Jeff Beck, Rory Gallagher, Stevie Ray Vaughan, Eric Clapton, Jimi Hendrix – all diese großen Namen der E-Gitarre hatten oder haben eines gemeinsam: Ihr Bekenntnis zur Stratocaster! Die Fender Stratocaster ist der zweite Genie-Streich von Leo Fender in Sachen Solidbody-Gitarren, den er 1954 der Musikwelt präsentierte. Die Strat ist die meist modifizierte E-Gitarre der Welt und dient noch heute als Vorbild für viele E-Gitarren-Modelle.
Bevor Anfang 1954 die Fender Stratocaster Serienreife erlangte, hatte Leo Fender einige Jahre in seinem „Labor“ an Entwürfen und Prototypen gearbeitet. Laut Don Randall, damaliger Präsident der Fender-Verkaufsabteilung, steuerten zum endgültigen Design auch zahlreiche Musiker wie Bill Carson, Jimmy Bryant, Freddie Tavares, Rex Gallion u. a. Ideen und Verbesserungsvorschläge bei.
Das am 30.08.1954 zum Patent angemeldete „Synchronized Tremolo“ entwickelte Leo Fender unter enormem Zeitdruck, da er die Konkurrenz von Doc Kauffman und Paul Bigsby fürchtete. Die einzigen veröffentlichten Fotos einer Prototype-Vibrato-Strat stammen von Ende 1953. Auf einem ist eine schmale Federkammer zu erkennen, in der gerade mal drei Vibrato-Federn Platz fanden. Wie schon bei der ersten Serien-Telecaster, so hat sich im Laufe der Jahrzehnte auch an der Stratocaster im Grunde nur wenig verändert.
Übrigens ist die Bezeichnung „Tremolo“ deshalb überwiegend im englisch-sprachigen Raum verbreitet, weil Leo Fender damals ausdrücklich darauf bestanden hat, es so zu nennen! De facto handelt es sich dabei jedoch um ein Vibrato.
Das Video zeigt die Entstehung der legendären Gitarre in der Fender Fabrik in Corona (USA):
Du hast dir gerade deine erste Strat zugelegt, und weißt nicht so recht, was nun mit der edlen Gitarre zu tun ist? Kein Problem! In dem Video zeigt die Al von Fender, was du bei Pickups & Co. beachten solltest:
Mehr über Amps und andere Fender Gitarren wie die Telecaster erfährst du auf der Fender Themenseite!
Nach 60 Jahren scheint die aktuelle Modellpalette der Fender Stratocaster selbst für das geplagte Verkaufspersonal der Musikläden schier unüberschaubar. Zeit, ein wenig Licht ins Dunkel zu bringen und die wichtigsten Original-Exemplare gegenüber zu stellen, die westlicher Herkunft und gleichzeitig zur bezahlbaren Sorte zählen.
Mit westlich meinen wir die Instrumente, die Fender in den USA und in Mexico fertigt. Denn seit 1987 betreibt Fender neben dem Hauptwerk in Corona, Californien, auch eine eigene Fabrik in Ensenada, das knapp 300 km von Los Angeles entfernt innerhalb mexikanischer Grenzen liegt. Für amerikanische Verhältnisse also quasi um die Ecke. Da dort die Lohnkosten weitaus niedriger sind als in den Staaten, lässt es sich günstig produzieren.
Allen sechs Strats gemein ist der vierfach verschraubte, einteilige Ahornhals mit ovalem C-Profil und kleiner Kopfplatte, das obligatorische Konterblech und das Palisander-Griffbrett in Slab-Board-Ausführung, das ab Ende 1959 auf die flache Ahornbasis geleimt wurde. In der Zeit von 1962 bis 1983 ersetzte das so genannte „Veneer-Board“ diese Konstruktion, bei dem man ein 2 – 3 mm dickes Palisanderfurnier auf den bereits gewölbten Ahornhals setzte. Für die Sättel verwendet Fender Knochen. Der „Original Contour“-Body kommt im gewohnt ergonomischen Design mit frontseitigem Anschlussblech und schräg eingelassener Klinkenbuchse. Mit Ausnahme ist die komplette Elektrik an der Schlagplatte befestigt.
