Greetings and salutations, my dearest blues friends! Na, wie lief es mit den Mutanten der letzten Episode? Ganz witziges Konzept, oder? In der heutigen Folge knüpfen wir an dieses Thema an und wechseln das Genre und wieder in die im Jazz populärere Tonart C-Moll. Viele bekannte Standards (z.B. Mr. P.C., Blue Bossa, Footprints, Sugar, Stolen Moments u.v.m) sind in dieser Tonart komponiert.
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Jazz-Blues in F und (Jazz-)Moll-Blues in C sind echte Eckpfeiler für ambitionierte Gitarristen. In Beispiel 1 findest du die Changes in der neuen Tonart. Im Vergleich zur Akkordfolge der letzten Episode ändert sich harmonisch kaum etwas. Lediglich der Turnaround enthält die für den Jazz typische II-V-Verbindung, diesmal allerdings in Moll (Dm7b5 – G7).
Kurz ein Wort zu diesem im Jazz ähnlich häufig auftauchenden Akkordmodul: Harmonik in Dur ist deutlich simpler und eindeutiger gestrickt als in Moll. Moll-Harmonik ist komplexer. Das beginnt damit, dass in Moll eigentlich keine vollwertige Dominante existiert. Der fünfte Stufenakkord einer Molltonleiter ist ein Moll7 (siehe Beispiel 2a), der nur einen schwach ausgeprägten Drang zum ersten Stufenakkord aufweist. Dies liegt daran, dass in der Molltonleiter im Gegensatz zur Durtonleiter und somit auch im Akkord kein Leitton enthalten ist.
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Was war nochmal ein Leitton? Richtig, der Halbton unter dem Grundton, der auf direktem Weg zu diesem will. Um diesem harmonischen Defizit entgegenzuwirken, kann man der natürlichen Molltonleiter diesen Leitton hinzufügen und die kleine Septime gegen eine große austauschen. Diese Tonleiter trägt dann den Namen Harmonisch-Moll. Dadurch wird aus dem Moll7-Akkord auf der fünften Stufe ein Dom7-Akkord, der sich wieder dringend zur ersten Stufe auflösen möchte. Dieser Move ist in Kompositionen in Moll sehr verbreitet und das nicht nur im Jazz, sondern auch in Pop, Folklore und anderen Stilen.
In Beispiel 3 findest du das entsprechende Notenmaterial dazu, in A- und C-Moll. In Ausgabe 04/2023 findest du übrigens im Zusammenhang mit dem Thema Jazz-Blues zwei wichtige Fingersätze zu dieser Tonleiter, mit denen man schon mal recht weit kommt. Stilistisch gesehen geht es diesmal in Richtung Bossa Nova.
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In Beispiel 4 findest du eine typische Akkordbegleitung. Die verwendeten Moll9-Akkorde unterstützen den leicht melancholischen Grundcharakter der Akkordfolge. Was nicht ganz so einfach von der Hand geht, ist die Trennung der Basstöne von den Akkorden. Die Akkordtöne spielen in unserem Fall die Bossa-Nova-Grundfigur, während der Bass auf die 1 und 3 geht. Nicht ganz so einfach, aber auf jeden Fall machbar.
NATÜRLICH-MOLL VS DORISCH
Zur Sologitarre: Ein für den Jazz stiltypischer Klang entsteht durch die Verwendung der dorischen Tonleiter über Mollakkorde. Was war nochmal die dorische Tonleiter? Die dorische Tonleiter ist der zweite Modus der Durtonleiter. Bedeutet, dass z.B. beim Spielen der C-Dur-Tonleiter ab dem Ton D über den zweiten Stufenakkord der C-Dur-Tonleiter, also Dm7, automatisch die D-Dorisch-Tonleiter entsteht. Dabei ist der Zusammenhang aus dem Akkord und den über ihn gespielten Tönen dafür verantwortlich, dass der modale Sound entsteht, es also wirklich nach D-Dorisch klingt. Was ist der Unterschied zwischen der natürlichen Molltonleiter und der dorischen Tonleiter? Die beiden Skalen sind fast identisch, lediglich die Sexten unterscheiden sich. Im Gegensatz zur kleinen Sexte der Molltonleiter, enthält die dorische Skala eine große Sexte (Beispiel 5). Dadurch klingt diese Tonleiter etwas frischer, moderner und … jazziger.
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BOSSA FOR BURT
Diesmal habe ich zwei Moll-Blues-Chorusse für euch (Beispiel 6). Sie entstammen dem Song ‚Bossa For Burt‘ aus meinem Album RETRO JAZZ.
Hört gerne mal bei der Klangquelle eurer Wahl rein! Hier ist wie gewohnt eine Übersicht der verwendeten Konzepte:
Chorus 1:
Takt 1 bis 4: Interessant ist das Quart-Intervall zu Anfang, sowie der kurze Einsatz der D-Moll-Pentatonik in Verbindung mit etwas Chromatik. Die Note A, die in der D-Moll-Pentatonik enthalten ist, bringt den dorischen Sound.
Takt 5 und 6: Über den Fm7 spiele ich an dieser Stelle eine Bb-Dominant-Pentatonik, deren Ton D die große Sexte von Fm7 ist.
Takt 7 und 8: In diesem modern klingenden Intervall-Lick wechseln sich genau genommen Cm7- und Gm7-Arpeggien ab, deren Quinten ausgelassen werden.
Takt 9 und 10: Ah, da sind sie wieder, unsere Mutationen aus der letzten Episode!
Takt 11: Nochmal ein Quart-Intervall für einen modernen Sound.
Takt 12: Ein eher traditioneller Sound wird durch verminderte Septakkord-Arpeggio erzeugt.
Chorus 2:
Takt 1: Ein Ebmaj7-Arpeggio über Cm7 erzeugt einen Cm9-Sound.
Takt 2: Ein Am7b5-Arpeggio über Cm7 erzeugt einen Cm6-Sound.
Takt 3: The-BeBop-Lick über Cm7.
Takt 4: C-alteriert über C7#5.
Takt 5 und 6: Abmaj7-Arpeggio über Fm7 erzeugt einen Fm9-Sound.
Takt 7 und 8: Hier wechseln sich Moll- und Dur-Dreiklänge ab, die bezogen auf den Cm7-Akkord folgende Akkorderweiterungen erzeugen: Eb-Dur: b7, G-Moll: b7 und 9, Bb-Dur: b7, 9 und 11.
Takt 9: Ab7-Arpeggio.
Takt 10: G7b5- und Db7-Arpeggien (Tritonus-Sub von G7) erzeugen über den G7 folgende Alterationen: b5 und b9.
Takt 11: Ebmaj7-Arpeggio über Cm7 erzeugt einen Cm9-Sound.
Takt 12: D7-Arpeggio über G7 erzeugt einen G7b9-Sound.
So viel für heute. Viel Erfolg beim Üben und auch sonst so. Haltet durch und bleibt echt. Immer.