(Bild: G&B Leser)
Hast du Fragen zum Thema „alte und/oder merkwürdige Gitarren“? Wir beantworten sie auf dieser Seite. Monat für Monat. Diesmal geht es um zwei rätselhafte Gitarren, die wegen Modifizierungen schwer zu bestimmen sind.
Frage: Ihr hattet mal einen tollen Bericht über Starfield-Gitarren. Ich habe ein Starfield-Modell, das ich leider nicht zuordnen kann. Es ist in keinem Prospekt zu finden. Die Pickups sind außerdem wohl nicht original. Ich würde mich freuen, wenn ihr mir bei der Bestimmung der Gitarre helfen könntet. – Frank
Antwort: Die Geschichte der Marke Starfield reicht bis in die 1970er-Jahre zurück, als Hoshino (die Firma hinter dem Label Ibanez) den Namen bereits auf einigen Kopien von US-Instrumenten verwendete. Tatsächlich heißt Hoshino übersetzt “Stern”. Hoshino versuchte immer wieder, neue Produktreihen auch abseits des Ibanez-Labels zu etablieren, jedoch nie mit Erfolg. Ende der 80er-Jahre erkannte die Firmenleitung zusammen mit der US-Tochterfirma, dass sie Marktanteile im Bereich eher klassisch orientierter Gitarrenmodelle verlor, weil der Markenname Ibanez bereits vollständig mit zackigen Metal-Äxten für Flitzefinger assoziiert wurde.
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Aus Marketinggründen schreckte Hoshino allerdings davor zurück, eine Retro-Linie unter dem Ibanez- Banner zu veröffentlichen, und besann sich des alten Labels “Starfield”. Die Instrumente sollten dabei weitgehend sowohl in den USA als auch Japan produziert werden. In der Praxis sah das dann so aus, dass in Japan bei Fujigen (daher das “F” bei den Seriennummern) die Teile der Gitarren gebaut wurden, diese in die USA geliefert und dort zusammengesetzt wurden – die US-Dependance von Hoshino machte also genau so viel, damit eine “Made in the USA”-Beschriftung gerechtfertigt werden konnte.
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Bei deiner Gitarre handelt es sich wohl um eines dieser Instrumente, was der kleine “America”-Schriftzug unter dem Starfield-Logo auf der Kopfplatte zeigt. Es gab insgesamt nur zwei Modelle, die Altair und die Cabriolet – bei deiner handelt es sich um die Altair, so viel lässt sich sagen. Bei der genauen Identifikation deines Modells wird es aber schwierig, wie du schon festgestellt hast. Ich vermute, man findet sie in keinem Katalog, weil sie weitgehend modifiziert wurde: Das Pickguard umfasst auch das hintere Tone-Poti, bei den Starfields im Original-Zustand sitzt es aber direkt auf der Decke. Es gibt kein Modell mit dieser Pickup-Konfiguration und den Mini-Switches – deshalb vermute ich, dass nicht nur die Pickups nicht original sind, sondern auch das gesamte Pickguard und die Schaltung – vielleicht hat man das im Zuge des Pickup-Austauschs auch gleich so gemacht.
Auch die Brücke ist seltsam – es gab kein Starfield-Modell mit einem Vintage-Vibrato – man erkennt das an den fünf Schrauben; alle Starfield-Modelle mit Vibrato hatten entweder eine hauseigene Brücke oder ein Wilkinson-Vibrato, und beide Einheiten waren mit nur zwei Schrauben befestigt. Ich vermute deshalb, dass auch das nachträglich modifiziert wurde. Zudem glaube ich, dass die Rückseite des Halses und der Kopfplatte deiner Starfield eingefärbt wurde, es gab nämlich an sich kein Modell mit einem Hals aus dunklem Holz und hellem Ahorn-Griffbrett. Es erscheint mir nicht plausibel, dass es eine weitere originale Baureihe mit derartigen Änderungen gab, die nicht in einem Katalog beworben wurde.
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Frage: Von einem Freund wurde mir eine seltsame Gitarre zugetragen. Die Gitarre hat eine reparierte Kopfplatte, der Reparateur hat diese dann neu lackiert, und wahrscheinlichen den Kramer Aufdruck platziert… sie ist recht schwer, hat einen tollen 80’s-Sound, und nach einigem Richten und Einstellen spielt sie sich auch gut. Wisst ihr mehr über dieses Teil? – Maurice
Antwort: Der Identifikation eurer “Kramer” kann man sich leider nur annähern, sie aber nicht abschließend zu 100% klären – dazu fehlen einfach zu viele Identifikationsmerkmale. Zunächst lässt sich aber feststellen, dass die Gitarre noch am ehesten der Kramer Striker entspricht. Die Striker-Serie wurde 1984 eingeführt, als preiswerte Einsteigeralternative zu den in den USA produzierten Modellen. Die Reihe folgte dabei grob den Spezifikationen der amerikanischen Pacer-Modelle.
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Die Verwendung des spitzen Headstocks mit dem großen Logo würde auf ein Baujahr 1988 oder 1989 schließen lassen, wenn man davon ausgeht, dass es sich tatsächlich um eine Kramer handelt; denn erst ab 1988 hatten die Kramer-Modelle diese spitze Kopfplatte. Warum ich davon ausgehe, dass es sich um ein in Korea (vermutlich von Samick) gebautes Modell handelt? Weil die Striker-Serie, anders als die US-Modelle, Bodies aus Sperrholz hatte – so wie eure Gitarre, wie man auf dem einen Bild deutlich sehen kann (daher auch das Gewicht). Zudem handelt es sich bei dem Floyd Rose auf eurer Gitarre nicht um das Original, sondern um ein in Lizenz gebautes Modell.
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Übrigens macht die Verwendung von Sperrholz ein Baujahr vor den späten 1990ern wahrscheinlich, denn seitdem ist das selbst bei den absolut billigsten Einsteigermodellen aus der Mode gekommen – selbst Gitarren für unter 100 € haben heutzutage meist massive Bodies. Problematisch sind aber die Sharkfin-Inlays auf dem Hals – die wurden nämlich bei der Striker-Serie nicht verwendet, sondern nur Dot-Inlays. Außerdem müsste „Striker“ neben dem Kramer-Logo stehen. Insgesamt macht das eine genaue Identifizierung unmöglich, denn Kopien dieses Modells aus koreanischer Fertigung gab es damals zuhauf – Stanbury, Hohner, usw. Es ist durchaus möglich, dass da jemand nachträglich das Kramer- Label im Zuge der Halsreparatur angebracht hat. Den erzielbaren Marktpreis sehe ich, auch wegen der von dir erwähnten Halsreparatur, bei nicht mehr als 200-300 Euro.
(erschienen in Gitarre & Bass 09/2019)