Workshop

Americana: Spooky Minor Solo

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Marc Ribot: Meister der Dissonanzen und „gefährlichen“ Töne (Bild: Ebru Yildiz)

Nach den Akkord-Licks der letzten Folge kümmern wir uns in diesem Workshop um die Solo-Seite der Moll-Tonalität.

TÖNE STATT SKALEN

Um Variationen im Solo über einen Moll-Akkord zu erzeugen, wird oft die Verwendung unterschiedlicher Skalen empfohlen. Hier eine kleine Liste an Möglichkeiten:

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D-Moll-Pentatonik

D-Natürlich-Moll

D-Dorisch

D-Harmonisch Moll

D-Melodisch Moll

Das ist ein funktionierender Weg, der aber viele abschreckt, da man vor dem Ausprobieren und Improvisieren erst einmal diverse Tonleitern theoretisch und auf dem Griffbrett verstehen und lernen muss. Da sich die unterschiedlichen Moll-Tonleitern oft nur durch einen Ton unterscheiden, kann man sich der Sache aber auch anders nähern.

PENTATONIK+ALTERATIONEN

Die meisten Gitarristen und Gitarristinnen greifen über einen Moll-Akkord auf die Pentatonik zurück, die du in Beispiel 1 siehst. Das passt und klingt vertraut, ist aber nicht übermäßig aufregend.

Fügt man der Pentatonik aber Akkorderweiterungen hinzu, kann man den Sound der erwähnten Tonleitern erzeugen, ohne sich in theoretischen Überlegungen zu verlieren. In Beispiel 2 siehst du diverse Möglichkeiten, die folgende Tonleitersounds erzeugen:

9 – in allen oben genannten Tonleitern außer der Pentatonik enthalten

b5 – Blue Note der Bluesskala

b6 – natürlich Moll

6- dorisch/melodisch Moll

maj7 – harmonisch/melodisch Moll

Spiele die Töne einfach über einen D-Moll-Akkord, um dich an ihren Sound zu gewöhnen. Die b5 und maj7 klingen anfangs ziemlich gefährlich, aber mit der Zeit gewöhnt man sich an den Klang und die Stimmung, die diese Intervalle hervorrufen. Kombinierst du diese Töne mit einem typischen Blueslick, wirkt das Konzept schon schlüssiger. In Beispiel 3 kannst du hören, wie das klingen könnte.

DISSONANZ

Um etwas schräg und ungewöhnlich zu solieren, muss man nicht unbedingt komplexe Skalen spielen. Selbst in der Bluesskala oder gängigen Mollskalen finden sich gefährliche Klänge. In Beispiel 4 und 5 siehst du ein von Marc Ribot beeinflusstes Lick, das klingt, als ob man eine Treppe herauf- oder herunterfällt. Es basiert auf einem Tritonus-Intervall, das nach oben oder unten verschoben wird. Man kann es mit Grundton/verminderter Quinte spielen oder mit kleiner Terz und Sexte. Einen Schritt weiter geht Beispiel 6. Hier nehme ich nur das treppenartige Shape und beginne und ende auf einem Skalenton. Klingt schräg, aber gut phrasiert und rhythmisch platziert, macht das Lick eine Menge Spaß

SOLO

In Beispiel 7 habe ich all die vorgestellten Konzepte in einem Solo über einen Dm-Akkord verarbeitet. Ich wechsele zwischen eher bluesigen Licks und dissonanten Stellen. Versuche, nicht zu bedächtig zu phrasieren, sondern die schrägen Töne zu zelebrieren. Als Inspiration für diese Spielweise kann ich nur Marc Ribot auf den Tom-Waits-Platten ‚Swordfishtrombone‘, ‚Rain Dogs‘ und ‚Big Time‘ empfehlen. Die Amerikaner nennen diese Art der Phrasierung ‚Skronky‘, und nach dem Hören, weißt du sicherlich was gemeint ist. Viel Spaß mit den schrägen Tönen und bis zum nächsten Mal!

ANREGUNGEN UND KRITIK KÖNNT IHR WIE IMMER UNTER MARTIN@THE-INCREDIBLE-MR-SMITH.COM LOSWERDEN

(erschienen in Gitarre & Bass 06/2024)

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