Als ZZ Top im Jahr 1985 nach dem Erscheinen ihres Albums ,Afterburner‘ auf Welttournee gingen, wussten sie wohl noch nicht, dass es satte fünf weitere Jahre dauern würde, bis sie ein neues Studio-Album auf den Markt bringen würden.
Doch das ewige Warten hatte sich am 23. März 1990 für viele Fans gelohnt: Weniger Synthie-Keyboard-Pop, rauhere Lead- und Background-Vocals und satte Gitarren-Layer bestimmen den Sound von ,Recycler‘. Das kommt nicht von ungefähr, denn ZZ Tops langjähriger Chef-Abmischer Terry Manning, der bei dem 1985er Durchschnittserfolg nicht anwesend war, kehrte für diese Platte zurück.
ZZ Top konnte mit ,Afterburner‘ nicht an den völlig überraschenden kommerziellen Erfolg von ,Eliminator‘ anknüpfen, und somit entschied man sich schließlich, auf Altbewährtes zu setzen. Im Interview erläutert Terry Manning die Entstehung von ,Recycler‘, ein Album, das vor allem durch die Single ,Doubleback‘ bekannt und zum Hit wurde. Letzterer wurde speziell für den Soundtrack des Films „Back To The Future III“ geschrieben und produziert, in dem die Band sogar einen Cameo-Auftritt absolvieren durfte.
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Wenngleich der Titel ,Recycler‘ etwas disparat und vielleicht auch mitunter kraftlos erscheinen mag, so finden sich auf dem Album dennoch einige absolute Sahnehäubchen.
Wie immer wartet vor allem Gitarrist Billy F. Gibbons hier mit teilweise sehr archaischen, rudimentären Intro-Riffs auf, die in ihrer Minimalistik und Durchschlagskraft wohl unerreicht sind.
Wir trafen 2011 Terry Manning zum Interview und sprachen mit dem Toningenieur über die Aufnahmen in den Memphis Sound Studios und die damalige Business-Situation.
Terry, wie kamst du Ende der Achtziger zurück in die ZZ-Top-Familie, nachdem du zuletzt 1983 mit ihnen gearbeitet hattest?
Nun, ich war nach ,Eliminator‘ einfach sehr beschäftigt und war auch gerade nach England umgezogen. Man hatte mich über einige Monate für mehrere Projekte gebucht und somit arbeiteten ZZ Top mit jemand anderem an ,Afterburner‘. Bisher arbeitete ich für die Band auf Honorarbasis, ich war also nicht für weitere Projekte verpflichtet.
Die Band war dann von den Verkäufen von ,Afterburner‘ nicht sonderlich begeistert und somit fragte mich das Management, ob ich bei dem nächsten Album wieder dabei sein könnte. Da ich Ende der 80er nach Memphis zurückging, nklappte es dann tatsächlich für ,Recycler‘. Und dieses Mal wollte Produzent Bill Ham mit der Band wieder zurück zu einem direkteren Spielansatz und dem ursprünglichen Blues- und Rock‘n’Roll-Feeling.
Aber obwohl die Produktion authentischer als ,Afterburner‘ klingt, gibt es durchaus hier und da synthetisch anmutende Klänge zu hören. Wie passt das zusammen ?
Ja, es gibt tatsächlich ein wenig von beidem bei diesem Album, eben „the best of both worlds“. Seitdem Billy mit der Synthesizer-Technik vertraut war, wollte er sie weiterhin für spezielle Nuancen und Effekte einsetzen. Es ging aber niemals darum, die Platte so klinisch und poppig klingen zu lassen wie den Vorgänger.
Warum wurden die Memphis Sound Studios ausgewählt ?
Nun, zuvor hatten wir fast alle Alben in den Ardent Studios in Memphis aufgenommen. Memphis Sound wurde eigentlich aus rein Geldtaktischen Gründen gewählt. Das Studio wollte damals richtig gut rauskommen und sie waren sehr an einem Kunden namens „ZZ Top“ interessiert.
Deshalb haben sie ein unglaublich gutes Angebot gemacht, bei dem der damalige Ardent-Manager nicht mithalten konnte. Somit befanden wir uns urplötzlich in einer völlig neuen Umgebung, mit neuer Technik, neuer Akustik, neuen Räumlichkeiten. Das alles hatte in der Tat Vor- und Nachteile, was die Produktion von ,Recycler‘ anging.
Ist die Band mit fertigen Songs ins Studio gekommen oder wurde noch viel an den Arrangements gefeilt ?
