Boppin'B-Bassist mit Solo-Album

Ultrafetter Bass: Didi Beck im Interview

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(Bild: Martin Schmidt)

Herr Beck, hauptberuflich Bassist der Rockabillisten Boppin’B hat ein Soloalbum aufgenommen. Auf dem findet man kaum Bass-Solos, aber dafür eine Menge spannender Songs mit deutschen Texten. Natürlich ist die Scheibe im Rock’n’Roll verwurzelt, aber Einflüsse aus Pop, Hip Hop, Rock und Punk gewinnen dem klassischen Genre ganz neue Seiten ab.

Didi Beck ist ein freundlicher, offener Mensch, der mit klischeehaften Aussagen nicht viel anfangen kann. Trotz der fast 40 Jahren beruflicher Tätigkeit in einer Stilistik, die manchmal ganz schön konservativ sein kann, hat er zu allen Aspekten des Bassistendaseins eine differenzierte Meinung und lebt nicht in einer 50er-Jahre Retro-Welt. Eine gute Basis für ein spannendes Gespräch über alte Musik in modernen Zeiten!

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SOLO-ALBUM

Wie kam die Idee für ein Soloalbum auf?

Die Idee reift schon sehr lange in mir, da ich viele Songs schreibe. Ich schreibe für Boppin’B und dabei fällt auch einiges hinten runter. Vor allem die deutschen Sachen werden immer abgewählt, denn die Band findet, dass die Gradwanderung beim deutschen Rock’n’Roll schnell ins Schlagerhafte abdriftet. So hat sich immer mehr angesammelt und es gab die Idee, das mal aufzunehmen, aber ich habe immer gezögert. Dann kam Corona und die GEMA mit einem Stipendium für Leute, die etwas machen wollten. Ich habe mich mit Andre Tolba getroffen und ihn zwei Sachen gefragt: Was hältst du von den Songs und wie sieht es mit dem Singen aus? Er hörte es sich an und sagte: Geile Songs und ganz klar, das singst du selber.

Aus welchem Zeitraum stammen die Songs?

Die Songs stammen aus den letzten 8-9 Jahren, aber das Gros der Songs ist in den letzten zwei Jahren entstanden, denn als Corona kam, habe ich noch intensiver geschrieben. Einige englische Songs habe ich in Deutsch neu geschrieben.

War gleich klar, dass du Deutsch singen wirst?

Wir haben mit Boppin’B einen deutschen Stream gemacht, und der war von allen Streams am erfolgreichsten. Da haben wir festgestellt, dass das Feld des deutschen Rockabillys echt dünn ist. Es gibt Ted Herold, Paul Jürges und Peter Kraus von den klassischen Sachen und die 80er-Sachen wie Bordsteinkloppers und Panhandle Alks. Die sind musikalisch sehr rau.

Einen anderen Sänger hast du nicht in Erwägung gezogen?

Ich bin nicht Elvis oder Freddie Mercury, aber wenn Andre Tolba und Pomez Di Lorenzo sagen, es ist ok, dann ist das für mich eine Ansage.

Wie sieht der Kompositionsprozess aus?

Das ist lustig… Ich schreibe beim Laufen. Ich laufe recht viel und atme dabei rhythmisch, ich bin wohl durch und durch Bassist. Du merkst es meinen Songs an, dass die Hooks immer eine bestimmte Rhythmik haben. Außerdem habe ich beim Autofahren immer das hier dabei (zeigt aufs Smartphone). Manchmal höre ich im Radio einen geilen Groove oder eine Melodie und denke, die ist schön und singe dazu.

Die Basis sind also eher Texte und Melodien?

Meistens. Der Titel-Song ist allerdings entstanden, als ich zu James Brown gejammt habe und dabei kam das Bass-Thema auf. Bei ‚Fettes Fest‘ war es ein Gitarrenriff. Die ursprüngliche Idee ist meist eine Hook, eine Melodielinie oder eine Textzeile und dann fang ich an zu arrangieren.

Wie hast du die Musiker ausgesucht?

Am Anfang hatte ich die Idee, die zwei Jungs von Boppin’B zu fragen, aber das wäre dann kein richtiges Soloalbum gewesen. Von daher habe ich Andre und Pomez Di Lorenzo für die Gitarren und Produktion gefragt. Der Drummer ist Manu, der Livetechniker von Boppin’B. Ein paar Klavierparts hat Sven Gabrecht gespielt, einer der Saxophonisten von Boppin’B. Die Trompete bei ‚Mexiko‘ hat ein Freund der beiden Produzenten gespielt.

Wie lief die Aufnahme dann ab?

