Es gibt wahrscheinlich nur einen E-Gitarristen auf diesem Planet, den man an einem einzigen gespielten Ton sofort erkennt: Carlos Santana.
Der mittlerweile schon legendäre Santana-Sound wird zwar noch immer von manchen Zeitgenossen mit dem verwendeten Equipment assoziiert, aber der spätestens seit Woodstock im kollektiven Musikgedächtnis gespeicherte wunderbare Ton von Señor Carlos erklingt seit über 40 Jahren mit der gleichen Intensität, unabhängig von Markennamen wie Fender, Gibson, Yamaha, Mesa/Boogie oder PRS.
Carlos Santana hat, lange vor dem jetzt wieder grassierenden Latin-Fieber, afrokubanische Musik im Rock integriert. Zu dem obligatorischen Drum-Set gesellten sich Congas und Timbales. Einige seiner frühen Hits waren rockige Adaptionen kubanischer Tanzrhythmen: ,Evil Ways‘, ,Oye Como Va‘ (hier wurde das berühmte Original von Timbales-Legende Tito Puente gecovert), ,Black Magic Woman‘ (von Peter Green) sind Cha-Cha-Chás, genauso wie ‚Smooth‘. ‚Smooth‘ stammt aus der Feder von Itaal Shur, sonst Keyboarder bei Groove Collective, und dem Sänger Rob Thomas, bekannt von Matchbox 20.
Text: Wolfgang Kehle
Ein wichtiges Detail den Sound von Carlos Santana ist der Anschlag mit den Fingern bzw. im Wechsel mit Plektrum-Anschlag. Weiterhin ist man mit einer Gitarre mit Humbucker in der Halsposition gut dabei. Im Booklet des Albums sieht man ihn mit einem PRS-Modell mit Humbuckern und Vibratosystem.
Mittlerweile existieren verschiedene Signature-Instrumente des amerikanischen Herstellers: Santana SE One Abraxas, Santana I, Santana II, SE Santana und die 2013 eingeführte Santana Signature. In der Vergangenheit hat Santana auch andere Gitarren eingesetzt, wie verschiedene Versionen der Gibson-Klassiker Les Paul und SG, Fender Stratocaster und auch eine Yamaha SG2000.
Der eigene Verstärker sollte eine satte Verzerrung liefern. Matscht die Kombination aus Hals-Humbucker und Amp zu sehr, sollte am Verstärker die Gain-Stufe etwas zurückgedreht, das Master-Volume hoch- und die Bass-Anteile eventuell etwas runtergefahren werden.
Überhaupt lohnt es sich, bei Santana immer wieder genau hinzuhören. Denn ganz oft spielt er mit weitaus weniger Verzerrung, als man vermutet. Da machen Druck und Lautstärke den Ton!
Carlos ist seit 1970 bekannt als Benutzer von Mesa/Boogie-Verstärkern, speziell des Modells Mark I. Diesen Amp (bzw. seinen Vorläufer) hörte man angeblich schon im September 1970 auf dem Santana-Album ,Abraxas‘. Heute kombiniert er den Boogie oft mit Amps des Herstellers Dumble (Overdrive Special, Steel String Stringer) oder auch mit einem Marshall. Die Verstärker laufen über 1×12“- bzw. 4×12“-Boogie-Boxen.
Text: Arnd Müller
Hol dir den Playalong von dem Santana-Klassiker Samba Pa Ti!
Carlos Santana wurde am 20. Juli 1947 in Autlan, Mexico geboren. Angeblich spielte er bereits im Alter von fünf Jahren Violine, mit 15 arbeitete er als Alleinunterhalter (Gitarre/Gesang) in den Clubs und Bars von Tijuana, der grenznahen Vergnügungsstadt vieler US-Amerikaner. Nachdem er nach San Francisco übergesiedelt war, stellte er Mitte der 60er Jahre seine „Santana Blues Band“ zusammen, deren Name sich nach einiger Zeit auf „Santana“ verkürzte. Während die Formation anfangs Songs von Ray Charles, B.B. King und Paul Butterfield coverte, standen später dann ein eigener Sound und natürlich auch eigene Songs im Mittelpunkt.
Das neue Band-Format entstand bekanntlich durch die Hinzunahme von Congas, Timbales und anderen Percussion-Instrumenten zum normalen Rock-Line-up. Die Idee hierzu kam durch die LP ,Spellbinder‘, die der Exil-Ungar und Gitarrist Gabor Szabo 1966 veröffentlichte. Szabo schrieb auch ,Gypsy Queen‘, das obligatorische Anhängsel an Santanas Version des Peter-Green-Klassikers ,Black Magic Woman‘.
