Der Chorus wird durch eine Signalverzögerung im Bereich von 20 bis 40 ms erzeugt, die durch einen LFO moduliert wird.
Es gibt ihn als Monochorus-Effekt mit nur einer Verzögerungsleitung und einem LFO, wobei das modulierte Signal mit dem unbearbeiteten Eingangssignal gemischt werden kann, als Stereochorus mit zwei unabhängigen Chorusmodulen und als Multichorus, bei dem gar vier oder acht unabhängige Delayketten und LFOs beteiligt sind.
Was du mit einem Chorus und deiner Gitarre anstellen kannst, zeigt dir Johnny DeMarco von Roland:
Die wichtigsten Parameter des Chorus-Algorithmus sind: Delay-Time (die mittlere Verzögerungszeit, die dann noch durch den LFO moduliert wird), Depth (die Amplitude des LFOs), Waveform (die Wellenform des LFOs), sowie Mix- und Pan-Parameter, mit denen das Mischungsverhältnis zwischen Direkt- und Effektsignal bzw. die Position der verschiedenen Effektsignale eines Multichorus im Stereopanorama festgelegt werden.
Der Chorus war auf einmal einfach da! Und nicht wie der Phaser oder der Flanger, der ja das Ende einer gewissen Entwicklung darstellte, bei der ursprünglich Kurzwellen-Amateure auf die Möglichkeit aufmerksam geworden sind, mit zwei Transistor-Allpässen einen steilflankigen Notch-Filter zu kreieren, um Spiegel- und Trägerfrequenz-Reste sehr wirkungsvoll rauszufiltern.
Drehte man diesen Filter schneller, hatte man einen leichten Jet-Sound, und von dort bis zum Phaser war der Weg eigentlich schon vorgezeichnet. Für den Chorus bedurfte es erst eines völlig neuartigen elektronischen Bausteines, einer sogenannten BBD-Verzögerungsleitung (Bucket Brigade Delay), die auch in Delay Pedalen verbaut ist.
Das BBD-Element besteht zum Großteil aus einer Vielzahl von winzigen Kondensatoren (1 pF) und einem raffinierten vielzahligen Schalter-Arrangement (etwa doppelte Anzahl der Cs). An dem Baustein liegt noch eine Gegentakt-Steuerfrequenz an, die das Schalter-Management steuert.
Es wird zunächst vom Eingangssignal eine Probe genommen und der Input-C auf diese momentane Signal-Spannung aufgeladen. Beim nächsten Takt wird diese Ladung um einen Kondensatorplatz weiter transportiert – so geht das Takt um Takt.
Hat das n-te C seine Signalladung, wird das (n-1)te C, das ja gerade seine Ladung an die n-te Position geschoben hat, wieder mit einer neutralen, aber definierten Ladung „gelöscht“. Ist also die Hälfte der Speicherkette mit dem Signal gefüllt, wird die andere Hälfte für die kommende Signalübergabe vorbereitet.
Es hat sich eingebürgert, dass die BBDs mit 2n-Speicherstellen bestückt sind, z. B. 512 Speicherplätze = 29. Die längste übliche BBD-Line für Delay-Geräte ist 4096 Plätze lang. Am Ausgang wird das zerhackstückte Analogsignal raffiniert in einer Art Gegentakt-Oversampling wieder zusammengesetzt.
Je höher die Taktfrequenz, umso niedriger die Verzögerungszeit. Ich will an dieser Stelle der Form halber erwähnen, dass pro Takt des Steuersignals des inneren Aufbaus wegen das Signal-Sample um zwei Speicherplätze weiterwandert. Von daher bekommt man bei z. B. 512 Speicherstellen bei einer Taktung von 100 kHz 2,56 ms Verzögerung des BBD.
Das hört sich natürlich alles erstklassig an, aber wo ist der berühmte Haken bei der Sache? Ganz einfach. Wird ein Signal digitalisiert – und im weitesten Sinne kann man hier von einer Digitalisierung sprechen –, darf die Signalfrequenz höchstens die Hälfte der Sampling Frequenz (= Taktfrequenz) betragen (Abtast-Theorem), sonst gibt’s Foldover/Oversampling-Verzerrungen, die sich höchst unharmonisch anhören.
