Interview

Warren Haynes & Gov‘t Mule: Die Kunst des neu Interpretierens

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Sein Gitarrentechniker Eric Hanson, … (Bild: Matthias Mineur)
… der Haynes Slides von innen lackiert hat, damit sie griffiger sind. (Bild: Matthias Mineur)

Lass uns bitte über ‚Peace… Like A River‘ sprechen. Mit welchen Gitarren und welchen Amps hast du die Scheibe eingespielt?

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Ich habe meine Signature Les Paul und meine 1959er Les Paul gespielt, dazu die blonde Custom Shop ES-335, die ich schon fast 20 Jahre besitze, plus drei verschiedene Non-Reversed-Firebirds, die normalerweise einen Halbton tiefer gestimmt sind. Nahezu alle tiefergestimmten Parts auf dem Album stammen von einer der Firebirds.

2007er Les Paul „Chester“ mit Burstbucker-PUs
2007er Les Paul „Lester“
Gibson „Moe Lester“ Firebird mit John-Henry-PUs
Blonde Gibson ES-335 1959 Reissue

Weshalb das Down-Tuning? Um es deinem Gesang leichter zu machen?

Ja, einerseits. Andererseits aber auch, weil ich diesen Hendrix-Vibe mag, der dadurch entsteht. Übrigens habe ich in ein oder zwei Songs auch eine Fender Telecaster gespielt, dazu eine Robbie Krieger Signature Les Paul, die Robby mir persönlich geschenkt hat. Die Amps waren meistens irgendwelche alten Marshalls, aber auch mein Homestead, den ich immer dabeihabe, ein Vox AC30 und bei einigen Stücken ein Fender Super Reverb und mein Soldano.

Haynes gemoddeter Soldano SLO-100 mit Marshall 4x12er Box
100-Watt-Homestead-Topteil

Also ausnahmslos Röhrenverstärker, keinerlei Modeling-Amps oder Plug-ins?

Nein, bislang hat mich ihr Sound nicht überzeugt. Das mag sich in der Zukunft vielleicht ändern, denn sie werden zunehmend immer besser. Ich liebe Röhren-Amps, und ich denke, dass es die Mühe wert ist, sie möglichst gut klingen zu lassen.

Hast du irgendwelche Effektgeräte eingesetzt? Und an welcher Stelle der Produktionskette?

Nur einige wenige, aber wenn, dann immer direkt schon während des Einspielens. Deshalb klingt jeder Take anders, weil ich stets spontan entscheide, welchen Effekt ich dazuschalte. Manchmal aktiviere ich ein Delay oder den Rotosphere, also einen Leslie-Simulator, aber schon beim nächsten Durchlauf lasse ich möglicherweise beide Effekte weg. Deswegen schalte ich auch auf der Bühne sämtliche Effekte selbst, denn die variieren von Show zu Show. Im Grunde genommen experimentiere ich ständig.

Die Effektpedale (im Rack hinter der Bühne) werden von einem RJM Mastermind GT gesteuert. Daneben befinden sich sein G-Lab Wowee Signature Wah WH-1 und ein Ernie Ball JP Jr. Volume-Pedal (Bild: Matthias Mineur)

Wie viele Gitarrenspuren pro Song hast du aufgenommen?

Auf ‚Peace… Like A River‘ hat auch unser Keyboarder Danny Louis einige Gitarren eingespielt. Seine Gitarre ist im Mix immer rechts zu hören, meine hört man auf der linken Seite. Wenn ich zusätzliche Overdubs aufnehme, wechsle ich meistens auch die Gitarre. Ein Beispiel: ‚Head Full Of Thunder‘ ist einen Halbton tiefer gestimmt, Danny hat eine Gibson SG gespielt und ich eine meiner Firebirds. Das zweistimmige Solo habe ich als Overdub mit zwei unterschiedlichen Firebirds und einer Telecaster gespielt, man hört also vier unterschiedliche Gitarren. In ‚After The Storm‘ habe ich meine 1959er Les Paul gespielt, inklusive des Solos der Live-Version, mit einem Overdub aus der Robby-Krieger-Gitarre, die einen breiteren Sound hat. Auch das Slide-Solo in ‚Gone Too Long‘ war ein Overdub, und zwar ein Mix aus meiner Signature Les Paul und der Live-Version mit meiner ES-335. Für mein nächstes Soloalbum habe ich mir allerdings vorgenommen, mehr Overdubs zu spielen und unterschiedliche Dinge auszuprobieren. Bei Gov‘t Mule gefallen mir die Live-Soli fast immer besser als die Overdubs, da sie im Zusammenspiel mit der gesamten Band einfach stimmungsvoller werden.

Ihr nehmt im Studio also sämtliche Stücke zunächst als Live-Versionen auf?

Ja. Wir sind alle im gleichen Raum, also Bass, Schlagzeug, Gitarren und Keyboards, wir stehen eng zusammen und schneiden alles mit, was wir spielen. Mitunter wird dann anschließend zwar noch etwas geändert oder hinzugefügt, aber grundsätzlich versuchen wir es so live wie möglich aufzunehmen.

Bitte erzähle zum Schluss noch etwas über das Album ‚The Benefit Concert Volume 20‘, das ihr vor einigen Jahren in deiner Heimatstadt in North Carolina aufgenommen habt.

Gerne. Die Veranstaltung startete 1988, wir machen sie also schon seit mehr als 30 Jahren. Anfangs war es nur ein kleines örtliches Event in einem kleinen Club, mit Musikern aus der Gegend. Aber mit jedem Jahr wurde es größer und umfangreicher. Nach vier Jahren zogen wir in eine größere Halle um, nach drei weiteren Jahren ging es dann in die Arena, in der wir seither stets 8000 Zuschauer haben. Jedes Mal sind viele großartige Musiker dabei, auf dem aktuellen Album sind es unter anderem Dave Grohl, Jim James und Joe Bonamassa. Die Künstler spielen ohne Gagen, sämtliche Einnahmen gehen an gemeinnützige Einrichtungen, auch die aus dem Verkauf der CDs und DVDs.

Und wann können wir mit dem anfangs von dir angekündigten Soloalbum rechnen?

Ich vermute, dass ich Anfang 2024 ins Studio gehe und das Album dann im Spätsommer veröffentlichen werde. Die meisten Songs sind bereits fertig, an ein paar weiteren Nummern arbeite ich derzeit noch.


(erschienen in Gitarre & Bass 04/2024)

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Kommentar zu diesem Artikel

  1. Klasse Band !
    Eine meiner Favoriten aus dem Blues – Rock – Zirkus.
    Die Jungs sind einfach geniale Musiker.

    Beste Grüße
    Orange

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