Wir haben in der vorletzten Folge gelernt, dass in einem 4/4-Takt mit nur 15 Kombinationen alle Möglichkeiten abgedeckt sind, diesen mit Viertel-Pausen und/oder Viertel-Noten zu füllen. Übertragen auf die Achtel-Rhythmik funktioniert das gleiche Prinzip auch für jede der beiden Hälften eines 4/4-Takts. Und es wird euch kaum überraschen, dass uns dieses Prinzip auch bei der Sechzehntel-Rhythmik hilft, nur wird es jetzt innerhalb jeder der vier Viertelnoten angewendet.
Beispiel 1 zeigt zunächst die benötigten Symbole, die Sechzehntel-Pausen, die sich von den Achtelpausen nur durch das zweite Fähnchen unterscheiden und Sechzehntel-Noten, die leicht an den zwei Fähnchen bei Einzel-Noten bzw. den zwei Balken zwischen zwei oder mehr Sechzehnteln erkennbar sind. Ein 4/4-Takt besteht aus 16 Sechzehntelnoten bzw. -Pausen. Und auch hier wenden wir Silben an wie folgt:
1 e + e 2 e + e 3 e + e 4 e + e
Alle „e“-Silben sind fettgedruckt, weil erst diese die Rhythmen auf die Sechzehntel-Unterteilung heben. Sie werden auch als Sechzehntel-Off-Beats bezeichnet.
Zum Einstieg nimmt man ein Metronom, stellt sich ein beliebig langsames Tempo ein und spricht dann die Silben über dem Viertelpuls des Metronoms. Es folgen unsere 15 verschiedenen Vierer-Kombinationen, die nummeriert sind, was später noch sehr wichtig wird. Und so komplex Sechzehntel-Rhythmen auch sein mögen, bestehen sie doch letztlich nur aus diesen Bausteinen.
Beispiel 2 zeigt eine exzellente Übung, die hilft, diese Bausteine ins eigene Spiel zu übertragen. Dabei werden alle Sechzehntel-Pausen einfach durch Dead-Notes ersetzt. Der große Vorteil ist, dass man so alle Kombinationen spielen kann, ohne den permanenten Fluss von Auf- und Abschlägen (Alternate Picking) zu unterbrechen. Und wir sehen auch, dass Viertel- und Achtelnoten immer mit Abschlägen, Sechzehntel-Off-Beats dagegen mit Aufschlägen gespielt werden.
Wer die Musik und Videos des Gitarristen Cory Wong kennt, wird feststellen, dass bei so gut wie allen seiner spektakulär groovenden Rhythmus-Gitarren-Parts das oben beschriebene Alternate Picking wie eine Maschine permanent durchläuft. Man kann die Übung mit Single Notes oder auch mit Akkorden spielen. Gut geeignet sind Dreiklänge auf den drei hohen Saiten, die wir hier ja in früheren Folgen ausgiebig besprochen haben.
Sechzehntel-Rhythmen gibt es aber auch mit Notenlängen, die die einer einzelnen Sechzehntel überschreiten. In Beispiel 3 stelle ich die gebräuchlichsten vor. An den Nummern sieht man, dass sie nur Varianten der in Beispiel 1 vorgestellten 15 Kombinationen sind. Die eingeklammerten Rhythmus-Silben zeigen an, dass hier Noten weiterklingen. Tipp: Man spielt die Kombinationen mit den Notendauern wie notiert, spricht aber auch die eingeklammerten Silben immer mit. So geht die Sechzehntel-Unterteilung auch bei länger klingenden Noten nicht verloren.
In Beispiel 4 machen wir einen weiteren Schritt und verschieben unsere 15 Kombinationen auf andere Zählzeiten. Durch das Sprechen der Silben bekommt man eine Orientierung, wo im Takt man sich gerade befindet.
In Beispiel 5 lernen wir, was es mit sogenannten Polyrhythmen auf sich hat. Unterteilt man die zwölf Sechzehntel-Noten auf Zählzeit „Eins“, „Zwei“ und „Drei“ in Pakete von jeweils drei Sechzehnteln, spielt nur die jeweils erste klingend und die beiden folgenden als Dead Notes, entsteht die sogenannte „Vier gegen Drei“-Rhythmik, bei der über den drei Viertelnoten ein neuer Puls von vier regelmäßigen Schlägen entsteht. Man kann die Pakete von je drei Sechzehntelnoten auch durchklingen lassen: So entsteht eine Abfolge von vier punktierte Achtelnoten, die dann auch um ein Achtel verschoben werden kann.
Gehen wir in die Praxis. Bei den folgenden Riffs sind alle Kombinationen durch eine Klammer markiert und die eingekreisten Zahlen zeigen an, welche unserer 15 Kombinationen gerade gespielt wird. Wo keine Klammer zu sehen ist, sind auch keine Sechzehntel-Rhythmen am Start, sondern Achtel oder Viertel.
Im Basis-Riffs von ‚Frankenstein‘, einem Hit der Edgar Winter Group, der auch von Marcus Miller gecovert wurde, sehen wir gut, wie Sechzehntel-Rhythmik funktioniert (Beispiel 6): Die Sechzehntel-Off-Beats bauen immer gewaltig Spannung auf, die dann durch Achtel- oder Viertelnoten am Ende solcher Phrasen abgebaut wird. Beispiel 7 zeigt eines der berühmtesten Riffs der Rock-Geschichte. Aerosmith‘ Kracher ‚Walk This Way‘ entstand schon 1975 und wurde durch eine Cover-Version von Run-D.M.C. zum Mega-Hit. Die Komplexität entsteht hier durch ein Vierton-Motiv auf Zählzeit 1, das dann um ein Sechzehntel nach hinten verschoben auf Zählzeit „2e“ beginnend wiederholt wird.
Noch berühmter ist ‚Black Dog‘, einer der populärsten Led-Zeppelin-Songs überhaupt. Beispiel 8 zeigt einen Ausschnitt, bei dem das exakt gleiche neun Sechzehntel lange Motiv dreimal wiederholt wird, was zu enormen tektonischen Rhythmus-Verschiebungen führt. Hier helfen unsere Kombinationen sehr dabei, nicht im Off zu landen.
Beispiel 9 zeigt das Verse-Riff von AC/DC‘s ‚Back In Black‘. Das ist raffinierter, als viele glauben: im vierten Takt taucht hier die vorher schon angesprochene „Vier gegen Drei“-Rhythmik auf. Diese dominiert das Chorus-Riff dieses ikonischen Rock-Songs (Beispiel 10). Wie man mit purer Sechzehntel-Rhythmik auf nur einem Ton hochspannende Musik machen kann, zeigt das Riff in Beispiel 11 von ‚Got Tuh B‘, einem Song von der Fusion-Institution Tribal Tech, gegründet von dem Gitarristen Scott Henderson und dem Bassisten Gary Willis. Letzterer hat den Song auch geschrieben.
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(Die Noten können durch Anklicken vergrößert werden!)
(erschienen in Gitarre & Bass 09/2022)