Sämtliche Vibratos sind schwebend justiert, was sowohl Down- als auch Up-Bendings ermöglicht. Dass Vibrato-Systeme, abgesehen von ihrer Tonhöhenmodulation, einen nicht unerheblichen Einfluss auf den Klang einer Gitarre nehmen, dürfte bekannt sein. Solche, deren einzelne Komponenten aus massiven Materialien, meist Stahl, bestehen, haben klanglich stets die Nase vorn. Gegossene Bauteile, auch wenn sie unter hohem Druck hergestellt werden, absorbieren auf Grund ihres weniger homogenen Gefüges die Schwingungen der Saiten, beeinträchtigen also genau genommen das Sustain. Eine entscheidende Rolle spielt auch der Sustain-Block, an dessen Unterseite die Zugfedern eingehängt sind. Meist ist er mittels dreier Schrauben mit dem gewinkelten Basisblech verbunden. Nur bei einer unserer Kandidatinnen besteht dieser aus massivem Stahl, nämlich bei der Vintage 62, unschwer an den Säge- bzw.
Frässpuren auf der Unterseite zu erkennen. Alle anderen Sustain-Blocks, mal mehr, mal weniger klobig, werden gegossen. (Tipp: Im gut sortierten Handel sind separate Stahlblocks erhältlich, mit denen man sein Guss-Vibrato deutlich aufwerten kann! Man kann den Unterschied ganz leicht mit Hilfe eines Magneten feststellen: Stahl-Blöcke sind magnetisch, Guß nicht) Obgleich hoch verdichtet, stammen auch die dickeren Basisplatten und die Saitenreiter der American Standard und der Deluxe aus der Gießerei. Alle anderen Bridges (mit Fender-Prägung) und Grundplatten wurden aus gebogenem Stahlblech gefertigt. Auch hinsichtlich der Tonabnehmer, deren Spulen ausnahmslos gewachst wurden, gibt es deutliche Unterschiede.
Die Einspuler der Highway No.1 und der mexikanischen Classic 60 erscheinen mir jedoch verdächtig ähnlich, zumal auch deren Widerstandswerte dicht beieinander liegen und die unterschiedlichen Höhen der Polepieces (Staggering) identisch sind. Warum Fender angesichts der einstreu-empfindlichen Singlecoils nicht mehr Wert auf effiziente Abschirmung legt, verwundert allerdings. Mit Ausnahme eines Fetzens Alufolie unter den Schlagplatten hat man sich diesbezüglich wenig Mühe gemacht.
Immerhin schirmt ein Alublech das komplette Schlagbrett der Vintage 62 ab – halt wie früher. In diesem Punkt muss man sich bei den neuen SCN-Pickups der American Deluxe natürlich keine Sorgen machen, denn die sind schließlich noiseless! Lobenswerterweise verwendet Fender ungeachtet der Preislage bei allen sechs Strats hochwertige CTS-Potis und den stabilen Grigsby-Schalter.
Für den Body der preisgünstigsten Strat unseres Vergleichs setzt Fender fünf bis sieben Pappelklötze zusammen und versieht Decke und Boden je nach Verfügbarkeit mit Pappel- oder Birkenfurnier. Sofern auf Lager,
kommen für den Korpus auch mehrere Streifen Erle zum Einsatz. Sunburst-Lackierungen werden dank Ahornfurnier optisch aufgewertet. Um eine glattere Oberfläche zu schaffen und zugleich die Nähte der Holzteile zu kaschieren, verwendet man auch bei deckenden Lackierungen Furniere.
Was meines Erachtens eindeutig als klassisches 3-Tone-Sunburst zu erkennen ist, bezeichnet Fender hier als „Brown Sunburst“. Alle Kunststoffteile, das dreischichtige Schlagbrett und die rückseitige Federkammerabdeckung sind weiß. Vintage Gurtknöpfe bieten ausreichenden Halt. Die 21 „Spaghetti“-Bünde sind sorgfältig eingesetzt, es hapert ein wenig an der Kantenabrichtung und der Politur. Während der Sattel an sich perfekt abgerichtet wurde, ist die Kerbe der A5-Saite ein wenig aus der Bahn geraten. Die gekapselten Fender-Importmechaniken funktionieren ebenso tadellos wie der an der Kopfplatte zugängliche Standard-Truss-Rod und das Vintage-Style-Vibrato, welches mit einem sehr abgespeckten Sustain-Block auskommen muss.
