Soundalike

Der Klang von Joe Satriani

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Gitarrist Joe Satriani
Wenn ein Musiker auf eine so lange Karriere zurückschauen kann, und man diese Karriere nicht lückenlos aber doch regelmäßig verfolgt hat und somit (fast) jeden Ton kennt, den dieser Musiker je auf Band gebracht hat, dann weckt jede neue Veröffentlichung so etwas wie Heimatgefühle. Und das unabhängig davon, ob man sie gut oder schlecht findet, oder ob der eigene Geschmack sich weiterentwickelt hat. Ähnlich ging es mir beim Hören von Joe Satrianis neuem Album ,Unstoppable Momentum‘. Immerhin ist er einer derjenigen, die meine musikalische Sozialisation als junger Gitarrist nicht unerheblich mitgeprägt haben, auch wenn ich zugeben muss, dass ich ihn in den letzten Jahren aufgrund anderer musikalischer Interessen ein wenig aus den Augen verloren habe. Meine letzten Satriani-Eindrücke waren also durchaus gute, und so musste ich dieses Album einfach gut finden und tat es auch. Obwohl ich damit bei manchem Kollegen in der Redaktion auf durchaus gemischte Gefühle gegenüber diesem neuen Satriani-Album gestoßen bin, blieb meine Subjektivität ungetrübt, und ich blieb bei meinem Vorhaben, diese Musik für einen Soundalike-Workshop zu analysieren und mich unbefangen dem Schwelgen in alten Erinnerungen hinzugeben. Denn das Schöne an Künstlern wie Joe Satriani ist, dass sie sich nur sehr zögerlich weiterentwickeln, und dass das, was sie als neues Konzept und neue Errungenschaft anpreisen, eher in Millimetern zu messen ist.

Neu auf diesem Satriani-Album ist zugegeben wenig. Gekonnt dafür alles. Und bei genauem Hinhören entdeckt man auch ein paar Neuerungen bzw. in manchen Aspekten eine Rückbesinnung auf alte Stärken. Das fängt bei der mit Chris Chaney (Jane’s Addiction) am Bass, Ex-Zappa-Sideman Mike Keneally an den Keyboards und dem allgegenwärtigen Vinnie Colaiuta an den Drums, recht namhaft und musikalisch spannend besetzten Band an, und es reicht von der Konzeption der Stücke bis zu Satrianis auffälligem Einsatz von Effekten. In einem Video, in dem Joe Satriani seine neue Platte vorstellt, umreißt er die musikalischen Absichten folgendermaßen: „Ich führe ein Leben als Künstler und ich werde damit weitermachen, egal was passiert. Das ist es, was ich mit dem Titel ausdrücken will.“ Er selbst ist sozusagen unstoppable und seine neue Platte nur ein Momentum in seiner Karriere. Dann wollen wir doch mal sehen, wie er diese Maxime musikalisch umsetzt.

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>>>HIER könnt ihr euch einen Playalong-Track von Satrianis “Flying In A Blue Dream” herunterladen<<<

Musik

„Manchmal ist das, was mich am meisten an meinem eigenen Gitarrenspiel stört, meine Fähigkeit, eine Menge Dinge sehr gut zu spielen. Ich muss bei allem, was ich mache, ständig darauf achten, dass ich es verhunze und Fehler einbaue und dafür sorge, dass nicht die bloße Demonstration von Spieltechnik zum Endzweck des Stückes wird“, sagte Joe Satriani 1999 in einem Interview. Auch wenn dies ein hehres Ziel ist, so muss man doch feststellen, dass es ihm selten gelingt, seine Perfektion zu kaschieren. Und das ist mit Blick auf seinen Werdegang auch wenig verwunderlich. Schon in seiner Kindheit und Jugend lernte Satriani in einem Chor das Notenlesen und vom Blatt zu singen. Das Gitarrespielen brachte er sich zum großen Teil aus Büchern bei. Diese eher technisch-theoretische Annäherung an die Musik schlägt sich bis heute in seinem Spiel und in seinen Kompositionen nieder und erklärt seine Virtuosität und seine enorme künstlerische Bandbreite. Jedoch schafft er es, wie kaum ein anderer Guitar-Hero seines Kalibers, sein Wissen und seine Technik auf originelle und kreative Weise in einen sehr charakteristischen Stil zu kanalisieren, der sein 14. Studio-Album auch für Nicht-Gitarristen zu einem abwechslungsreichen Erlebnis macht.

