Mit den Basics beschäftigen sich ja nicht nur die Beginner. Auch Fortgeschrittene und Profis üben immer wieder die so wichtigen Rudiments. Und sei es nur, um das schon vorhandene technische Level zu halten. Ein und dieselbe Übung kann ja auf sehr verschiedenen Schwierigkeitsstufen ausgeführt werden.
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Nehmen wir mal eine klassische Übung wie die „Spinne“. Diese habe ich in Beispiel 1 und Beispiel 2 in zwei Varianten notiert. Der „Profi“ benutzt diese Übung um sich warmzuspielen. Der Anfänger hingegen benutzt sie, um eine saubere Technik auszubilden. Er achtet darauf, dass jeder Finger möglichst in seiner Lage (also seinem zugewiesenen Bund) bleibt und die Greifhand keine „Sprungbewegungen“ macht.
(Die Noten können durch Anklicken vergrößert werden)
Jeder Finger hat mit dem Bundstäbchen eine natürliche Grenze, die nicht überschritten wird. Je ruhiger die Greifhand in einer Position (einer Lage) liegt, desto effektiver und energiesparender spielen wir. Auf all diese Aspekte habe ich ja schon in den letzten Folgen von Bass Basics hingewiesen. Das Üben der Spinne dient dazu, alle vier Finger der Greifhand gleichberechtigt einzusetzen und auf ein einheitliches Level zu bringen. Bei der Anschlaghand gibt es oft einen Lieblingsfinger. Bei der Greifhand gibt es hingegen eher Finger, die man gerne umschifft. Das sind häufig die von Natur aus schwächeren Finger wie der Ring- und vor allem der kleine Finger.
In Beispiel 1 spielen wir eine Spinne mit Quinten (5) und kleinen Terzen (b3). Das ist noch relativ bequem, weil wir immer einen freien Finger dazwischen haben, der eventuelle Spannweiten-Probleme kompensieren kann. Das Greifen der ersten vier Töne wird den meisten einfacher fallen, als die Töne fünf bis acht. Es ist immer angenehmer, wenn der Zeigefinger auf der „dickeren“ Saite greift und der Folgefinger auf der „dünneren“ Saite als umgekehrt. Greift der kleine Finger das C im 10. Bund auf der D-Saite, und der Mittelfinger soll dann direkt danach das Eb auf der G-Saite greifen, ist das schon unangenehm.
Und achte hier bitte auch auf die Feinheiten. Der Ton, der mit dem kleinen Finger gegriffen wird, stoppt wirklich erst dann, wenn der mit dem Mittelfinger gegriffene Ton erzeugt wird. Achte auf einen pausenlosen Übergang (legato). Es dürfen keine Pausen entstehen, aber eben auch nie zwei Töne gleichzeitig klingen.
In Beispiel 2 spielen wir Tritoni (#4) und große Terzen (3). Hier wird es nochmal schwieriger, weil wir die Finger immer paarweise direkt nebeneinander einsetzen. Das setzt höhere und feinere motorische Fähigkeiten voraus oder trainiert eben selbige. Ganz unangenehm sind die letzten beiden Töne. Hier wirklich legato zu spielen, ist schon schwierig. Denn wenn der kleine Finger etwas zu flach aufgesetzt wird, dämpft er automatisch die darunterliegende G-Saite und das E kann nicht klingen. Du könntest also darauf achten, das C auf der D-Saite wirklich ganz vorne mit der Fingerbeere des kleinen Fingers zu greifen. Und falls es nicht sofort klappt, heißt das nicht, dass du das nicht kannst, sondern nur, dass diese Bewegung ungeübt ist und du es noch nicht kannst.
In Beispiel 3 habe ich dir jetzt eine Übung notiert, die vorwiegend in Quarten (4) gestaltet ist. Wir gehen damit auf das nächst höhere Level und kommen somit zum besonderen Thema dieses Monats: Quartsprünge. Hier stellt sich die Gretchenfrage: Wie greife ich nacheinander zwei Töne, die im selben Bund auf zwei direkt nebeneinanderliegenden Saiten liegen? Diese Frage stellt sich übrigens schon bei einem „einfachen“ Wechselbass.
Viele Bassisten nehmen hier zwei unterschiedliche Finger. So wie in Beispiel 4a notiert. Greift der Mittelfinger das C im dritten Bund auf der A-Saite, ist für den Zeigefinger das G im selben Bund auf der E-Saite nur durch das Verdrehen des Handgelenks oder des Unterarms möglich. Der Handrücken der Greifhand bewegt sich dann Richtung Kopfplatte. Beim Akkordspiel ist das genau richtig, bei einer Bassbegleitung aber leider kontraproduktiv. Durch diese Haltung ist nämlich der Einsatz des Ring- oder kleinen Fingers, die danach potentiell zum Einsatz kommen könnten, fast unmöglich. Diese sind durch die verdrehte Haltung sehr weit von der eigentlichen Greifposition zur Saite und zum Griffbrett entfernt.
