(Bild: SONY/SPV/Pete Welding, Soul Jam, Paul Natkin)
Willie Dixon hat als Bassist, Songwriter und Produzent den Chicago-Blues der 50er- und 60er-Jahre nachhaltig geprägt. Doch sein Einfluss reichte auch bis in die Pop- und Rock-Welt hinein. Am 1. Juli 2020 jährte sich der Geburtstag dieses legendären afroamerikanischen Musikers zum 105. Mal. Ein Blick zurück.
Willie Dixon wurde 1915 in Vicksburg, Mississippi geboren. In seinen Teenager-Jahren sang er bei den Union Jubilee Singers. Anschließend ging Dixon in den Norden nach Chicago, wandte sich für kurze Zeit dem Boxen zu und schaffte es 1937 die Illinois Golden Gloves Heavyweight Boxing Competition zu gewinnen.
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Anschließend kehrte Willie zur Musik zurück und wandte sich dem Bass zu. Für erste Aufmerksamkeit sorgte er bei The Five Breezes. Doch die erfolgreiche Band kam zum Stillstand, denn Dixon verweigerte den Militärdienst und musste eine einjährige Haftstrafe antreten. Zurück in Freiheit gründete er die kurzlebigen The Four Jumps Of Jive und das populäre The Big Three Trio. Schließlich startete er Ende der 40er-Jahre seine Zusammenarbeit mit Chess Records, und das nicht nur als Musiker, sondern auch als Songwriter.
Erste Erfolge stellten sich 1954 ein, als die Dixon-Songs ,I‘m Your Hoochie Coochie Man‘ von Muddy Waters und ,Evil‘ von Howlin‘ Wolf aufgenommen wurden. Die beiden Blues-Größen sollten in den folgenden Jahren noch weitere Kompositionen des Bassisten einspielen, die später zu ihren Markenzeichen wurden. ,You Shook Me‘ oder ,You Need Love‘ bringt man unmittelbar mit Waters in Verbindung, ,Spoonful‘ und ,The Red Rooster‘ (auch ,Little Red Rooster‘) gelten als Wolf-Klassiker – wobei man all diese Stücke auch von vielen anderen kennt.
Die Liste der Künstler, die Dixons Songs interpretierten ist lang: Etta James, Elmore James, Jimmy Witherspoon, Eddie Boyd und Junior Wells sind nur einige wenige Namen. Dixon spielte mit allen wichtigen Blues-Musikern dieser Ära. Zudem war Willie oft mit Chuck Berry im Studio und ist bereits auf dessen erstem Hit ,Maybellene‘ zu hören.
In solchen schnelleren Songs wurde Dixons Wechselbass zu so etwas wie einem Markenzeichen. Beeindruckend ist die Walking-Bass-Figur in ,You Can‘t Judge A Book By Its Cover‘ (Bo Diddley). Solche schön swingenden Linien finden sich auch in vielen anderen Aufnahmen. In langsamen Songs setzte Willie wenige, aber effektive Noten, immer nahe an den Drums. ,I Ain‘t Superstitious‘ lebt neben Howlin‘ Wolfs unglaublicher Stimme auch von dem unisono gespielten Bass/Gitarrenlauf.
1956 wechselte Willie Dixon zu Cobra, entdeckte für das neue Label Sänger & Gitarrist Otis Rush und schrieb für ihn mit ,I Can‘t Quit You Baby‘ gleich einen Hit. In den 60ern kehrte Willie wieder zu Chess zurück, doch nach und nach wurde sein Kontrabass durch den in Mode gekommenen elektrischen Bass abgelöst. Schließlich organisierte er zehn Jahre lang für das durch Europa tourende American Folk Blues Festival – eine Idee des deutschen Konzertveranstalters Horst Lippman – das Line-Up. Dank Dixon konnten viele der US-Blueser dem Publikum u.a. in Deutschland, Frankreich und England ihre Musik präsentieren, die dabei auf große Resonanz stieß. Darunter so namhafte Künstler wie Buddy Guy, Muddy Waters, Koko Taylor, Etta James, John Lee Hooker, Lonnie Johnson, Howlin’ Wolf, Lightnin’ Hopkins, Bukka White, Son House und Earl Hooker.
