„Kabelphilosophie“

Guitar Tuning: Die klangfärbende Wirkung von Kabeln

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(Bild: Udo Pipper)

Neulich entdeckte ich einen Thread in einem Internet-Forum, in dem es um Gitarrenkabel ging. Als ich die zahlreichen Beiträge las, musste ich unwillkürlich schmunzeln. Da schrieb ein Gitarrist völlig begeistert, dass sich sein Sound mit Kabeln der Schweizer Firma Vovox entscheidend verbessert hätte. Sofort wurde der von Begeisterung geprägte Autor von Kritikern angegriffen, die den Einfluss von Kabeln auf Gitarrenklänge ins Reich der Legenden, der Esoterik oder, noch schlimmer, verhexter Hifi-Verschwörer verbannten. Die Argumentation geriet aus Richtung studierter Physiker besonders aggressiv: „Alles Schwachsinn!“ ereiferte man sich. „Ich bin Physiker, ich muss es ja wissen.“

Da mag auch etwas dran sein. Schließlich tun sich Schulphysiker schwer, Klänge zu messen. Wie soll das auch gehen? Zudem kommt es wohl darauf an, wie stark die Ansprüche des Konsumenten gerastert sind. Wo der eine riesige Unterschiede zu hören glaubt, schüttelt ein anderer nur ungläubig mit dem Kopf. Klänge werden von unseren Ohren ja schließlich nicht gemessen und irgendwo abgespeichert, sondern stets mit unseren Emotionen vermischt und dann interpretiert. Jeder hat ein eigenes Klangempfinden. Somit gibt es in punkto Klang de facto unendlich viel Wahrheiten.

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Klänge, die von uns als gut empfunden werden, können beflügeln, ja sogar süchtig machen. Klänge, die Unbehagen auslösen, können uns mitunter aggressiv und krank machen. Das Ideal balanciert vermutlich auf einem schmalen Grat. Und wie sicher wir auf diesem Grat wandeln, sollen auch unsere Kabel entscheiden.

KABEL

Ich muss zugeben: Ich bin bei diesen Themen voreingenommen. Zu lange habe ich als (angeblich „verhexter“) Hifi-Redakteur gearbeitet und musste mich jahrelang von zahlreichen sogenannten Physikern belehren lassen, „dass ich mich da einer gefährlichen Sekte angeschlossen hätte, aber am Jüngsten Tag der Gerechte ohne Gnade über mich urteilen und damit Tausenden von betrogenen Jüngern Genugtuung verschaffen werde.“ Hifi-Journalisten sind überhaupt an allem schuld. Und warum? Einzig, um der geldgierigen Kabelindustrie in den Allerwertesten zu kriechen. Das war mitunter schon harter Tobak.

Vielleicht gibt es ja wirklich Voodoo-Produkte, vielleicht kann mir irgendwann ein Physiker ja wirklich mal beweisen, dass das, was ich da höre, eigentlich gar nicht wahr ist – und vielleicht dienen Kabel wirklich nur zur Bereicherung besonders skrupelloser Marketing-Strategen. Man sollte jedoch einfach mal die Kirche im Dorf lassen und sich bei der Diskussion über die Interpretation der schönen Künste nicht so hässlich ereifern. Wenn da jemand bei Gitarren-, Lautsprecher- oder sonstigen Signal-Kabeln Unterschiede heraushört: Bitteschön! Für alle anderen ist das eben kein Thema. So einfach ist das.

Mich interessiert das eben, und ich höre seit jeher Unterschiede. Und für all jene, denen es genauso geht, schreibe ich hier.

ÄSTHETIK?

Ein Messtechniker möchte seine Ergebnisse möglichst in eine Skala eintragen, die ihm später erklärt, was besser und was schlechter war. Diese Arbeitsweise funktioniert bei Klängen allerdings nicht. Hier geht es ausschließlich um den Rezipienten, um dessen Hörgewohnheiten und meinetwegen auch um dessen Gemütslage. Ja, sogar um die optischen Reize. Es gibt Versuche, die belegen, dass Zuhörer ein Symphonie-Orchester als besser empfinden, wenn die Musiker schwarzen Frack tragen und gut frisiert sind. Offenbar gehört das dazu. In Hawaii-Hemden und Boxer-Shorts mögen die Ohren auch die Klänge nicht mehr. So weit kann das tatsächlich gehen.