Eine für Fender-Verhältnisse ungewöhnliche Konstruktion besitzen die Mexico-Standard-Pickups, denn hier sind sechs nicht magnetische Polstifte jeweils zwischen zwei Stabmagneten platziert.
Eine sehr schöne, vor allem detailgetreue Pre-CBS-Reissue für den schmalen Geldbeutel im New-Old-Stock-Look! Wer es möglichst authentisch haben will, muss sich auf eine umständlich zugängliche Halsjustierung und ein stärker gewölbtes Griffbrett einstellen. Logischerweise wurde auch irgendwo gespart, und da sitzt massives, d. h. zweiteiliges Korpusholz einfach nicht drin.
Die leicht vergilbten Plastikteile und die mint-grüne Schlagplatte verleihen der Gitarre geschmackvolles Vintage-Flair. Tadellos verarbeitet und lackiert, mit gut funktionierender, massiver Import-Hardware (außer dem Guss-Sustain-Block) und Gigbag geht die Strat zum fairen Kurs über die Ladentheke.
Mit dem nächsten Strat-Modell steigen wir in die günstigste USA-Klasse auf, wo ein immerhin dreiteiliger Erle-Body auf seinen Einsatz wartet und man auf eine gelungene Mischung aus Vintage und Moderne trifft. Die klassische Blonde-Lackierung, ein milchig transparentes Creme, lässt die Holzmaserung leicht durchscheinen. Hier schlagen die Sparmaßnahmen gleich zwei Fliegen mit einer Klappe: Die Nitro-Lackierung fällt bewusst dünn aus und mit der Satin-Oberfläche reduziert Fender einerseits zeitund arbeitsaufwändige Produktionsschritte, andererseits gewährt man dem Korpusholz mehr Schwingungsfreiheit.
Auch die Highway 1 ist sorgfältig und makellos verarbeitet. Ab dieser Preisklasse kommt Fenders kopfplattenseitig zugänglicher Bi-Flex-Truss-Rod zum Einsatz, der aktives Justieren in zwei Richtungen gestattet. Hier dürfen auch dünnere als .009er Saiten aufgespannt werden. In punkto Hardware hat man Anleihen bei den Mexico-Strats gemacht. Auf die Mechaniken trafen wir bereits bei der Standard, auf den Rest inklusive Pickups bei der Classic 60. Halt, nicht ganz!
Die gussstählernen Easy-Glider-String-Trees, die die ersten vier Saiten auf Sattelniveau halten, finden wir auch an den teureren American-Modellen. Sämtliche Kunststoffteile sind weiß, weißer schafft es der Weiße Riese auch nicht.
Als Nachfolgerin der American Standard Strat, die seit 1981 zum Fender-Programm zählt und seit 1986 in der vorliegenden Version (mit 22 Bünden!) hergestellt wird, besitzt auch die American Stratocaster einen dreiteiligen Erle-Body. Bei Natural- oder White-Blonde-Lackierungen wird aus optischen Gründen zwei- bis dreiteilige Esche verwendet.
Verglichen mit der Highway No.1 legt Fender für rund € 400 mehr ein Paket höherwertiger Hardware, einen SKB-Formkoffer und umfangreiches Zubehör drauf. Das „Hardware-Upgrade“ beinhaltet Fender/Schaller-Mechaniken, ein Standard-Vibrato, Schaller Security Locks (Gurtknöpfe), Micro-Tilt (Justierung der Halsneigung mittels einer einzigen Innensechskantschraube) und einem Singlecoil-Trio mit leistungsstärkerem Steg-Pickup. Die Tonabnehmer wurden offenbar nachträglich aufeinander abgestimmt, was die per Hand aufgetragenen Nummern auf der Unterseite vermuten lassen. Sämtliche Kunststoffteile besitzen ein mit „Parchment“ bezeichnetes Weiß, ein Farbton zwischen White und Aged White.
Eine schaltungstechnische Besonderheit stellt der Delta-Tone-Regler dar, der zunächst als konventioneller Klangregler sowohl den Steg- als auch den Mittel-Pickup bearbeitet. In Position 10 wird das Poti und der Kondensator umgangen (Bypass) und das Pickup-Signal direkt dem Ausgang zugeführt. Die Micro-Tilt-Vorrichtung, von Fender bereits in den 70er-Jahren eingeführt, wurde ob ihrer angeblich schwingungs- und Sustain absorbierenden Wirkung von vielen Gitarristen gemieden. Heute stattet Fender einige seiner aktuellen Gitarrenmodelle mit einer modifizierten Version aus, die jetzt vier an Stelle der früher üblichen drei Halsschrauben besitzt.