Dixons Einfluss auf den Chicago Blues der 50er und 60er ist wohl nicht zu überschätzen. Darüber hinaus inspirierten seine Songs die Rocker der 60er und 70er. So coverten etwa The Doors ,Back Door Man‘ auf ihrem selbstbetitelten Debüt. Und ZZ Top präsentierten auf ,Fandango!‘ eine scharfe Version von ,Mellow Down Easy‘. Auch die progressiven Beat- und Rockbands im Swinging London der Sixties hatten den Blues und Rock & Roll für sich entdeckt. So hatten sich The Pretty Things nach Dixons ,Pretty Thing‘ benannt, ein Song den Bo Diddley populär gemacht hatte. Und sie spielten das Stück auch auf dem Debüt ,The Pretty Things‘.
Ihre großen Rivalen in jener Zeit, die Rolling Stones, konnten mit ,Little Red Rooster‘ 1964 einen Hit landen. Stones-Bassist Bill Wyman erzählt in seinem Blues-Buch (2002, Christian Verlag): „1961 kaufte ich mir für £ 8 einen gebrauchten Bass und möbelte ihn auf. Ich entfernte alle Bundstäbchen und baute die wahrscheinlich erste bundlose Bassgitarre. Für den Blues war das ein perfektes Instrument, der Sound kam einem Kontrabass recht nahe. Ich wollte genau diesen Sound haben, denn auf allen Stücken die wir coverten spielte Willie Dixon Kontrabass.“
In Creams hypnotischer Version von ,Spoonful‘ konnte sich Eric Clapton virtuos austoben. Auch ,You Shook Me‘ und ,I Can‘t Quit You Baby‘ wurde auf ,Led Zeppelin‘ mit der neuen harten Rockenergie der späten 60er aufgeladen.
Mit dem Tode von Leonard Chess und dem Verkauf des Labels, endete 1969 Dixons Zusammenarbeit mit Chess. Er verfolgte fortan eine Solokarriere und veröffentlichte ,I Am The Blues‘, auf dem er einige seiner bekanntesten Songs nun selbst sang. Zudem gab er mit den Chicago Blues All Stars Konzerte in Europa.
Dixon verdiente nur wenig an seinen vielen Musikstücken und ihm kamen ernsthafte Zweifel an seinem Songwriter-Vertrag mit Arc Music, dem verlegerischen Arm von Chess. 1972 verklagte Arc ohne Dixons Wissen Led Zeppelin und ihr Label Atlantic. Es drehte sich um ,Bring It On Home‘ auf ,Led Zeppelin II‘. Zwar wurde das Stück überwiegend von Page und Plant geschrieben, doch Intro und Outro hatte man wohl von Sonny Boy Williamsons Version des gleichnamigen Dixon-Songs übernommen. Später verklagte Dixon wiederum Arc und stellte so die Rechte an seiner Musik und damit seine Tantiemen sicher. So konnte er 1985 selbst eine Klage gegen Zeppelin einreichen. Das Gericht befand, dass der Text des Hits ,Whole Lotta Love‘ (auch auf ,Led Zeppelin II‘) von Dixons ,You Need Love‘ stammte. In beiden Fällen kam es mit Zahlungen an Dixon in unbekannter Höhe zu außergerichtlichen Einigungen.
Willie Dixon wird inzwischen in Neuauflagen des Albums als Urheber bzw. im Falle von ,Whole Lotta Love‘ als Mit-Urheber genannt. In seinen späteren Jahren avancierte der Elder Statesman des Blues zu einem engagierten Fürsprecher seiner Musik. Er gründete die Blues Heaven Foundation, die auch daran arbeitete die Urheberrechte von Blues-Musikern sicherzustellen.
Willie Dixon starb im Alter von 76 Jahren am 29. Januar 1992 in Kalifornien an Herzversagen.
Find’ ich gut (die Historie wachzuhalten, meine ich; Willie Dixon natürlich auch).