Kabel erfüllen bei der elektronischen Musikwiedergabe eine ähnliche Aufgabe wie die Reifen beim Formel-1-Auto. Sie transportieren komplexe Frequenzinformationen von der Quelle bis zum Lautsprecher. That’s it. Das tun sie jedoch auf unterschiedliche Weise. Heute ist man auch in der Schulphysik soweit, dass man das zugeben kann. Jedes Glied und Material in der Signalverarbeitung verfärbt. Das heißt, die unzähligen Frequenzbänder und deren Amplituden werden mehr oder weniger stark verändert. Obertonspektren werden moduliert oder sogar ausgelöscht. Elektrisch gesehen sind diese Vorgänge äußerst labil, man spricht mittlerweile sogar von sogenannten Quanten-Effekten, also Erscheinungen, die sich zwar beobachten, aber (noch) nicht messen lassen.

Das spielt für den anfangs erwähnten Protagonisten auch gar keine Rolle. Er tauscht sein Gitarrenkabel und findet seinen Sound damit einfach besser als vorher. Erinnern wir noch einmal an Einstein, der sagte: „Alle Wissenschaft entsteht aus der Erfahrung und mündet in ihr.“ Einstein war kein großer Rechner, sprich Mathematiker, er war vor allem ein großartiger Beobachter. Die daraus resultierende Erfahrung führte ihn zur wissenschaftlichen Anschauung des bisher Unerklärlichen. Meinetwegen! Für mich ist das nur dann wichtig, wenn ich irgendwann Kolumnen schreiben muss. In der Regel kann ich mich über die Sonne freuen, ohne zu wissen, warum diese scheint.

Den ästhetischen Ansprüchen eines Musikers sind aber kaum Grenzen gesetzt. Schon einmal habe ich in einer Kolumne erzählt, dass Adrian Belew defekte Pickups oder Fußtreter sammelte, nur, weil er so manchmal auf abstruse Klangergebnisse stieß. Manche Musiker mögen diese low-fi-Attitüde, andere fühlen sich näher mit Wiedergabe-Spezialisten aus der Recording- oder Hifi-Szene hingezogen. Das ist Geschmacksache oder gelebte Kreativität. Und somit haben geschundene Spiralkabel genauso eine Berechtigung wie teure Edelstrippen. Ich finde es super, dass es beides gibt. Eric Johnson ist beispielsweise berühmt dafür, sich tagelang im Studio zu verkriechen, nur um Kabel zu testen. Er verwendet mitunter einen akribisch ermittelten Mix aus unterschiedlichsten Typen, die nur in der von ihm bevorzugten Reihenfolge zu funktionieren scheinen. Sollte ich ihn deshalb einen Idioten schimpfen? Oder einen fehlgeleiteten Esoteriker? Wohl kaum.

TECHNIK

Wenn wir hier jetzt ein paar Folgen über Signalverbinder sprechen wollen, wäre es perfekt, die exakten elektrischen Bedingungen zu beleuchten. Meine eigenen Kenntnisse reichen dazu allerdings nicht aus. Ich weiß zwar eine Menge über unterschiedliche Kabeltypen, die genaue Auswirkung bestimmter Materialeigenschaften auf Klänge kann ich aber nur vage erklären.

Und selbst als ich zu diesem Thema recherchierte und Leute fragte, die es eigentlich wissen müssten, kam ich nicht so richtig weiter. Darunter waren sogar hoch bezahlte Entwickler; natürlich mit Diplom-Abschluss. Jeder hat eine andere Weisheit parat, jeder vertritt andere Präferenzen. Die Bandbreite der Meinungen erinnert an die Beiträge aus dem Internet-Forum: Von „Kabel spielen überhaupt keine Rolle“ bis „Kabel sind überhaupt die wichtigsten Kettenglieder“ ist da alles vertreten.

