Highway to Hell: Der AC/DC-Klassiker zum Nachspielen
von Volkmar Kramarz,
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Sie gehören zu den ganz großen Legenden des Rock, und über kaum eine Band ist so viel geschrieben und erzählt worden wie über sie: AC/DC! Und einer der absoluten ACDC-Klassiker ist Highway to Hell.
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Daher sei hier auch nur noch kurz angedeutet, dass bis heute den Kern dieses australischen Rock-Monuments die Mitglieder der einstmals schottischen Familie Young bilden – wobei ja eigentlich die Eltern verzweifelt versuchten, ihre Söhne vom wilden Musizieren abzuhalten und sie in „ordentliche“ Berufe zu drängen. Das ist, wie man heute weiß, glücklicherweise gründlich fehlgeschlagen: Der Älteste, George Young, gehörte der Antwort Australiens auf die Beatles an, den durch den Song ,Friday On My Mind‘ bekannt gewordenen Easybeats, und produzierte später die Band seiner Brüder Malcolm und Angus.
Am 31. Dezember 1973 spielten die ihren ersten Gig und als sie damals dringend einen Namen brauchten, half der Blick auf einen englischen Staubsauger, denn dort fand sich die Bezeichnung AC/DC. Nein, dieser Band-Name hat also wohl wirklich nichts mit sexuellen Anspielungen oder anti-christlichen Statements irgendwelcher Art zu tun.
Genauso wenig wie die Jungs definitiv keine Punker waren, obwohl die Presse die Musik aufgrund ihrer Aggressivität und der teilweise hohen Tempi, etwa beim Klassiker ,Let There Be Rock‘, in die Nähe der Ende der 70er aufkommenden Punk-Bewegung stellten – trotz vehementer Gegenwehr von AC/DC selbst. Zum legendären frühen Lineup gehörte natürlich Ronald Belford „Bon“ Scott, von Hause aus eigentlich Drummer. Er besaß reichlich Erfahrung als Sänger, hatte er doch schon bei diversen Bands, u. a. The Valentines und Fraternity mitgemischt.
Nach einer gemeinsamen Jam-Session mit AC/DC bot man ihm den Job als Frontmann kurzerhand an, da die Young-Brothers mit ihrem damaligen Sänger Dave Evans überhaupt nicht zufrieden waren. Nach ein paar Wochen Bedenkzeit stieg Bon Scott schließlich ein und wurde so der charismatische und bis heute bei Fans unvergessene Frontmann der entscheidenden frühen Jahre.
Mit ,High Voltage‘ kam 1975 das erste Album, dem dann in schneller Folge ,Dirty Deeds Done Dirt Cheap‘, ,Let There Be Rock‘ und ,Powerage‘ folgten – immer erfolgreicher und immer weniger Blues-orientiert wie noch zu Beginn, dafür zunehmend klarer und vor allem härter – der Titel der offiziellen LiveScheibe dieser Jahre traf’s schon ganz gut: ,If You Want Blood You’ve Got It‘!
Und in dieser hektischen Zeit, als AC/DC mit umjubelten Tourneen zum endgültigen Sprung in die internationale Oberliga ansetzen, entsteht 1979 ihr Album ,Highway To Hell‘, das letzte mit Sänger Bon Scott, der bald darauf in der Nacht vom 19. Februar 1980 elendiglich an seinem eigenen Erbrochenem ersticken wird.
Scott hatte an diesem Abend in London eindeutig ein paar Drinks zu viel zu sich genommen – sicherlich kein Heldentod. So hatte er das von ihm so gerne propagierte Lebensmotto „live fast – die young“ bestimmt nicht in die Realität umsetzen wollen. Nicht zur Nachahmung empfohlen! Doch bei den Aufnahmen zu ,Highway To Hell‘ ist Bon noch aktiv dabei – und wie: Nicht zuletzt soll er es gewesen sein, der angeblich bei einer der vielen Busfahrten ausgerufen haben soll: „Da sind wir also mal wieder auf dem Highway mitten hinein in die Hölle!“ Und damit hatte er den Titel für das nächste Album erfunden.
Dieses Platte wird dann das bis heute bekannteste Werk der Aussie-Rocker werden und dazu ihr erster Million-Seller: In England schafft es den Aufstieg in die Top 10, in den USA gelingt zumindest ein für eine gestandene Hard-Rock-Combo sehr respektabler Platz 17. Dieses Werk hatte auch viel Aufwand und Zeit gekostet. Erstmalig hatte die Plattenfirma zu einem Wechsel der Produzenten gedrängt: Nicht mehr die Easybeats-Veteranen George Young und Harry Vanda hatten die
Oberaufsicht, sondern der frühere Hendrix-Producer Eddie Kramer wurde vorgeschlagen. Als der aber mit der Idee kam, doch ,Gimme Some Lovin’‘ als Cover aufzunehmen, entschied sich die Band kurzerhand für Robert John „Mutt“ Lange, der bereits für Graham Parker und City Boy gearbeitet hatte und 1981 sogar für seine Produzententätigkeit bei Foreigner einen Grammy erhalten wird. Mit Mutt Lange kommt professioneller Schwung in den Verein: Erstmalig wird die Platte nicht wie sonst in knapp drei Wochen hingehauen, sondern man lässt sich Zeit und verbringt über ein halbes Jahr in den Londoner Roundhouse-Studios. Mit dem Ergebnis, dass AC/DC eben endlich poliert genug für die Charts klingen, dennoch aber den rauen Biss nicht verloren haben.