Diese Luxus-Strat fällt nicht nur durch ihre Optik und vorbildliche Verarbeitung, sondern auch durch ihre spezielle Ausstattung auf: Neue Metallic-Lackierung (hier: Candy Tangerine), Schlagbrett und Federkammerabdeckung aus Vintage Shell, Aged White-Plastikteile, Abalone-Punkte im Griffbrett, gestaggerte Locking-Mechaniken, Bi-Flex-Truss-Rod, Micro-Tilt-Justierung, Schaller Security Locks und steckbarer Vibratohebel.
Highlight ist jedoch eindeutig die Schaltung: Die neuen nebengeräuschfreien SCN-Singlecoils (Samarium Cobalt Noiseless), von keinem Geringen als Bill Lawrence entwickelt, verfügen über spezielle Samarium-Cobalt-Magnete und jeweils zwei übereinander angeordnete Spulen. Samarium-Cobalt-Magnete (SmCo5) besitzen einen hohen Widerstand gegen Entmagnetisierung, die optimierte Legierung Sm2Co17 sogar höhere magnetische Eigenschaften und verbesserte Korrosionsbeständigkeit. Auf Grund ihres geringen Gewichts werden die Magnete u. a. auch in Kleinstmotoren, Sensoren und Festplattenlaufwerken verwendet.
Zurück zur Strat: Ein in den Volume-Regler integrierter Schalter (Push-Push, Oberfläche es Reglerknopfes eindrücken) ermöglicht in Kooperation mit dem Fünfwegschalter neben den fünf konventionellen fünf weitere Schaltungsvarianten: Pickup-Schalter
Somit stehen allein zehn Pickup-Konstellationen zur Verfügung. Und die gewohnte Strat-Optik wird nicht durch einen zusätzlichen Schalter verschandelt – genial gelöst! Die eingebauten Kondensatoren bewirken quasi ein Höhenfilter-Preset. Der Volume-Regler lässt sich wie gewohnt butterweich bedienen. Auch hier kommen ein Standard- und ein Delta-Tone-Regler zum Einsatz. Dort, wo das Konterblech die Halsverbindung stabilisiert, hat man den Übergang zum Hals abgerundet, was den Spielkomfort in den hohen Lagen deutlich erhöht.
Unser teuerstes Testmodell stammt aus der American Vintage-Serie, die 1998 die Vintage Reissues, 1982 von Fender ins Leben gerufen, ablöste. Bei den aktuellen Instrumenten wurde hinsichtlich der Korpuskonturen und Positionen der Bundmarkierungen (Clay Dots) am 12. Bund noch mehr Wert auf Detailtreue und Authentizität gelegt. Der Body wird aus Erle geschaffen, der einteilige Ahorn-Hals besitzt ein Palisander-Griffbrett in Slab-Board-Manier mit 7,25″-Radius und 21 schmalen Nickel-Silber-Bünden. Wie bei der Mexico Classic 60s hat man korrekterweise auf die rückseitige Nußbaumeinlage verzichtet. Die Kopfplatte mit Spaghetti-Logo bietet präzise arbeitende Kluson-Style-Mechaniken von Gotoh.
Aged White-Kunststoffteile und die Mint-Green-Schlagplatte sollen ein gewisses Alter und den jahrelangen Aufenthalt in verrauchten Proberäumen und Kneipen simulieren. Auch die American-Vintage-PUs sind detailgetreu bis zu den mit Gewebe umwickelten, gewachsten Kabeln den Originalen nachempfunden. Ein Dreiwegschalter wählt die Pickups an, dessen Fünfwegversion nebst Verdrahtungsanleitung dem umfangreichen (Vintage-)Zubehör beiliegt. Auch der authentische Brown-Tolex-Koffer zählt zum Lieferumfang.
Die American Vintage 62 ist makellos verarbeitet Wie zu erwarten war, tun sich die sechs Stratocasters in Sachen Spielkomfort nicht viel, es geht nur um Nuancen. Aus ergonomischer Sicht gestatten die Hälse der US-Modelle flüssigeres Spiel, da die Kanten der Bunddrähte sorgfältiger verrundet und poliert wurden. Besonders hakelt es bei der Mexico Standard, stellenweise sogar auf den Bunddrähten. Zunächst der so genannte Trockentest.