Verblüffend war dabei vor allem folgende Beobachtung: Die, die sich vor allem rechnerisch mit Physik befassen, waren an Hörtests überhaupt nicht interessiert, und jene, die sich ausschließlich mit Hörtests dem Thema nähern, wollten von Messtechnik und Mathematik nicht viel wissen. Mich erinnert das ein wenig an die Diskussionen in der pharmazeutischen Industrie oder der diagnostischen Medizin. Ich kenne jede Menge Leute, die irgendwelche Leiden haben, die sich aber mit herkömmlichen messtechnischen Mitteln nicht diagnostizieren lassen.

Das heißt: Die Ärzte untersuchen Blut, röntgen oder machen CT oder EKG und finden nichts. Dann werden Patienten mit teils seriösen Erkrankungen aus dem Hospital entlassen, weil unsere hoch technisierte Diagnostik keine Krankheit ermitteln konnte. Mich beeindruckt die Tatsache, dass immer mehr Physiker die Grenzen unseres derzeitigen Wissensstandes eingestehen, in dem sie beispielsweise gleichzeitig neue Evolutionstheorien entwickeln und dennoch tief gläubig in der Bibel lesen.

Doch zurück zum Signalverbinder.

DAS SYSTEM

Man muss sich zunächst klarmachen, dass Kabel ihre belegbare färbende Wirkung auch noch haben, wenn sie sehr, sehr kurz sind. Man könnte in diesem Kontext auch von sogenannten Trigger-Effekten sprechen. Man sollte daher Kabel nicht nach ihrer physikalischen Qualität beurteilen. Das endet meist im Streitgespräch. Reinsilber-Kabel oder gar welche aus purem Gold müssen für Gitarren nicht zwangsläufig zu fantastischen Klängen führen. Gitarristen bewegen sich schließlich nicht im Bereich der Reproduktion von Klängen, sondern der Erzeugung spezifischer Sounds, die keine Referenz haben. Jeder kreiert einen eigenen Sound. Das ist etwas anderes. Daher kann man Hifi, Recording und Musik-Produktion nicht miteinander vergleichen.

Dann spielt unsere akustische Prägung eine entscheidende Rolle. Spiele ich etwa seit zwanzig Jahren ein bestimmtes Kabel, dann werde ich mit einem noch so guten neuen Kabel zunächst nicht so richtig klarkommen, auch wenn es vielleicht von anderen als besser klingend empfunden wird. Diese Prägung beeinflusst daher natürlich unser Urteilsvermögen. Für mich ein weiterer Beleg, dass es hier nicht nur eine einzige (messbare) Wahrheit gibt, sondern unendlich viele individuelle Wahrheiten. Und genau deshalb bin ich wohl Musiker.

Wir hören Kabel in der Regel als Glieder einer langen Kette. Am Pickup sind Kabel, dann kommt das Gitarrenkabel, vielleicht unterschiedliche Fußtreter, die Signal führende Innenverkabelung des Verstärkers, das Lautsprecherkabel und schließlich die Innerverkabelung einer Lautsprecherbox. Erzeugt ein Gitarrenkabel etwa einen bestimmten Klang-Effekt, dann ist dieser nur im Kontext des gesamten Systems zu beurteilen, und nicht als diskrete Beobachtung. Ändert man den Kontext oder das System, werden sich vermutlich auch die Höreindrücke oder Beobachtungen ändern. Daher kann man auch so schlecht per Internet über Klangerlebnisse diskutieren. Man kann das eigentlich nur dann, wenn alle Beteiligten sich im gleichen Raum befinden und das gleiche System von einem bestimmten Hörplatz aus beurteilen. Aber dann ist da ja immer noch unsere Gemütslage, Tagesform …

Kurzum: Ohne System keine Klangerzeugung. Ändert man nur ein einziges Glied (Kabel), ändert man das gesamte System. Folgt man dieser Erkenntnis, spielt ein einziges Kabel eben eine wichtige Rolle für das Klangergebnis. Man kann das labile System mit einem einzigen Pickup-Kabel zerstören oder vollenden, je nachdem.

