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Blues Bootcamp: Erste einfache Begleitungen

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Hallo und Herzlich Willkommen, liebe Gitarrenkumpels, zu meiner neuen Kolumne!

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Blues? Klar. Aber Bootcamp? Hm… ok, die Spannung steigt! Bei vielen Veranstaltungen und Unterrichts-Sessions in den letzten 20+ Jahren habe ich folgenden Eindruck bekommen: Die meisten meiner Gäste haben einen Background, der irgendetwas mit Rock oder Pop zu tun hat. Das ist bei mir auch so. Meine Einstiegsthemen als Kind waren ABBA, Kiss, Van Halen, The Police, Queen und dann – bedingt durch mein soziales Umfeld – Acts wie Peter Gabriel, Zappa und noch ein paar weitere.

Erst beim Schreiben meines Buches ‚Masters Of Rock Guitar‘ bin ich wirklich zeitlich rückwärts gegangen und habe dabei entdeckt, wie omnipräsent Strukturen und Konzepte aus dem Blues in der Musik sind, die ich schon lange mochte. Das geht eigentlich fast allen E-Gitarre-Spielenden meiner Generation so. Man wächst in der Musik seiner Gegenwart auf, wird neugierig und entdeckt dann vielleicht dadurch die Wichtigkeit des Blues. Dies gilt ganz sicherlich für Rockmusik bis zum Anfang der 90er-Jahre, bevor man sich im Rock sehr bewusst von diesen Blues-Spurenelementen distanziert hat.

Fast forward to 2022

Thema dieser Kolumne ist: Authentisches Bluesmaterial, das man auch wirklich bewältigen kann. Kein großer historischer Exkurs und auch nicht jedes Mal der große Rundumschlag. Eben Ideen, die meist einfach sind und gut klingen. Jede Episode wird sich mit einem oft sehr kleinen Aspekt beschäftigen, für den man nicht direkt ein Jazz-Diplom oder anderes hochwertiges Vorwissen braucht. Wenn man mal eine Folge verpasst hat, ist das auch kein Drama, weil die Informationen nicht zwangsläufig aufeinander aufbauen. Es wird Folgen zum Thema Rhythmusgitarren-Konzepte geben, aber natürlich auch zum Thema Sologitarre. Es gibt einfach viele beachtenswerte Aspekte. Klar, üben hilft, lohnt sich aber auch meistens. Das gilt auch für diese Serie. Das Ganze soll ja auch Spaß machen!

Damit es echt klingt, muss es nicht kompliziert sein. Meine Devise ist: Einfache Dinge einfach gut spielen. Und beherzt. Man hat immer die Möglichkeit, etwas larifari oder lieblos und langweilig zu spielen. Oder halt eben auch nicht. Das bleibt einzig und allein deine Entscheidung. Mein GIT-Lehrer Scott Henderson hat gerne gesagt „It’s not what you play – it’s how you play it!” Ich finde, er hat recht. Es macht einen riesigen Unterschied, wenn man anfängt, Dinge zu gestalten und ein bisschen auf Details zu achten. Welche Details dies sein können, darauf werde ich in den nächsten Folgen eingehen. So viel schon mal vorweg: es sind oft sehr kleine Justierungen im Spiel, die eine große Wirkung haben und alles erheblich echter klingen lassen.

Flexibilität

Soweit so gut, aber jetzt kommt halt der Bootcamp-Aspekt: Sechs Tonarten. Ach kommt schon, einfach mal aus der Blues-In-A- und Blues-In-E-Komfortzone raus! Blues in G klingt super, weil G auf der Gitarre so eine toll klingende Tonart ist. ZZ Top und Larry Carlton wissen das z. B. auch. Hat man es schon mal mit anderen Instrumenten wie Keyboards oder Bläser zu tun, begegnet man oft den Tonarten F, Bb und C. Für die Kollegen ist es nämlich recht schwierig, in A oder E zu spielen. Für Gitarristen sind diese Tonarten allerdings oft eine Bedrohung. Von daher: Auch wenn alle Beispiele in dieser Serie in A sein werden, bitte auch in die weiteren fünf Tonarten verschieben! Natürlich nicht alles sofort bei der ersten Übungs-Session, aber nach und nach!

