Immer wieder wird mir in meinen Workshops die Situation geschildert, dass der Gitarrist eine neue Idee mitbringt und sie im Proberaum vorspielt. Wir Bassisten würden dann am liebsten sofort mitspielen und eine eigene Basslinie bilden oder zumindest erst einmal dazu jammen. Aber wie? Vielleicht bist du ja auch in der beschriebenen Situation?
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Zuerst einmal gibt es zwei Wege mit Musik konfrontiert zu werden:
Audio: Jemand schickt dir ein Audiofile zu oder spielt dir direkt etwas vor.
Video: Jemand legt dir Noten oder ein Leadsheet hin, nachdem du spielen sollst.
In beiden Fällen ist es für uns wichtig, die Tonart herauszufinden, damit wir wissen, welche Töne wir für unsere Bassbegleitung benutzen können. Entweder haben wir also gute Ohren oder wir können gut lesen. Der Grundton ist das tonale Zentrum, und den sollten wir immer als erstes ermitteln. Dann geht es darum, zu bestimmen, ob das Riff in Dur oder Moll klingt. Doch selbst wenn wir das Hören oder bestimmen können und auch wissen welche Töne wir verwenden können, wie werden wir dann kreativ? Dazu möchte ich dir in dieser Folge von Bass Basics ein paar Tipps geben.
Ich habe eine im Musikalltag sehr häufig vorkommende Akkordfolge in G-Dur ausgewählt. Wir überspringen also das Hören, Erkennen und Benennen und gehen sofort in die Anwendung.
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GRUNDLAGEN
In Beispiel 1 habe ich erstmal die Akkorde und die Form aufgeschrieben und gebe dir mit den Shell-Chords – so heißen die gezeigten Griffe – eine Grundlage an die Hand, mit der du dir den Klang der Akkordfolge anhören kannst. Du spielst dir also selbst die Akkorde in der richtigen Reihenfolge und Form vor, um dir ein Bild zu machen. Diese Floskel kennst du bestimmt. „Wir machen uns ein Bild.“ Ich bleibe hier mal bewusst in der so gar nicht zur Musik passenden Umgangssprache. Denn wir machen uns natürlich kein Bild, sondern einen „Klang“. Wir hören uns hinein und lassen das Riff auf uns wirken. In Beispiel 1 hören wir erstmal nur die Akkorde und deren Bewegung. Denn in Beispiel 2 kommt der zweite Parameter dazu: ein rhythmisches Pattern. Töne alleine machen kein Riff oder eine Melodie aus. Es gibt auch immer rhythmische Aspekte, die zu beachten sind. Also spielen wir erstmal die Akkorde im entsprechenden Rhythmus – es handelt sich hier um eine Synkope. Eine rhythmische Verschiebung, die auch unheimlich oft in der Popular-Musik vorkommt. Z.B. bei ‚Stand By Me‘. In diesem Fall eine Dreier-Verschiebung auf der Basis von Achtel-Noten. In Beispiel 3 versuchen wir durch das Greifen der Double-Stops in höheren Lagen, die Stimme der Gitarre zu imitieren. Auch das verändert die Stimmung und Wirkung, die vom Riff ausgeht.
Die einfachste und nicht zu empfehlende Lösung für eine Bassbegleitung wäre, wie in Beispiel 4 notiert, genau den gleichen Rhythmus auf dem Grundton zu spielen. Auch die Veränderung der Tonlängen in Beispiel 5, ein ebenfalls oft unterschätztes Thema, lässt den Rhythmus durch das bewusste Freilassen der „Snare“ zwar viel besser klingen, ist aber immer noch nicht cool. In Beispiel 6 verwenden wir nun ein weiteres Klischee, das in der Rockmusik sehr häufig vorkommt: Achtelnoten. Indem wir die eingezeichnete Betonung mitspielen oder wie in Beispiel 7 noch kleine pentatonische Bewegungen am Ende jedes Taktes einbauen, klingt das zwar schon nach einer Bass-Linie, aber es geht noch viel mehr.
MIT EINFACHEN MITTELN
In Beispiel 8 kommt nun mein erster Tipp für dich, der sich in der Geschichte der Popmusik als sehr gut klingend erwiesen hat: Wenn das Riff synkopisch ist, setze ich etwas Gerades dagegen. So können sich beide Rhythmen verzahnen und ergänzen. Spiele die Viertel-Noten bitte maximal kurz (staccato). In Beispiel 9 kommt Tipp Nr.2: Einfach mal auf dem Grundton G bleiben. Auch das gibt dem Riff einen anderen Charakter. Am Ende der Form, auf die wir Bassisten gerne hinweisen, um die Band zu führen und für Klarheit zu sorgen, achteln wir einfach „pumpend“, um die Viertel aufzulösen und den Turnaround einzuleiten. Mit „pumpend“ meine ich die kurz gespielten Achtelnoten auf den Viertel-Zählzeiten und die langen Achtelnoten auf den Achtel-Off-Beats. Spiele mit den Notenlängen und höre was dem Groove gut tut. In den Beispielen 10 und 11 habe ich dir noch zwei Variationen transkribiert, in denen du mit der Dur-Pentatonik die Linie mit schönen Slides zum Leben erwecken kannst. In Beispiel 12 zitiere ich Berny Edwards, der immer gerne Leersaiten als Approach-Notes einbaut und danach Oktaven platziert (siehe z.B. ‚We are Family‘ oder ‚I Want Your Love‘). Das klingt immer gut, egal in welcher Tonart. Zum Schluss noch ein Beispiel, das jedoch in die Komposition eingreift. Du erweiterst die Form von vier auf acht Takte, indem du in Takt 5, wo eigentlich G-Dur klingen sollte, ein E spielst. Dadurch klingt ein Em-Akkord. Harmoniefreaks können sich auch merken, dass G-Dur über E klingt (sieht so aus: G/E, ein sogenannter Slash-Chord). Eselsbrücke: Bei einem Dur-Akkord einfach drei Bünde tiefer greifen. Das sollte aber vorher in der Band besprochen werden. Dabei wünsche ich dir viel Spaß. Das zugehörige Video zum Artikel findest du wie immer auf unserem YouTube-Kanal. Bis zum nächsten Mal, Markus. ●