Wer sich schon einmal durch die Vielzahl von Satriani-Veröffentlichungen gehört hat, der weiß, dass dieser Gitarrist scheinbar alles kann, was es auf diesem Instrument zu können gibt. Manchen fehlen in seiner Musik ab und an der Ausdruck und ein eigenständiger Ton, aber dieses Manko – wenn man es denn als solches empfindet – macht er durch seine Originalität und die Konzeption seiner Stücke auch auf ,Unstoppable Momentum‘ ohne Weiteres wett. Joe Satrianis Songs erzählen Geschichten und folgen ungewöhnlichen Spannungsbögen. Schon früher war er ein Meister darin, die von ihm gewählten Song-Titel zu ganzen musikalischen Gemälden auszugestalten. Klar, Songs wie der ,Satch Boogie‘ oder ,Motorcycle Driver‘ gehören eher in die Kategorie Show-Off grandioser Technik, aber dem gegenüber stehen Kompositionen wie ,War‘, ,Crying‘, ,The Snake‘ oder ,Flying In A Blue Dream‘, bei denen einem ganze Bilderwelten in den Kopf kommen. Das Händchen für die ganz großen Momente ist ihm auf den letzten Solo-Veröffentlichungen ein wenig abhanden gekommen, aber noch immer sind die Melodien seiner Stücke singbar und extrem atmosphärisch. Somit ist der Gitarrist Joe Satriani auch heute noch nur bedingt losgelöst vom Komponisten zu betrachten. Technisches Können und musikalischer Ausdruck sind bei ihm eng miteinander verknüpft.

Hinzu kommt diese bewundernswerte Selbstverständlichkeit, die mit allem was er spielt einhergeht. Satrianis Spiel klingt oft intensiv, aber niemals angestrengt. Im Vergleich mit älteren Veröffentlichungen fällt auf, dass Satriani auf ,Unstoppable Momentum‘ was das technische Niveau angeht, nichts verlernt hat, sich aber mächtig zurückzuhalten scheint. Kaum zu hören sind zum Beispiel diese typischen Tappings mit Plektrum oder Fingern, die früher in vielen seiner Soli als Höhepunkt eingesetzt wurden. Und sogar die für ihn charakteristischen Bendings findet man hier nicht in der Fülle, wie man es von ihm gewohnt ist. Statt dessen gibt es viele schöne Melodien, fließende Legato-Linien und eingängige Riffs.

Albumcover Unstoppable Momentum

Sound & Equipment

Joe Satriani ist einer der wenigen Gitarristen, von dem es das Komplettpaket an Zubehör in Signature-Versionen oder zumindest mit Satchs Logo drauf zu kaufen gibt. Von Plektrum und Gurt über Bodentreter, Amp und Gitarre bis hin zum Satriani-Signature-Mikrofon für die Abnahme des Verstärkers findet man alles, was man sich als waschechter Satch-Jünger erträumt. Wer also die Musik von Joe Satriani auch Sound-technisch nachahmen will, muss lediglich tief in die Geldbörse greifen und sich die komplette Produktpalette zulegen … – natürlich nicht!!!! Man kann auch mit bescheideneren Mitteln dem Sound des Meisters sehr nahe kommen.

Ein gutes Multieffektgerät kann da schon genügen. Alternativ tun es auch ein Marshall-Amp (oder ähnliches), ein Distortion-Pedal sowie ein paar Effekte wie Delay, Whammy und Wah-Wah. Dem (verzerrten) Grund-Sound annähern kann man sich, indem man seinem Verstärker im Clean-Kanal einen mittelstark aufgedrehten Verzerrer mit nicht zu vielen Höhen und ein Delay vorschaltet. Was die Gitarre betrifft, so kann man statt des Satriani-Modells auch ein anderes Oberton- und Sustain-reiches Humbucker-Instrument einsetzen.

Wer sich trotzdem für das Original-Equipment interessiert, der findet auf www.satriani.com eine Aufstellung all seiner von und mit ihm entwickelten Geräte.

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