Und daher lohnt sich die Auseinandersetzung mit Signalverbindern, auch wenn sie vage und geschmacklich geprägt bleibt.


VERKABELUNG

Wir haben damit begonnen, die klangfärbende Wirkung von Kabeln zu besprechen. Wichtig ist dabei vor allem, dass man den Signalweg als komplettes System begreift. Auch ein Gitarrenkabel ist ein sogenanntes in sich geschlossenes System, denn hier müssen wir meist noch zwei weitere Elemente berücksichtigen: Die Stecker und natürlich die Lötverbindung. Dann gibt es Schalter und Buchsen in der Gitarren-Elektrik, Pins an Röhrensockeln und schließlich die Anschlüsse an elektronischen Bauteilen.

Letztlich begegnet man einem komplexen Konstrukt aus Signal-Kabeln und Löt-, Schraub- oder Steckverbindungen. Der Weg einer Note von der Quelle bis zum Lautsprecher ist mitunter lang. Erst recht, wenn aufwendige Effekt-Ketten im Signalweg liegen. Daher ist es kein Wunder, wenn viele Gitarristen die unvermeidlichen Klangverluste dabei beklagen. Master-Volume oder Einschleifwege, aufwendige Pedalboards mit zahlreichen Kleingeräten und lange Kabelwege können der Tonqualität einer Gitarre ganz schön zusetzen. Der Grundsatz „Weniger ist mehr“ gilt auch hier.

Nur leider benötigt man heute für bestimmte Musikrichtungen unterschiedlichste Sounds, die unsere Systeme schließlich so komplex werden lassen, dass man den vermeintlichen Gewinn an Klangmöglichkeiten mit einem grundsätzlichen Klangverlust bezahlt. Hier scheint die Physik nun wirklich Grenzen zu setzen. Daher haben sogenannte Looper, die Effekte nur dann in das System schalten, wenn sie wirklich gebraucht werden, Hochkonjunktur, oder gilt ein „True Bypass“ bereits bei einem simplen Bodentreter als absolutes Muss.

Dabei soll der Signalweg doch so kurz wie möglich gehalten werden. Nur auf die Signalverbinder können wir eben nicht verzichten. Und hier lohnt sich die Auseinandersetzung mit unterschiedlichen Lösungen, um seiner eigenen Klangvorstellung möglichst nahe zu kommen.

GITARRENKABEL

Ich kenne Situationen, in denen sich Musiker nach ein paar Bier in der Stammkneipe bei einer Grundsatzdiskussion über Gitarrenkabel dermaßen in die Wolle bekommen haben, dass sie unter Aufkündigung der Freundschaft im Streit auseinander gingen (um sich freilich am nächsten Tag wieder zu versöhnen). Eine ähnlich aggressive Stimmung herrscht in manchen Internet-Foren. Ich habe keine Ahnung, woran das liegen könnte.

Vielleicht fühlen wir uns im Land der Dichter und Denker alle auch ein wenig als Wissenschaftler mit einer guten Portion Sendungsbewusstsein. Einfacher wäre es doch, man würde die Entscheidung für die richtige „Kabelphilosophie“ individualisieren und jedem Musiker seine eigene Wahrheit zugestehen. Hört man Unterschiede zwischen bestimmten Typen, entscheidet man sich für sein Lieblingsfabrikat, hört man diese Unterschiede nicht, kauft man willkürlich, was viele auch wirklich tun. Was man nicht hört, spielt auch keine Rolle. So einfach ist das.

Ich finde es manchmal unangebracht, wenn selbsternannte Equipment-Missionare unterwegs sind und jedermann vom wahren Glauben überzeugen möchten. Das funktioniert nicht. Man muss eigene Erfahrungen machen.

