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Gab es so etwas wie eine Initialzündung, die dich letztendlich zum Gitarristen hat werden lassen?
Natürlich! Ich habe mir ein Konzert von Johnny Kidd & The Pirates im Londoner East End angesehen. Die hatten damals einen Riesenhit mit ‚Shakin’ All Over‘, den ich genial fand. Nach dem Motto: „Wie geil ist das denn?“ Der Gitarrist war Mick Green, der eine ganz große Nummer in London war – der Coolste der Coolen. Er hat eine Telecaster gespielt, weshalb ich natürlich auch eine haben musste. Ein großartiger Spieler!
Mein zweites Konzert war dann Them mit Van Morrison. Sie hatten diesen Song ‚Baby, Please Don’t Go‘, der im Grunde nichts anderes als eine schnellere Version von ‚Shakin’ All Over‘ war. Das war es, was mich geradezu magisch angezogen hat – die Riffs dieser beiden Songs. Sie gaben mir das Gefühl: „Das bin ich. Das ist es, was ich machen werde.“
Hand aufs Herz: Hat Mick Box je ans Aufhören gedacht? Oder hält er es wie die alten Blueser: Bis sie ihn im Sarg nach Hause schicken?
Ans Aufhören denke ich nicht. Schließlich haben wir ein neues Album am Start. Und das alte Sprichwort lautet ja: Alles, was zählt, ist Gesundheit. So lange die vorhanden ist, mache ich weiter. Denn: Ich spiele gerne Gitarre − und das seit über 53 Jahren bei Uriah Heep. Damit mache ich weiter, solange mich meine Gesundheit lässt.
Mittlerweile bist du das letzte lebende Mitglied der Original-Besetzung. Wie fühlt sich das an?
Es sorgt dafür, dass ich jeden Moment genieße und mir bewusst ist, dass ich mit dieser Band etwas ganz Besonderes habe. Nämlich eine richtige Familie – wenn auch eine Problemfamilie. Wir kämpfen füreinander, weil wir so viel zusammen erleben. Dinge, die die Leute nicht verstehen oder nicht zu schätzen wissen. Wir ziehen an einem Strang. Das ist ein wichtiger Teil von dem, was wir tun. Außerdem haben wir die nötige interne Chemie, die man braucht, um zu überleben. Nicht umsonst sage ich jedem neuen Bandmitglied, das zu uns stößt: „Das Erste, was du einpacken musst, wenn wir auf Tour gehen, ist dein Sinn für Humor. Dann kriegen wir alles hin.“
Hast du auf dem Schirm, wie viele Mitglieder die Band in den letzten 53 Jahren hatte?
Wenn ich richtig gezählt habe, waren es 26. Und das ist nicht gerade wenig. Das Gute – und worauf ich sehr stolz bin – ist allerdings, dass jeder einzelne davon ein erstklassiger Musiker war. Das hat dafür gesorgt, dass die Band immer auf einem hohen Level agiert hat.
Trotzdem wart ihr nie wirklich Kritikerlieblinge. Wie kommt’s – und wie sehr nimmst du dir das zu Herzen?
Gar nicht. Ich meine, wir machen das jetzt 53 Jahre, haben über 40 Millionen Alben verkauft und Konzerte in 62 Ländern gespielt, ganz so falsch können wir also nicht liegen. Denn die Fans halten uns die Treue, sie stehen immer noch voll hinter uns. Dieses Kritikerding war eher ein Problem in den frühen 70ern, als wir angefangen haben. Damals waren Deep Purple, Led Zeppelin und Black Sabbath längst etabliert – und wir waren so ein bisschen wie Nachzügler, aber eben keine Kopisten. Ganz abgesehen davon war das zu einer Zeit, als sich die Musiklandschaft in London mehr in Richtung Folk-Rock verändert hat – also Dylan und Cat Stevens.
Als wir mit unseren Verstärkerwänden, den langen Haaren und Schlaghosen ankamen, dachten nicht wenige: „Nicht noch mehr davon!“ Diese Art von Reaktion gab es immer wieder. Anschließend stellt sich dieser Domino-Effekt ein: Einer äußert sich kritisch und zig andere greifen das auf – ohne je einen Ton von uns gehört zu haben. Das ist einfach so. Dabei haben wir jeden Abend drei bis vier Zugaben gegeben und fast jede Show ausverkauft. Von daher konnten wir gar nicht so schlecht sein. Zum Glück haben wir weiter an uns geglaubt und unser Ding durchgezogen.