Besagte Mexico Standard legt mit einer erstaunlich schwingungsfreudiger Hals- /Korpus-Konstruktion vor, die kraftvoll und laut ein ausgewogenes Klangbild mit seidiger Brillanz, reichhaltigem Obertonbereich und nicht zu verachtendem Sustain liefert. Etwas dezenter, beinahe braver tönt die Classic 60s mit nicht ganz so intensiven Bässen, besitzt dafür aber ordentlich Brillanz und Obertöne bis in die vierte „Etage“ (etwa dritter Bunddraht).
Während sie beim Sustain gut mithalten kann, reagiert sie nicht ganz so spritzig wie die mexikanische Standard. Ebenso schwingungsfreudig wie selbige präsentiert sich die Highway 1, die ein volles, ausgewogenes Klangbild mit straffen Bässen liefert, erhöhte Präsenz in den oberen Mitten zeigt, Brillanz und Obertöne bis zum Abwinken bereithält und auch beim Sustain gute Noten einheimst. Welchen Anteil die dünne Lackierung an den Klangeigenschaften hat, ist schwer zu sagen. Ähnlich wie bei den Mexikanerinnen verhält es sich auch mit der Highway 1 und American Standard. Obgleich auch die Konstruktion der Letzteren ordentlich resoniert, gibt sie sich mit Ausnahme der Brillanz über das gesamte Frequenzspektrum insgesamt etwas zurückhaltender. Zudem erscheinen Obertonspektrum und Sustain nicht ganz so ausgeprägt.
Nicht kraftvoll, aber sehr ausgewogen und detailliert zeichnet hingegen das Klangbild der American Deluxe. Eher was für den stilistischen Feingeist: Weiche Bässe, warme Mitten, seidige Höhen und Brillanz wie auch Obertöne bis zum Abwinken, unterstützt von intensivem Sustain, direkter Ansprache und lebendiger Tonentfaltung. Etwas kraftvoller und drahtiger kommt die Vintage 62 daher: Knackige Bässe, prägnante Mitten, reichlich Brillanz und seidig schimmernde Obertöne, auch wenn diese nicht ganz so hoch hinauf reichen wie die der Deluxe. In punkto Ansprache und Tonentfaltung erweist sich die Vintage als ein wenig arbeitsintensiver, da sie schwingungstechnisch nicht ganz so schnell aus den Startlöchern kommt. Hier handelt es sich jedoch um Nuancen, und so rangiert das alles noch im grünen Bereich, zumal ausdrucksvolles Spiel von einem langsam und gleichförmig abklingenden Sustain getragen wird.
Am Verstärker geben sich die etwas leistungsstärkeren Einspuler der Mexico Standard eher fett. Zwar hat man sie, besonders den nicht allzu schrillen Steg-Pickup, mit jeder Menge Brillanz bedacht, dennoch klingen sie voll und rund und im Clean-Betrieb luftig und transparent. Während die Steg- und Mittel-PUs stark zerrende Sounds mit passabler Offenheit und Durchsetzungsvermögen meistern, muss der Hals-Einspuler hier passen, denn er mulmt beim Akkordspiel doch recht kräftig. Von allen Pickups zeigen sie die höchste Einstreuempfindlichkeit. Wie angesichts der augenscheinlich identischen Einspuler schon vermutet, klingen die Mexico Classic 60s und die Highway 1 sehr ähnlich, sie unterscheiden sich nur um feinste Abstufungen.
Die beiden Gitarrenmodelle liefern die typischen glasklaren, brillanten Vintage-Strat-Sounds mit leicht schrillem Steg-, glockig offenem Mittel- und bluesig warmem Hals-Pickup inklusive der bekannten etwas nasalen Paarungen. Im High-Gain-Zerrbetrieb behalten die Sounds Durchsetzungsvermögen und Transparenz, und die Nebengeräusche geben sich erfreulich defensiv. Noch ein Schippchen Output drauf legt das Tonabnehmer-Set der American Stratocaster, von dem der etwas leistungsstärkere Steg-PU quasi die heiße Variante fürs Solieren ist.