Zu dem Zeitpunkt hatte Billy Gibbons bereits ausgiebige Pre-Production in seinem eigenen Tonstudio in Texas gemacht und somit gab es schon viele konkrete Song-Abläufe. Bei den früheren Alben in den 70ern sah die Sache noch ganz anders aus: Damals wurde noch spontan im Studio komponiert und getextet, aber das war jetzt vorbei.
Billy konnte nun mit Hilfe seiner Homerecording-Möglichkeiten vieles bereits im Vorfeld genau festlegen. Trotzdem gab es auch im Studio hier und da noch kleine Änderungen, vor allem in Hinblick auf die Abmischung. Wir verwendeten übrigens eine analoge Konsole und eine X-850-32-Spur-Maschine von Mitsubishi, die bereits digitale Eingänge hatte.
Gibt es besondere Erinnerungen oder Songs, die aus dem Album hervorstechen?
Nun, für mich war ,My Head’s In Mississippi‘ immer der Top Song, weil er es schaffte, den originellen Boogie-Stil, für den ZZ Top ja bekannt waren, mit postmodernen Texten und überraschenden Sound-Elementen zusammenzuschweißen. Der Song hatte das Zeug, die neuen Absichten der Band optimal zu präsentieren. Aber ich mag auch ,Give It Up‘ sehr!
Wir hatten sehr viel Spaß beim Dreh des Videos, das meine Frau produzierte und auf vielen lokalen Schauplätzen in und um Memphis gedreht wurde. Als wir in einem Club mit diversen Tänzerinnen drehten und das Playback schon ein paar Mal lief, meinte Billy zu mir: „Wir brauchen hier wirklich noch mehr Vocals in dem Song!“ Sofort gingen wir in mein eigenes Studio 6 und haben dort weitere Spuren für ,Give It Up‘ aufgenommen. Das war kein Problem, da es nur einen halben Kilometer die Strasse runter lag. Wir haben dann intensiv gearbeitet und am Ende haben wir noch alles in den Kasten bekommen.
Und dann gab es da noch die bekannte Zusammenarbeit mit Bob Zemeckis für ,Back To The Future III‘!
Exakt, für die Single ,Doubleback‘. Es war sehr angenehm mit Bob zusammenzuarbeiten, er kam oft ins Studio und wir sprachen darüber, wie die Single am besten in den Film passen könnte. Zudem feilten wir gemeinsam an den Lyrics, um alles homogener und dem Thema des kommenden Streifens entsprechend erscheinen zu lassen.
Und es ist der Track, der klangtechnisch auffällt. Ja, das ist wohl so, da Bob hier und da noch Änderungen vornahm und wir alles etwas heller und transparenter gemacht haben. Den Remix habe ich dann in meinem eigenen Studio gemacht. Dann habe ich Kontakt zu Bob Ludwig aufgenommen und wir haben das Album wie auch in früheren Zeiten in gemeinsamer Absprache vollendet und gemastert.
War der Erfolgsdruck groß, nachdem ZZ Top den ,Eliminator‘-Zeiten hinterherjagte und bisher nicht daran anknüpfen konnte?
Das Schlimmste, was einer Band passieren kann, ist das sie plötzlich einen gigantischen Mega-Hit hat! Zunächst kann man nichts dagegen sagen: Man fühlt sich groß, verdient endlich viel Geld, wird respektiert und ist überall Thema. Und all das traf bei ,Eliminator‘ zu, vor allem mit Hilfe der tollen Musikvideos … Danach ist es einfach sauschwer, so etwas zu wiederholen! Und plötzlich ist der Druck immens.
In den 70er-Jahren pendelten wir mit den Verkaufszahlen zwischen 500.000 und 800.000 Kopien, jetzt waren es auf einmal 10 bis 15 Millionen Exemplare weltweit. Die Tourneen sind größer, die TV-Anfragen sind gewaltig, die Honorare explodieren … Als ,Afterburner‘ nicht die Erwartungen erfüllen konnte, wurden viele Dinge in Frage gestellt. Eine Band sollte immer versuchen, das zu tun, was sie will und sich nicht zu viel aufoktroyieren lassen. Hinzu kam, dass 1990 der Vertrag mit Warner auslief und man wohl nicht mehr zuviel Marketing in ein auslaufendes Modell investieren wollte …
Vielen Dank für das Interview, Terry !
Aus Gitarre & Bass 01/2011
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