Carlos Santanas Recording-Debüt war übrigens ,The Live Adventures Of Mike Bloomfield And Al Kooper‘; das Album erschien im selben Jahr wie ,Santana‘, nämlich 1969. Das Woodstock Festival, genau gesagt der Santana-Gig am Samstag, 16. August 1969, brachte dann den endgültigen internationalen Durchbruch – das zumindest nach der Veröffentlichung des zugehörigen Films zum Album zum Festival (zum kaufen). Denn das Debüt-Album der Band (erschienen im Oktober ’69) erzielte innerhalb eines Jahres in den USA Platin-Umsatz.
https://www.youtube.com/watch?v=AqZceAQSJvc
Eine weitere Neuorientierung – nach der anfänglichen Bewegung vom Blues zum Latino-Rock – ist ein Indiz mehr für die Offenheit des Gitarristen gegenüber jeder Art von Musik. Denn bedeutend jazziger und stärker improvisatorisch ging Carlos Santana (als Solist, ohne seine Band) dann Anfang/Mitte der 70er Jahre an die Sache ran, allerdings war hierbei wohl die Zusammenarbeit mit inspirierenden Musiker-Größen nicht gerade unbedeutend. Mit John McLaughlin spielte er 1973 ,Love Devotion Surrender‘ ein, eine sehr vom Jazz-Saxophonisten John Coltrane inspirierte, explosive wie orgiastische Musik.
Das Album wird wesentlich geprägt von zwei individuell improvisierenden Lead-Gitarren, begleitet von hochkarätigen Instrumentalisten (Billy Cobham, Larry Young, Jan Hammer etc.). ,Love Devotion Surrender‘ ist mit Sicherheit eines der wichtigsten Alben der E-Gitarren-Geschichte, zumindest was freien Ausdruck und Expressivität angeht. Hier waren Jazz & Rock noch nicht zu Fusion versuppt. (In diesem Zusammenhang mal wieder der regelmäßige Hinweis auf die Formation „Lifetime“, in der Ende der 60er Jahre John McLaughlin, Tony Williams, Larry Young und Jack Bruce… – alles klar?)
Ähnlich Bahnbrechendes ging von Santanas Kooperation mit Coltrane-Witwe Alice nicht aus. Dafür hat aber auch diese ’74er Einspielung mit dem esoterischen Titel ,Illuminations‘ ein sehr eigenes Flair – Meditation, Ruhe, Kraft, Schönheit – das also noch weit jenseits späterer New-Age-Peinlichkeiten anderer Zeitgenossen. Carlos steckte damals (wie auch Kollege McLaughlin) tiefstens in der Guru-Phase und hing Sri Chinmoy an, einem älteren Herrn, der aufbereitete östliche Weisheiten gerne medienwirksam vor großem Publikum zum Besten gab.
Daran ist nichts auszusetzen, klar – nur machte Sri Chinmoy irgendwann den Fehler, bei seinen Großauftritten (Mitte der 80er Jahre füllte er immerhin noch die Kölner Sporthalle), selbst zu musizieren. An Flöte, Vina, Geige und Gitarre hatte er mit seinem doch sehr weltlichen Gefiedel in Weihrauchgeschwängerter Atmosphäre dann den unfreiwilligen Humor im Repertoire.
Spätestens seit Beginn der 90er Jahre hat auch er nur noch Club-Gigs… Und Carlos Santanas Beschäftigung mit Religiosität und Spirituellem findet inzwischen außerhalb jedes institutionellen Rahmens statt – Privatsache.
Zu den Zeugnissen der Nach-Guru-Phase gehört mit Sicherheit ,Moonflower‘, eine Art Resumee der erneuten Hinwendung zu „greifbareren“ musikalischen Strukturen, die sich The Melody Man – so nannten ihn Herbie Hancock und Joe Zawinul einmal – trifft Mr. Mmmmh Mmmh Mmmmh, melodischer Fluss trifft auf rauen Blues (oder auf Vocal Tube Screamer Dylan). Und eigentlich wird auch hier (wenn auch etwas plakativ) ein wichtiger Aspekt von Santanas musikalischem Konzept deutlich: die Kontrastierung.
Denn z.B. die Gegenüberstellung von linearem, ruhigem melodischen Spiel und „komplexer“ rhythmischer Basis – was ja bei 13,75-Takte-Spezialist John Lee Hooker ebenfalls gegeben war – war auf jedem Santana-Album der letzten Jahrzehnte zu hören.
Ebenso bestimmt das Gegenüber von Stimme und Gitarre jeden „normalen“ Song, mit dem sich dieser Musiker befasst, noch offensichtlicher ist der Kontrast (denn die Fusion fand ja eigentlich nie statt) von Latin Music und Rock. Santana hat der Rockmusik zu Melodien und Grooves verholfen, lange bevor man so etwas Ethno-Rock o.ä. nannte.
Und er hat einen eigenen Stil gefunden, einen Sound mit extremem Wiedererkennungswert, den man eben nur bei ganz großen Musikern findet: Miles Davis, Jimi Hendrix, John Coltrane, Allan G&B 35 bereits auf den vorangegangenen Alben ,Amigos‘ (1976) und ,Festival‘ (1977) abzeichnete.
