Boutique-Highlights der 70er-Jahre

G&B-Classics: Die frühe Ära der Dumble-Amps

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Neben Jim Kelley und Mesa/Boogie gehören natürlich auch die legendären Dumble-Amps zu den Boutique-Highlights Ende der 70er-Jahre. Dieses Thema kann man, ähnlich wie Boogie, nicht in Kürze abhandeln. Udo Pipper beleuchtet hier zunächst die frühe Ära der Dumble-Amps …

Dumble Silverface Amp

GEHEIMTIPP

Anfang der Achtziger gab es da ein paar Gitarren-Soli auf amerikanischen Alben, die hellhörig machten. Das war noch bevor Robben Ford und Larry Carlton mit Dumble-Amps spielten.

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Allen voran war da 1979 das Debüt-Album von Christopher Cross ,Ride Like The Wind‘. Am Ende des Songs hört man ein Solo mit einem sehr mittigen und fetten Gitarrensound.

Das war ein Dumble-Overdrive-Special Silverface-Amp. In der Gitarrenszene sorgte dieser Sound sofort für Aufmerksamkeit. Nur zwei Jahre zuvor (1977) spielte Lowell George von Little Feat beim Rockpalast-Auftritt einen Dumble-Amp.

Im Interview sagte er damals, der Dumble sei eben einfach nur ein besser gemachter Fender-Amp, was den Charakter dieses Amps beschreiben sollte.

Tatsächlich hatte sich Howard Alexander Dumble an Fender-Amps orientiert, als er begann, seine eigenen Verstärker zu kreieren. Vor allem David Lindley soll den ursprünglichen Amp-Tuner dazu angeregt haben. Lindley wollte eine 100-Watt-Version seines kleinen Tweed Deluxe-Combos. Wie sich herausstellen sollte, war dies auch für den bereits sehr erfahrenen Dumble eine enorme Herausforderung, denn man konnte dazu nicht einfach einen Tweed Deluxe mit 100-Watt-Endstufe bauen.


ERFOLGREICHES TUNING

Ein vollkommen neues Konstrukt musste her. Und das leitete Dumble von den Blackface Fender Amps der späten Sechzigerjahre ab. Er stabilisierte das Netzteil mit großem Trafo und erhöhter Siebung, verringerte die Gegenkopplung und modifizierte die Klangregelung für ein noch stärkeres Eingreifen in die Frequenzbänder.

Dumble ODS Layout-Plan

Die Anoden-Spannung in der Vorstufe setzte er ziemlich genau auf 200 Volt, wodurch die Röhre recht schnell in die Sättigung getrieben werden konnte. Die starke Endstufe sollte das wieder ausgleichen. Dumble-Amps sind in der Tat wahnsinnig laut.

Dumble Overdrive Special Combo

Per Relais konnte man dem Dumble Overdrive Special eine weitere Verstärkerstufe zuschalten, die diesen markanten und wahnsinnig mittigen Overdrive-Sound hinzufügte. Ein 100-K- oder 250-K-Mitten-Poti (anstatt 10 k bei Fender) machten das möglich. Es sind also keineswegs Zwei-Kanaler, wie man es häufig missverständlich im Netz liest.


UNNACHAHMLICH?

Dieser Sound ist bis heute so beliebt, dass sich eine riesige Szene von Dumble-Replika-Herstellern entwickelt hat. Der Meister selbst, der sich nur noch „Alexander“ nannte, lötete lediglich für ein erlauchtes Star-Klientel, aber immer noch mit der einzigartigen Hingabe, die ihn einst bekannt machte. Dennoch galt Dumble als scheu und schwierig. Mehr kann ich dazu nicht sagen, denn ich kannte ihn nicht persönlich.

Es ist sehr, sehr schade, dass mit dem Produktnamen Dumble lediglich bestimmte Schaltpläne verbunden werden. Diese Pläne gibt es im Netz zuhauf. Außerdem kopieren zahlreiche Boutique-Hersteller heute diese Schaltpläne, ohne dabei freilich den Sound eines Dumbles zu erreichen. Es steckt viel mehr dahinter als ein Schaltplan.


