Im Interview

Yasi Hofer: Between The Lines

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(Bild: Ralf Schuck)

Yasi Hofer, eigentlich Yasmin Ines Hofer, * 25. Oktober 1992 in Ulm, ist eine deutsche Gitarristin und Sängerin“, behauptet Wikipedia – und hat wieder mal Recht. Und dass Yasi Hofer eine großartige Gitarristin und wirklich berührende Sängerin sein kann, hat sie vor einigen Wochen mit ihrem Album ,Between The Lines‘ bewiesen.

Sechs Tonträger unter eigenem Namen hat sie seit 2006 veröffentlicht – bei ihrer Debüt-EP ,Sounds Like Vai‘ war sie 14 Jahre alt, und am 3. Juli 2007 stand sie bei einem Konzert mit Steve Vai auf der Bühne, und hatte tatsächlich einige von dessen nicht gerade anspruchslosen Songs drauf. Es folgten die Alben ,Yasi‘ (2014), ,Faith‘ (2016) und ,Freedom‘ (2018), der 2CD-Konzertmitschnitt ,Yasi Hofer Trio Live At The Pub‘ (2018), ein Studium am Berklee College of Music in Boston, diverse Jobs als Tour-Gitarristin, zuletzt 2022 in der Live-Band von Helene Fischer und bei den wiederbelebten No Angels. Was für ein Sommer!

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Und jetzt ist Yasi Hofer mit ,Between The Lines‘ am Start, einem neuen Album mit eigenen Songs und Instrumentals – eine Rezension ist in G&B 03/23 erschienen. Die hat sie mit ihren Mitmusikern, den Drummern Taylor Carroll und Jens Golücke, dem Percussionisten Christoph Scherer und Bassist Steffen Knauss eingespielt, absolut energetischen Rockern, die aber auch leisere Passagen gekonnt tragen und jede musikalische Facette der Bandleaderin adäquat umsetzen. E- und A-Bassist Knauss (www.steffenknauss.de) hat an der Grove School of Music in Van Nuys, Kalifornien und der Summer School des Musicians Institute in Hollywood studiert.

Seit 2014 ist er mit Yasi live und im Studio aktiv und war auf all ihren bisherigen Alben zu hören. Für ,Between The Lines‘ hat er sämtliche Bass-Tracks eingespielt und damit einen fundamentalen Beitrag geleistet. Ein wirklich kraftvolles Album mit Ausstrahlung – und mit einer Gitarristin, die in den letzten Jahren gewaltig Gas gegeben und Beachtliches geleistet hat.

Yasi, wenn du mit zwölf Jahren angefangen hast, Gitarre zu spielen, dann bist du jetzt also volljährig auf dem Instrument. Was war das Wichtigste, das du als Gitarristin gelernt hast?

Dass Technik und Schnelligkeit nicht alles sind. Viel wichtiger sind Vielseitigkeit, ein guter Ton und ein offenes musikalisches Gehör, und auch Verständnis im Band-Umfeld. Man kann alleine alles perfektionieren, aber ohne Erfahrung mit anderen Musikern im Live-Spielen bringt das gar nicht so viel. Es ist also super wichtig zu schauen, dass man möglichst viel mit anderen Musikern spielt und natürlich auch bestenfalls live vor Publikum.

Was waren die größten Veränderungen in puncto Equipment über die Jahre?

Dass ich jetzt eine große Auswahl an Ibanez-Gitarren habe! Angefangen von der AZN, die für mich als Allround-Gitarre in allen Projekten super funktioniert, über die goldene RG, die meine Hauptgitarre für die ,Between The Lines‘-CD und die Tour ist, bis zur 7-Saiter Ibanez-RG. Für andere Produktionen dürfen auch eine Nylonstring und hochwertige Steelstring-Akustikgitarren nicht fehlen.

Was meinen Verstärker angeht spiele ich immer noch den Carvin Legacy. Ich habe aber gerade diverse Amps zum Testen im Studio: Da stehen ein Marshall JVM, ein Vox AC30, ein Revv und ein Orange. Mal schauen, wo mich da die Reise hinführt. Für solche Produktionen wie Helene Fischer oder No Angels spiele ich im Moment einen Kemper, das ist super praktisch. Aufnahmetechnisch habe ich mich in meinem neuen Homestudio auch sehr gut ausgestattet und mir ein bisschen was an analogem Outboard-Equipment angeschafft. Ich glaube, das kann man auf der neuen Platte hören.

Welche Künstlerinnen oder Künstler haben dich zuletzt wirklich beeindruckt?

Ich bin ein großer Fan von Plini (www.plini.co). Nicht nur als Gitarrist finde ich ihn sensationell, sondern vor allem mag ich auch seinen Sound und wie er schreibt. Sein Style klingt so modern und eigen und einfach unglaublich gut. Davon will ich mich gerne für neue Songs inspirieren lassen.

