge von Effekten hat einen nicht zu vernachlässigenden Einfluss auf den Gesamtklang.
Ein wahlloses Hintereinanderschalten wird in den meisten Fällen nicht zum bestmöglichen Sound führen. Daher startet man sinnvollerweise mit einer Standardaufstellung, die ich auch bei dem hier vorliegenden Board berücksichtige. Der entscheidende Punkt bei der Aufstellung ist übrigens die Position der Verzerrung, sodass man erst mal grob zwischen Pre- und Post-Distortion Positionen unterscheiden kann.
Pre Distortion
Den Beginn der Effektkette macht in der Regel das WahWah. Das ist sinnvoll, weil der Filtereffekt mit den Tonabnehmern interagiert und am besten direkt hinter der Gitarre funktioniert. Wer allerdings ein altes Fuzzpedal verwendet, wird auch gute klangliche Gründe finden, das Fuzz vor dem WahWah zu setzen. Fuzzpedale sind – noch mehr als WahWahs – auf den direkten Kontakt zum Pickup angewiesen.
Alle anderen Pedale sind aber besser hinter dem WahWah aufgehoben. An zweiter Stelle kommt bei mir das Stimmgerät, das an dieser frühen Position noch ein recht unbeeinflusstes Signal bekommt. Die Position des Stimmgerätes ist aber nicht so entscheidend. Bei anderen Pedalboards habe ich auch an anderen Positionen keine Probleme gehabt. Wichtig ist mir, dass das Stimmgerät einen True Bypass hat und das Signal in ausgeschalteten Zustand nicht belastet. Stimmgeräte ohne True Bypass baue ich entweder um oder nehme sie mit Hilfe einer A/B-Box bzw. eines Loopers aus dem Signalweg. Die dritte Stelle nimmt der Octaver ein.
Der Octaver ist für sein Tracking – also das Finden des richtigen Oktavtons – auf ein möglichst sauberes Signal angewiesen. Weitere mögliche Effekte, die vor der Verzerrung gut aufgehoben sind, wären z. B. ein Kompressor oder ein Pitch Shifter (z. B. ein Whammy).
Auch Envelope Filter bzw. Auto-Wahs sollten möglichst weit nach vorne in der Effektkette. Da sie über die Dynamik des Anschlags gesteuert werden, empfiehlt es sich, sie vor einen Kompressor zu setzen. Sonst kann es sein, dass der Kompressor das Signal so weit angleicht, dass keine ausreichenden Dynamikunterschiede mehr für das Auto-Wah übrig bleiben. Equalizer können vor der Verzerrung genauso sinnvoll sein, wie hinter der Verzerrung. Sie beeinflussen den Klang je nach Position dann merklich anders. Hier gilt es, auszuprobieren.
Distortion
Bei der Verzerrerreihenfolge orientiere ich mich nach dem Prinzip vom Low-Gain zum Hi-Gain. In dem hier vorliegenden Fall kommt daher der Tubescreamer an die erste Stelle, der Blues Driver an die zweite Stelle und der Guv’nor an die dritte Stelle. Den eher zerrschwachen Tubescreamer verwende ich alleine gerne für Rhythmus-Sounds oder bluesige Solo- Sounds. Ansonsten ist er v. a. zum Anfeuern der beiden anderen Verzerrer gefragt, die ich wahlweise nutze.
Soll es etwas druckvoller, glatter, „moderner“ sein, kommt der Blues Driver zum Zug; wenn eine rotzige durchsetzungsstarke Vintage-Verzerrung gefragt ist, darf der Guv’nor sein Bestes geben. Beide sind so eingestellt, dass der Tubescreamer immer noch dazugeschaltet werden kann, wenn mehr Gain, z. B. für ein rockiges Solo gefragt ist, ohne dass das Ganze in einer Feedback-Orgie endet.
In meinem Guv’nor-Klon mit dem James-Bond-Design steckt noch ein Orange-Squeezer-Klon – Also ein Kompressor – und zwar hinter der Verzerrung! Den nutze ich für Clean-Sounds ganz normal als Kompressor. Da verzerrte Sounds eh schon komprimiert sind, ist er im Overdrive-Betrieb eigentlich arbeitslos. Aber hier missbrauche ich ihn dann als einfachen Booster, z. B. für einen Solo-Boost. Das klappt wunderbar. Wie man sieht, gibt es durchaus mal sinnvolle Gründe, Regeln zu brechen.
Post-Distortion
Nach der Verzerrung kommen die beiden Modulationseffekte in den Signalweg. Das ist aber auf keinen Fall ein Muss, denn Modulationseffekte können auch vor der Verzerrung sehr gut klingen. Jede Menge Gitarrenhelden der 60er- und 70er-Jahre haben ihre Phaser-Pedale vor den verzerrten Marshalls eingesetzt und damit absolute Trade-Mark-Sounds produziert. Die Intensität der Modulation bei Zerrsounds ist aber größer, wenn sie hinter der Verzerrung arbeiten. Daher dürfen nach längerem Ausprobieren auch mein Chorus und mein Flanger hinter die Verzerrer.
Die Position hinter der Verzerrung ist aber auf jeden Fall für Hall- und Delay-Effekte empfehlenswert. Hall und Echos vor der Verzerrung klingen nicht wirklich schön und waren wohl der Hauptgrund, warum die Gitarrenverstärker ab den 80er-Jahren mit Einschleifwegen ausgestattet wurden.
Ob man ein Delay vor dem Reverb oder umgekehrt einsetzt ist übrigens Geschmackssache. Für „verwaschene“ Ambiente- Sounds ist es sinnvoll, den Reverb vor das Delay zu legen. Für alles andere würde ich erst das Delay und dann den Hall nutzen. Übrigens können auch Modulationseffekte hinter dem Delay sehr interessant klingen.
Für Effekte, die die Lautstärke beeinflussen, gilt übrigens das Gleiche wie für Equalizer: Tremolos oder Volume-Pedale können an mehreren Stellen klangbewusst eingesetzt werden. Ein Volume-Pedal am Anfang der Effektkette wirkt dann wie ein zweites Lautstärkepoti der Gitarre und regelt bei Zerrsounds v. a. den Verzerrungsgrad. Hinter der Verzerrung dagegen benimmt es sich wie sein Name schon sagt als Lautstärkeregler.
Fazit
Somit steht die Reihenfolge für mein Pedalboard fest. Vom WahWah geht das Signal über das Stimmgerät und den Octaver zu den Verzerrern. Vom TS9 über den BluesDriver zum Guv’nor geht es dann weiter zu Flanger, Chorus und Delay. Den Schluss bildet die AB-Box, mit der die beiden Kanäle des Fender Deluxe Reverb wahlweise angesteuert werden.
Zur Position der Effekte auf dem Board und der Verkabelung dann in der nächsten Folge mehr.
Und dann streiten sich die Geister bei einer solchen Kette von Soundveränderungsgeräten, ob ein Polyurethan- oder Nitrolack den Klang nennenswert beeinflusst …
Und dann streiten sich die Geister bei einer solchen Kette von Soundveränderungsgeräten, ob ein Polyurethan- oder Nitrolack den Klang nennenswert beeinflusst …