Natürlich haben wir heute zahlreiche Kabelfabrikate, die von hoher Qualität sind. Probleme wie Mikrofonie, Trittschallempfindlichkeit oder zu hohe Kapazitäten gehören der Vergangenheit an. Beinahe jeder Hersteller gibt vor, die perfekte Lösung gefunden zu haben und möchte dies durch zahlreiche physikalische Parameter belegen. Im Internet findet man durchaus interessante „Kabel-Lexika“, die grundsätzliche Informationen über die Physik eines Signalkabels geben. Da ist von Abschirmungen, dem Dielektrikum, der Impedanz, dem Material, der Laufrichtung, der Kapazität, der Oberfläche, der kristallinen Struktur, der Form, der Länge, dem Querschnitt, dem Skin-Effekt, der Mikrofonie, dem Magnetfeld, dem Stecker, der Antennenwirkung, dem Widerstand usw. die Rede. Ein ganzer Kosmos von Parametern, der für uns Gitarristen ebenso unendlich groß erscheint wie das Weltall.

Vor zwanzig Jahren war mir dieses Zeug einfach Schnuppe. Und dennoch: Ich hatte immer ein Lieblings-Kabel, auf das ich dann auch gut aufgepasst habe. Nur allzu oft verschwand meine Strippe im allgemeinen Gewirr (besonders bei Sommerfestivals) in fremden Kabelkisten. Und immer habe ich es wieder gerettet. Ich mochte das Kabel vor allem wegen seiner sagenhaften Flexibilität, denn das war mir immer sehr wichtig. Es lag einfach immer richtig.

Spectraflex (Bild: Udo Pipper)

Nach meinem ersten Gig mit dem berüchtigten Spectraflex FatsoFlex sah das ganz anders aus. Es klang zwar toll, krümmte sich jedoch meist über den Bühnenboden wie eine erstarrte Schlange. Völlig unbrauchbar für jemanden, der auch mal auf der Bühne herumlaufen möchte. Ständig war das Kabel verdrillt, bei einer scharfen Rechtsdrehung zerbrach die steife Stecker-Kabel-Verbindung sogar die dünne Buchsenplatte meiner Les Paul. Wer dieses Kabel entwickelt hat, spielt mit Sicherheit nicht live auf Kneipen-Bühnen. Die wunderschöne „braided“ Stoffummantelung saugt sich im Nu mit einem verschütteten Bier voll, auf dem die Reste von Zigaretten-Asche schwimmen. Sehr schön!

Wir sehen an diesem Beispiel, dass alle Physik der Welt zum Teufel ist, wenn das Kabel einfach nicht bühnentauglich ist. Schon hier trennt sich die Spreu vom Weizen.

Um mir einen gewissen Überblick zu verschaffen, habe ich mir eine ganze Reihe von Kabeltypen bestellt und miteinander verglichen. Das sollte keinesfalls ein Kabeltest werden, denn ich bin nach wie vor der Meinung, dass ich scheitern würde, wollte ich die teils subtilen Klangunterschiede in Worte fassen. Es gibt aber durchaus Klang- und Handling-Tendenzen, die man näher beleuchten könnte.

Interessant war dabei vor allem die Beobachtung, dass wirklich jedes Kabel eine spezifische Klangfärbung hervorruft. Dieser Sound kann einem gefallen oder nicht. Ich kann auf keinen Fall beurteilen, welches Kabel besser als irgendein anderes klingt. Das liegt allein schon an den unterschiedlichen Kabellängen, die mir zur Verfügung standen. Ich habe auch versucht, meine Eindrücke durch Soundfiles festzuhalten. Die Unterschiede schrumpfen auf einer Aufnahme aber in solch homöopathische Gefilde, dass das keinen Sinn machte. Man muss selbst spielen. So „erfährt“ man die unterschiedlichen Qualitäten am besten. Mein Ergebnis ist ohnehin dermaßen vage, dass es wohl keinem weiterhilft.

