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Blues Bootcamp: Minor Blues Unplugged – Teil 1

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Greetings and salutations, my dearest Blues friends! Na, wie haben euch Chorus drei und vier des Solos meines Songs ‚Bossa For Burt‘ gefallen? Hattet ihr Plaisir mit ihnen? Fein.

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FOOD FOR THOUGHT

Da kommt mir ein Gedanke, den ich gerne teilen möchte: Komplette Solos zu lernen ist gut. Sehr gut sogar. Sollte man meiner unbedeutenden Meinung nach regelmäßig tun, denn es schult das Formempfinden, baut Vokabular auf, macht Spaß, man hat was zum Spielen …

Aber es ist noch besser, nicht nur das Solo zu lernen, sondern auch VOM Solo zu lernen und sich besonders nette Passagen heraus zu nehmen und an anderer Stelle neu zusammenzusetzen. Improvisation ist ja in der Regel eine mitunter spontane Reorganisation von Ideen, Licks und vielleicht auch längeren Passagen. Das setzt natürlich voraus, dass man zu einem Zeitpunkt Wissen in Form von Licks, Solos etc. angehäuft haben muss, um dieses Wissen dann zu einem anderen Zeitpunkt, an eine neue oder veränderte Situation angepasst und neu organisiert zu spielen. Dazu habe ich irgendwann mal ein hübsches Zitat von Willy Milowitsch gefunden, das ich mag: „Improvisation ist, etwas Unerwartetes gut vorzubereiten.“ Passt ganz gut, oder?

An dieser Stelle, kommt auch der Bootcamp-Faktor mal wieder zurück, um den es in den letzten Monaten vielleicht etwas zu ruhig geworden ist. Es bleibt eine gute Idee, die Soli und Licks auch in andere Tonarten zu transponieren! Do it.

E-GITARRE VS A-GITARRE

Nachdem ich die reguläre Version von ‚Bossa for Burt‘ aufgenommen hatte, fiel mir auf, dass ich im Rahmen der ‚Retro Jazz‘- und ‚Smoove‘-Produktionen die akustische Gitarre (mal wieder) etwas vernachlässigt hatte. Weil ich der Meinung war, dass das Stück es wahrscheinlich mögen und auch hergeben würde, in einem weiteren Kleid gehört zu werden, habe ich dann einfach noch weitere Versionen aufgenommen:

Eine etwas poppigere und eine Fassung, bei der ich mir vorgestellt habe, wie es wohl klingen könnte, wenn Straßenmusikanten ‚Bossa For Burt‘ auf einem Platz in Südeuropa zum Besten geben würden. Ist auch ganz hübsch geworden, finde ich. Und ja, es kam auch mal wieder die Erkenntnis, dass es auch eine interessante Welt jenseits des Stroms gibt.

Von der harmonischen Struktur her gesehen ändert sich nichts. Es bleibt beim Moll-Blues in C. Zur Erinnerung findest du in Beispiel 1 die (minimal veränderte) Akkordfolge. In Ausgabe 04/2023 findest du bereits eine Möglichkeit einer Akkordbegleitung dazu. Ich persönlich finde jedoch, dass Akustikgitarren stärker in den unteren Lagen klingen und auch sauberer zu intonieren sind. In Beispiel 2 findest du daher eine Rhythmusgitarrenbegleitung, die sich überwiegend in einem etwas tieferen Register abspielt.

MELODY VS LINES

Ähnliche Probleme wie bei der Akkordbegleitung können auch bei solistischen Aktivitäten auf Nylonsaitengitarren auftauchen – Klang, Intonation und nicht zuletzt eine deutlich höhere Saitenlage als bei der elektrischen Gitarre, können einem das Leben schwer machen. Die Gibson ES-175, mit der ich die elektrische Version von ‚Bossa for Burt‘ aufgenommen habe, ist trotz 012er-Flatwounds sehr komfortabel zu spielen.

Während ich bei der Unplugged-Version für die Rhythmusgitarrenparts eine japanische Kasuga benutzt habe, kommt bei der Sologitarre eine 80er-Jahre-Ovation-Nylonstring zum Zug, die ich mir vor ein paar Jahren in einem Eddie-Van-Halen-Fanboy-Anfall gekauft hatte. Die hat zwar einen für meinen persönlichen Geschmack etwas zu breiten Hals, lässt sich aber auch in höheren Lagen für eine Lusche wie mich ganz ok spielen und klingt auch rein akustisch abgenommen (also nicht über den Tonabnehmer) überraschend gut.

Trotz allen Spielkomforts fühlte es sich beim Aufnehmen dann doch etwas besser an, melodiöser und weniger virtuos zu spielen als man das auf der E-Gitarre vielleicht tun würde. Lediglich bei den Jazz-typischen Stellen in Takt 4, 8/9 und 12 flammt der Jazz doch wieder kurz auf.

Hier kommen die Details zu Chorus 1 und 2 aus Beispiel 3:

Chorus 1:

  • Die Auftaktphrase ist einer meiner Basis-Licks. Das spiele ich gefühlt IMMER. Habe ich so oder so ähnlich mal von Steve Lukather ausgeborgt und nie wieder zurückgegeben. Das Ebmaj7-Arpeggio mit ein bisschen Chromatik gibt einen hübschen Cm9-Sound.
  • Takt 3: das „Cry Me A River“-Lick. Auch wieder ein Ebmaj7 über einen Cm7-Akkord.
  • Takt 4: etwas Halbton/Ganzton mit ein bisschen Chromatik – habe ich in dieser Art bei Jon Herrington auf einer Donald-Fagen-Platte entdeckt.
  • Takt 10: unser guter, alter Freund, das Terz-b9-Lick.
  • Takt 12: ein modern klingendes Lick im Stil von Joe Diorio.

Chorus 2:

  • Takt 4: C-Phrygisch-Dom (F-Harmonisch Moll) über C7
  • Takt 10: Good old friend Terz-b9-Sprung abwärts

So viel für heute. Viel Erfolg beim Üben und auch sonst so. Haltet durch und bleibt echt. Immer.

(erschienen in Gitarre & Bass 06/2024)

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