So brachte ,Moonflower‘ wieder groovende Latin-Instrumentals, runde Pop-Songs, Improvisationen und Cover-Material (,She’s Not There‘ von The Zombies), Live-Mitschnitte und Studio-Material.
Im Grunde genommen drehte sich Santanas Programm der Folgezeit immer mehr oder weniger um die Achse des ,Moonflower‘-Repertoires, jeweils etwas angepasst an den angesagten Sound der Zeit und das Repertoire der folgenden Studio-Alben.
,The Swing Of Delight‘ fiel 1980 allerdings etwas aus der Reihe, weil hier plötzlich illustre Namen aus dem früheren Miles-Davis-Umfeld auftauchten: Herbie Hancock, Tony Williams, Ron Carter und Wayne Shorter. In musikalischer Hinsicht hinterließ das Doppelalbum allerdings einen zwiespältigen Eindruck, den ,Zebop!‘ im folgenden Jahr dann wieder wett machte.
Und so ging’s dann auch immer weiter. Jedem Statement der Marke, „Was macht er denn jetzt schon wieder?“, bzw., „Das war’s ja wohl mit Carlos…“ folgten immer wieder begeisterte Berichte von Live-Gigs der jeweiligen Santana-Band.
Carlos Santana hat außerdem, wie einige wenige andere Musiker (Miles, Zappa, Bowie, Sting) das Talent, sich ab und an die richtigen Musiker an Land zu ziehen, um das eigene Potential mit verstärktem kreativem Schub umzusetzen. Hierfür sprechen zahlreiche Namen bekannter Künstler, die in den vergangenen vier Jahrzehnten mit Santana zu hören waren: Angefangen bei den Veteranen Jose Chepito Areas (perc), Gregg Rolie (kb), Drummer Michael Shrieve (er spielt heute u.a. mit Andy Summers, Shawn Lane und Bill Frisell) und Neal Schon (er wurde nach seinem Ausstieg bei Santana als Gitarrist von Journey bekannt), war auch Stanley Clarke bereits 1974 auf ,Borboletta‘ zu hören; weitere Bassisten, wie David Brown, Dave Holland, Paul Jackson, Victor Bailey, Alphonso Johnson und der bereits erwähnte Ron Carter waren bei anderen Aufnahmen mit Santana aktiv. Und auch die Liste der Drummer/Percussionisten, mit denen Carlos und Band gearbeitet haben, kann sich sehen lassen: Don Alias, Pete Escovedo, Harvey Mason, Buddy Miles, Airto Moreira, Tony Williams, Billy Cobham, Jack De Johnette…
Und nicht zu vergessen – seine wenigen Aufnahmen mit John Lee Hooker (,The Healer‘ 1989, ,Mr. Lucky‘ 1991, ,Chill Out‘ 1995) oder auch mit Bob Dylan (,Real Live‘ 1984) gehören zu den charakteristischen Kontrast-Bildern: The Melody Man – so nannten ihn Herbie Hancock und Joe Zawinul einmal – trifft Mr. Mmmmh Mmmh Mmmmh, melodischer Fluss trifft auf rauen Blues (oder auf Vocal Tube Screamer Dylan).
Ganz nach dem Motto der TV-Musiksendung „Ich lade gern mir Gäste ein“ (1978- 1984) agierte Ende der 90er-Jahre Latin-Rock-Ikone Carlos Santana (*1947). Zu seinem erfolgreichen „Comeback“-Album ,Supernatural‘ gab sich die damals angesagte Pop-Elite die Studio-Türklinke in die Hand, so u.a. Rob Thomas (Matchbox Twenty), Lauryn Hill, Cee-Lo, Eagle-Eye Cherry und Everlast aka Erik Schrody (*1969). Eric Clapton war ebenfalls auf dem Album vertreten.
Santana hat der Rockmusik zu Melodien und Grooves verholfen, lange bevor man so etwas Ethno-Rock o.ä. nannte. Und er hat einen eigenen Stil gefunden, einen Sound mit extremem Wiedererkennungswert, den man eben nur bei ganz großen Musikern findet: Miles Davis, Jimi Hendrix, John Coltrane, Allan Holdsworth, Chet Baker, Eddie Van Halen, John Scofield, Jeff Beck, B.B. King, Pat Metheny… – und es müssen wirklich nicht die vielen sondern die ganz speziellen Töne sein, das belegen wohl alle genannten Namen.
OK, selbstverständlich handelt es sich hierbei um eine Auswahldiskografie. Obwohl wir uns alle Mühe gemacht haben, kann der ein oder andere Titel immer mal unberücksichtigt bleiben. Über entsprechende Hinweise freuen wir uns selbstverständlich.
Text: Lothar Trampert
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