Der Internet-Bass-Education-Guru Scott Devine stellte in einer seiner so informativen wie unterhaltsamen YouTube-Episoden eine in Tieftöner-Kreisen schon fast ketzerische Frage: „Ist das Bass-Spielen mit dem Pick die funkigste Technik überhaupt?“ Wer Bobby Vega, den Scott in seinem Video vorstellt, noch nicht kennt, für den gibt es als Antwort wohl nur ein klares „Nein“!
Schließlich bevorzugten Funk-Heroes wie Larry Graham, Stanley Clarke, Louis Johnson oder Mark King die Slap-Technik, Francis Rocco Prestia, Paul Jackson oder Jaco Pastorius dagegen setzten auf Fingerstyle. Aber jeder, der Bobby Vega auch nur einmal gehört hat, wird bestätigen: Seine mit dem Pick gespielten Grooves sind funky as hell! Dabei fing Bobby bei seinem ersten richtigen Bass, einem Gibson EB-1, dessen Signal er mit einem Fender Bassman verstärkte, zunächst mit Fingerstyle an.
Der Ton, den er so erzeugte, dröhnte aber ohne Ende, und so probierte er ein Pick, auch heute nach wie vor seine erste Wahl: „Spieler wie Jaco, Hadrien Feraud und Linley Marthe haben eine unglaubliche Ausdauer und können über lange Zeit richtig schnell spielen. Das kriege ich nur mit dem Pick hin.“ Trotzdem ist Bobby flexibel und hat auch beeindruckende Slap-Chops und eine mehr als vorzeigbare Fingerstyle-Technik. „Der Grund, warum ich anfing, mit dem Pick zu spielen, war, dass ich nicht alles mit meinen Fingern spielen konnte. Ich kann nicht ‚What Is Hip‘ (von Tower Of Power) so mit Fingerstyle spielen, dass es richtig gut klingt, andere Sachen dagegen kommen mit Fingern gespielt richtig gut. Manches spiele ich auch mit Slap-Technik und hab da verrückte Sachen drauf. Aber eine Note beginnt immer zu einem unterschiedlichen Zeitpunkt zu klingen, je nachdem, ob du mit Fingern, dem Pick oder dem Daumen anschlägst. Alles klingt verschieden, und so habe ich drei verschiedene Wege, mich dem Feel eines Songs anzupassen. Und nur, weil ich mit dem Daumen spiele, heißt das nicht, dass ich viele Töne spielen muss. Und ich kann so spielen, dass du das Pick gar nicht hörst, oder eben auch richtig laut.“
Bobby begann als Teenager mit dem Bass- Spiel, nachdem ihm seine Mutter einen Kassettenrecorder und dazu eine Kassette mit Creedence Clearwater Revivals ‚Bayou Country‘ (1969) geschenkt hatte. Bobby war von der Musik hellauf begeistert und spielte sie seinen Freunden vor, die ihn daraufhin zum Bass-Spielen verdonnerten und in ihre Band holten. Bobby lernte sehr schnell und führte in einem Musik-Geschäft die damals neuesten Bässe und Amps vor. Mit 15 ging er mit Bo Diddley auf Tour und mit 16 spielte er mit der Funk-Legende Sly Stone den Track ‚I Get High On You‘ für dessen erstes Solo- Album ‚High On You‘ (1975) ein. Es folgten Gigs und Aufnahmen mit Etta James, Billy Preston, Quicksilver Messenger Service, Jefferson Starship, Zigaboo Modeliste, Carlos Santana, Jerry Garcia und Paul Butterfield. 2001 spielte er für den kranken Rocco Prestia bei Tower Of Power 40 Shows. Bobby besitzt eine beeindruckende Bass-Sammlung, über 50 Instrumente, und außerdem jede Menge Amps und Effekte. Sein Hauptinstrument ist der „Shark“-Bass, ein 1961er Fender Jazz Bass.
Die Pickups wurden extra für ihn gebaut, und der Steg ist die erste Badass-Bass-II-Bridge, besonders massiv, und dadurch Sustain-verlängernd. Auffällig sind die Concentric-Knobs: Anstelle der klassischen drei Regler besitzt der 61er-Jazz-Bass für jeden Tonabnehmer einen getrennten Ton- und Lautstärkeregler, konzentrisch angeordnet. Bobby spielt D’Addario-Nickel-Wound-Saiten in den Stärken .045, .065, .085, .105. Das Plektrum seiner Wahl ist ein .73 Dunlop Tortex. Er schlägt die Saiten allerdings nicht mit der Spitze des Picks an, sondern bevorzugt die breite Seite.
Bobby sah in San Francisco Led Zeppelin, und deren Bassist John Paul Jones spielte ein Acoustic-360-Stack. Damals war der Bass noch nicht auf der PA, und die Backline sorgte für den Sound. In einem YouTube-Video (Bobby Vega on Fender Jazz Bass and Acoustic 360) führt Bobby das Stack mit all seinen Sounds vor:
Beispiel 1 zeigt, wie Bobby das zentrale Riff des Led-Zeppelin-Klassikers ‚Black Dog‘ spielt. Und in Beispiel 2 folgt ‚Heartbreaker‘, hier verziert Bobby John Paul Jones‘ Originallinie mit Dead-Note- Rakes über vier Leersaiten. Auffällig ist, dass Bobby im zweiten Takt des Riffs von seinem Prinzip des konstanten Alternate Pickings abweicht und gleich vier Downstrokes hintereinander spielt.
In Beispiel 3 erlaubt eine längere Transkription einen tiefen Einblick in Bobbys einzigartigen Stil, mit dem Pick Funk zu spielen. Das YouTube-Video (BOBBY VEGA PICK BASS GROOVE) wurde im September 2014 auf dem Warwick Bass Camp aufgenommen. Bobby spielt hier seinen 1958er-Fender-Precision-Bass mit Maple Neck.
Hier zieht Bobby sein Alternate Picking konsequent durch. Mit dem Ballen seiner rechten Hand dämpft er die Saiten fast durchgängig ab. Durch das konstante Alternate Picking mit unzähligen Deadnotes, gespielt auf unterschiedlichen Saiten, ersetzt er das Schlagzeug. Die Double Stops (= Zweiklänge) auf Zählzeit 1 in Takt 1, 3, 5 und 8 schlägt er mit Hybrid Picking (Pick + Ringfinger) an. Symbole für Aufund Abschläge und Fingersätze für die linke Greifhand dokumentieren so genau wie möglich Bobbys Spiel. Sein Feel und Groove allerdings lassen sich nicht notieren.
(erschienen in Gitarre & Bass 10/2019)