Ich habe die Demos klargemacht und dann haben wir in Dreieich die Drums aufgenommen. Anschließend habe ich bei mir die ganzen Bässe eingespielt und das ging dann zu den zwei Produzenten, inklusive meiner Guidetracks für Gesang und Gitarren, die schon drauf waren. Die haben dann Stück für Stück gespielt und mir geschickt und ich dachte: Geil, wenn ich besser Gitarre spielen würde, hätte ich es auch so gemacht.

Also nicht Sun-Sessions-mäßig live im Studio eingehämmert?

Nein, das wäre technisch und finanziell nicht machbar gewesen, denn dann hätte ich das Studio mieten müssen. Das GEMA-Geld ging auch so für die Produktion drauf.

Das Album hat ja neben Rockabilly auch viele andere Einflüsse, wie Punk, Pop, Americana, Swing und sogar Hip Hop. Ist das etwas, was nicht zu deiner Hauptband passt, oder wolltest du einfach andere Sachen ausprobieren?

Beides. Je älter ich werde, umso mehr höre ich Punk, aber auch alte Sachen wie Bluegrass, Jazz aus den 20ern und auch Hip Hop. Ich habe diese ganzen Einflüsse immer aufgenommen und finde das für mich selber wichtig, ich mag nicht nur das eine oder andere machen. Ich lese wahnsinnig viele Bücher, ich gehe gerne ins Kino, mag Quentin Tarantino und Robert Rodriguez und dann strömt alles auf mich ein, ich verwurste es und es wird ein Ding wie ‚Mexiko‘ draus.

Trotz Soloalbum eines Bassisten gibt es kaum Basssolos. Warum?

(Lacht) Ich habe eine große CD-Sammlung und auch viele Soloalben von Bassisten, aber irgendwann habe ich festgestellt, dass ich die nie höre. Typen wie Jaco Pastorius sind super, können spielen wie die Hölle, aber ich wäre lieber der Typ, der die Basslinie von ‚Come Together‘ geschrieben hat. Am Ende interessiert mich der Song, ich will nicht für die Galerie spielen. Ich war immer der Typ, der auf die Bühne gegangen ist und es geil fand, wenn nach fünf Minuten der ganze Saal getanzt hat. Ich denke immer, braucht die Welt noch einen Jaco oder Victor Wooten oder wie wärs mit einem Didi Beck, der Bock hat abzurocken? Das finde ich authentischer.

In den Texten hast du eher einen persönlichen Ansatz als nur die typischen Rockabilly-Klischees über Autos und Frauen zu reproduzieren?

Autos bedeuten mir nichts, außer dass sie mich irgendwohin bringen. Ich kann meine Männlichkeit auch anders unter Beweis stellen. Diese klischeehaften Texte bedeuten mir nichts, wenn der coole Chucky die Lady klarmacht und der coolste Typ im Club ist. Ich kann das nicht ernst nehmen, denn ich weiß genau, das Chucky, wenn er nach Hause geht und die Socken auszieht, Stinkfüße hat (lacht). Das Leben lacht über uns und da lach ich doch gerne mit. Die Dinge, die ich tue bedeuten mir was und die möchte ich gut machen, aber ich nehme mich dabei selber nicht ganz so ernst. Die Texte sind aus vielen kleinen Geschichten aus meinem Leben entstanden.

Corona-Nachwehen und Gear-Talk auf Seite 2

Etwas Bassauswahl gefällig? (Bild: Martin Schmidt)

Nach drei Corona-Jahren läuft der Livebetrieb jetzt wieder relativ normal. Ist es für dich persönlich schwieriger geworden als Musiker oder hat die Krise auch neue Möglichkeiten bzw. einen anderen Blick auf deinen Beruf eröffnet?

Den Beruf selbst finde ich immer noch den besten Beruf der Welt, aber ich bin ein bisschen desillusioniert, was die gesellschaftliche Bedeutung von Kultur angeht. Es war uns wichtiger Waffen- und Autofabriken offen zu halten, als unkomplizierte, ernsthafte Lösungen für eine hart getroffene Branche zu überlegen und da wären die Hilfen nicht so teuer gewesen. Das habe ich gelernt und muss ich mit mir selber ausmachen.

Seit Anfang 2023 sind die Konzerte wieder besser besucht, aber die meisten Bands spielen in etwas kleineren Locations, das macht es komplizierter und nicht einfacher zu überleben.