Auf deinem neuen Album bist du auch als Sängerin in ,Foreign Land‘ und ,Devil On The Rise‘ zu hören. Und du klingst großartig! Wird es mal mehr davon geben?

Danke dir! Ich glaube, ich habe mittlerweile verstanden, meine Stimme richtig einzusetzen. Ich bin keine ausgebildete Sängerin mit einer großen Range, habe aber gelernt meine Stärken zu sehen, die in meiner Stimmfarbe und Emotion liegen. Damit umzugehen und zu schreiben, funktioniert, und es gibt mir auch mehr Selbstbewusstsein was das Singen angeht. Also: bestimmt kommt noch mehr davon in Zukunft!

Der Titel-Track des Albums: ,Between The Lines‘ ist ein sehr gelungener Song mit schwebenden Gitarren, hypnotischem Drum-Groove und einem Prog-Rock-Refrain. Diese Stilrichtung steht dir sehr gut. Wie kam es dazu?

Ich bin eben ein großer Fan von Porcupine Tree und Steven Wilson …

Das habe ich vermutet!

Seine Musik hat mich beim Schreiben der letzten Platte immer wieder inspiriert. ,Between The Lines‘ war am Anfang komplett „sphärisch“ angelegt, wobei mir dann irgendwas gefehlt hat. Ich wollte gerne diesen Überraschungsmoment, der die hypnotische Stimmung total plötzlich und unerwartet unterbricht, was dann auch zum Inhalt meiner Lyrics passt.

Kannst du dir vorstellen, mehr in dieser Richtung zu machen? Auch ,Devil On The Rise‘ fand ich absolut überzeugend: cooler Gesang, tolle Gitarren-Parts und eine etwas düstere Prog-Atmosphäre …

Ja, voll! Ich tendiere schon dazu, sehr melancholisch und auch ab und zu leicht düster zu schreiben. Bei diesem Album ist es aber auffällig … liegt vielleicht auch an der Lebensphase. In meinem Leben ist in den letzten drei Jahren viel passiert. Ich habe meine Hündin verloren, und auch sonst war es teilweise nicht ganz leicht. Da ich mit meiner Musik sehr ehrlich und authentisch bin, kann ich das, was mich beschäftigt und womit ich mich auseinandersetze, gar nicht verbergen.

Noch mehr überrascht hat mich der starke Acoustic-Track am Ende des Albums, mit der originellen Percussion von Drummer Christoph Scherer. Bist du Americana- oder Country-Fan?

Keins von beidem. Ich kann dir gar nicht sagen, wo das herkommt. Ich hatte kurz vor der Pandemie viele Akustik-Songs geschrieben und wollte damals eigentlich ein Unplugged-Album rausbringen. Geworden ist daraus bisher aber nichts, abgesehen von diesem Song. Auch da kann es gut sein, dass ich in Zukunft noch das eine oder andere veröffentlichen werde. Diese Songs klingen alle sehr anders als alles, was man bisher von mir kennt. Ich schreibe privat immer super viel, und das Meiste davon fand einfach keinen passenden Platz auf den Alben, die ich bisher so veröffentlicht habe.

(Bild: Ralf Schuck)

Du hast als Kind Geige gelernt. Hast du als Gitarristin irgendwie davon profitiert?

Höchstens was das Notenlesen angeht. (lacht) Ich war auf der Geige nämlich wirklich nicht gut.

Welche Qualitäten braucht man als Musikerin und Mensch, um mit Steve Vai, Helene Fischer, einer Volksmusik-Band wie Voxxclub oder den No Angels auf der Bühne zu bestehen?

Professionalität, Vielseitigkeit und Zuverlässigkeit in jeglicher Hinsicht. Und Respekt vor den Künstlern und deren Wünschen. Natürlich muss man sein Instrument perfekt beherrschen und alles Gefragte umsetzen können. Ich musste mich da bei Helene Fischer erst mal reinfinden; mich sehr zurücknehmen und vor allem schauen, was in der momentanen Popmusik überhaupt gewünscht ist in der Gitarrenposition.

Da ist mir das bei den No Angels zum Beispiel viel leichter gefallen, da die Sachen doch recht rockig sind und wir sehr kreative Arrangements für die Songs haben. Aber auch da gab es Anforderungen, wie z.B. ein ausgeprägtes Solo auf der Nylonstring im Flamenco-Stil abzuliefern – überhaupt nicht meine Baustelle. Ich habe aber direkt kommuniziert, dass ich das hinbekomme und mich hingesetzt und geübt. (grinst) „Geht nicht, gibt es nicht“ ist meine Einstellung.

Bei euerem größten Konzert habt ihr in München vor 130.000 Leuten gespielt – das muss eine besondere Erfahrung für eine Musikerin sein. Hattest du auch negative Reaktionen auf deine Live-Jobs mit Helene Fischer und den No Angels?