Sämtliche Hersteller bieten zudem zahlreiche Kabeltypen unterschiedlicher Qualitäten an, so dass ein Test wirklich ausufern würde. Folgende Hersteller stechen allerdings qualitativ heraus:

Whirlwindkabel v0n Fender (Bild: Udo Pipper)

Seit jeher liebe ich die Kabel von Whirlwind. Ich glaube, das sind auch die Strippen, die einer neuen Fender-Gitarre beiliegen. Sie sind flexibel, robust und scheinen zumindest recht Klangneutral. Jedenfalls ist es schwierig, mit einem Whirlwind den Sound zu verschlechtern. Dann mag ich Klotz und Cordial (meine Wahl für die Bühne). Made in Germany mit großer Robustheit, optimaler Bühnentauglichkeit und den zweifellos besten Steckern (Neutrik). Die Kabel bündeln den Gitarren-Sound tendenziell in den Mitten, wo der Ton besonders differenziert sein sollte.

Georg L Kabel (Bild: Udo Pipper)

Vor allem klanglich überzeugt mich seit jeher die George L-Serie. Diese Kabel klingen einfach sagenhaft offen und klar. Leider ist das Kabel recht steif und neigt auf der Bühne zum Verdrillen. Es ist aber absolut Top für Fußboard- und Rack-Verkabelungen (Patch). Beinahe immer noch Neulinge in Deutschland sind die so genannten Highender. Die Monster-Kabel aus USA bieten zahlreiche Musiker-Kabeltypen innerhalb der Performer-Serie. Da geben etwa so genannte Jazz- oder Rock-Kabel Auskunft über ihre Bestimmung. Die Kabel klingen softer und somit für manchen Hörer gefälliger als etwa ein George L. Auch Spectraflex, Planet Waves, Vovox und Sommer sind hierzulande auf dem Vormarsch. Diese Kabel klingen teils unglaublich gut, sind aber so edel und teuer, dass man sie nur ungern auf in Bier getränkte Bühnen legt. Für Studioaufnahmen sieht das aber schon ganz anders aus.

Monster Kabel (Bild: Udo Pipper)

Die Grenzen zwischen den Ansprüchen von Musikern und HiFi-Fans scheinen immer mehr zu verschwimmen, denn all diese Kabel kommen auch in der Musikreproduktion zum Einsatz. So macht es absolut Sinn, für das Gesangsmikrofon im Heimstudio in ein 100-Euro-Kabel zu investieren. Man hört schon einen deutlichen Unterschied in punkto Auflösung und Feinzeichnung (besonders im sensiblen Hochtonbereich) zwischen einem Vovox-Kabel und einer herkömmlichen Beipackstrippe made in Fernost.

Vovox Made in Switzerland (Bild: Udo Pipper)

Von diesem Hersteller habe ich gleich ein gesamtes System geordert, um den Kettengedanken auch mal konsequent zum Ende zu führen. Der Schweizer Hersteller Vovox bietet nicht nur Signalkabel, sondern auch Netzkabel, Zuleitungen für Effektgeräte sowie Innenleiter für Verstärker und Gitarren. Ich habe mal die ziemlich lange Verbindung in einer Les Paul von den Potis zum Toggle-Switch und wieder bis zur Ausgangsbuchse mit hochwertigen Vovox-Strippen verlötet und war über das positive Ergebnis ziemlich überrascht. Die Gitarre klang viel frischer, musikalischer und hatte deutlich mehr Twang. Das Gleiche konnte ich bei einem Versuch mit meiner Stratocaster beobachten. Ähnlich verhält es sich mit einem guten Netz- oder Lautsprecherkabel. Und sogar als Signalkabel in meinem Fender-Deluxe war dieses Kabel eine Klasse für sich. Die Vovox-Verbinder erwiesen sich durchweg als Klangveredler. Man muss selbst entscheiden, ob einem das ein paar Hunderter wert ist (so viel kostet das nämlich schnell). Hier befindet man sich eben in der Highend-Liga.


(erschienen in Gitarre & Bass 07 + 08/2007)

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