DUMBLES IN DEUTSCHLAND?

Überhaupt scheint der Dumble-Sound allgegenwärtig. Jeder spricht darüber, scheint ihn zu kennen, obwohl kaum jemand mal einen originalen Dumble-Amp gehört hat. Diese Amps sind unglaublich selten, und auch in Deutschland gibt es nur sehr wenige davon.

Die Gebrüder Roy von Applied Acoustics in Bochum haben Anfang der Achtziger neben Mesa/Boogie nur ganz wenige Exemplare dieser Amps nach Deutschland importiert. Aus Kostengründen kamen diese Amps ohne Gehäuse und ohne (Electrovoice-)Lautsprecher. Beides wurde hier nachträglich gefertigt beziehungsweise ergänzt. Danach gab es noch eine Hand voll Amps, die Dumble modular in Form bestimmter Bauteilgruppen lieferte und die in den ersten Kitty-Hawk-Gehäusen der Roy-Brüder untergebracht wurden.

Schließlich trennten sich die Wege von Applied Acoustics und Dumble wieder. Die Roy-Brüder gründeten mit Kitty Hawk ihre eigene Firma und lehnten etwa den Kitty Hawk Standard zunächst noch an bestimmte Merkmale der Silverface-Dumbles an. Es ist aber ein Irrtum anzunehmen, ein Kitty Hawk Standard entspräche einem frühen Dumble Amp. Das wäre genauso als würde man davon ausgehen, dass ein Dumble einem Fender Showman Amp gleichkäme.


PHILOSOPHIE

Tatsächlich klingen alle genannten Amps aber recht ähnlich. Die Dumbles sind nicht einmal etwas Besonderes seitens der Schaltung. Es ging Mr. Dumble vor allem um die eigentliche Boutique-Idee, Amps auf durchweg gleich hohem Klangniveau zu bauen. Da man aufgrund bestimmter Bauteil- und Layout-Toleranzen niemals zwei gleichklingende von Hand verdrahtete Röhrenverstärker bauen kann, muss man jeden Verstärker nachträglich aufwendig abstimmen.

Und genau das tat Alexander Dumble. Daher gibt es kaum zwei gleich gebaute Dumble-Amps. Es sind im Grunde alles Einzelstücke, die je nach Kundenwunsch oder Dumbles eigenen Ansprüchen modifiziert wurden. Dazu gehörte, dass Dumble die Bauteile seiner eigenen Referenz-Amps akribisch ausmessen sollte und in den nächsten Amp übertragen musste. Aber auch das reichte oft nicht aus, um bestimmte Klangergebnisse zu erreichen. Oft bedurfte es dazu regelrecht der Intuition des Künstlers. Insofern ist Dumble wirklich ein Verstärker-Künstler.


BEST OF THE BEST?

Aufgrund der geringen Verfügbarkeit von echten Dumble-Amps ist es sicher legitim, dass sich so viele Hersteller an diesem Vorbild orientieren. Ich kann hier nur so viel sagen, dass die frühen Silverface-Verstärker zu den besten Verstärkern gehören, die ich jemals gehört habe. Und ich spreche jetzt nicht einmal von dem Overdrive-Modus, sondern lediglich vom Clean-Sound dieser Amps. Sie sind ungeheuer stabil und dynamisch, spendieren aber dennoch einen singenden und dichten Single-Note-Ton. Sie haben unheimlich charaktervolle und vokale Mitten und einen sehr, sehr klaren Bass. In diesen Disziplinen waren sie tatsächlich sämtlichen Amps, die ich gehört habe, überlegen.

