Im Interview

Troy Sanders & Mastodon: Der Multitasker

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(Bild: Jimmy Hubbard)

Troy Jayson Sanders wird im September 50 Jahre alt und hat mehr als die Hälfte davon als Bassist in verschiedenen Bands in der Umgebung seiner Heimatstadt Atlanta im US-Bundesstaat Georgia verbracht. Mit den 2000 gegründeten Mastodon, die im Laufe ihrer Karriere einen einzigartigen Stil aus Hardcore-Wut, Doom Metal und Progressive Rock kultiviert haben, wurde der Mann mit der charakteristischen Gesichts- und Kopffrisur fünfmal für einen Grammy nominiert, 2018 gewann die Gruppe den Award tatsächlich in der Kategorie „Best Metal Performance“.

Nebenbei findet er Zeit, mit Max Cavalera (Soulfly/ex-Sepultura) und Greg Puciato (The Dillinger Escape Plan) bei Killer Be Killed zu lärmen, mit Tony Hajjar (At The Drive-In) und Troy Van Leeuwen (Queens Of The Stone Age) bei Gone Is Gone, und er tritt auch wiederholt als Gast bei anderen auf. Wir unterhielten uns mit ihm über seine musikalische Vita und seine Partnerschaft mit Fender, die kürzlich einen zweiten Signature-Bass von ihm in den Handel gebracht haben.

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Eine Zeit lang spielte der Amerikaner einen Warwick Streamer Stage II, doch bis zuletzt war der Fender Troy Sanders Jaguar Bass sein Hauptinstrument: Erle-Korpus in klassischer Form, Palisander-Hals, als Tonabnehmer mittig ein American Standard Alnico V Split Single Coil und am Steg ein Custom Noiseless Single Coil. Der aktuelle Player Plus Precision Bass ist hingegen eine geschmackvoll aufgemotzte Variante des klassischsten aller Bässe mit zwei Player-Plus-Noiseless-Pickups (Jazz/Precision) und aktivem 3-Band-EQ mit Aktiv/Passiv-Toggle. Beide Modelle des legendären Herstellers warten mit einem Finish auf, das silbrig ist wie das Haar ihres Besitzers. Aber überlassen wir ihm doch selbst das Wort…

SIGNATURE-BÄSSE

Troy, du und Fender, ihr habt eine längere gemeinsame Tradition miteinander. Erzählst du uns, wie es dazu kam, dass ihr gemeinsam Bässe nach deinen Vorstellungen entwickelt habt?

Vor mehr oder weniger zehn Jahren haben sie mir ein Jaguar-Modell gebaut, das ich seitdem bei wirklich jedem Konzert gespielt habe. Du kannst dir also denken, dass ich sehr zufrieden damit war, und das gilt eigentlich immer noch. Allerdings gab es im Laufe der Jahre in jedem Studio, wo ich mit meinen verschiedenen Bands und Projekten aufnahm, einen Fender Precision aus den 1970ern, den ich dann auch zum Einspielen verwendet habe. Meistens lief es so, dass ich meinen Jaguar mitbrachte und damit loslegte, doch nach der Feinabstimmung des Sounds dauerte es nicht lange, bis der Produzent oder Tontechniker meinte: „Das klingt in Ordnung, aber probier doch mal unseren Preci aus.“

Und sie hatten Recht, es war tatsächlich noch ein bisschen besser. Ich meine, natürlich genießt dieses Modell seinen legendären Ruf nicht umsonst, es hat sich einfach bewährt und ist ein verlässliches Werkzeug, also war es nur eine Frage der Zeit, bis ich mir selbst mehrere Precisions kaufte. Traditionsgemäß verfügen sie alle über eine passive Elektronik, doch meine Bässe für Tourneen sind alle aktiv, weil mir das live wichtig ist. Da ich auf der Bühne einen einheitlichen Sound haben möchte, wenn ich das Instrument wechsle, setze ich die Precis selten bis gar nicht ein. Letzten Endes konnte ich es nicht darauf beruhen lassen und bekam Lust auf einen aktiven Preci, also fragte ich bei Fender an, und sie konfigurierten ihn so, dass er perfekt in meine Komfortzone passt. Nach dem Erfolg des Troy Sanders Jaguar war es nicht schwierig, sie von meiner Idee zu begeistern.

Was sind denn abgesehen von dem aktiven System die wesentlichen Besonderheiten?

