(Bild: Damon Zurawski)
Die Schweden Tribulation haben sich seit ihrer Gründung 2021 ständig stilistisch gehäutet. Nach einer ersten EP und einem Debütalbum, die eindeutig im Death Metal verwurzelt waren, bewegte sich die Gruppe schrittweise in eine rockigere Richtung. Diese Entwicklung findet nun auf ‚Sub Rosa in Æternum‘ ihren vorläufigen Höhepunkt, weshalb wir uns bei Gitarrist Adam Zaars (bürgerlich nur mit einem a) erkundigen, wie sich dies auf seine Arbeitsweise und sein Equipment ausgewirkt hat.
Nach der letzten LP ‚Where The Gloom Becomes Sound‘ (2021) stieg schließlich auch sein Songwriting-Partner Jonathan Hultén aus, dessen Posten an der zweiten Gitarre künftig Joseph Tholl (Vojd, Robert Pehrsson‘s Humbucker, Enforcer) übernimmt.
Adam, seit unserem letzten Gespräch ist viel passiert, und die Ausrichtung eures neuen Album spiegelt diese Veränderung wider. Wie würdest du den Schaffensprozess im Vergleich zu den Tagen beschreiben, als Jonathan noch zur Band gehörte?
Einen so großen Unterschied gab es gar nicht, bloß dass wir enger zusammengearbeitet haben als je zuvor. Es ist nach wie vor so, dass ein Mitglied mit einem Demo ankommt, doch diesmal achteten wir bewusst darauf, alle gemeinsam daran zu feilen.
War für die eher rockige Orientierung des neuen Materials eine Anpassung deines Gitarren- und Amp-Setups notwendig?
Bislang hast du überwiegend auf Gibson und Marshall geschworen. Wir haben generell mit verschiedenen Sounds experimentiert, um den richtigen für jeden Song zu finden. wobei entsprechend viele Gitarren, Verstärker und Pedale ausprobiert wurden. Am wichtigsten waren eine Reihe von Fender-Twin-Reverb-Combos – zwei davon haben wir extrem laut gespielt – und neben den Les Pauls auch eine Fender Telecaster. Darüber hinaus kam eine Tokai in der klassischen Explorer-Form zum Einsatz. Ich habe sie noch nicht lange und weiß auch nichts Genaueres darüber. Schließlich brauchten wir noch eine zwölfsaitige Gitarre für bestimmte Parts, Mikael Akerfeldt von Opeth hat sie uns ausgeliehen, doch ich erinnere mich nicht mehr daran, welche Marke es war.
Du hast Pedale erwähnt. Welche waren es konkret?
Nichts Besonderes, ein Haufen verschiedener Delays von gängigen Herstellern wie Boss. Die Kombination machte aber das gewisse Etwas aus. Unser Tontechniker Ola Ersfjord und Produzent Tom Dalgety, die Erfahrung damit haben, halfen uns bei der Umsetzung unserer Vorstellungen. Tom brachte außerdem seine Geheimwaffe mit, einen Rockman-Kopfhörerverstärker, den ich für die Aufnahme der meisten Solos benutzt habe. Laut Tom haben Judas Priest das in den 80ern genauso getan. Ich weiß nicht, ob das stimmt, jedenfalls klang es großartig.
Das Album groovt sehr organisch, und der Mix gewährt jedem Instrument Freiräume, dem Bass sogar mehr denn je. Habt ihr etwas davon live aufgenommen?
Nein, aber alles blieb während der gesamten Sessions aufgebaut, sodass wir jederzeit darauf zugreifen konnten. Das lohnte sich letztlich auch, weil wir einige Sachen nachträglich neu einspielen mussten. Nichts wurde live mitgeschnitten, auch wenn wir das inzwischen wahrscheinlich schaffen würden. Die Arbeit lief sehr spontan ab, manche Songs wurden erst im Studio fertiggestellt.
Da du Mikael von Opeth erwähnt hast: Ihr tourt jetzt auch mit ihnen in Nordamerika, würdest du sie als musikalische Gleichgesinnte bezeichnen?
Das kann man durchaus tun ja. Ich habe Mikael über unseren Schlagzeuger Oscar Leander kennengelernt; ihre Lebensgefährtinnen spielen gemeinsam in der schwedischen Hardrockband Crucified Barbara, und Opeth laufen uns sowieso regelmäßig bei Festivals über den Weg. Diese Nordamerikatour wird klasse, Die Bandkombination könnte nicht besser sein, zumal wir, glaube ich, vor sechs Jahren zum letzten Mal dort gewesen sind.
Habt ihr viele Fans in Kanada und den USA? Die Leute dort stehen ja eher auf extremeren Metal.
Das stimmt, aber wir hatten dort immer ein gutes Standing, weil wir die beiden Ländern schon früh auf Tourneen berücksichtigt haben. Die erste fand 2013 statt, wenn ich mich richtig erinnere.