Um das zu erreichen, betrieb Dumble einen enormen Aufwand. Er selektierte die üblicherweise verwendeten Schumacher-Trafos von Fender, kontrollierte die internen Spannungen haargenau, selektierte die Kathoden-Elkos, die Anoden-Widerstände, Netzteil-Elkos und schließlich die Röhren. Vorzugsweise steckte er in diese Amps Philips oder Sylvania 6L6 GC oder 7581A-Pärchen. In den Vorstufen fand ich sowohl RCA als auch Sylvania, GE oder Philips. Nur die hochwertigsten Bauteile fanden einen Platz in einem Dumble-Amp. Würde man solche Maßstäbe heute wieder anlegen, müsste ein Fuchs, Two Rock oder Bludotone ein vielfaches seines Anschaffungspreises kosten. Man kann das heute einfach nicht mehr genau so bauen, ohne dass die Kosten explodieren. Ich habe allerdings noch keinen Twinkleland von Rick van Weelden gehört. Vielleicht liegt dieser Amp tatsächlich näher an einem Original.


ALTERNATIVEN

Wer einen fähigen Amp-Schrauber kennt, kann sich mit einem Ceriatone-Bausatz behelfen. Mit ein paar kleinen Modifikationen und einem sicheren Auge für die Bauteilauswahl sind das schon recht gute Dumble-Clones. Wer sich mit dem Cleansound eines Dumbles begnügen kann, wird auch den Sound eines frühen Kitty Hawk Standard zu schätzen wissen. Diese Amps klangen zwar nicht exakt wie ein Silverface, sondern etwas dunkler und einen Hauch mittiger, bieten aber insgesamt ein ähnliches Klangspektrum. Es gibt ein paar Videos von Gregor Hilden, auf denen man das ganz gut hören kann.

Angesichts des enormen Aufwands, der in jedem Dumble-Amp steckt (Dumble tüftelte manchmal bis zu einem Jahr an einem einzigen Amp), wundert man sich allerdings über so manches Overdrive-Pedal für € 200, das garantiert den Dumble-Sound verspricht.

Ein Zendrive– oder Ethos-Pedal können den Overdrive-Sound dieser Amps ganz gut nachstellen. Der angesteuerte Amp sollte allerdings auch von hoher Qualität, die Röhrenbestückung exzellent und der Lautsprecher hochwertig sein.

Ein guter Ton ergibt sich niemals nur aus einer einzigen Wunderkomponente.

In diesem Sinne sind Dumble-Amps als eine Art Zenit der Verstärker-Baukunst zu sehen. Sie stammen eben aus einer Zeit, in der man es sich noch leisten konnte, seitens der Bauteile aus dem Vollen zu schöpfen. Und diese Zeiten sind leider schon lange vorbei.


G&B-Classics

Oft nachgeschlagen, kritisch hinterfragt, heiß diskutiert – Die G&B-Classics sind die beliebtesten Artikel der Gitarre & Bass-Geschichte. Da sie immer wieder neue Leser:innen erreichen und für lebhafte Debatten sorgen, holen wir sie für euch regelmäßig aus dem Archiv hervor.

Kommentar zu diesem Artikel

  1. Das ist eine trauliche Nachricht, das Howard Dumble verstorben ist.Ich habe sein Röhrenverstarker niemals gespielt,doch ein mal im Angebot gesehen (auf Vintage Veenendaal Börse für €80.000).
    Ich habe mal einmal mit Howard geschrieben bei FB,da hat er reagiert bei einem Post von CWS Amps(Chris Winsemius) und seiner Reaction war ganz böse damals.Ich habe dann reagiert auf sein Reaction und danach aufs Messenger Kontakt zu ihm gehabt,ein Freundschaftsversuch wurde dann auch bestättigt.

    Peter van Weelden(nicht Chris) hat da vielleicht eine der besten Nachbauten gemacht,obwohl ich seiner Twinckleland Amps niemals gespielt/benutzt habe.Doch er ist ganz locker,ein richtiger Holländer und versteht sein Job ganz gut.Ein Freund von mir in Deutschland, besitzt ein van Weelden Röhrenpreamp(Soldano SP 77 Nachbauten)der noch besser ist,als der Soldano eigene gebauten Teil.

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