Ja natürlich, vor allem was den Job bei Helene angeht. Ich habe damit gerechnet und finde das auch nicht schlimm. Ich stehe zu den Jobs, und ich respektiere die Meinungen der Leute – und hoffe einfach, dass sie auch meine Entscheidungen respektieren. Für mich haben diese Jobs auch gar nichts mit meiner Musik zu tun, und ich wünsche mir, dass die Leute da auch differenzieren können. Ich werde weiterhin immer als Solokünstlerin mein Ding machen und meiner Leidenschaft für meine eigene, spezielle Musik treu bleiben.

Besteht dein Live-Trio weiterhin aus Drummer Christoph Scherer und Bassist Steffen Knauss?

Ja. Wir stehen jetzt seit bald zehn Jahren zusammen auf der Bühne und das musikalische Verständnis, das wir drei mittlerweile für einander haben, ist unglaublich. Auch wie sich einige der Songs durch die vielen Jahre miteinander weiterentwickelt haben, ist total spannend. Und menschlich passt es bei uns einfach perfekt. Es macht super viel Spaß mit den beiden, und ich hoffe, dass wir noch viele weitere Jahre zusammen auf der Bühne stehen werden.

Das Yasi Hofer Trio live (Bild: Uli Wagemann)

Ihr seid 2022 auch bei der Zappanale, dem Tribute-Festival in Bad Doberan, aufgetreten. Welche Frank-Zappa-Phase oder welches seiner vielen Alben findest du am spannendsten?

Ich habe im vergangenen Jahr auf der Zappanale sowohl im Museum als auch auf dem Festivalgelände gespielt. Und von Zappa finde ich das ,Hot Rats‘-Album super, ebenso die ,Sheik Yerbouti‘ und die Live-Alben ,You Can’t Do That On Stage Anymore‘ sowie ,Roxy And Elsewhere‘. Aber eigentlich findet man bei Frank Zappa ja auf jedem Album etwas Spannendes.

Vor genau neun Jahren hast du mir auf die Frage nach den Platten für die Insel folgende genannt: „Steve Vai ,Fire Garden‘ und ,Story Of Light‘, von Jeff Beck ,There And Back‘, von Jimi Hendrix ,The Cry Of Love‘ und dann Michael Landaus ,Tales From The Bulge‘. Und ich möchte noch Keith Jarretts ,The Koeln Concert‘ und ,Kind Of Blue‘ von Miles Davis mitnehmen.“ Ist sonst noch was dazu gekommen?

Ja, vom Pianisten Bill Evans ,Live At The Village Vanguard‘, von Ben Howard ,I Forget Where We Were‘ und von Pineapple Thief ,Versions Of The Truth‘.

Danke für die Hörtipps! Womit beschäftigst du dich außerhalb der Musik?

Mit Tierrechtarbeit und dem Thema Veganismus. Allerdings muss ich gestehen, dass in den letzten zwei Jahren durch all die Jobs und mein eigenes Album kaum Zeit dafür war. Aber es ist mir eine Herzenssache, und ich werde da auch wieder aktiver werden. Ansonsten liebe ich es, Zeit mit meinem Hund in der Natur zu verbringen.

Wie sehen deine weiteren Pläne für dieses Jahr aus?

Da ich ja die große Arena-Tour mit Helene vor mir habe, gehen wir mit meinem Trio erst im Herbst auf Tour. Wer uns live erleben möchte, kann auf www.yasihofer.com nach aktuellen Terminen schauen. Vereinzelt werden noch Gigs dazukommen, und dann wollen wir Anfang 2024 wieder groß auf Tour gehen. Ich freue mich auf die Resonanz zu meinem neuen Album!

Vielen Dank für das Interview, Yasi!


Equipment

GITARREN

● Ibanez AZ, AZN, RG

AMPS

● Carvin Legacy, Vox AC30, Marshall JVM und Kemper Stage Profiler

EFFEKTE

● diverse Earthquaker-Pedale, Strymon Big Sky und Timeline, Dunlop Wha und MXR Phaser

ZUBEHÖR

● Elixir-Saiten, Klotz-Kabel, Sennheiser-Mikrofone und -Wireless-Systeme, DiMarzio-Gurte

(erschienen in Gitarre & Bass 04/2023)

Kommentar zu diesem Artikel

  1. Ja,Yasi Hofer klingt sehr ordentlich.Das rein instrumentale Werk mit dem Songtitel „Moments“ gefällt mir sehr gut. Es groovt richtig schön,hat wirklich tolle Riffs und ist angenehm melodiös. Erinnert bisweilen sehr entfernt an Joe Satriani. Ich habe ja immer gesagt,langsam aber sicher erobert die Damenwelt zukünftig den Kosmos der wohlklingenden Gitarrenklänge! Frauenpower pur!
    So soll es sein! Gruß Pitti.

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