Wobei die Vergleiche mit Jethro Tull wirklich haarsträubend waren …
Ja, uns als drittklassige Kopie von Tull zu bezeichnen, war einfach nur dumm. Ich kann versichern, dass es bei Uriah Heep nie jemanden gegeben hat, der Flöte spielen konnte. Das zeigt, wie irrsinnig solche Einschätzungen waren. Trotzdem mussten wir uns jahrelang damit herumschlagen, weil die Leute das immer wieder aufgegriffen haben. Da kann ich nur festhalten: Sind diese Kritiker noch aktiv? Ich denke nicht. Sind wir noch auf Tour? Ich schätze schon. Von daher haben wir den Satz und das Spiel gewonnen.
Und die Deutschen haben uns von Anfang an verstanden: Deutschland war das erste Land, das Uriah Heep ins Herz geschlossen hat – lange vor England. Als wir Anfang der 70er zum ersten Mal hierherkamen, haben wir in einer Pferdesporthalle in Hamburg gespielt. Es war ein zweitägiges Event – eine Art Mini-Woodstock, bei dem nicht nur jede Menge Fans waren, sondern auch diverse Tourveranstalter. Wir haben da an beiden Tagen eröffnet und Songs wie ‚Gypsy‘ gespielt, die sehr gut ankamen. Kurz darauf haben uns all diese Veranstalter gebucht. Wir sind sechs Monate lang ständig in Deutschland gewesen, und hatten dann große Hits mit ‚Lady In Black‘, ‚Free Me‘ und ‚Easy Livin’‘. Wir haben also eine besondere Beziehung zu Deutschland − eine Liebesbeziehung, von der wir hoffen, dass sie noch lange anhält.
(erschienen in Gitarre & Bass 04/2023)
Mick Box, ein begeisteter langjähriger Gitarrist der “alten Schule” (Einsteigergitarren, Saitenkauf usw.) und mit großer Liebe zum Song.
Mick Box, ich mag ihn! Ich kenne seine Musik und Uriah Heep seit ihren Anfängen. Ihre Konzerte sind immer wieder ein Erlebnis. Die Songs sind zeitlos und sehr gut. Wenn man dieses Interview liest, lernt man auch den Menschen Mick Box besser kennen und schätzen! Ich hoffe er bleibt gesund und wir können ihn und Uriah Heep noch viele Jahre in ihren Live-Auftritten sehen.
Ich stehe voll auf Mick Box, er ist ein sympathischer, humorvoller, liebenswerter Mensch und großartiger Songwriter und Musiker. Habe ihn mehrfach live erleben dürfen und fühle mich “gesegnet” (wer ihn einmal live erlebt hat, weiß was ich meine 😉 Die Heep-Alben sind immer noch der Hammer und ich freue mich, dass immer noch geniale, neue Songs nachkommen, eine fantastische Truppe! Doch was Satriani und Vai angeht, muss ich vehement wiedersprechen! Das sind keine “Shredder” – lieber Mick, bitte höre Die speziell die Satriani-Songs mal genau an, die leben von Melodien die man allesamt mitsingen kann. Und die “technischen Spielereien” sind Ausschmückungen, wie Bending, Triller oder Slide auch, nur auf ein anderes Level gehoben und stilprägend eingesetzt.
Mick Box is one amazing man and friend! Long live Mick!
Lady in Black wurde von Ken Henslay geschrieben (und auch auf Salisberry gesungen). Dem Rest stimme ich natürlich voll zu!
Ich mag die frühen Uriah Heep und Mick Box’ Gitarrenspiel ganz besonders. Einiger seiner Solos gehören für mich zu den besten der Rockgeschichte!
Vergessen sollte man aber nicht, dass Ken Hensley bei einigen Song mit in die Saiten gegriffen hat.
Leider wird die Gitarre, die Mick Box anfangs neben der Les Paul intensiv genutzt hat, nicht erwähnt – die Gibson SG !!!
Alles prima und spannend, nur: Nicht nur m.E. war, ist und bleibt das Masterpiece von Uriah Heep das Konzept-Werk SALISBURY und dort bediente sich Mastermind Mick Box bereits zu jener Zeit ebenso einer äusserst virtuosen, ultra-schnellen und die Zuhörer umhauenden Wah-Wah-Gitarrentechnik: Meine bloss à propos “Solo-Wixerei”, welche zwischendurch auch zu gefallen vermag!…