Workshop
Americana: Solo im A-Train
von Martin Schmidt, Artikel aus dem Archiv
Weiter geht’s mit Duke Ellingtons „A-Train“ Richtung Jazz. Diesmal habe ich ein komplettes Solo über eine Form ausnotiert und werde die dahinterstehenden Konzepte erklären.
TONMATERIAL
In der letzten Folge erwähnte ich bereits, dass fast alle Akkorde von ‚Take The A-Train‘ der C-Dur-Tonleiter entstammen. Von daher kann man sie gut als Basis für die Improvisation nehmen. Über die folgenden Akkorde ist sie genau die richtige Wahl und kann auch in die jeweilige Kirchentonleiter oder Mode umgedeutet werden:
C (C-Ionisch)
Dm7 (D-Dorisch)
G7 (G-Mixolydisch)
F (F-Lydisch)
Für die Akkorde D7 und C7 ändert sich jeweils ein Ton in der C-Dur-Tonleiter. Beim D7 wird das F zum F# und die korrekte Bezeichnung wäre D-Mixolydisch aka G-Dur. Beim C7 wird das B zum Bb und die korrekte Bezeichnung ist dann C-Mixolydisch aka F-Dur. Eine solche Denkweise stellt auch die Jazz-Polizei zufrieden, muss aber nicht sein. Du kannst auch einfach weiter in C-Dur denken und die entsprechenden Töne beim jeweiligen Akkord dazunehmen oder ersetzen.
Im Solo habe ich den G7 oft mit etwas gewagteren Erweiterungen versehen wie der b9 und b13. Auch hier gibt es entsprechende Skalen dazu wie G-alteriert, G-HM5 oder Halbton-Ganzton. Ich denke aber eher akkordbezogen, d.h. ich löse bewusst auf diese Spannung erzeugenden Töne auf oder lege einen Dreiklang über den G7, der diese Töne enthält, z. B. Fm (erzeugt G7sus4b9), Abo (erzeugt G7b9) oder Abm (erzeugt G7b9b13). Klingt kompliziert, ist aber in der Praxis einfach nachzuvollziehen, wenn man sich an den Griffbildern orientiert.
DAS SOLO
Im ersten A-Teil umspiele ich Akkorddreiklänge auf den hohen Saiten. Beim C liegt der am 8. Bund, beim D7 am 10. Dann bewege ich mich über den Dm7 auf der hohen E-Saite zum G am 3. Bund und lande auf der erwähnten b9 und b13. Ich sehe quasi die Dreiklangsbilder vor mir und spiele mit den Tonleitertönen drum herum. Über den G7 in Takt 8 nutze ich ein vermindertes Arpeggio, um wieder in die hohe Lage zu kommen.
Der zweite A-Teil startet mit dem gleichen Konzept: C-Dur-Dreiklang 12. Bund, D-Dur am 10., dann ein Rockabilly-Pull-Off-Lick in D-Moll. Über den G7 lege ich einen F-Moll- und Ab-Moll-Dreiklang und lande auf einem typischen Rockabilly-Voicing, dem C6/9.
Ein Doublestop-Blueslick über den C7 führt in den B-Teil. Hier umspiele ich die Akkordtöne des F-Durs bevor ich auf einem F-Major7-Arpeggio lande. Beim D7 wird es twangy, mit einer Kombination aus gegriffenem und offenem D. Die Sechzehntelfigur über G7 basiert wieder auf einem verminderten Arpeggio. Durch die Pull-Offs und die Leersaite klingt es rasant und ein bisschen lustig im Stil von Jimmy Bryant.
Der letzte A-Teil ist auf Akkorden aufgebaut. Beim C kommt der C-Dreiklang mit den hinzugefügten Tönen D und A zum Einsatz. Über den D7 lege ich die Dreiklänge D, C, Bm und Am. Beim Dm7 wird der Dm-Dreiklang chromatisch angenähert, bevor ich mit einem verminderten Dreiklang – in kleinen Terzen verschoben – wieder beim C6/9 lande.
Viel Spaß beim Einüben des Solos und dem anschließenden Verwerten meiner Konzepte in deinen eigenen Ideen über das Playalong!
(Die Noten können durch Anklicken vergrößert werden!)
(erschienen in Gitarre & Bass 06/2023)
Schlagwörter:
Gitarre lernen
Das könnte dich auch interessieren