Hierfür braucht man – das ist das Gute dran, keine Spezialfilter, sondern normale etwas steilflankigere Tiefpässe, 12 bzw. 18 dB/Okt. reichen bei einem Chorus aus. Ein Tiefpass-Filterblock vor dem BBD, um das Abtasttheorem zu bedienen, ein Tiefpass-Filterblock nach dem BBD, um Taktfrequenzreste wegzufiltern.
Bei 512 Speicherplätzen sind die dynamischen Verluste akzeptabel, steigen aber dann mit steigenden Speicherstellen schnell an, sodass mit 1024 Stellen ein zusätzlicher Compander zur Dynamikverbesserung eingesetzt werden muss. (Mehr dazu später in einer Folge über Delays). Aber man trifft auch Chorus-Pedale, die mit 512 Speicher schon einen Compander (Bezeichnung: NE571) integriert haben, z. B. das DOD 565.
Es ist also jetzt möglich, bei geringen audiophilen Verlusten, für 0,2 bis 10 ms ein NF-Signal rein elektronisch – ohne Mechanik – zu verzögern. Dieser singuläre Effekt ist eher bedeutungslos. Aber was passiert, wenn wir, wie beim Phaser, das bearbeitete (= verzögerte) Signal mit dem Original-Signal mischen?
Angenommen, die Delay-Zeit wäre jetzt 1 ms. Dann hat das verzögerte Signal bei 0,5 ms im Bezug auf das Original eine Verzögerung um 180° (360° = 1 ms). Dies mit dem Original gemischt und – schwupps – haben wir ein Notch im Frequenzgang bei 500 Hz und ein +6 dB Peak bei 1 kHz.
Aber jetzt kommt der große Unterschied zum Phaser, denn formal hat ein Phaser so viele Notches wie die halbe Anzahl der Allpässe. In der Regel bei vier Allpässen also zwei Notches. Bei der BBD-Verzögerungsleitung hängt die Anzahl der Notches von der Verzögerungszeit ab und es sind deutlich mehr als beim Phaser.
In der Grafik ist eine Verzögerung von 0,25 ms dargestellt, das erste Notch ist bei 2 kHz, aber daran schließen sich periodisch nach höheren Frequenzen hin weitere Notches an. Wir haben also auch ein Notch bei 6 kHz, 10 kHz, 14 kHz usw.
Kurz: Während der Phaser eine feste Anzahl von Notches hat, ist diese beim Chorus variabel. Sie laufen von den hohen Frequenzen ins audiophile Band rein, mit steigender Verzögerungszeit gleitet das erste Notch zu niederen Frequenzen und zieht seine Vielfachen des unteren Notches als „Rattenschwanz“ hinter sich ins Frequenzband hinein. So kann es z. B. sein, dass im hörbaren Frequenzband 20 Notches liegen.
Es ist beim Chorus zwar möglich, in den Höhen nur einige wenige Notches zu platzieren, soll aber ein Notch, aus welchen Gründen auch immer, in den oberen Bässen platziert werden, sind in den höheren Frequenzen viele Notches gleichzeitig verfügbar.
Und es ist – wir wissen es ja alle – ein gewaltiger Unterschied, ob zwei Notches im Frequenzband hin- und herlaufen oder 20 Notches dort gutmütig laufen.
Wird jetzt die Delay Time ähnlich der des Phasers langsam moduliert, in dem man hier die Taktfrequenz langsam um ihren Ruhewert moduliert, bewegen sich die Notches kammartig durchs Frequenzband. Wer aber glaubt, dass dies der eigentliche Effekt eines Chorus ist, der irrt.
Die Amerikaner verwendeten meist die BBDs des Herstellers Reticon, z. B. das SAD512. In Fernost wurde die Produkte von Panasonic/Matsushita, z. B. das MN3204 benutzt. Insbesondere die MN32xx-Serie erweist sich als besonders „low noise“ bei geringen Verzerrungen (typisch 0,4 % Taktfrequenz abhängig).
Interessierten sei das 145 Seiten starke Manual von Panasonic „BBD Series, for Audio Signal Delay“ mit zahlreichen praktischen Beispielen sehr empfohlen.