Die ersten Beispiele werden sehr einfach sein. Mit ihnen kann man sich das gut angewöhnen und Routine entwickeln, sicherer in anderen Tonarten zu werden. Schon einen Halbton nach oben (Bb) oder einen Ganzton nach unten (G) transponiert, macht sich auch direkt eine ganz andere Atmosphäre breit. Klar, man muss sich dann erstmal ein bisschen neu sortieren, aber dadurch wird man dann halt auch besser.

Handwerkszeug

Es geht los mit Singlenote-Begleitfiguren. Sie sind ein einfacher, aber authentischer Weg, Blues zu begleiten. Hier sind einige Patterns, die gut klingen. Alle sind in A notiert. Als Grundlage dient uns bis auf weiteres eine handelsübliche, zwölftaktige Bluesform.

Nun zu den Begleitfiguren in Beispiel 2 (die man auch sehr gut als Basslines benutzen könnte). Um sie in den anderen auch benötigten Tonarten D und E spielen zu können, gibt es zwei Möglichkeiten: Entweder fünf bzw. sieben Bünde höher spielen oder für D eine Saite höher und für E eine Saite und zwei Bünde höher. Für welche Variante man sich entscheidet, ist Geschmackssache. Auf denselben Seiten bleibt der Sound etwas gleichförmiger, bezieht man höhere Saiten mit ein, ist es mitunter leichter, die Töne mit Vibrato zu gestalten. Try this! Bei Pattern f) habe ich mal ein paar kleine Gestaltungsdetails eingebaut.

In Beispiel 3 sind zwei dazu passende Turnarounds. Turnarounds sind Phrasen, die in den letzten beiden Takten einer musikalischen Form gespielt werden und die ein Signal für alle Beteiligten sind, dass diese zu Ende geht und wieder startet. Du spielst sie in den letzten beiden Takten, anstelle der regulären Begleitmuster. Und ja, in der einen oder anderen Tonart muss man vielleicht mal ein bisschen fummeln, bis es passt. Damit es sich ein bisschen mehr nach einem Song anfühlt, kann man zu Beginn der Jams oder der Session entweder diese Turnarounds oder sogar die letzten vier Takte als eine Art Einleitung spielen. Klingt einfach hübscher als direkt mit der Form loszulegen. Apropos hübscher – es ist eine gute Idee, alle längeren Notenwerte mit etwas Vibrato zu versehen.

In Beispiel 4 ist eine komplette Bluesform ausnotiert. Enjoy! Bitte genau hinsehen: Um es etwas lebendiger zu gestalten, habe ich ein paar minimale Variationen eingebaut. Nicht vergessen – in A, E, G, C, Bb und F! Was manchmal etwas ermüden kann, ist, alles immer geshuffelt zu spielen. Von daher einfach mal alle Beispiele auch mit gerader Achtelrhythmik zu einem Latin-Groove oder in unterschiedlichen Tempi ausprobieren.

(Die Noten können durch Anklicken vergrößert werden!)

Musik-Tipps

Ach ja, noch etwas: Für diejenigen, die das Gefühl haben, vielleicht noch nicht die wichtigen Künstler und ihre wichtigsten Stücke zu kennen: Mein Username bei Spotify lautet „Gitarrenpeter“. Dort habe ich eine Playlist mit dem Namen “Gitarre & Bass Blues Bootcamp Kolumne” angelegt, die überschaubar ist, aber einen wirklich ganz prima Einblick gibt. Und bevor jetzt die Hater wieder ankommen und rumnöhlen, dass bestimmte Titel fehlen – legt doch eine eigene Liste an und teilt sie mit. Ich bin gespannt. Greetings & stay tuned!


Ein paar Beispiele aus den ersten drei Blues-Bootcamp-Episoden langsam gespielt und ein bisschen erklärt:


(erschienen in Gitarre & Bass 07/2022)

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