Durch die Pandemie habe ich aber auch angefangen, wieder mehr E-Bass zu spielen, mit der Band Danner oder der Michi Bock Band, das macht mir Spaß. Meine Frau meinte: „Jetzt machst du viel mehr das, was du gemacht hast, als ich dich kennengelernt habe.“ Da hatte ich immer 5-6 Projekte (lacht). Dieses Jahr ist Boppin‘B wieder stärker gebucht und das ist für mich dann das Hauptthema.

Hättest du denn Vorschläge an die politischen Verantwortlichen, was man konkret tun könnte, um die Situation von Musikern zu verbessern?

Ich habe mich letztens mit zwei Clubbetreibern unterhalten. Einer sagte: Didi, es gab ja während Corona durchaus Hilfen. Es gab pro Konzert 1000 € und da konnte ich die Bands anrufen, die ich schon immer mal anrufen wollte, es mir aber nicht leisten konnte. Jetzt habe ich 20 neue Bands in meinem Liveturnus. Wie cool ist das denn?

Ein anderer sagte, er musste von den Tributebands weg, denn in 10 Jahren stirbt ihm das Publikum weg. Wenn der Staat sagen würde, wenn du als Künstler mindestens 70% eigenes Material spielt, bezuschussen wir das mit 500 € pro Konzert. Das würde den Staat nicht viel kosten, aber kulturell eine Menge ausmachen. Ich fände es schön, wenn eigene Ideen mehr gefördert würden.

Dann lass uns noch über deine Instrumente reden. Welche Bässe kamen denn auf dem Album zum Einsatz?

Den Großteil der Songs habe ich mit einem Kay M1 gespielt von 1958. Daneben kam noch mein Duke-Didi-Beck-Bass zum Einsatz, mit einer Mischung aus Efrano- und Gut-a-Like-Strings. Der KayBass hatte Evah-Pirazzi-Slap-Saiten. Beide Bässe haben das Shadow-Abbey-Pro-PU-System, das ich mit entwickelt habe.

Kay M1
Didis Duke-Signature-Bass

Benutzt du einen Verstärker für die Aufnahme?

Nein, allerdings habe ich das Basssolo von ‚Fettes Fest‘ durch meinen Eich-Amp gereampt. Hauptsächlich nehme ich die Bässe mit einem Neumann U87 auf. Dazu kommt noch ein billiges Sennheiser-E604-Schlagzeugmikro. Wenn ich für jemanden Bass einspiele, bekommt der vier Signale: Zwei Pickupsignale, den Klick und den Ton, der durch einen AvalonU5-Preamp läuft, eine Art edle DI-Box. Dazu kommen dann das U87 und das E604 und dann kann man mischen. Die meisten Leute, die Boppin‘B live sehen, sagen, ich hätte einen sehr fetten, präsenten Sound, mein Klick ist nicht zu laut. Nach der Aufnahme mache ich oft einen guten Kompressor drauf.

Wie wichtig sind denn Equipment und Details wie Saiten für deinen Sound?

Ich finde Saiten sehr wichtig, damit kannst du viel verändern. Du musst die richtige Kombination zwischen Saiten und Instrument finden. Manche brauchen einen hohen Saiten-Zug, um schnell zu spielen, andere eher weiche. Ich habe immer Darmsaiten gespielt, benutze aber jetzt auch oft Stahlsaiten. Das Instrument bietet dir ja ein spezielles Timbre an. Ich suche eher Instrumente, die einen warmen Sound haben, die Wump machen, einen boomy Sound haben.

Instrumente sind dir also schon wichtig?

Ja, aber wir sind auch schon ein paar Mal mit der Band geflogen. Ich hatte einen Mietbass und am Ende vom Abend kam unser Techniker und sagte, er hätte das Signal bekommen, das er immer bekomme. Ich verändere dann meine Spielweise. Wenn der Sound nicht so ist, wie ich es möchte, lasse ich die Schlaghand wandern, um annähernd da hinzukommen, wo ich möchte. Das habe ich von englischen Bassisten gelernt.

Hast du auf dem Album auch Gitarren gespielt?

Ja, eine Martin-D-16-GT-Akustik und eine Low-Budget-Fender-Telecaster.

Martin D-16 GT
Fender Telecaster

Was steht für die Zukunft an?

Ich möchte ein neues Buch über Kontrabass schreiben und ein paar Konzerte mit dem Soloprojekt spielen, weiß aber noch nicht, wie ich die Musiker zusammenbekomme, denn da clashen die Boppin’B- und Andre-Tolba-Termine. Manu und Andre hätte ich gerne dabei, da bin ich sehr familiär. Freundschaft, Respekt und Loyalität bedeuten mir was. Wir werden sehen …


(erschienen in Gitarre & Bass 10/2023)

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