Europäische Künstler tun sich oft schwer mit der dortigen Infrastruktur für Konzerte. Der Umgangston ist auch generell rauer.
Davor hat man uns auch gewarnt, doch unsere Erfahrungen waren stets positiv, was allerdings auch daran liegen kann, dass wir stets größere Bands supportet haben, darunter Behemoth, Cannibal Corpse und Deafheaven. Die Bedingungen waren besser als bei einem Streifzug durch kleine Underground-Clubs, schätze ich. Insofern hatten wir bislang Glück.
Um aufs Album zurückzukommen: Es ist Josephs Debüt mit euch, und er hatte zuvor sowohl ein Soloprojekt als auch andere Bands. Liegen seine Prioritäten nun bei Tribulation?
Ich denke nicht, dass er seine Solokarriere weiterverfolgen wird, und weiß auf jeden Fall, dass er nichts mehr mit Vojd macht. Wir sind momentan seine Hauptband.
Jonathan ist jetzt nur noch solo unterwegs. Habt ihr noch Kontakt zueinander?
Ja, wir sehen ihn hin und wieder, unsere Trennung verlief ja im Guten. Für ihn scheint es prima zu laufen, er durfte kürzlich im Vorprogramm von The Cult auftreten.
(Bild: Damon Zurawski)
Wie werdet ihr die Songs dieses Albums auf Tour umsetzen, welches Equipment nehmt ihr mit?
Wir haben viel an unserem Live-Setup verändert, um mit weniger Aufwand reisen zu können. In der Vergangenheit spielten wir über herkömmliche Wedge-Monitore und bis auf Oscar ohne In-Ear-Systeme oder dergleichen. Ich hatte entweder einen Orange Rockerverb oder irgendein Marshall-Verstärkermodell auf der Bühne, werde aber zumindest auf der Opeth-Tour das relativ neue Boss-Pedal IR-2 ausprobieren, einen Amp- und Boxen-Emulator. In meinen Gewohnheiten bin ich ziemlich festgefahren, doch mich während der Shows richtig gut hören zu können dürfte spannend werden.
Besteht bei klassisch ausgerichteten Rockbands wie euch generell eine Abneigung gegenüber „moderner“ Technik, Digitalgeräten, siebensaitigen Gitarren und so weiter?
So etwas interessiert mich tatsächlich nicht, ich bin ein recht konservativer Heavy-Metal-Gitarrist. In meiner Welt haben Gitarren sechs und Bässe vier Saiten.
Ihr spielt auch nur in Standardstimmung, oder?
Ja, abgesehen von ‚In Remembrance‘ dem ersten Song auf unserem letzten Album. Der wurde in Drop D geschrieben.
Übst du noch regelmäßig?
Sagen wir so: Ich habe eine ganze Weile nicht so viel geübt wie jetzt wieder. In erster Linie kehre ich zu meinen alten Lieblingsbands zurück, etwa Iron Maiden oder Megadeth; ich studiere beispielsweise Marty Friedmans Solos. Früher konnte ich auch richtig gut Noten lesen, was ich derzeit auch wieder ein wenig auffrische. Mein Interesse an Musiktheorie ist nach wie vor da, auch weil mein Sohn vor einiger Zeit ebenfalls angefangen hat, Gitarre zu spielen. Während ich ihm ein bisschen Unterricht gab, fiel mir auf, dass ich mehr in Erinnerung behalten habe als gedacht. Um es gut erklären zu können musste ich mich wieder eingehender damit beschäftigen.
Zu wem schaust du neben Marty Friedman noch auf?
Bei Maiden zu Adrian Smith, und darüber hinaus Chris Poland, der ebenfalls bei Megadeth gespielt hat und Weltklasse ist. Außerdem habe ich einen Hang zum Gypsy Jazz und Django Reinhardt entwickelt. Die Atmosphäre seiner Musik und seine Art, Arpeggien zu spielen, passen gut zu Metal-Musik.
Magst du auch anderen Jazz?
Ja, aber nur zum Zuhören, ich habe mich noch nicht tiefer mit der theoretischen Seite des Jazz befasst. Grundsätzlich denke ich mir auch gerne eigene Übungen aus, die ich dann mit einem Metronom durchgehe. Wenn man das ein bis zwei Wochen lang tut, stellt man fest, dass sich die eigene Technik dadurch enorm verbessern lässt. Umgekehrt merkt man, dass man nachlässt, wenn man es 14 Tage lang nicht tut. Wahrscheinlich geht es jedem Musiker so; man denkt, man müsse disziplinierter sein, doch der Alltag kommt oft dazwischen.
Ich versuche deshalb, Gitarre zu spielen, wann immer es sich anbietet, auch vorm Fernseher. Ich muss mich auch nicht großartig dazu zwingen, denn ich weiß, dass es immer ein Vergnügen ist. Besonders die Arbeit an Solos macht mir ungebrochen viel Spaß, ich kann mich dabei richtig in Details verzetteln.
(erschienen in Gitarre & Bass 12/2024)