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Guitar Guru: Concorde und Ural 650
von Guitar Guru, Artikel aus dem Archiv
Hast du Fragen zum Thema „alte und/oder merkwürdige Gitarren“? Wir beantworten sie auf dieser Seite. Monat für Monat. Diesmal geht es um eine Concorde- und eine Ural-Gitarre.
Ungefähr 1990 habe ich diese Concorde von einem Freund erworben. Die Gitarre war damals fast im Neuzustand. Ich wüsste gerne mehr über diese Marke und das Instrument, das wohl ziemlich selten und bis auf die Inlays auf dem Headstock auch sehr sauber verarbeitet ist. Ca. 1993 ließ ich den Hals von Gitarren Total in Zürich überarbeiten, d. h. ein bisschen dünner im Profil schleifen und mit Jumbo-Bünden neu bundieren. Diese Arbeiten wurden perfekt ausgeführt, und ich spiele immer noch gerne ab und an auf dieser Superstrat.
Marcel
Du hast da ein recht seltenes Stück aufgegabelt. Concorde war ein Label des Gitarrenbauers Joe Zon. Der gründete 1981 in Buffalo, New York, einen Custom- und Repairshop für Gitarren und Bässe. 1987 siedelte er nach Redwood, Kalifornien über. Bekannt wurde die Firma vor allem für die Verwendung von Hälsen aus Graphit, die als besonders unanfällig für Verstimmungen oder Verziehen galten. Heute stellt Joe Zon ausschließlich Bässe her – er selbst ist Bassist.
Bei Concorde handelt es sich um ein Label, das er Mitte der 1980er-Jahre für andere Gitarren verwendete. Die Pickups sind von Bartolini (nicht zu verwechseln mit dem italienischen Gitarrenbauer aus den 60er-Jahren), das Vibrato ist von Kahler – es handelt sich also um gute Komponenten, und allgemein gelten die nur in Kleinstserien gefertigten Concorde als qualitativ hochwertig.
Deine Gitarre dürfte von 1985 oder 1986 sein. Concordes sind selten, aber nicht unbedingt besonders wertvoll, da die Marke kaum jemand kennt und dementsprechend nur wenige Leute nach ihr suchen. Ich habe ein Exemplar für € 800 im Angebot gesehen – bei einem Verkauf ist vermutlich viel Geduld gefragt. Aber du scheinst sie verständlicherweise ja sowieso behalten zu wollen.
Ich habe vor einiger Zeit aus reiner Neugierde diese Gitarre gekauft. Ich wusste nicht, dass in Russland E-Gitarren produziert wurden. Der Guru wird es wissen!
Fonti
Deine Gitarre wurde in der Tat in Russland gebaut – genauer gesagt, in der ehemaligen Sowjetunion. Es handelt sich um das Modell 650, besser bekannt als „Ural“, da sie aus einer ehemaligen Keyboard-Fabrik in Swerdlowsk stammt – und das liegt im Uralgebirge. Das Modell 650 war die am häufigsten produzierte Gitarre der Sowjetunion – Schätzungen gehen davon aus, dass bis in die Mitte der 1980er-Jahre (die Produktion startete um 1975) an die 150.000 Exemplare gebaut wurden.
Angeblich spielte jeder russische Gitarrist irgendwann mal in seinem Leben auf einer Ural, so häufig ist sie nach wie vor dort verbreitet und wird weiterhin von Anfängern genutzt, da sie in Russland für um die € 50 gebraucht erhältlich ist. Die Produktion wurde irgendwann in den späten 1980ern eingestellt. Die Ural ist, wie alle sowjetischen Gitarren, aus schweren, unzerstörbaren Materialien gebaut, und hat jede Menge Schaltungsoptionen, die heute bisweilen schwer zu durchschauen sind. Der Grund dafür war (angeblich), dass es in der Sowjetunion zwar niemanden gab, der sich mit dem Bau von E-Gitarren auskannte, aber jede Menge Radio- und Elektrotechniker, die sich an den Schaltungen so richtig austoben konnten.
Angeblich wurde auch auf Qualität aus ideologischen Gründen kein Wert gelegt: Jeder sollte die qualitativ gleiche Gitarre bekommen und niemand nur aufgrund von Kaufkraft einen Vorteil haben. Ural-Gitarren sind heute auf einschlägigen Online-Plattformen teilweise auch als Direktimport aus der Ukraine und Russland erhältlich und kosten dort so zwischen € 100 und € 300. Ich sehe das eher als Liebhaberpreis, denn wie andere Sowjetgitarren gilt sie als schwer bespielbar, selbst nach einem professionellen Setup und weitreichenden Modifikationen.
(erschienen in Gitarre & Bass 09/2020)
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