Wir haben gesehen, dass die „Durchschiebe-Geschwindigkeit“ durch die BBD-Line von der Taktfrequenz abhängt. Aber was passiert, wenn wir diese modulieren, das heißt, die Taktfrequenz langsam ändern?
Wir nehmen jetzt an, mit der Taktfrequenz f1 wird das Signal eingelesen. Wird es mit derselben Frequenz f2 = f1 wieder ausgelesen, haben wir auch die gleiche Frequenz f2 am Ausgang wie am Eingang, außer dass das Ausgangssignal leicht verzögert erscheint.
Ganz anders sieht es aus, wenn die Auslesefrequenz f2 eine andere ist als die Einlesefrequenz f1. Wenn sich also die Taktfrequenz während der wenigen Millisekunden, in denen sich das Nutzsignal in der BBD-Line befindet, leicht verändert – sagen wir: sich um 1 % vermindert (f2 < f1) – , wird das Nutzsignal um 1 % langsamer ausgelesen.
Das Delay-Signal (wet) erscheint nun um 1 % tiefer als die Dry-Frequenz. Betrachten wir jetzt mal nur den BBD-Delay-Pfad, haben wir also ein Vibrato erzeugt. Musikalisch ist das Vibrato weniger interessant, doch eine kleine Erweiterung führt zu einem der klassischen Effekte der Rock- und Pop-Geschichte: dem Chorus.
Dry- und Wet-Signale werden nun gemischt, und es entsteht der Eindruck, als würden zwei Instrumente spielen – das „Hauptinstrument“ liefert das direkte Signal, das Vibrato von der BBD-Line erzeugt einen Ton, der leicht von dem Original abweicht.
Wenn mehrere Instrumente, z. B. Streicher, den gleichen Ton intonieren, weichen diese tonal immer um den Bruchteil einer Winzigkeit voneinander ab. Gerade das aber macht die Lebendigkeit eines Ensembles aus. Daher der Begriff Chorus.
In einem Swing (= von der Takt-Centerfrequenz bis zu ihrem Modulationsende) ist das verzögerte Signal um einen Deut tiefer, am Modulatiosende kehrt diese ins Gegenteil. Für einen Bruchteil während dieser Umkehrung sind Dry- und Wet-Signale in ihrer Frequenz identisch, dann wird das verzögerte Signal um einen Deut höher, bis zum Swing-Ende. Und das alles wiederholt sich zyklisch.
Dies ist der eigentliche Effekt eines Chorus, der zerklüftete Frequenzgang ist eher eine kostenlose Dreingabe.
Zuerst erkannte man bei Boss in Japan diese Möglichkeit der Tonmodulation. Nur gingen diese dann den Schritt logisch weiter. Denn jedesmal, wenn der Modulationsswing zurückläuft, bricht für kurze Zeit der Chorus-Effekt ein.
War das Wet-Signal zunächst einen Deut höher als das Dry-Signal, kehrt es nun um und wird für den nächsten Swing einen Deut niedriger als das Dry-Signal. So pendelt das Wet-Signal bei einer Hälfte des Swing einen Deut höher als das Wet-Signal am Ausgang der BBD-Line, bei dem Rücklauf des Swing aber einen Deut niedriger.
Der logische Schluss von Boss war nun, an die Stelle, an der der Swing wechselt, einfach noch eine solches Arrangement zu installieren, das aber 180° phasenversetzt. Ja, man ging gar soweit, dass vier Delay-Lines (Quadrupel) zeitversetzt arbeiteten. Das war dann vom Sound her schon ein richtiges Ensemble.
Das System ließ man sich patentieren: Die Patenterteilung 1980 lief auf den Boss Chef, Hr. Ikutaro Kakehashi, Pat. Nr.: 4.205.579, erteilt am 3. Juni 1980.
In den Keyboards der Fima Roland wurde das Chorus Quadrupel gerne eingebaut, klang umwerfend, und war der Konkurrenz weit voraus. Der hohe Stromverbrauch (geschätzt 70 mA) ließ jedoch ein Quadrupel-BBD-Set als batteriebetriebenes Gitarreneffekt-Pedal nicht zu.