Mein Preci fühlt sich deutlich anders an, und da ist diese unvergleichliche Wärme im Ton. Ich liebe den Jaguar, ich liebe den Preci; es sind einfach zwei verschiedene Instrumente. Jedenfalls besitzt das neue Modell einen Aktiv-Passiv-Kippschalter, weil ich den passiven Modus bei Studioaufnahmen bevorzuge. Das ist jetzt also das Beste aus beiden Welten. Was den ästhetischen Aspekt angeht, gibt es auf Höhe des zwölften Bundes des Palisander-Griffbretts das Symbol von unserem 2017er-Album ‚Emperor Of Sand‘, wohingegen die Gravur der Halsplatte aufs Cover unseres Debüts ‚Remission‘ von 2002 anspielt. Dieses Motiv steht für Hingabe und Opferbereitschaft, was ich cool fand – genauso wie das Silver-Burst-Finish, das schon an meinem Jaguar sexy aussah.

Der Hals ist weder der ganz dünne noch der ganz dicke, sondern liegt mit seinem C-Profil genau dazwischen. Das trägt auch zu dem satten Klang mit viel Sustain bei, der bei langsamem Spielen – das tun wir ja häufig bei Mastodon – besonders gut kommt. Natürlich ist das alles am Ende Geschmackssache, doch ich hoffe, dass viele andere Bassisten meine Vorliebe teilen.

Der neue Fender Troy Sanders Precision Bass (Bild: Fender)

Viele Bassisten sind bei der Frage nach aktiver oder passiver Elektronik Puristen, die entweder das eine oder das andere bevorzugen.

Ja, ich habe mir die Wechselmöglichkeit eigentlich auch nie gewünscht, bis mir klar wurde, wie wichtig es im Studio ist, den Bass im passiven Modus aufzunehmen. Live ziehe ich weiterhin den aktiven vor.

Wie nimmst du denn genau auf – nur mit DI-Box, oder experimentierst du auch mit unterschiedlich ausgerichteten Mikrofonen an traditionellen Lautsprechern, die an einen Verstärker angeschlossen sind?

Immer beides, die Signale werden dann je nachdem, was uns für den jeweiligen Song vorschwebt, mehr oder weniger ausgewogen zusammengemischt. Bei der DI-Aufnahme macht sich die Qualität eines hochwertigen Holzkorpus bezahlt, direkter geht’s nicht. Durch den Amp kommt hingegen in der Regel der dreckige Sound, der mit Distortion und anderen Effekten angereichert ist.

METALLISCHE FRÜHERZIEHUNG

Wir hatten erstaunlicherweise noch keine Story mit dir im Heft, also lass uns ganz an den Anfang zurückgehen: Wie bist du überhaupt zur Musik gekommen? Und was hat dich zur Bassgitarre getrieben?

Als ich ein kleiner Junge war, spielte mein älterer Bruder Kyle bereits Bass in einer High-School-Band, die all die Classic-Rock-Sachen von Kiss über Van Halen bis zu Cheap Trick coverte. Mich faszinierte die Tatsache, dass er genau die Musik machte, die wir auch gerne hörten. Zur gleichen Zeit befand sich MTV auf seinem Höhepunkt, wobei mir alles gefiel, was der Sender an Videos spielte, angefangen bei Top-40-Pop über Alternative in ‚120 Minutes‘ bis zum harten Stoff von ‚Headbangers Ball‘. Man kann also sagen, ich habe mich in Musik insgesamt verliebt. Weil ich meinen Bruder aufmerksam beobachtete und so cool fand, musste ich ihm nacheifern.

Was war dann dein erstes Instrument?

Kyle ist Linkshänder, ich bin Rechtshänder. Wenn ich mir seinen Bass schnappte, drehte ich ihn daher um und versuchte, mich auf dem spiegelverkehrten Griffbrett zurechtzufinden, bis ich mein eigenes Instrument bekam. Ich habe meistens gute Schulnoten nach Hause gebracht und ging meinen Eltern gerne zur Hand, also erklärten sie sich irgendwann bereit, mit mir in ein Musikgeschäft zu fahren, wo ich mir einen Charvel-Bass aussuchte. Er kostete zwischen 200 und 300 Dollar, was damals relativ erschwinglich war.

KÜNSTLERISCHES SELBSTVERSTÄNDNIS

Im Rahmen eurer Entwicklung baut alles logisch aufeinander auf, es gab nie krasse stilistische Sprünge. Geschah das unbewusst oder mit Kalkül?

Berechnend ist bei uns nur eines: Wir wollen uns mit jeder weiteren Platte selbst übertreffen, wobei es uns gleichviel bedeutet, gute einzelne Songs und ein in sich stimmiges Album als Gesamtwerk zu schreiben. Wir bemühen uns auch, uns nicht selbst zu kopieren, also werden Ideen verworfen oder verändert, wenn sie nach etwas klingen, das wir schon vor fünf Jahren oder so gemacht haben. Das hört sich jetzt vielleicht anstrengend an, geschieht aber intuitiv ohne viel Nachdenken, einfach weil wir diesen Anspruch an uns selbst haben.