Für alle gilt: Je ruhiger die Greifhand in ihrer Position liegt und je kleiner die Bewegungen der einzelnen Finger sind, desto effektiver, kraftsparender und sauberer wird das Spiel sein. Beispiel 4b zeigt die Wechselbass-Variante mit einem Finger. Für das Spielen eines einfachen Wechselbasses reichen beide Varianten eventuell noch aus, aber wie soll man agieren, wenn es schneller zugeht und die Töne gebunden (legato) gespielt sein sollen? Hier würde man den Quartsprung einsetzen. Dieser setzt voraus, dass wir das aktive und kontrollierte Bewegen und Einknicken des Fingerendgelenkes erlernen. Das ist erstmal sehr ungewohnt, weil wir das „collapsing fingers“-Syndrom – welches wir ja beim „sauberen“ Greifen unbedingt vermeiden wollen – hier kontrolliert und aktiv einsetzen wollen. Der Quartsprung ist quasi der Spagat in unserer Bass-Welt! Aber wie führt man diese Technik sauber aus?
Der Quartsprung von der dickeren zur nächst dünneren Saite wie in Beispiel 3 wird so ausgeführt, dass der Ton auf der dickeren Saite ganz normal und wie gewohnt gegriffen wird. Der darauffolgende Ton auf der nächst dünneren Saite wird dann durch das Durchstrecken des Fingerendgelenks gegriffen. Dadurch kommt es natürlich zu einem anderen ungewohnten Kontaktpunkt mit der Saite. Das fühlt sich nicht nur komisch an, sondern erfordert auch mehr Kraft vom greifenden Finger.
Du wirst merken, dass es auch schwieriger ist, die Spannweite, also die oben im Text beschriebene Lagentreue (jeder Finger hat seinen Bund) einzuhalten. Die Greifhand will zusammenklappen und dem Zeigefinger beim Greifen helfen. Das ist eine typische und am Anfang des Übens normale Kompensationsbewegung. Du musst dich also nicht nur an den neuen Kontaktpunkt zur Saite, sondern auch an die neuen Kraftansprüche, die an deine Greifhand gestellt werden, gewöhnen. Das dauert ein bisschen und erfordert Übung. Achte beim Üben darauf, dass sich weder der Unterarm, noch das Handgelenk mitbewegen.
Finger in einer Lage, Body-Perspektive – ungünstiger Griff
„Normales“ Greifen
Quartsprung, mit abgeknicktem Fingergelenk
Quartsprung, abknickendes Fingergelenk – Hand klappt zusammen – ungünstig
Quartsprung, abknickendes Fingergelenk – Hand bleibt offen und lagentreu. So soll es sein!
Noch schwieriger ist der in Beispiel 5 notierte Quartsprung nach unten, wenn man von der dünneren zur dickeren Saite spielen möchte. Hier muss man vorausschauend agieren und die durchgeknickte (kollabierte) Fingerkuppe so platzieren, dass der neu entstandene, oben beschriebene Kontaktpunkt der Fingerkuppe zum Greifen an die dünnere Saite gelegt wird. Der Abstand zum Ende der Fingerkuppe muss so dosiert sein, dass sich beim Abkippen des Fingerendgelenkes die Fingerbeere sauber auf die nächst dickere Saite aufsetzt. Genau an den Kontaktpunkt, den man vom herkömmlichen Greifen kennt.
In Beispiel 6 habe ich dir jetzt noch eine schöne Basslinie notiert, mit der du die Quartsprünge in beide Richtungen üben kannst. Für all diejenigen, die sich in puncto Quartsprünge mal so richtig austoben wollen, empfehle ich, sich mit dem Thema von ‚Freedom Jazz Dance‘ von Eddie Harris auseinanderzusetzen. Hörtipps von mir wären da neben dem Original von 1965 mit Ron Carter am Kontrabass die Solo-Kontrabass-Version von Brian Bromberg (‚Wood‘, 2002) oder die geslappte Version von Alain Caron (‚Le Band‘, 1996). Mein Tipp zum Schluss: Die Quartsprung-Bewegung zu erlernen lohnt sich immer – egal ob für Anfänger oder Profis! Bis zum nächsten Mal, Markus.