Aber man speckte nun einfach auf die Hälfte ab – wieder auf das Gegentakt-Arrangement mit zwei BBD-Lines. Befindet sich ein Swing der einen BBD-Line am Bereichsende, war die zweite Line gerade am anderen Ende.
Man hatte nun einen zusätzlichen Ton, einer war stets einen Deut zu hoch, einer war stets einen Deut zu niedrig – was in einen sehr angenehmen harmonischen Chorus-Sound mündete. Denn der Eindruck, dass ein Wet-Signal entweder stur zu hoch und dann stur zu niedrig war, verschwand.
Auch fanden als Summe keine Wechsel mehr zwischen zu tief oder zu hoch statt. Jetzt waren immer zwei Wet-Signale vorhanden, die das Dry-Signal elegant ober- & unterhalb der Originalfrequenz flankierten. Genial!
Mit einem Stromverbrauch von ca. 30 mA ging das Effektgerät dann auch noch mit Batteriebetrieb durch. Der Name des lilafarbenen Ober-Chorus war schlicht und einfach DC2 Dimension C, produziert von Dezember 1985 bis September 1989.
Das Erscheinungsbild war von hoher Eleganz geprägt, verzichtete man doch auf die üblichen Dreheinsteller, sondern stattete das Gerät mit vier rechteckigen, verchromten Druckknöpfen aus. Man wird unweigerlich an die US-Straßenkreuzer der 50er- und 60er-Jahre erinnert, wo man nicht selten die Wahl der Fahrstufen mittels Chrom-Druckknöpfen wählen konnte – trés chique!
Ein Chorus ist keine Experimental-Maschine wie ein Flanger, bei dem eine größere Anzahl Drehknöpfe absolut Sinn macht. Ein Chorus ist eher eine subtile Angelegenheit: entweder, man hat einen guten Sound eingestellt, oder man hat ihn eben versemmelt.
Die vier Druckknöpfe des DC2 waren vom Werk aus geschmackvoll programmiert. Von einem kaum wahrnehmbaren, gerade noch erkennbar schimmernden, bis hin zu einem prächtigen, aber nicht zu fetten Chorus-Sound wurde alles gegeben. Für einen altmodischen klassischen Analog-Chorus ein wahrlich königlicher Klang.
Roland/Boss veröffentlichte den Chorus damals auch als 19″-Rackeinheit – ebenfalls mit diesen Drucktasten. Diese Version bevorzugte z. B. Stevie Ray Vaughan bei einigen wenigen Songs, wenn er mal einen guten Chorus brauchte (Z. B. bei David Bowies ,Lets Dance‘).
Das Patent des DC2 ist längst abgelaufen, und in den modernen Digital-Büchsen von heute implementiert der Programmierer, worauf er grade Lust hat. Gegentakt-Line, Quadrupel (wird wohl das mindeste sein heutzutage!), Sextett …. aber irgendwann wird auch das − wie bei allem – schnell mal zu viel!
Bernd C. Meiser (Gitarre & Bass 7 & 8 / 2013)
Ein Chorus kann, wie als Pedal für viele Instrumente, nicht nur die E-Gitarre, eingesetzt werden. Vom Synthesizer bis zum Bass ist alles möglich. Auch digitale Chorus-Effekte sind beliebt, zum Beispiel in der Post-Production von Vocal-Lines.
Die Schaltungen der Effektgeräte ähneln sich dabei stark, die modulierten Signale klingen jedoch unterschiedlich – wegen der verschiedenen Eingangssignale.
Der Einsatz des Effekts mit einer E-Gitarre führt bei richtiger Einstellung zu einem vollen, räumlichen Klang. Der gespielte Ton scheint dank der Modulation zu schweben. Für die Töne eines E-Bass mit ihren tiefen Frequenzen gilt kann ein Chorus-Pedal selbiges leisten.
Natürlich kann zur Verzögerung und “Doppelung” des Signals auch ein Flanger verwendet werden. Allerdings geht dessen Effekt oft mit einem großen Einfluss auf den Klang daher, weswegen ein Chorus-Effektgerät den Sound unverfälschter lässt.
Bekannte und bewährte Hersteller sind Electro Harmonix, T-Rex , Uni-Vibe und natürlich Boss mit dem CH-1.
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