Du bist das mit Abstand aktivste Mastodon-Mitglied, deine anderen Bands Gone Is Gone und Killer Be Killed sind definitiv mehr als bloße Nebenprojekte. Was reizt dich an dieser Mehrgleisigkeit?

Das weiß ich gar nicht so richtig, aber die meisten anderen professionellen Musiker, die ich kenne, haben einfach Freude daran, miteinander zu jammen und sich gegenseitig zu beflügeln, vor allem wenn sie gut miteinander befreundet sind. Ich mache das jetzt seit 23 Jahren auf sehr hohem Niveau und bin dankbar dafür, es ist keine Selbstverständlichkeit und sehr erfüllend. Wenn ich Zeit nebenbei finde, spiele ich gerne mit anderen Leuten, weil ich ihre Gesellschaft mag. Ich zehre von ihrer Energie, die vertraut und gleichzeitig doch anders ist als bei Mastodon. Spaß steht bei alledem an oberster Stelle.

(Bild: Fender)

HILFSMITTEL

In Sachen Amps und Lautsprecher scheinst du auch offen zu sein, weil man dich schon mit allem, vom TC Electronic Blacksmith und RS410-Boxen über den Orange AD200B MK 3 mit einer Smart-Power SP410 bis zum Mesa/Boogie Big Block 750 mit großer RoadReady 8×10, gesehen hat. Vergesse ich da was?

Ja, ich hatte immer wieder mal einen Ampeg SVT-VR auf Tour dabei, aber auch die Verstärker und Boxen von Aguilar sind großartig. Du siehst also, dass Verstärker für mich wie Spielzeuge geworden sind. Ich mag sie, weil ich eben mit ihnen spiele, und würde sie am liebsten alle spielen. Deshalb behalte ich sie und wechsle manchmal einfach von einem zum anderen.

Wie entscheidest du, ob du mit Plektrum oder Fingern spielst?

Früher war ich ehrgeiziger und spielte häufiger mit den Fingern. Mit der Zeit habe ich jedoch festgestellt, dass ein bestimmter Klang, der sich nur mit dem Plektrum erzeugen lässt, besser für manche Stücke passt. Die Entscheidung fällt letztlich immer zugunsten dessen, was der jeweilige Song erfordert. Einfachheit ist im Allgemeinen Trumpf, denn ich bin eben auch nur ein Teil der Band, die als großes Ganzes funktionieren muss. Wenn ich auf unsere bisherigen Veröffentlichungen zurückblicke, fällt mir auf, dass ich zunehmend häufiger mit dem Plektrum gespielt habe.

Das liegt nahe bei eurer harten, unmittelbaren Musik, die einen direkten Attack erfordert. Wie sieht’s mit Effekten aus? Der Boutique-Herrsteller Wren and Cuff hat das Pedal Elephant Skin für dich entwickelt, worum handelt es sich genau?

Es ist ein Fuzz-Effekt, den sie dem originalen Electro-Harmonix Sovtek „Green Russian“ Big Muff Pi nachempfunden haben. Das Elephant Skin verfügt über eine Boost-Funktion für den Fall, dass ich mehr im Vordergrund spielen muss, das ist seine Hauptbesonderheit. Wer einen Eindruck davon bekommen möchte, hört sich mein kurzes Solo im Mastodon-Track ‚Teardrinker‘ von unserem letzten Album ‚Hushed And Grim‘ an, das 2021 herauskam.

Die offensichtliche Frage gegen Ende: Was steht als nächstes auf deiner Agenda? Für ein neues Mastodon-Album wäre es langsam schon wieder Zeit, oder?

Wir haben viel Zeit damit verbracht, uns auf unsere Nordamerika-Tour mit Gojira vorzubereiten. Es ist ja nicht das erste Mal, dass wir mit dieser großartigen Band Konzerte gegeben haben, Gojira sind klasse und gute Freunde von uns. Aufnahmen zu einer neuen Mastodon-LP stehen tatsächlich bald an. Wir haben während der Zeit seit ‚Hushed And Grim‘ einzeln an neuen Ideen gearbeitet und nutzen jetzt den Schwung, den wir von dieser Tournee mitgenommen haben, für die kommende Produktion. Ich habe noch nicht viel von dem gehört, was meine Bandkollegen sich haben einfallen lassen, freue mich aber darauf, weil ich weiß, dass tolle Musik in ihnen steckt. Ich bin nach wie vor ein Fan unserer eigenen Band.

(erschienen in Gitarre & Bass 05/2023)

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