Q: Leider konnte ich bisher noch keine wirklich exakte Auskunft zu dieser Gibson-Gitarre finden. Die Seriennummer ist 71678585, und eine Les Paul Junior ist es doch nicht, oder? Auch eine Schätzung des eventuellen Kaufpreises wäre hilfreich.
Werner Paul (G&B-Leser)
Anzeige
A: Diese Gibson ist eine L6-S Deluxe, und die Seriennummer besagt, dass sie 1978 gebaut wurde. Also in den „glorreichen“ Tagen des Gibson-Imperiums. Die L6-S-Serie beinhaltete abgespeckte Versionen der L5-S, die als Solidbody-Jazz-Gitarre angepriesen wurde. Sie war, obwohl namhafte Musiker wie Al DiMeola, Carlos Santana, Keith Richards, Paul Stanley etc. sie spielten und trotz einiger neuer Features alles andere als erfolgreich. So war die L6-S z. B. das erste Gibson-Instrument mit einem 24-bündigen Hals. Und sie begründete die Zusammenarbeit von Gibson mit Pickup- Guru Bill Lawrence. Auf den Markt kam sie als L6-S 1973 und wurde 1975 in L6-S Custom umbenannt, um sie von der dann neu erscheinenden L6-S Deluxe zu unterscheiden.
Sie war komplett aus Ahorn gebaut (dreiteiliger Hals, einteiliger Korpus und aufgeleimtes Griffbrett), optional waren auch Ebenholz- und Palisandergriffbretter im Angebot. Bestückt war sie mit zwei von Lawrence entwickelten Super-Humbuckern mit braunen Plastikkappen, die von Master-Volume, Höhen-Blende, Mitten-Boost und einem Sechsfach-Wahlschalter verwaltet wurden. Das komplette Elektronik-Netzwerk stammte natürlich von Bill Lawrence, und der Sechsfachschalter bewirkte einige interessante Kombinationen: 1) Beide Pickups in Serie, 2) Hals-Pickup alleine, 3) Beide Pickups parallel, 4) Beide Pickups parallel und out-of-phase und eine Bassabsenkung am Hals-Pickup, 5) Steg-Pickup alleine, 6) Beide Pickups seriell und out of phase.
Die L6-S Deluxe, also die Gitarre, um die es hier geht, unterschied sich von der Custom nur durch das Griffbrettmaterial (Palisander), den Master-Tone-Regler und dass anstelle des Sechsfach-Schalters ein einfacher Toggle die Pickup-Anwahl übernahm. Mike Oldfield spielte diese Gitarre eine Zeit lang, u. a. auch auf dem Erfolgs- Album ‚Platinum’. Im gleichen Jahr kam auch noch die L6-S Midnight Special auf den Markt, mit geschraubtem Hals und Toggle statt Sechsfach-Schalter, also die Sparversion.
Laut Gibson-Statistiken wurden etwa 12000 Custom, ca. 3500 Deluxe und ca. 2000 Midnight Special produziert. Allesamt Stückzahlen, über die die Renner aus dem eigenen Stall (Les Paul, SG, ES-335 … ) nur müde lächeln konnten. Grund genug, die komplette L6-S-Serie 1979/80 aus dem Programm zu streichen und zu den Akten zu legen. Wobei, auch wenn diese Entscheidung schwer nachzuvollziehen ist, es seit 2011 tatsächlich eine Neuauflage der L6-S gibt, der allerdings der revolutionäre Touch eines Bill Lawrence abgeht. So sind die Saiten z. B. nicht mehr durch den Korpus gezogen, sondern laufen über eine Tune-omatic/ Stoptail-Bridge-Konstruktion. Anstelle der Lawrence-Pickups finden wir Gibsons Brot-und-Butter-490T/498R-Humbucker.
Die werden zwar mit einem Sechsfach-Schalter geregelt, der allerdings nicht die ungewöhnlichen Parallel-, Seriell- und Out-of-Phase-Szenarien eines Bill Lawrence liefert, sondern „nur“ diverse, übliche Humbucker- und Singlecoil-Sounds, was wohl vielen Gitarristen brauchbarer erscheinen mag. Der Wert einer L6-S dürfte heute um die € 1000 liegen, je nach Zustand.
Q: Ich bin seit einiger Zeit im Besitz einer alten Aria Gitarre, eine Gibson L6-S-Kopie. Könnt ihr mir noch etwas mehr zu dem Teil und den Schaltungsmöglichkeiten des 6- fach-Drehreglers sagen? Was ist diese Gitarre heute wert?
Philipp Ebener (G&B-Leser)
Bild: Philipp Ebener
Bild: Philipp Ebener
Bild: Philipp Ebener
A: Deine Aria-Version hat, wie die L6-SMidnight Special, einen angeschraubten Hals, verfügt aber über eine Tune-o-matic/Stop- Tailpiece-Konstruktion und die aufwendige Elektronik der L6-S Custom. Zu den Sounds des Sechsfach-Drehschalters findest du weiter oben alle Infos, Aria hat die Schaltung von Bill Lawrence exakt kopiert. Die Seriennummer deiner Gitarre sagt aus, dass sie 1977 gebaut wurde; das Modell befand sich auch nur 1977 und 1978 im Aria-Katalog. Obwohl die Lackierung sehr schick aussieht, würde ich deiner Aria auf dem Markt einen Gebrauchtpreis von nicht mehr als ca. € 400 zusprechen.
Ich habe eine L 6 Kopie von CIMAR (Ibanez – Tochter), die mit der ausgetüftelten Elektronik des Originals aufwarten kann und mit der ich deshalb auch zufrieden bin. Der Hals ist eingeleimt.
In den „glorreichen“ Tagen des Gibson-Imperiums… 😉
Und möchtest du die Aria verkaufen???
Ich habe eine L 6 Kopie von CIMAR (Ibanez – Tochter), die mit der ausgetüftelten Elektronik des Originals aufwarten kann und mit der ich deshalb auch zufrieden bin. Der Hals ist eingeleimt.