Insgesamt tönt die Gitarre noch drahtiger und prägnanter als die Highway 1, liefert knackige Bässe und glasklare, brillante Höhen, der Steg-Pickup noch etwas mehr Schärfe. Bei intensiv zerrenden Sounds bleibt nichts von der lebendigen Transparenz auf der Strecke, und auch in punkto Nebengeräusche verhält sich die American eher gutmütig. In unserem Vergleich fällt die American Deluxe klanglich ein wenig aus dem Rahmen. Das soll keineswegs heißen, dass sie nicht in der Lage wäre, die typischen Strat-Sounds zu liefern.
Ganz im Gegenteil, die hat sie ohnehin in ihrem umfangreichen Repertoire, und zwar par excellence. Die Schwingungseigenschaften der Gitarre, die ja schon der Trockentest zu Tage brachte, übertragen die neuen SCN-Einspuler, die de facto ja Doppelspuler sind, in vorzüglicher Weise. Jede kleinste Nuance des Anschlags wird adäquat umgesetzt und sehr dynamisch übertragen. Die klassischen Sounds der ersten Schaltebene tönen luftig, lebendig und kraftvoll zugleich, die Zwischenpositionen schon beinahe graziös.
Durch die serielle Verschaltung der Einspuler in der zweiten Ebene (S-1-Schalter gedrückt) und die zusätzlich aktiven Kondensatoren in den Zwischenpositionen ertönen die Sounds nicht nur lauter, sondern auch wesentlich fetter. Logisch, denn schaltungstechnisch haben wir es in diesem Fall gewissermaßen mit echten Humbuckern zu tun. Hinzu kommt, dass die SCN-PUs selbst bei High-Gain-Sounds Nebengeräusche zu jeder Zeit im Griff haben, solche also gar nicht ans Ohr kommen lassen. Klasse, Bill!
Die American Vintage 62 lässt sich natürlich am besten mit der Mexico Classic 60s vergleichen, zumal beide werksseitig auch mit identischen Saiten versehen wurden. Und siehe da, sie klingen tatsächlich dermaßen ähnlich, dass nur geringe Unterschiede festzustellen sind. So zeigt der erste Eindruck, dass die Pickups der Vintage 62 runder, transparenter, lebendiger und irgendwie „edler“ klingen, was weniger bei cleanen als bei verzerrten Sounds deutlich wird. Unterm Strich setzt die USA-Reissue variantenreiches Spiel lebendiger und spritziger um. In Sachen Einstreuempfindlichkeit bzw. Nebengeräuschen tun sich beide nichts, hüben wie drüben verstärken Zerr-Sounds die Störgeräusche. Kommen jedoch die Pickup-Paare der Zwischenpositionen zum Einsatz, bleibt die Classic 60s auf Grund ihres reversed gewickelten Mittel-PU ruhig.
Festzustellen bleibt, dass der Käufer in jeder Kategorie ein dem Preis entsprechendes Instrument bekommt, nichts anderes sagt das Adjektiv „preiswert“ aus. Wer eher den Mexico-Modellen zugetan ist, muss nicht unbedingt von vorneherein spätere Upgrades durch Replacement-Teile einplanen. Wichtig für solche Fälle ist jedoch, dass die Basis der Gitarre stimmt, denn wenn sie schon im Trockentest das Handtuch wirft, kann man sich die Kohle für (möglicherweise teure) Austausch-Pickups sparen. Anders sieht dies bei der Hardware aus, die es von DeTemple, Fender, Gotoh, Grover, Kluson, Schaller u. v. a. gibt und der man bisweilen Wunder vollbringende Wirkung nachsagt. Aber auch hier sollte man sich am Wert des Instrumentes orientieren.
Autor: Michael Dommers (Gitarre & Bass 10/2004)
Die Strat ist die meist modifizierte Gitarre der Welt, das wissen wir inzwischen. In dem Video zeigt Phillip McKnight fünf Dinge, die du wahrscheinlich noch nicht über deine Stratocaster wusstest:
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Sicher – das Prinzip der Strat ist klar, aber selbst eine formvollendete Figur lässt sich mit frischem Styling noch wirkungsvoller in Szene setzen und Kleider machen bekanntlich Leute. Alles nur eitle Optik, oder steckt doch mehr dahinter?
Wir haben ein großes Strat-Special zusammengeschnürt, in dem du auf über 60 Seiten 21 Testberichte der legendärsten Fender-Stratocaster-Modelle erhältst:
In dem Video präsentiert Eric Clapton seine E-Gitarre: