Wenn man an die Vintage-Farben von Gibson denkt, fällt einem als erstes wahrscheinlich die Sunburst-Lackierung ein, die ab 1957 – dem Jahr, in dem Gibson die Les Paul in Cherry Sunburst auf den Markt brachte – einen neuen Trend setzte. Über die Jahrzehnte hat Gibson den Erfolg des ursprünglichen Cherry Bursts und insbesondere die Wirkung der im Laufe der Jahre verblassten Finishes erkannt. Daraufhin wurde beschlossen, all diese Verblassungsstadien in verschiedenen Farben nachzubilden, was zu den Farbtönen führte, die wir gleich im Detail besprechen werden.
Der Charakter all dieser Farben wird vor allem durch die natürliche Alterung geprägt, die letztendlich den besonderen Reiz dieser Finishes ausmacht. Bei Neulackierungen empfielt es sich daher, auf besondere Lacke zurückzugreifen, die besonders schnell/leicht altern – aber dazu später mehr. Zunächst wollen wir über den Ursprung der einzelnen Sunburst-Töne sprechen.
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Grund für die Entstehung der Sunburst-Finishes war vor allem der deutliche Rückgang der Goldtop-Verkäufe zwischen 1955 und 1957. Diesem Negativtrend wollte man mit einer neuen Farbe entgegenwirken. Die Rückkehr zur Tradition der Sunburst-Oberflächen, mit denen das Unternehmen aus Kalamazoo bereits bei seinen Acoustic- und Archtop-Modellen große Erfolge feierte, schien die perfekte Lösung zu sein. Und so wurde die attraktiv gemaserte Ahorndecke der Les Paul 1958 erstmals mit der transparenten Lackierung versehen.
Am 21. Februar 1958 verzeichnet das Gibson-Logbuch eine „LP Cherry Red 8 1689“ mit einer komplett roten Decke aus drei Teilen Ahorn. Am 25. Februar wurde eine Les Paul Sunburst mit der Nummer 8 1641 registriert, die eine noch frühere Nummer als die erste hatte. Diese Les Paul hatte die klassische Tobacco-Lackierung, wurde aber komplett in Cherry Red umlackiert. Im Laufe der Jahre begann das Rot jedoch zu verblassen, so dass eine asymmetrische Decke mit dem ursprünglichen Finish zum Vorschein kam. Am 28. Mai schließlich wurden die Gitarren mit den Referenznummern 8 3097 und 8 3096 in der berühmten Cherry-Sunburst-Lackierung ins Gibson-Logbuch eingetragen.
Die folgenden Les-Paul-Gitarren, von Gitarristen oft „Burst“ genannt, hatten einzigartige zweiteilige symmetrische Decken, die durch Halbieren und Aufklappen einer Ahornplatte wie ein Buch (bookmatching) hergestellt wurden. Die offizielle Farbe der Decke war Cherry Sunburst, aber es konnte leichte Farbabweichungen geben. Es wurde nicht immer derselbe Rotton verwendet, und wenn es auf der Decke kleine Astlöcher oder andere Defekte gab, wurde ein viel dunklerer Ton aufgetragen, um diese kleinen Mängel zu kaschieren, was zu einer Oberfläche führte, die heute als Darkburst bekannt ist.
BURST-TYPEN
Die meisten der heute bekannten Burst-Farbtöne sind das Ergebnis des Ausbleichens roter Farbanteile durch ultraviolette Strahlung – ein Phänomen, das als „fading“ bekannt ist. Dieser Effekt ist besonders bei den Modellen von 1959 und der ersten Burst von 1960 zu beobachten, zusammen mit der Vergilbung des Klarlacks. Die Folge war die Entstehung all jener Burst-Farbtöne, die wir heute unter verschiedenen Namen kennen: Tobacco, Tea, Honey, Lemondrop, usw. Der Effekt war so stark, dass Gibson seine Les Pauls mit einem Hinweis an die Händler verkaufte, die Instrumente nicht direktem Sonnenlicht auszusetzen:
„Um die zarte Farbgebung dieses schönen Instruments zu erhalten, sollte es nicht in Fenstern ausgestellt werden, wo es direktem oder übermäßigem Sonnenlicht ausgesetzt ist.“
Aber sehen wir uns die verschiedenen Farbtöne einmal genauer an. Diese Farben geben alle Phasen des Ausbleichens einer Burst-Gitarre wieder und wurden von Gibson und seinem Custom Shop im Laufe der Jahrzehnte immer wieder reproduziert.
Cherry Sunburst
Ein intensives Rot, die originale Farbe, mit der die Gitarre die Fabrik verließ. Es gibt zwei Versionen: das Modell von 1958-59 und das ab 1960, das einen haltbareren Lack verwendete.
Faded Cherry Sunburst
Die originale Farbe, allerdings mit leicht verblasstem Rot.
Teaburst
Durch das Ausbleichen des Rots und das Vergilben des Klarlacks werden Brauntöne sichtbar, die an Tee erinnern.
Honeyburst
Dies ist die nächste Stufe des Verblassens nach dem Teaburst. Der rotbraune Ton verschwindet weiter und weicht einem leichten Orangeton. Vom ursprünglichen Sunburst ist nur noch wenig übrig.
Lemon Drop
In diesem Stadium ist nur noch wenig vom ursprünglichen Sunburst-Effekt übrig und die Gitarre ist fast vollständig gelb. Gelegentlich erscheint ein grünlicher Farbton, auch als „Dirty Lemon“ bekannt.
(Bild: Alexey Dovnar / Rodrigo Campos)
Tobacco Burst
Einige Gibson-Gitarren mit Defekten wurden mit einem tiefen Weinrot lackiert. Die Alterung dieser Lackierung führte zu einem brauneren Ton. Um das Ausbleichen des Rots zu verhindern, experimentierte Gibson Anfang 1960 mit einem neuen Farbstoff, auch bekannt als „Tomato Soup“, der jedoch zu einem orangefarbenen Ton führte, der bei Sammlern nicht gut ankam.
Es gab jedoch immer auch Custom-Order-Modelle mit völlig anderen Finishes, wie z. B. Bob Summers Green Sunburst, Al Hendricksons All-Cherry oder andere in den Ausführungen Natural und Black.
DIE STRUKTUR DES SUNBURST
Das Burst-Finish von Gibson wurde immer auf einer Ahorndecke aufgetragen. Ahorn hat einen Farbton, der von weiß bis zu einem „getoasteten“ Gelb reicht und mit der Zeit dunkler werden kann, was der Gitarre einen „gebräunten“ Look verleiht. Der gelbe Grundton des Burst-Finishs wurde aus Nitrocellulose und einem gelben Farbstoff hergestellt, der viel widerstandsfähiger gegen Ausbleichen war als das Rot. Der Auftrag des roten Farbstoffs über dem Gelb erzeugte einen Effekt, der an einen Sonnenuntergang erinnert.
Bei unserer Firma Nitorlack haben wir diese Reihe von Burst-Farben in Zusammenarbeit mit Dr. Nitro (8Bomb Custom) entwickelt, einem Experten für Vintage-Lackierungen dieser Art. Alle in diesem Artikel gezeigten Gitarren wurden von unseren Kunden Rodrigo Campos und Dr. Nitro hergestellt und fotografiert. Wir wollten nicht nur ein Produkt entwerfen, sondern einen kompletten Prozess, um genau die richtige Farbe zu erzielen – von der gelben Grundierung bis zum gealterten Finish.
In der nächsten Folge stellen wir Beizen und Lacke vor und geben eine komplette Anleitung zu ihrer Anwendung.
(Bild: Martínez & Parreño)
DER AUTOR
JOSE PARDO MARTÍNEZ (l.) arbeitet zusammen mit seinem Partner RUBEN PARREÑO (r.) bei der 2012 gegründeten spanischen Firma Nitorlack, die sich auf Vintage-Lacke in den Originalfarben von Fender und Gibson spezialisiert hat.