Wir wollen uns diesmal mit ,Highway To Hell‘ das Titelstück näher anschauen, das auch auf dem 92er ,Live‘-Album zu finden ist. Wie so oft benutzt der kleine Angus Young für die Soli seine geliebte weinrote Gibson SG Standard Baujahr ’68, mit zwei im Schlagbrett eingelassenen Tonabnehmern und abgeschraubtem „Maestro-Vibrola“-Vibrato-Hebel; Saitenbestückung: Ernie-BallSuper-Slinky .009 – .042.
Für die Rhythmus-Parts bevorzugt er eine SG früheren Baujahrs und kräftigere Saiten, von .010 bis zu .048. Ohne Effektgeräte sind die Gitarren direkt an einen JTM-45-Marshall-Verstärker (50 Watt) plus eine 4 ×12″-Box mit Celestion-Lautsprechern angeschlossen. Sein Bruder Malcolm Young spielt ebenfalls über Marshall-Amps und natürlich mit seiner bewährten ’63er Gretsch Jet Firebird; Saitenstärke .012 –.056 mit umwickelter G-Saite! Den Hals-Pickup hat Malcolm entfernt, denn der wird in dieser Band nicht gebraucht.
Bassist Cliff Williams wechselt bei den Sessions in London zwischen einem Fender Precision-Bass und einem Jazz Bass – wobei er ausgerechnet bei diesem Song gar nicht so viel zu tun hat und nur bei den Refrain-Parts mit einsteigt, dort allerdings um so Songprägender. Aber sehen wir uns den Aufbau des Stückes mit seinem nicht Klick-geregelten Tempo von 114 bis zu 118 bpm genauer an:
Zwei mal 4 Takte bilden das Intro, wobei das geniale Riff vor dem Einsatz des Schlagzeugs zuerst ganz alleine steht. Lässig von Angus mit wenigen Fingerbewegungen in der ersten Lage hingeworfen, wird es von vielen als mindestens ebenbürtig zu ,Smoke On The Water‘ oder ,Whole Lotta Love‘ gesehen (Beispiel 1). Interessanterweise schlägt Angus zumindest die ersten Dreier-Akkord-Folgen – trotz seiner charakteristischen enormen Anschlagshärte – gerne in einer Ab-Auf-Ab-Bewegung an. Ausprobieren! Dies gibt dem Song wirklich eine ganz eigene intime Nuancierung im Gegensatz zu einem konstant durchgehenden Downstroke-Spiel.
Vier mal 4 Takte laufen mit dem gleichen Riff wie im Intro, nur schreit sich Bon hier die Seele aus dem Leib und preist die Freiheit der Rock ’n’ Roller: ,Going Down – Party Time‘ ist die Losung. Der Abschluss der Strophe erfolgt mit einem satten E-Powerchord, wobei an dieser Stelle ganz unauffällig ein zusätzlicher Takt eingeschoben wird und auch erstmalig der Bass einsetzt (Beispiel 2).
Der Bass hat gleich eine prägende Funktion im Refrain, wo die Gitarren-Harmonik zwischen der Tonika der Standard-Rock-Stimmung A-Dur und der Subdominate D-Dur wechselt (Beispiel 3); doch nur bei den jeweils abschließenden Akkordschlägen G-Dur und D-Dur folgt der Bass, ansonsten wird stoisch der Grundton a durchgehalten (Beispiel 4).
Bei der zweiten Strophe mit erneut vier mal 4 Takten steigt der Bass wie gehabt komplett aus und setzt erst auf dem E zum Refrain hin wieder ein.
Dieser zweite Refrain nun wird nach der eintaktigen Schluss-Stoptime um einen viertaktigen Einschub erweitert. Vielleicht stand hier der „Vor-Solo-Part“ von Led Zeppelins ,Stairway To Heaven‘ Pate – er ist zumindest ähnlich: Auf der massiv betonten Subdominante D-Dur taucht die Wechsel-Subdominante G-Dur in typischer Zep-Manier auf (Beispiel 5), wobei markanterweise der Bass wiederum den Grundton durchhält, jetzt allerdings entsprechend den Ton d (Beispiel 6).
Über die folgenden 8 Takte Refrain-Akkorde setzt dann Angus mit einem Solo ein: Einleitend mit einer klassisch-schlichten und sehr sauber intonierten Bending-Ton-TonFolge in fünfter Lage folgt ein Gang über das fast komplette Griffbrett. In der Mitte begonnen, dann runter zur ersten und hoch bis in die höchste Lage – ja, Angus nutzt die gut zugänglichen 22 Bünde seiner SG hier praktisch vollständig und souverän aus (Beispiel 7). Ein Hinweis: Die Pfeile unter der Tabulatur stehen für Bending (Saitenziehen), die Zahl daneben zeigt an, zu welchem Ton hochgezogen wird.
Von nun ab verbleibt der Song in der Refrain-Harmonik und Angus wirft noch einige genial-wirkungsvolle Licks ein (die ersten drei in Beispiel 8), wobei nicht zuletzt der über alle Saiten heruntergleitende „Saitenkratz“ in der Verbindung zwischen den beiden Refrain-Teilen immer wieder bemerkenswert ist.
Das Outro bildet eine lange Stoptime bei freiem Tempo mit einer beschwörenden Gesangszeile – Led Zeppelin lassen grüßen!? – die Angus mit einer schnellen 32stel-Ab-AufAttacke auf das hohe e im zwölften Bund abschließt, bis alle gemeinsam auf einem A-Powerchord nach knapp 3:25 min. zum Ende kommen. Bleibt eigentlich nur noch, sich eine SG oder entsprechendes umzuschnallen, den Steg-Tonabnehmer auf knapp 9+ zu stellen – und dann Vollgas zu geben auf dem ,Highway To Hell‘!